Protocol of the Session on September 15, 2011

(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu braucht man gar nicht groß Volkswirtschaft studiert zu haben.

(Zuruf: Haben Sie auch nicht!)

Es waren zwei erkennbare Entscheidungen. Die eine Entscheidung war, dass der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Herr Stark, vorzeitig zurückgetreten ist. Das war ein deutliches Zeichen an die Märkte, dass jedenfalls die Art und Weise, wie die Europäische Zentralbank agiert, von deren Chefvolkswirt nicht gedeckt wird. Das zweite Bild, das die Märkte sehr in Turbulenzen versetzt hat, war, dass die Troika zu Beginn der vergangenen Woche unverrichteter Dinge wieder aus Griechenland abgezogen ist. Sie erinnern sich an das Bild: Vier, fünf Männer und Frauen gehen auf einen Aufzug zu und flüchten sozusagen, bildhaft gesprochen, aus Griechenland. – Es muss uns doch nachdenklich stimmen,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

dass die Fachleute der EZB, die Fachleute des IWF, die Fachleute der Kommission gesagt haben: Wir sind mit

dem, was Griechenland bisher geliefert hat, nicht einverstanden, wir fahren nach Hause. – Das kann doch nicht unkommentiert bleiben, das kann man doch nicht einfach unter den Teppich kehren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hessische Landesregierung ist bemüht – sowohl in der Frage der strukturellen Organisation in der Zukunft wie auch in den Inhalten –, dazu beizutragen, dass Frankfurt am Main weiterhin der Finanzplatz Deutschlands und einer der größten Finanzplätze Europas bleibt. Das können wir unter anderem nur dadurch gewährleisten, dass das Bundesland Hessen – also wir alle gemeinsam – größere Mitsprache bei den Entscheidungen in Europa haben muss.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das Bundesverfassungsgericht, auf das sich ja der Antrag der Fraktion der FDP bezieht, hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Mitwirkung der Länderkammer beim Haushaltsvollzug nach Art. 114 GG, Rechnungslegung, zu beachten sei. Vor allem stellte das Gericht im Zusammenhang mit der Integrationsverantwortung erneut klar, dass die vertragliche Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes sei.

(Günter Rudolph (SPD): Wer regiert denn gerade?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine Frage, die nicht nur für eine Legislaturperiode zu entscheiden ist. Es ist eine strukturelle Frage, ob die Länder Mitsprachemöglichkeiten haben, ja oder nein. Die Landesregierung ist im Konzert mit allen anderen Landesregierungen in Deutschland der Auffassung, dass eine strukturelle Mitwirkungsmöglichkeit vorhanden sein muss. Das sollte doch in diesem Hause vollkommen unstreitig sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Staatsminister, ich darf Sie daran erinnern, dass die Redezeit der Fraktionen abgelaufen ist.

Sie haben es deshalb auch in einer Arbeitsgruppe der Europaministerkonferenz geschafft – Hessen ist Mitglied in dieser Arbeitsgruppe –,

(Zuruf von der SPD)

dass bei den Beratungen im Deutschen Bundestag zunächst entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten der Bundesratsmitglieder erfolgen können. Frau Kollegin Beer wird in der nächsten Woche an einer Sitzung teilnehmen, ich nehme an einer Sitzung in der übernächsten Woche teil.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oho!)

Ich muss gestehen, es ist eine Diskussion über die Souveränität und die Zuständigkeit unseres Landes. Ich habe das Gefühl, dass nicht alle hier im Raum, insbesondere die Zwischenrufer, den Ernst der Situation erkannt haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich darf deshalb zusammenfassen: Für die Hessische Landesregierung ist es wichtig, dass der Finanzplatz Frankfurt am Main weiterhin im Konzert der Finanzplätze der Welt eine wichtige Rolle spielt. Das kann er nur mit einer starken EZB, das kann er nur mit einer souveränen Bundesbank, und das kann er nur, wenn die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder bei den europäischen Entscheidungen beachtet werden. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Das Wort hat die Frau Abg. Wissler, Fraktion DIE LINKE. Sie haben 3 Minuten und 20 Sekunden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, eines vorneweg: Der DAX ist heute nicht um 2,1 % gestiegen, sondern um 1,2 %.

(Wolfgang Greilich (FDP): 2,15 %!)

Das ist ein kleiner Zahlendreher Ihrerseits, das kann ja einmal passieren.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wider- spruch bei der CDU und der FDP)

Ich habe das gerade eben nachgeschaut, auch wenn ich keine Aktien habe. Sie stellen sich hierhin und sagen, Sie wüssten nicht, wovon Sie reden – Herr Minister, ich muss sagen, nachdem ich Sie gehört habe, nehme ich Ihnen das sogar ab.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich frage mich, ob Sie in der Zeitung mehr lesen als den Regionalteil. Sich hierhin zu stellen und zu sagen, es gebe keine Turbulenzen an den Finanzmärkten, nachdem gerade gestern die französischen Banken heruntergestuft wurden, weil sie große Engagements in Griechenland haben – das ist doch einfach hanebüchen, was Sie hier erzählen.

Das Problem ist, dass es hier einfach nur darum geht, Wahlkampf zu machen und antieuropäische Ressentiments zu bedienen; darum geht es Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Greilich (FDP): Die Frau kann nicht einmal Zahlen lesen!)

Antieuropäische Ressentiments gegen angeblich faule Griechen, frühpensionierte Spanier – das ist Ihre Politik, die Sie hier machen. Sie schüren Stimmungen, und Sie nutzen die Ängste in der Bevölkerung, um ganz bewusst nationalistische Ressentiments zu schüren. Herr Minister, liebe FDP, liebe CDU: Das ist einfach unverantwortlich, was Sie hier machen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Wissler, es gibt den Wunsch vom Kollegen Noll, Ihnen eine Zwischenfrage zu stellen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist ziemlich schwierig, ich habe nur noch eineinhalb Minuten! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, der Präsident fragt die Rednerin, ob sie eine Zwischenfrage zulässt. Wenn sie das nicht macht, können wir es auch nicht ändern. Ich will nur sagen, dass es heute offensichtlich von allen Seiten um den Wert des DAX geht, vielleicht haben die LINKEN einen anderen DAX als die anderen Fraktionen. Darüber sollten wir uns nicht streiten. Die Zwischenfrage hat sich auch erledigt. – Frau Kollegin Wissler, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe gerade eben in der Sekunde, in der der Minister es gesagt hat, nachgeschaut. Es waren die ganz aktuellen Zahlen.

(Zuruf von der CDU: Die blanke Unwahrheit! – Weitere Zurufe)

Ich denke aber, die Frage ist nicht, wo der DAX gerade steht. Die Frage ist, um was es hier eigentlich geht, nämlich um das Schüren von Stimmungen. Es geht Ihnen doch gar nicht darum, ob es hier demokratische Entscheidungen gibt und dass der Bundestag oder die Landesregierung mit eingebunden wird. Ihnen geht es darum, Stimmungen zu machen und sich auf einen FPÖ-Kurs, auf einen Haider-Kurs zu begeben.

Ich will das einmal so sagen: Gerade meiner Partei wurde oftmals vorgeworfen, wir wären europafeindlich. Aber wir sind nicht diejenigen, die gegen andere europäische Staaten in dieser Form hetzen und derartige Stimmungen schüren, sondern wir sind der Meinung, wir brauchen ein solidarisches Europa. Wir brauchen ein Europa des Miteinander und der Solidarität. Was Sie derzeit machen, ist einfach unverantwortlich. Deswegen haben wir auch einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem das klar zum Ausdruck kommt. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der LINKEN)

Bevor es weitergeht, hat der Herr Staatsminister Hahn das Wort. Ich will nur darauf hinweisen, weil es hier einige Ungereimtheiten gibt: In der Aktuellen Stunde, wenn die Redezeit der Regierung überschritten ist – der Minister hat 3:20 Minuten länger gesprochen –, regelt § 32 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung:

Überschreiten die Mitglieder der Landesregierung oder ihre Beauftragten die Redezeit der Fraktionen, verlängert sich die Redezeit für jede Fraktion um die Dauer der Überschreitung.

Jede Fraktion hat also zusätzlich 3:20 Minuten. Wir hier oben sind nicht schuld. Ihr Lieben, wir stellen es nur einfach fest. Das ist so. Wir sind neutral. Hier wird jedem geholfen. Aber es ist so.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Jetzt hat Herr Staatsminister Hahn das Wort.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur eine unkorrekte Information der Kollegin Wissler wieder geradestellen. Zur Minute ist der DAX bei 5.473,70 Punkte. Das ist ein Plus von 2,05 % gegenüber gestern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie hat die Unwahrheit gesagt! – Zurufe von der LINKEN)