Wir vertreten die Auffassung, dass eine Insolvenz Griechenlands nicht auszuschließen ist. Ich freue mich über andere Konzepte. Aber legen Sie sie auf den Tisch, statt immer daran zu arbeiten, dass es eine Transferunion gibt, in der allein die Deutschen für die Schulden der anderen aufkommen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Wenn das Konzept von Rot und Grün darin besteht, nur die Schulden der anderen zu zahlen, statt sich zu überlegen, wie man das Problem löst, muss ich sagen: Ich fühle mich bei der FDP sehr gut aufgehoben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Das Wort hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Kollege SchäferGümbel.
(Petra Fuhrmann (SPD): Das war wirklich kurz vor Haider! – Günter Rudolph (SPD): Das war Haider pur!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hier ist eben „Das war Haider pur!“ dazwischengerufen worden. Das war – um die Maßstäbe zu verdeutlichen – bestenfalls ein Provinz-Haider.
Der Anlass für diese Aktuelle Stunde dürfte wohl weniger das Urteil des Verfassungsgerichts oder die europäische Integration gewesen sein. Der Anlass für diese Aktuelle Stunde war eher das „Geschwätz“ – um den Bundesfinanzminister zu zitieren – des Bundeswirtschaftsministers über eine geordnete Insolvenz Griechenlands.
Auslöser dafür ist offensichtlich die ungeordnete Insolvenz der FDP. Große Teile der Union stehen fassungslos vor den Konsequenzen dieses Geschwätzes – außer der hessischen Union, die, wie wir gerade erlebt haben, nichts dazu sagt. Das ist aber vielleicht besser so.
Dass sich die FDP zum zweiten Mal mit antieuropäischer Polemik gegen die Eurobonds positioniert, ist bitter in der Sache.
Meine Ausführungen zur Sache kann ich relativ kurz halten. Die SPD hat immer gesagt, dass Eurobonds unter bestimmten Umständen und Bedingungen richtig sind. Nicht anders hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, das sich in seiner Rechtsprechung ausdrücklich an die aktuell geltenden rechtlichen Vorgaben gehalten hat. Nichts anderes sagen übrigens Bundeskanzlerin Merkel, Herr Sarkozy und Herr Schäuble.
Sie halten Eurobonds bei einer vertieften europäischen Integration für sinnvoll. Da wir bei dem Fachterminus „Eurobonds“ sind, möchte ich eine Anmerkung dazu machen: Hinter dem Begriff steht nicht mehr als das Ziel, dass die Starken den Schwächeren unter die Arme greifen, damit ein Teil der Schuldenlast durch die Minderung des Haftungsrisikos reduziert wird.
Herr Kollege Rentsch, jetzt kommen wir zu des Pudels Kern: Letztlich sind die Anleihekäufe der EZB und die Arbeit des europäischen Rettungsschirms nichts anderes.
Sowohl die EZB als auch die im Rahmen des erweiterten Rettungsschirms Tätigen können Staatsanleihen verschuldeter Staaten aufkaufen. Sie haften dafür mit dem eingelegten Kapital und den Bürgschaften aller Staaten der Eurozone. Damit haben wir bereits Eurobonds – nur in einer anderen Konstruktion –, die Sie heute hier populistisch ablehnen, in der Hoffnung, dass die Bürgerinnen
Der eigentliche Grund, weshalb die FDP erneut das Thema Eurobonds auf die Tagesordnung setzen lässt, ist ein ganz anderer. Es geht nämlich um ihre eigenen Probleme.
Herr Rentsch, ich will an dieser Stelle keine weiteren Ausführungen machen. Stattdessen will ich Ihnen einfach den Kommentar von Georg Schwarte, dem ARD-Hauptstadtkorrespondenten, zur Kenntnis geben. Das ist ein wörtliches Zitat:
(Florian Rentsch (FDP): Anstelle eines Konzepts! – Wolfgang Greilich (FDP): Er hat doch keines, deshalb kann er auch keines vorlegen!)
Eine Koalition auf dem Weg in die Insolvenz. Eins vorweg: der Euro, unser Euro ist bis zur Stunde stabil. Die Koalition ist es nicht. Griechenland befindet sich nicht in der geordneten Insolvenz. Die FDP dagegen macht diesen Eindruck seit Monaten. Denkverbote hat niemand ausgesprochen. Im Gegenteil: Wer käme bei diesem Wirtschaftsminister auf die Idee, ausgerechnet ihm das Denken verbieten zu wollen? Man möchte es ihm ausdrücklich wünschen.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Judith Lannert (CDU): Das ist doch peinlich!)
Sie reden in dem aus Westerwelle-Zeiten leidvoll bekannten „Man-wird-doch-noch-sagen-dürfenTonfall“ den Euro und Europa klein. Sie tun dies in der armseligen Hoffnung, beim zu Recht verunsicherten Wähler selbst wieder ein wenig größer zu wirken. Mittendrin im kommunikativen Schlamassel steht eine Kanzlerin, zu deren Eigenarten es bisher gehörte, so lange laut zu schweigen, bis die Karawane der Aufgeregtheit weitergezogen war, sich die Dinge von selbst erledigten.
Das ist allerdings nicht das, was wir in dieser Situation brauchen. Deshalb sage ich Ihnen: Das ist zum wiederholten Mal der verzweifelte Versuch, mit Euroskeptizismus Stimmung zu machen. Die FDP arbeitet in der Tat tapfer daran.
Herr Milde, ich bin sehr gespannt darauf, was Sie von der Union angesichts der Stellungnahmen der Bundes-Union zu dieser Debatte sagen. Ich bin sehr gespannt auf das, was Sie gleich sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss, letzter Satz. Die FDP arbeitet in der Tat tapfer daran, sich selbst zu erledigen. Ein Insolvenzrecht für Parteien gibt es übrigens auch nicht. Das erledigen bei uns die Bürgerinnen und Bürger durch Stimmabgabe. Das nächste Mal ganz sicher am Wochenende in Berlin, „und das ist auch gut so“.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das schon am frühen Morgen! Seit an Seit mit der SPD! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Seit an Seit mit der FDP gegen Frau Merkel! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU), zur SPD gewandt: Da bin ich lieber mit Frau Merkel zusammen als mit ihm!)
(Günter Rudolph (SPD): Das wird Frau Merkel freuen! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Herr Wagner, Ihre Probleme möchte ich gar nicht lösen. Das möchte ich wirklich nicht. – Wir waren sehr erstaunt, dass die FDP dieses Thema für die Aktuelle Stunde gewählt hat. Der Hessen-Bezug war für uns nicht erkennbar, der uns sozusagen immer nachträglich – –
Aber das hat sich dann dadurch erledigt, dass sich Herr Rentsch und seit gestern auch Herr Hahn zu diesem Thema geäußert haben. Insofern war es dann hessisch geworden.
Dieses Thema ist vor allen Dingen geeignet, um zu zeigen, dass in der Bundesregierung ein Widerspruch zwischen FDP und CDU besteht. Aber zunächst einmal hat die FDP mit dem Titel ihrer Aktuellen Stunde eine Banalität festgestellt; denn es ist selbstverständlich, dass wir alle das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ernst nehmen, insbesondere auch, wenn es darum geht, die Rechte des Parlaments zu stärken.
Was die FDP hier aber fabuliert, ist nichts anderes, als dass irgendwer ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ernst nimmt. Der FDP geht es nicht darum, die Rechte des Parlaments zu stärken. Der FDP geht es darum, den Eindruck zu erwecken, dass das Bundesverfassungsgericht gesagt habe, dass die Euro-Rettung falsch sei. Der FDP geht es insbesondere darum, dass Hessen ein Vetorecht bei der Euro-Rettung bekommt, konkret, dass die hessische FDP die Rechte des Bundestags einschränken kann, wenn dieser die Rettung von Staaten vor der Zahlungsunfähigkeit beschließt.
Mich würde einmal interessieren, auf welcher Grundlage das geschehen soll; denn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich gerade nicht auf die Mitsprache der Länder, sondern auf die Mitsprache des Bundestages. Der FDP geht es also gerade nicht um demokratische Mitbestimmung, es geht ihr einzig und allein darum, sich mit dem Thema Griechenland deutsch-national zu profilieren und Stimmung gegen die Rettungsmaßnahmen zu machen. Es geht um nichts anderes.
Tatsächlich kann man sehr wohl kritisieren, wie die EuroRettung vorgenommen werden soll, denn an einem Punkt hat die FDP recht: Ein wirksames Konzept, wie der Euro und die Krisenstaaten gerettet werden können, liegt nicht vor. Und die Maßnahmen, die jetzt geplant werden, sind nicht ausreichend, um die Staatsschuldenkrise in Europa zu beenden. Aber, Herr Rentsch, das kann doch noch lange kein Grund sein, den Staatsbankrott Griechenlands herbeizureden. Das macht die FDP doch nur, weil sie sonst nichts liefert.