Dass wir aber dringend handeln müssen, macht auch ein anderes Thema klar: Die Lohndifferenz, die wir heute feststellen, schreibt sich fort.
In der Diskussion über Rente und Altersarmut wird das noch einmal viel stärker hinterlegt. Aus geringer Entlohnung plus familienbedingter Unterbrechung sowie aus Teilzeitbeschäftigung resultiert für Frauen mit dieser Erwerbsbiografie eine besondere Gefährdung durch die Altersarmut.Darum müssen wir uns auch mit diesem Thema beschäftigen.
Was kann getan werden? Wir müssen die Tarifparteien in die Pflicht nehmen. Der Staat muss endlich die Steuergesetzgebung modernisieren und damit das hier verfestigte Gesellschaftsbild von dem Mann als Ernährer und der dazuverdienenden Frau bekämpfen.
Was die Bildung betrifft, so muss der Konzentration der Mädchen auf sogenannte Frauenberufe entgegengewirkt werden. Immerhin sind 50 % der Frauen in fünf der 87 Berufsgruppen konzentriert. Der Staat muss die Gesellschaft durch Hinweise immer wieder für diese Diskriminierung sensibilisieren. Dazu dient auch die heutige Debatte, und ich glaube, wir werden in diesem Bereich in vielen Punkten Einigkeit erzielen können.
Natürlich werden die Frauen auf ihrem Weg zur Gleichberechtigung weitergehen und ihre Rechte im täglichen Leben durchsetzen. Es gibt hier eine Menge Möglichkeiten, im individuellen Fall sein gutes Recht zu bekommen. Wir wollen und werden die Frauen dabei unterstützen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem kleinen Zitat beginnen. Frau Schulz-Asche hat eben einen Zwischenruf gemacht, der sich darauf bezog, dass die FDP-Fraktion in diesem Landtag eine frauenfreie Zone ist. Sie hat gesagt: „Aber lasst doch, bei dem Herrn Kollegen ist der Name Programm!“ Das hat mir gut gefallen.
Seit über 100 Jahren fordern nicht nur Frauen, sondern auch fortschrittliche Männer etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich gleichen Lohn für gleiche – oder gleichwertige – Arbeit. Die Forderung wurde 1889 auf dem Kongress der Internationalen Arbeiterassoziation in Paris erhoben.
Dazu, dass wir die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit in den letzten 20 oder 25 Jahren aus vielerlei Munde gehört haben – inzwischen sogar von Ursula von der Leyen und von anderen –, muss ich sagen: Der Equal Pay Day ist brandaktuell. Man muss aber darauf hinweisen, dass das leider so ist. Die Forderung aus dem Jahr 1889, die Verankerung im Grundgesetz oder die Verankerung in der Hessischen Verfassung haben leider nicht dazu geführt, dass die Diskriminierung von Frauenarbeit aufgehört hat.
Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland 23 % weniger als Männer. Damit liegen wir EU-weit auf einem der hinteren Plätze. Ich finde, das ist einer modernen Gesellschaft absolut unwürdig.
Der Durchschnittsbruttoverdienst von Frauen betrug im Jahr 2006 13,91 c; bei Männern betrug er 17,99 c. Das klingt zunächst gar nicht danach, als ob es so viel wäre. Aber es sind sage und schreibe 4,08 c pro Stunde – Stunde für Stunde, Woche für Woche, Monat für Monat. Damit summiert es sich wirklich.
Warum ändert sich nichts? Ich muss sagen, ich bin bei diesem Thema vorbelastet. Ich bin seit meiner Studienzeit mit diesem Thema befasst und frage mich immer wieder: Warum ist die Schnecke Fortschritt so fürchterlich lahm?
Es hat sich immer noch nichts daran geändert, dass 80 % der familienbedingten Auszeiten von Frauen genommen werden. Es hat sich immer noch nichts daran geändert, dass bei halbtagsbeschäftigten Frauen pro Woche 35 Stun
den Familienarbeit anfallen. Bei vollzeitbeschäftigten Frauen sind es immer noch 23 Stunden pro Woche, während es bei Männern, ob sie nun halbzeit-, teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt sind, gerade einmal sieben Stunden pro Woche sind.
Das ist so, weil das Verhalten bei der Berufswahl immer noch absolut eingefahren ist: Frauen wählen Berufe im Gesundheitswesen oder im Handel, die schlecht bezahlt sind. Ich nenne dazu nur den Stundenlohn im Friseurhandwerk Ost, der bei 3,06 c liegt. Die unterste Vergütung in männertypischen Berufen, nämlich im Bauhauptgewerbe West, liegt bei 10,40 c. Auch das sind keine Reichtümer; aber es sind wenigstens Löhne, von denen man, wenn auch mehr schlecht als recht, leben kann.
Wir haben diese Lohnungleichheit auch, weil Frauen in Führungspositionen Mangelware sind. Ich erinnere an die sogenannten gläsernen Decken. 60 % der Universitätsabgänger sind Frauen, und trotz guter und besserer Abschlüsse stoßen sie an die gläserne Decke.
Die flächendeckende Einführung von Mini- und Midijobs ist ebenfalls ein Grund für Niedrigstlöhne bei Frauen.Wir sind ein Niedriglohnboomland. Der Anteil von 26 % bei den Frauen spricht eine deutliche Sprache.
Wir haben diese Entgeltungleichheit, weil Frauen bei Sonderzahlungen diskriminiert werden. Wir haben sie, weil sie bei der Vergütung von Überstunden sehr oft lieber den Freizeitausgleich wählen. Schauen wir uns einmal an, was dieser Freizeitausgleich ist: Die Frauen gehen in dieser Zeit mit ihren Kindern zur Vorsorgeuntersuchung. Frauen werden auch weniger häufig befördert als ihre männlichen Kollegen. Das sind die Ursachen, die sich seit 100, 50, 30, 20, 10 oder 5 Jahren nicht geändert haben.
Ich glaube, Ihr Wischiwaschiantrag – wenn ich das einmal so sagen darf – ist an dieser Stelle zu wenig. Appelle reichen nicht mehr aus.
Es ist unstreitig, dass wir einen massiven Ausbau der Ganztagsbetreuung von Kindern brauchen. Wir müssen die Aufstiegsbarrieren in den Unternehmen aus dem Weg räumen, und wir müssen gesellschaftliche Rollenbilder aufbrechen.Auch das hat sich seit 30, 20, 10 oder 5 Jahren nicht geändert. Dass für Familien- und Erziehungsaufgaben beide Geschlechter zuständig sind, nämlich Mütter und Väter, ist immer noch nicht verankert, weder in den Köpfen noch in der Realität. Deswegen reichen gut gemeinte Appelle wie in dem Antrag von CDU und FDP nicht aus.
Wir müssen z. B. einen rechtlich verbindlichen Diskriminierungscheck bei Tarifverträgen fordern. Das ist unstreitig eine Sache der Tarifparteien.Aber wir appellieren.
Herr Kollege Rock, ich habe Sie gerade gelobt. Ich habe gesagt, das, was Sie erklärt haben, sei unstreitig, nämlich dass wir ein geschlechtergerechteres Steuersystem brauchen.
Aber wir brauchen auch existenzsichernde Löhne – darin sind Sie nicht meiner Meinung –, also Mindestlöhne, zumindest einen flächendeckenden Mindestlohn. Außerdem müssen wir gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchsetzen.
Wir brauchen aber – weiter gehend – auch eine Quotierung, z. B. bei den Aufsichtsräten. In Norwegen ist eine Frauenquote von 40 % zu besichtigen, die dort zu großen Fortschritten geführt hat. Das brauchen wir ebenfalls.Wir brauchen auch eine gesetzliche Regelung in der Privatwirtschaft, die die gleichmäßige Teilhabe von Frauen und Männern garantiert.
Wir stellen fest,CDU und FDP wollen es bei Appellen belassen. Ich sage Ihnen: Nur zu appellieren bedeutet leider Stillstand. Allein gesetzliche Regelungen – das haben wir bei den verschiedensten Regelungen gesehen – beenden die Diskriminierung und bringen wirklichen Fortschritt. Deshalb werden wir uns bei Ihrem Antrag der Stimme enthalten.
Was die Landesregierung betrifft – um das zum Abschluss zu sagen –, so war sie in den letzten Jahren relativ untätig. Ich denke nur daran, dass die sogenannten Wiedereinstiegskurse für Frauen nach der Familienphase gestrichen wurden. Das war eine der ersten Taten. Herr Kollege, das ist leider so.
Auch der Ausbau der flächendeckenden Kinderbetreuung steckt noch – sagen wir es einmal vorsichtig – in den Kinderschuhen. Dass das Interesse der Mädchen an Technik und Naturwissenschaft durch den Bildungs- und Erziehungsplan gefördert werden soll, ist eine gute Absicht. Allein es fehlt die Umsetzungsmöglichkeit.
Ich bin sehr gespannt, ob der jetzt zuständige Frauenminister – nach der Geschäftsverteilung ist Herr Banzer jetzt Frauenminister – in diesem Bereich vielleicht etwas mehr Engagement zeigt als seine Vorgängerin. Ich würde es mir und uns allen wünschen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der 20. März ist der Tag, an dem die Frauen endlich so viel Geld erhalten haben wie die Männer bereits am 31. Dezember des Vorjahres.Verdient haben sie mehr. Die ungleiche Entlohnung der Männer und der Frauen ist nur die Spitze des Eisbergs der beruflichen Benachteilung der Frauen. Sie wird in der Entlohnung sichtbar und ist nach wie vor das Spiegelbild der gesellschaftlichen Wertschätzung der Frauen.
Frauen verdienen rund 23 % weniger als Männer. Dass wir uns damit in Europa nicht mehr an drittletzter, sondern an viertletzter Stelle befinden, ist nicht unser Verdienst. Vielmehr liegt das daran, dass andere noch schlechter geworden sind. Aber auch wir sind schlechter geworden.
Die Forderung des Equal Pay Day nach gleichem Lohn für Frauen wurde schon vor über 50 Jahren in den Römischen Verträgen festgelegt. Jeder Mitgliedstaat soll während der ersten Stufe den Grundsatz des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anwenden und in der Folge beibehalten.
Reden Sie doch nicht solch einen fürchterlichen Unfug, wenn Sie keine Ahnung haben. Informieren Sie sich erst einmal.