Protocol of the Session on April 2, 2009

(Stefan Grüttner (CDU):Das steht doch in der Zeitung!)

Was haben uns die letzten 50 Jahre tatsächlich gebracht? Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, werden grundsätzlich schlechter als andere vergleichbare Berufe bezahlt. Von den 6,5 Millionen im Niedriglohnsektor Beschäftigten sind 70 % Frauen. Das sind 4,55 Millionen Frauen. Dafür sind von 5,5 Millionen Führungspositionen nur 1,7 Millionen mit Frauen besetzt. Das sind 31 %.

Schaut man ins Detail, erkennt man, dass sich diese Zahlen fortsetzen. Anteil der Frauen an geringfügig bezahlter – –

Frau Kollegin, gestatten Sie Zwischenfragen?

(Marjana Schott (DIE LINKE): Ja!)

Dann erteile ich Herrn Kollegen Grüttner für eine Zwischenfrage das Wort.

Frau Kollegin, ist Ihr Beitrag zum Equal Pay der gewesen, dass Sie die drei männlichen Bediensteten, die Sie hatten, so geringfügig entlohnten, dass damit Equal Pay gewährleistet war?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar. Diese Menschen haben exakt das Gehalt erhalten, das der Landtag bezahlt. Das sind pro Stunde etwa 19,50 c. Wenn Sie der Meinung sind,dass das zu wenig ist,dann sorgen Sie dafür, dass diese Mitarbeiter mehr Geld bekommen.

(Clemens Reif (CDU): Dem stimmen Sie doch nicht zu!)

Das ist das, was ich bezahlt habe. Ich bitte Sie dringend, sich des weiteren Strickens und Manifestierens dieser Gerüchte zu enthalten. Das ist nämlich schlicht die Unwahrheit. Ich glaube nicht, dass Sie die Unwahrheit verbreiten wollen.

Ich würde nun gerne in meiner Rede fortfahren.

Jetzt hat Frau Kollegin Schott alleine das Wort. Sind Sie einverstanden? – Danke schön.

Über den Anteil der Frauen in der FDP-Fraktion haben wir schon genug gelästert. Das brauche ich hier nicht fortzusetzen.

In der Regierungskoalition gibt es insgesamt einen Anteil an Frauen von 13,6 %. Da frage ich mich, wie das mit der Frauenförderung gemeint ist. Ich denke, Sie hätte sich einen so peinlichen Dringlichen Antrag wie den, den Sie gestellt haben, ersparen sollen. Er wurde dem Entschließungsantrag der Fraktion der GRÜNEN nachgeschoben, weil Sie nicht dastehen wollten, ohne etwas Eigenes aufs Papier gebracht zu haben.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE) und bei Abgeordneten der SPD)

Das hat nichts anderes als eine Schaufensterfunktion. Fangen Sie doch an, vor Ihrer Haustüre zu kehren. Machen Sie Frauenförderung in Ihren eigenen Parteien. Das täte vielleicht auch der FDP gut. Denn dann kämen wir zu einem anderen Bild der Gesellschaft. Dann würden nicht nur die Männer die Politik machen.Vielmehr könnten die Frauen für sich selbst reden. Das würde helfen.

(Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zuruf)

Das Geläster hilft da auch nicht viel. Sehen Sie doch einfach einmal der Tatsache ins Auge: Es würde Ihren Platz gefährden, wenn Sie die Frauen Ihrer Partei fördern würden. Wer will das schon? – Die Mehrheit der Männer in der Politik hat damit ein echtes Problem.

Dass Sie solche Rahmenbedingungen für solche Anträge haben, da kann ich Ihnen nicht helfen. Schauen Sie doch einmal in Richtung AOK. Die AOK hat festgestellt, dass sie in der Fläche überwiegend Frauen beschäftigt. Sie hat dann festgestellt, dass das in ihrer Führungsetage nicht mehr der Fall ist. Sie haben dann eine Stelle zur Förderung und Beratung der Frauen eingerichtet.

Genau da hätten Sie die Möglichkeit, abzuschreiben. Ich glaube, die AOK hätte nichts dagegen, wenn bei dem Thema von ihr abgeschrieben würde.

Dem Inhalt des Entschließungsantrags der GRÜNEN können wir wirklich folgen. Uns fehlt natürlich der kon

krete Hinweis darauf, was der Mindestlohn sein soll. Wir haben damit viele schlechte Erfahrungen gemacht. Menschen fordern Mindestlohn, weil es gerade en vogue ist. Wir stehen für 10 c Mindestlohn. Denn ein Mindestlohn ist nur dann ein Mindestlohn, wenn er es der Bedeutung des Wortes nach verdient. Es nützt nichts, Mindestlöhne zu schaffen, von denen man am Ende auch nicht leben kann.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Der Mindestlohn ist also eine Voraussetzung. Denn die Frauen sind genau in den Bereichen beschäftigt, in denen schlecht verdient wird. Frauen sind in den Bereichen beschäftigt, in denen der Mindestlohn wirklich helfen würde, und zwar sofort.

Man muss dann aber auch das Kind beim Namen nennen und sagen, welchen Mindestlohn man meint. Wir werden Ihrem Entschließungsantrag trotzdem zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Banzer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, komplexen gesellschaftspolitischen Entwicklungen ist wenig gedient, wenn man mit Geboten oder Verboten auf gesamtgesellschaftliche Phänomene reagiert. Die 23 %, um die das Durchschnittseinkommen der Frauen geringer ist, sind weniger eine Durchschnittszahl. Sie sind mehr eine Kennziffer. Denn sie sind natürlich das Ergebnis einer gesamtgesellschaftlichen Situation. Deswegen tritt die eigentlich widersprüchliche Situation auf, dass in Deutschland gemeinsam mehr für gleichen Lohn für gleiche Arbeit getan wird – man sieht den Konsens dazu in diesem Hause –, die statistische Zahl aber in diesem Moment zurückgeht. Das liegt einfach daran, dass Deutschland ein Land ist, in dem z. B. Teilzeitarbeit in einem besonderen Maße angeboten wird. Der erste Reflex davon ist – –

(Wortmeldung der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Nein, ich will das nicht. Frau Fuhrmann, nein, Sie müssen da jetzt verzichten.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Nein, wirklich nicht. Bitte lassen Sie mich das doch erst einmal ausführen. Wissen Sie, wenn Sie sich schon melden, wenn ich anfange, meine Gedanken mitzuteilen, hat es überhaupt keinen Sinn, dass ich Ihnen das Stellen einer Frage zugestehe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wissen Sie, das ist ein pädagogisches Überbleibsel aus meiner Zeit als Kultusminister. Ich weiß, wenn man sich schon so früh meldet, dann hört man überhaupt nicht mehr zu.Deswegen hatte das gar keinen Sinn.Machen Sie sich keine Hoffnung.Diese Frage werden Sie nicht stellen.

(Beifall des Abg. Hartmut Honka (CDU) – Unruhe)

Langsam. Wir haben hier kein Round-Table-Gespräch. – Herr Minister, gestatten Sie Zwischenfragen?

(Minister Jürgen Banzer: Nein!)

Okay.

Denn es kommt mir sehr darauf an, dass man an dieser Zahl auch wirklich ordentlich arbeitet und nicht nur platt sagt: Das ist ein Vergleich des durchschnittliches Einkommens von Männern und Frauen, der Unterschied von 23 % ist nicht in Ordnung.

Man muss hinter die Kulisse schauen und erkennen, dass das eine Kennzahl ist. Dann wird es richtig spannend. Dann sieht man nämlich die Effekte, die eintreten. Ich sage Ihnen voraus: Wenn wir da mehr tun werden, dann wird die Zahl zunächst noch schlechter werden. Aber sie wird im nächsten Schritt deutlich besser werden.

Zum Beispiel wurde in der heute geführten Diskussion etwas nicht gesagt.Wenn man sich die Gruppe der jüngeren Frauen anschaut, dann sieht man, dass die Differenz sehr viel kleiner als 23 % ist.Aufgrund der Effekte, die ich angesprochen habe, tut sich also etwas.

Es gibt mit Kennziffern Probleme. Ich bitte Sie, das nicht als eine Durchschnittszahl, sondern als eine Kennziffer zu sehen.Als solche ist sie schon relevant. Sie trifft eine Aussage über die soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Ich nehme die Zahl sehr ernst. Ich halte sie auch für ein wichtiges Kriterium, an dem man erkennt, ob wir das in unserer Gesellschaft hinkriegen.

Aber ich bitte, das nicht zu platt und nur als Durchschnittszahl zu sehen.All das,was wir da tun,wirkt sich zunächst einmal eher in die andere Richtung aus, wird aber auf Dauer – davon bin ich überzeugt – schon in die richtige Richtung wirken. Ich glaube, dass gerade diese Landesregierung ihren Teil dazu beiträgt.

(Wortmeldung der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Frau Fuhrmann, in der Schule würde man Sie als ein hyperaktives Kind bezeichnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ich wollte Ihnen das nur sagen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – Minister Stefan Grüttner: Jetzt geht es noch um das Betragen!)

Ganz ruhig bleiben. Keine Aufregung.

Ich glaube, dass zu einem vernünftigen Dialog auch gehört, dass man sich gegenseitig zugesteht, an einer Stelle, wo gar kein Dissens besteht, keinen künstlichen Dissens aufzubauen. Das, was die Landesregierung gerade in diesem Bereich getan hat,ist wirksam.Das Audit Familie und Beruf wird von den Beschäftigten sehr dankbar angenommen.