Protocol of the Session on June 7, 2011

Doch, den gibt es.

(Timon Gremmels (SPD): Es wird auch nicht besser, wenn Sie es wiederholen!)

Herr Gremmels, Sie werden sich noch mehr freuen, lassen Sie mich erst mal weiter vortragen.

Sigmar Gabriel hat bei dieser Frage richtig Gas gegeben und den Konnex hergestellt. Er hat gesagt, wir brauchten weiterhin Kohle. Er sagt weiter, die erneuerbaren Energien müssten schnell ausgebaut werden, moderne Kohlekraftwerke würden wir als Brücke brauchen, dafür müssten alte CO2-Schleudern abgeschaltet werden. Wenn man das analysiert, kommt man fast zu dem Schluss, dass er Staudinger gemeint haben mag.

Zweitens gibt es eine ganze Reihe Meldungen aus sozialdemokratisch regierten Ländern – Herr Kollege Al-Wazir hat sie genannt – wie Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, wo die Ministerpräsi

denten und SPD-Verantwortlichen erkennen, dass wir den Ausstieg aus der Atomenergie nur schaffen können und der Strompreis einigermaßen stabil bleiben kann, wenn wir Kohle nutzen. Deswegen gibt es eine Grundsatzfrage. Das ist die Frage, ob sich der Gaspreis weiter so moderat gestaltet wie in den letzten Jahren. Wenn Europa insgesamt, aber vor allem Deutschland, in den nächsten Jahren den Ausbau der Gaskraftwerke betreibt, werden die Länder, die uns das Gas zur Verfügung stellen, z. B. Russland, dafür möglicherweise auch höhere Preise verlangen. Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir beim Gas Preissteigerungen hinzunehmen haben, sehr hoch.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Al-Wazir, deswegen macht es Sinn, auch über das Potenzial nachzudenken, das wir haben.

(Torsten Warnecke (SPD): Sie sind für den Ausbau der Steinkohle!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, eines verstehe ich überhaupt nicht. Die Sozialdemokraten sagen Sachen, von denen man überhaupt nicht weiß, was sie meinen. Ich zitiere:

Wer Biblis wegen der erheblichen Sicherheitsbedenken abschalten will, wie auch die Großkrotzenburger Sozialdemokraten, muss für die Grundlastversorgung mit anderen funktionierenden Kraftwerken sein. Dazu gehört auf jeden Fall auch der Block 6 des Kraftwerks Staudinger.

Diese Botschaft kommt vom SPD-Ortsverband Großkrotzenburg.

(Beifall bei der FDP)

Dann geht es weiter. Die SPD im Kreis – Kollege Lotz, der hinter mir sitzt – beschließt am 20.03.2009 im Kreistag des Main-Kinzig-Kreises einen Antrag. Das war die Variante: Wir brauchen den Block 6 komplett.

Die zweite Variante ist die Kreistags-SPD. Erst vor Kurzem hatte der Kreistag des Main-Kinzig-Kreises gefordert, einen solchen Ausbau mit 800 MW zu planen, also nicht mit 1.200 MW, sondern sie wollen ihn geringer haben.

Im Hessischen Landtag schließt sich der Kollege Lotz dann dem Kollegen Görig an und sagt: Hier brauchen wir gar kein Kohlekraftwerk.

Das heißt, es gibt drei Varianten – die erste Variante: Großkrotzenburger SPD, Staudinger 6 bauen, wie es ist; zweite Variante: Kreistags-SPD, Staudinger kleiner bauen; dritte Variante: Landtags-SPD, Staudinger gar nicht bauen. – Dass die Bürgerinnen und Bürger da nicht mehr mitkommen, ist doch nicht unser Problem, sondern Ihres, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. Dafür können wir doch nichts.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Kollege Gremmels, ja, ich bin bereit, weil ich Sie mag,

(Allgemeine Heiterkeit)

Ihnen das zur Verfügung zu stellen. Betreiben Sie an dieser Stelle Aufklärungsarbeit. Versuchen Sie, die Sozialdemokratie einmal auf einen Kurs zu bringen. Es macht auch Sinn, wenn der Ortsverband nicht anders als der Landesverband oder der Bundesverband redet. Wir ken

nen das. Deshalb alles Gute bei der Aufklärungsarbeit und viel Glück dabei. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke, Herr Rentsch. – Für die Landesregierung hat sich Frau Puttrich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte jetzt einmal von der ganzen politischen Bewertung wegkommen

(Norbert Schmitt (SPD): Das glaube ich! – Lachen bei der SPD)

und schlicht und einfach zu den Fakten gehen. Wir sind gemeinsam auf dem Weg zu einer Energiewende, das dürfte unbestritten sein. Wir sind gemeinsam auf dem Weg, aus der Atomkraft auszusteigen. Und wir sind auf dem Weg zu erneuerbaren Energien. Wenn Sie von Ihrer Seite den Weg zu erneuerbaren Energien beschreiben – sowohl Herr Schäfer-Gümbel als auch Herr Al-Wazir –, dann machen Sie einen Sprung bis 2020 und lassen die Zeit dazwischen schlicht und einfach aus.

(Timon Gremmels (SPD): Das stimmt nicht!)

Sie beschreiben die Welt, wie sie 2020 aussehen kann. Sie lassen die Frage offen, wie Sie sich die neue Brückentechnologie vorstellen. Wenn Sie sich Hessen betrachten – sehen wir uns die Fakten an dieser Stelle einmal an –, erkennen Sie, wenn Biblis abgeschaltet bleibt, dann fallen über 50 % der hessischen Stromproduktion aus Biblis weg. Wenn Sie sich noch Staudinger wegdenken, dann fallen weitere 22 % weg.

Das heißt, wenn Sie sich bei der hessischen Stromproduktion Biblis und Staudinger wegdenken, dann sind ungefähr drei Viertel der hessischen Stromproduktion nicht mehr vorhanden. Deshalb muss man an der Stelle, ganz nüchtern betrachtet, die Frage stellen: Wie ist die Situation? Was ist an Kapazität vorhanden, und auf was kann und will man einfach verzichten?

(Timon Gremmels (SPD): Weil Sie zehn Jahre nichts getan haben!)

Herr Al-Wazir, lassen Sie mich mit einer Einschätzung eines prognostizieren oder nicht prognostizieren. In einem haben Sie recht. Letztendlich wird das Unternehmen die Entscheidung treffen, ob gebaut oder nicht gebaut wird. Trotzdem kann man sich darüber unterhalten, wie die Situation aussieht. Im Moment wird geplant, bei dem Kraftwerk Staudinger drei Blöcke durch einen neuen Block, den Block 6, zu ersetzen.

Die Genehmigungsvoraussetzungen sind insoweit vorhanden, dass die Umweltauswirkungen eingehalten werden. Wir leben in einem Land, in dem ein Unternehmen einen Genehmigungsantrag stellt und, wenn sich alles im entsprechenden rechtlichen Rahmen befindet, ein Genehmigungsanspruch besteht. Ob dann letzten Endes ein Unternehmen davon Gebrauch machen wird, ist die eine Sache. Wie die Energieversorgung in Hessen aussieht, ist durchaus eine spannende Frage.

Lassen Sie mich ein bisschen mit dem Thema aufräumen, bei dem Sie an die Wand malen, dass, wenn Staudinger gebaut würde, das verheerende Auswirkungen auf die Immission hätte. Das ist schlicht und einfach nicht richtig. Der Block 6 liegt deutlich unter den einschlägigen bundesrechtlichen Grenzwerten. Es gibt darüber hinaus eine Selbstverpflichtung des Unternehmens, noch über den Stand der Technik hinauszugehen. Abgesehen davon ist das auch ein Bestandteil des Genehmigungsbescheides als Auflage und wird entsprechend festgestellt werden – das nur, um ein bisschen Klarheit zu schaffen.

Wenn ich „Klarheit schaffen“ sage, will ich noch einmal unabhängig davon, wie sich ein Unternehmen entscheidet, ansprechen, warum es durchaus interessant ist, hier über ein solches Kohlekraftwerk nachzudenken. Sie können nicht so tun, als könnten sich die Strukturen von einem auf den anderen Tag ändern.

Herr Schäfer-Gümbel hat zu Recht angesprochen, in Zukunft ist einiges an Fragen auf dem Weg zur Energiewende zu lösen. Sie haben zu Recht das Thema Netze angesprochen. Wir haben gestern darüber gesprochen und sprechen bei jeder Gelegenheit – unsere Bewertungen unterscheiden sich überhaupt nicht – über das Thema Speicher. Wir reden über das Thema Grundlastfähigkeit. Das ist das, was uns bewegt und im Moment noch nicht gelöst ist.

Sehen Sie sich den Standort an. Wenn es so käme, gibt es schon ein paar Gründe, warum es sinnvoll wäre, Block 6 dort zu bauen. Wenn Sie sich die Themen ansehen: Hier gibt es Mehrblocksynergien, und es gibt einen vorhandenen Netzanschluss, den man nutzen kann. Wir reden über das Thema Netze. Irgendwo muss produziert und irgendwo eingespeist werden. Wenn Sie sich die Thematik Brennstofflogistik ansehen, dann sind das Punkte, bei denen man sagen kann, das sind Gründe, warum es schon Sinn machen würde, wenn Staudinger an dieser Stelle gebaut würde.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ein weiterer Punkt, den man ansprechen muss, ist der Verbrauch im Rhein-Main-Gebiet. Das ist einfach so. Wir haben im Rhein-Main-Gebiet eine besonders hohe Abnahme und einen besonders hohen Verbrauch. Insofern ist es vollkommen richtig, darüber nachzudenken, dort ein entsprechendes Werk zu bauen und die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen.

Wir sind im Moment an dem Punkt, an dem ein Unternehmen einen Antrag gestellt hat, ein Werk zu bauen. Das ist ein Punkt, bei dem ich wieder sage: bitte nicht immer die Schwarzmalerei nach dem Motto „Kohle ist immer schlecht“. Kohlekraftwerke sind heute nicht mehr so, wie sie früher gewesen sind. Wenn Sie sich die Kohlekraftwerke ansehen – ich habe es eben angesprochen –, dann sehen Sie, sie sind wesentlich emissionsärmer. Wenn drei Blöcke stillgelegt werden und dafür Block 6 käme, wäre das emissionsärmer, als das vorher der Fall gewesen ist.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist doch gar nicht wahr! Das stimmt doch gar nicht!)

Lassen Sie mich die Stromproduktion ansprechen. Wir müssen über die Kapazität sprechen, was an Strom möglich wäre. Wenn Staudinger gebaut würde – ich spreche im Konjunktiv, weil es letztendlich die Entscheidung des Unternehmens ist, das zu tun –, dann muss man wissen,

dass mit Block 6 eine Kapazitätssteigerung der Stromproduktion verbunden ist. Das kann man auch nicht einfach zur Seite wischen.

Wenn man weiß, dass eine Kraftwerksleistung von 1.055 MW errichtet werden könnte gegenüber 791 MW, die dann stillgelegt würden, dann ist das durchaus ein Wort für die hessische Stromproduktion in der Situation, in der Biblis stillgelegt wird, nicht mehr läuft und Staudinger eine weitere Ausbaukapazität hat. Ich bitte einfach nur darum, dass man solche Fakten betrachtet und wir nicht nur darüber reden, wie wir uns die Welt 2020 vorstellen,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eben!)

und dass man nicht so tut, als hätte man ein Spielbrett und könnte alle Figuren umschmeißen und neu aufstellen. Wir sind in einem Entwicklungsprozess. Entwicklungsprozess heißt, dass wir auch vorhandene Strukturen benutzen müssen, dass wir auch eine Brückentechnologie brauchen und dass wir verantwortungsvoll dazu verpflichtet sind, Versorgungssicherheit, Preisstabilität und all das, was mit der Energieversorgung zu tun hat, entsprechend zu erfüllen.

Insofern kann ich nur empfehlen, machen Sie auch bei solchen Diskussionen keine Schwarzweißmalerei, sondern stellen Sie sich sachlich fundiert der Verantwortung, damit wir gemeinsam die Energiewende schaffen und den Weg zu erneuerbaren Energien mit einer Brücke hinbekommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin Puttrich. – Wir sind damit am Ende der Aussprache zur Aktuellen Stunde der CDU betreffend Hessen-SPD bei Staudinger auf Konfrontationskurs gegen Gewerkschaft und SPD-Bundesspitze. Damit sind alle Aktuellen Stunden abgehandelt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend sinnvolle Veränderungen statt Kürzungen in der Arbeitsförderung – Drucks. 18/4132 –