Meine Damen und Herren, auf dieser Basis war niemals ein Konsens möglich und wird es auch nicht sein.
Wir sind sehr erfreut darüber, dass es die Bundesländer auf der Ministerpräsidentenkonferenz vom letzten Freitag geschafft haben, gemeinsam deutliche Verbesserungen zu verabschieden. Ich sage es auch mit einem gewissen Stolz: Wir sind froh darüber, dass es mit Winfried Kretschmann einen GRÜNEN-Ministerpräsidenten gibt, der mit seinem Sieben-Punkte-Papier wesentlich dazu beigetragen hat, dass es hier zu einer Positionsveränderung gekommen ist.
Es ist ein Erfolg, dass die Ministerpräsidenten einstimmig eine sofortige Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke, einschließlich des Schrottreaktors Krümmel, forderten und – was für uns besonders wichtig ist – eine Kaltreserve eines alten Atomkraftwerkes ablehnten. Die Ministerpräsidenten haben sich dafür ausgesprochen, die restlichen neun Atomkraftwerke nicht erst im Jahr 2021 oder 2022 vom Netz zu nehmen, sondern viel früher. Be
Das heißt für das Jahr 2015: Am Ende des Jahres wird es auch Grafenrheinfeld treffen. Dann werden die Jahre 2017, 2019, 2021 bis 2022 zeigen, dass die restlichen Atomkraftwerke vom Netz gehen. Die Letzten werden die Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 sein.
Meine Damen und Herren, dies wäre ein Erfolg – wenn es dann am Ende auch rechtssicher gestaltet wird.
Dazu sage ich ganz deutlich: Von dem ehemaligen Abteilungsleiter Wolfgang Renneberg habe ich ein Statement erhalten, in dem er sich darüber beklagt, dass die jetzige gesetzliche Regelung unzureichend ist und er noch niemals ein so schlecht gestaltetes Gesetz gesehen hat. Das heißt also, wir GRÜNE dringen darauf – denn wir wollen einen ehrlichen Atomausstieg haben –, dass auch die rechtliche Gestaltung so sicher erfolgt, dass die Atomkraftwerke so bald wie möglich vom Netz gehen.
Aber auch das Thema Atommüllentsorgung wurde in der richtigen Richtung diskutiert. Es wurde eine bundesweite ergebnisoffene Endlagersuche nach wissenschaftlichen Kriterien vereinbart – ein Wunsch, den wir schon seit langer Zeit immer wieder in die Öffentlichkeit tragen. Denn wir erachten es für notwendig, dass man sich bundesweit Gedanken macht, wo der hoch radioaktive Atommüll wirklich sicher gelagert werden kann.
Diese korrigierten Pläne, das, was die Ministerpräsidenten am letzten Freitag beschlossen haben, bieten eine solide Grundlage. Sie bieten eine Grundlage, auf der man aufbauen kann und wobei man auch einen Konsens erwirken kann.
Aber für uns GRÜNE ist es klar: Ein kompletter Ausstieg ist auch früher möglich. Das konnten wir schon mit zahlreichen Untersuchungen belegen. Wir halten einen Atomausstieg bis zum Jahr 2017 für technisch, rechtlich, wirtschaftlich und energiepolitisch seriös umsetzbar.
Wir sehen aber auch, dass es eine Chance für einen Konsens gibt, eine unglaubliche historische Chance, einen breiten gesellschaftlichen Konsens für einen endgültigen Ausstieg aus der gefährlichen Atomkraft einzuleiten. Ich habe es eingangs gesagt: Wenn es gelingt, den Atomausstieg rechtssicher umzusetzen, dann wird dies zu einer Planungssicherheit führen und zu Investitionen in den Ausbau von erneuerbaren Energien – etwas, was uns ganz wichtig ist. Denn wir müssen auf der anderen Seite natürlich die Ressourcen schaffen, die Energie schaffen, die umweltfreundlich erzeugt wird, und dazu zählen die erneuerbaren Energien.
Das Ganze bietet einen weiteren Aspekt. Der jahrzehntelange Kampf um das Abschalten der Atomkraftwerke könnte endlich ein Ende finden. Dies wäre nicht nur ein Erfolg für den jahrzehntelangen Einsatz, den wir GRÜNEN und auch die SPD gebracht haben, sondern es wäre auch der Erfolg der Anti-AKW-Bewegung, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung auf eine Energiewende einschwenken muss. Viele Menschen sind dafür auf die Straße gegangen, und es würde sich lohnen, wenn am Ende ein Ergebnis stehen würde, das heißt: Aus für die
Atomkraftwerke und ein tatsächlicher Zubau an erneuerbaren Energien für eine sichere Energieversorgung.
Gleichwohl werden wir GRÜNEN auf unserem außerordentlichen Parteitag, den wir am 25. Juni in Berlin haben werden, das nun vorliegende Ergebnis der Bundesregierung diskutieren. Sie können sicher sein, dass wir verantwortungsvoll entscheiden werden. Wir werden uns all das, was vorgelegt wurde, ganz genau anschauen. Für uns ist auch klar: Wir werden keine Zustimmung geben, wenn es faule Kompromisse beinhaltet.
Meine Damen und Herren, wir erwarten aber auch, dass sich die Bundesregierung noch mehr dafür einsetzt. Sie muss sich bemühen, einen größtmöglichen Konsens herbeizuführen. Eines ist auch ganz klar; Kollege Gremmels hat es schon ausgesprochen: Der Atomausstieg alleine ist noch nicht die Energiewende. Dazu gehört wirklich einiges mehr.
Es bedarf des Ausbaus von erneuerbaren Energien und keiner Deckelung, wie sie von der schwarz-gelben Regierung angedacht ist. Wir müssen hier eine Freigabe machen. Wir müssen die Möglichkeit nutzen, die wir haben, bei den erneuerbaren Energien einen schnellen Zubau zu erwirken.
Es bedarf der Modernisierung der Infrastruktur. Die Energieinfrastruktur muss sich verändern. Dazu gehört der Netzausbau. Das haben wir schon an anderen Plenartagen diskutiert. Dazu zählt auch die Entwicklung von Stromspeichern.
Wir wollen keine Diskussion darüber führen, dass neue Kohlekraftwerke nun der Retter sind. Wir wollen nicht, dass jetzt neue Kohlekraftwerke gebaut werden, um die Atomenergie zu ersetzen. Sie müssen doch überlegen: Wir haben immer noch den Klimaschutzgedanken zu berücksichtigen. Das heißt am Ende, dass wir uns nur für die Energietechnik einsetzen dürfen, die nachweislich weniger klimaschädlich ist, die ebenfalls schnell zugeschaltet werden kann, die keine Abfallprodukte produziert, die dazu beitragen, dass wir später Probleme haben. Das heißt, wir müssen auf hoch effiziente GuD-Kraftwerke setzen. Gaskraftwerke sind die einzigen, die in diesem System noch Bestand haben dürfen.
Aber wir brauchen auch eine eindeutige Abkehr von einer überholten Energieversorgungsstruktur, die alleine auf diese Großkraftwerke setzt. Die Gewinner sind hier nur EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON. Sie beherrschen den Markt. Wir wollen deshalb mehr in die Dezentralität hinein. Wir wollen die Stadtwerke stärken. Wir wollen, dass vor Ort regional Energie erzeugt wird und dass die Wertschöpfung in diesen Regionen verbleibt.
Ich möchte noch etwas zum Antrag der Regierungskoalition sagen, der heute schnell noch eingebracht wurde. Sie wollen von uns die Zustimmung, dass die Nutzung der Kernenergie in Deutschland spätestens bis zum Jahr 2022 beendet werden soll. Ich sage ganz klar: Diese Formulierung unternimmt den Versuch, den offensichtlichen Kon
flikt, den Sie in Ihren Reihen zwischen FDP und CDU haben, zuzukleistern. Es ist nicht verborgen geblieben, dass es hier einen deutlichen Meinungsunterschied zu den Abschaltzeiten der einzelnen Atomreaktoren gibt.
Gestern wurde – es wurde vorhin schon erwähnt – von FDP-Generalsekretär Christian Lindner in Berlin eine Beschwerde gehört, dass Merkel und Seehofer gegen den Willen der FDP die stufenweise Abschaltung der neun verbleibenden Atomkraftwerke in einer Kaskade schon ab 2015 durchgesetzt hätten. Das heißt, die Bundes-FDP vertritt hier eindeutig die wirtschaftlichen Interessen der großen Atomkonzerne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist auch kein Wunder. Die wehren sich natürlich gegen diese stufenweise Abschaltung. Wir sind sehr gespannt, wie Sie sich heute dazu positionieren. Was vertritt die hessische FDP? Vertreten Sie die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung, oder werden Sie die Interessen der großen Stromkonzerne vertreten?
Kommen wir zu einem weiteren Bestandteil. Sie wollen den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Ja, da haben Sie uns hinter sich. Aber Absichtserklärungen reichen hier nicht. Sie müssen schon etwas tun.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Nutzen Sie den Energiegipfel. Es kann nicht sein, dass wir GRÜNEN und die SPD die Einzigen sind, die sich in den Energiegipfel von Herrn Bouffier einbringen.
Wir haben die Unterlagen sehr genau studiert, Herr Hahn. Das heißt, Sie müssen erheblich etwas dazu beitragen, wenn Sie eine veränderte Energiepolitik in Hessen haben wollen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wo sind denn eure Bewegungen? Wir bewegen uns doch!)
Nutzen Sie die Chance, Herr Hahn. Schreien brauchen Sie nicht. Bringen Sie sich ein, das ist viel wichtiger.
Staudinger wird Sie nicht retten. – Machen Sie eine gute Energiepolitik. Das heißt, überlegen Sie, was zu tun ist,
orientieren Sie sich an den Konzepten, die vorliegen. Meine Forderung an Sie: Bringen Sie uns endlich ein eigenes Konzept. – Ich danke Ihnen.
Schönen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Für die CDUFraktion hat jetzt der Kollege Stephan das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst darf ich erfreut feststellen, dass in den Reden von Frau Hammann und Herrn Gremmels der Begriff Konsens über den Beiträgen stand und nicht der Begriff Dissens. Ich glaube, wir haben in der letzten Plenarrunde sehr stark über Akzeptanz gesprochen. Ich meine, auch dort sind wir uns sehr einig. Wir können die Energiewende nur dann erreichen, wenn wir auch die Akzeptanz der Menschen erreichen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, unsere Bürger vertrauen darauf, dass Strom zu jeder Tages- und Nachtzeit, in jeder gewünschten Menge und zu einem bezahlbaren Preis verfügbar ist.