Protocol of the Session on June 8, 2011

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, unsere Bürger vertrauen darauf, dass Strom zu jeder Tages- und Nachtzeit, in jeder gewünschten Menge und zu einem bezahlbaren Preis verfügbar ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir als Politik haben die richtigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Das ist unsere Aufgabe.

Die Bürger vertrauen auch darauf, dass die Arbeitsplätze gesichert sind, dass Strom verfügbar ist und dieser bezahlbar ist, sodass wir international konkurrenzfähig bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch daran müssen wir heute arbeiten. Wir müssen dies jetzt und für die Zukunft sicherstellen.

Drittens wünschen sich unsere Bürger – und zwar seit Fukushima mehrheitlich – eine Stromversorgung ohne Kernenergie, zumindest ohne Kernenergie, die bei uns produziert wird. Die Bundesregierung mit ihrem Energiekonzept hat die Voraussetzungen dafür geschaffen. Sie hat vor allem auch die demokratischen Parteien eingebunden. Sie arbeitet an einem gesamtgesellschaftlichen Konsens.

Dieser gesamtgesellschaftliche Konsens fehlte den sogenannten Konsensen in der Energie, sowohl im Jahr 2000 bei Rot-Grün als auch im Jahr 2010 bei Schwarz-Gelb. Jeweils waren die politischen Mehrheiten entscheidend. Es ist sicher der Versuch unternommen worden, aber er ist nicht gelungen, alle demokratischen politischen Parteien einzubinden.

Jetzt sind wir dort, dass wir einen Konsens erreichen können. Die Signale aus Berlin, aber auch aus unserem hessischen Energiegipfel deuten darauf hin, dass wir ein Energiekonzept verabschieden werden, das von einer sehr breiten politischen Mehrheit getragen wird. Ich erwarte, dass es von allen demokratischen Parteien getragen wird.

Dann wird es nicht mehr so sein, dass bei politischen Mehrheitsänderungen plötzlich Grundsätze der Energiepolitik über den Haufen geworfen werden. Dieser gemeinsame Konsens gibt uns dann auch die Chance, uns in

tensiv an die Umsetzung zu begeben, ohne dass wir uns wiederum streiten müssen, was eigentlich die richtige Energiepolitik ist.

Insoweit ist auch der Setzpunkt, wie er von den LINKEN beantragt worden ist, eine Konfrontation. Konfrontation in dieser Frage ist ein Relikt, das in dieser Form heute nicht mehr aktuell ist, sondern es geht um den Konsens.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die CDU hat in den letzten drei Monaten seit Fukushima Linie bewiesen, die CDU/FDP-geführten Regierungen in Berlin und in Hessen.

(Timon Gremmels (SPD): Schlangenlinie! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Beide Regierungen haben erfolgreich den Versuch unternommen, die kontroversen Positionen in der Grundfrage der Energiepolitik zu einem besten Konsens hinzuführen. Das ist das Verdienst der beiden Regierungen, das ist das Verdienst von CDU und FDP.

(Timon Gremmels (SPD): Das Verdienst der Opposition!)

Es gab kein sofortiges Abschalten. Das war wichtig und richtig. Die Ethikkommission und die Reaktorsicherheitskommission haben dies bestätigt. Es gab und gibt Gespräche mit allen Beteiligten, in Berlin wie auch in Hessen, z. B. auf dem Energiegipfel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor einer historischen Weichenstellung für unser Land. Wir haben uns entschlossen, bis 2022 – ich beziehe mich auf das, was die Regierung in Berlin beschlossen hat, aber auch auf das, was die Ministerpräsidenten mittragen – aus der Kernenergie auszusteigen und einen Ersatz für 23 % der Stromproduktion zu finden. Bisher ist uns auf diesem Weg nur die Schweiz gefolgt – und zwar ganz langsam.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir nehmen aber auch die Sorgen ernst, die die Menschen haben. Nach einer Emnid-Umfrage glauben 39 % der Menschen nicht, dass das Vorhaben „Umstieg in der Energieversorgung“ realistisch ist. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen und bedenken. Erstaunlicherweise sehen mehr junge Menschen hier ein Risiko als ältere. Vielleicht vertrauen die Älteren der Politik doch, dass sie es gut richten wird.

Wir nehmen auch die Sorgen der Energieversorger ernst. Der Presse war heute zu entnehmen, dass es im Jahr 2003 insgesamt zwei stabilisierende Eingriffe in die Netzstabilität gegeben hat. So berichtet der Netzbetreiber TenneT.

(Timon Gremmels (SPD): Trotz Atomkraft!)

Im Jahr 2011 waren bis heute, also innerhalb von fünf Monaten, mehr als 800 netzstabilisierende Eingriffe notwendig. Sie alle wissen, was es bedeutet, stabilisierend in Prozesse einzugreifen.

(Timon Gremmels (SPD): War das vor oder nach dem Moratorium?)

Wir müssen das ernst nehmen. Wir müssen auch die Bedenken und Sorgen ernst nehmen.

Zusammenfassend sage ich für uns: Wir haben noch viele Herausforderungen zu bewältigen, um eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten.

Lassen Sie mich drei Punkte zu dem Kernkraftwerk in Biblis anschneiden, das von den Abschaltbeschlüssen betroffen ist.

Erstens. Rund 1.000 Menschen arbeiten heute in Biblis bei RWE und etwa 750 Menschen bei Zulieferern. Für die Gemeinde Biblis, aber auch für die umliegenden Gemeinden war der Arbeitgeber RWE, war das Kraftwerk in Biblis in den vergangenen Jahren ein guter Steuerzahler. Wir sollten einfordern, dass der Bund, wenn er denn Ausstiegsbeschlüsse fasst, darüber nachdenkt, wie hier ein Ausgleich geschaffen werden kann,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die arbeiten doch noch 30 Jahre dort! – Timon Gremmels (SPD): Der Rückbau!)

und dass der Gemeinde Biblis und den anderen Gemeinden in Kreis Bergstraße bei der Anpassung geholfen wird.

Zweitens. Herr Gremmels, wir regen außerdem an, dass der Rückbau der Anlagen in Biblis, der ja viele Arbeitsplätze bringt, nach der endgültigen Abschaltung zügig erfolgt, um die Kontinuität der Beschäftigung sicherzustellen. Das kann ein Weg sein, um die Dinge dort abzufedern.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Drittens. Der Bund muss schnellstmöglich zu einer nachhaltigen Lösung in der Frage der Endlagerung radioaktiver Abfallprodukte kommen, auch für das Zwischenlager in Biblis und die dort gelagerten Brennstäbe. Die Lagerung ist damals von einer rot-grünen Regierung genehmigt worden. Dieses Lager muss geräumt werden, und wir müssen vor allem schauen, wie wir mit modernen wissenschaftlichen Forschungen erreichen, dass diese Produkte transmutationsmäßig aufgearbeitet werden können, auf jeden Fall aber so sicher gelagert werden, dass es in der Zukunft zu keinen Störungen kommt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich ganz kurz auf die anderen Anträge eingehen. Zuerst zum SPDAntrag. Wir halten es für völlig falsch, in das Grundgesetz hineinzuschreiben, welche Art der Energieproduktion wir in Deutschland betreiben oder nicht betreiben.

(Timon Gremmels (SPD): Die Hintertür bleibt also offen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das gehört nicht in das Grundgesetz. In das Grundgesetz gehören die grundsätzlichen Fragen unserer Gesellschaft. In das Grundgesetz gehört aber nicht die Frage, ob man Strom aus Kohle, Windkraft oder Wasserkraft produziert.

(Beifall bei der CDU – Timon Gremmels (SPD): Wie ist das mit der Schuldenbremse?)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese Forderung wird bei uns keine Zustimmung finden. Ich glaube, da ist die SPD in Berlin deutlich weiter als Sie in Hessen.

Zum Antrag der LINKEN. Aus dem Beitrag von Frau Wissler ist deutlich geworden, und sie hat es ja deutlich erklärt: Die LINKEN stehen außerhalb des Konsenses. Von daher gesehen wird ihre Forderung, sofort alle Kernkraftwerke stillzulegen, keine Zustimmung finden können.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Nicht sofort, nur schneller!)

Es war die Frage von „sofort“, nicht von „schneller“, wie Frau Wissler hier ausgeführt hat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Stimmt ja auch!)

Frau Hammann, die GRÜNEN hätten ihren Antrag vielleicht nicht am 31. Mai, sondern ein paar Tage später schreiben sollen. Sie haben selbst ausgeführt: Es ist in den

Gesprächen mit den Ministerpräsidenten doch das eine oder andere noch in den Energiekonsens eingeflossen, was über das hinausgeht, was die Bundesregierung vertreten hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

An der Stelle hat der Prozess, der in Berlin stattgefunden hat, also dazu geführt, dass auch die vorliegenden Konzepte insgesamt noch besser geworden sind.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Lassen Sie mich zusammenfassen. Im Koalitionsantrag von CDU und FDP steht

(Timon Gremmels (SPD): Da steht nichts drin!)

ganz am Anfang, Herr Gremmels, lesen Sie richtig –, dass wir erstens die Berliner Beschlüsse zum Umstieg in der Energieversorgung und zum Ausstieg aus der Kernenergie unterstützen. Ich meine, dies wird auch durch die Beschlüsse unterstützt, die die Ministerpräsidentenkonferenz – unter Einschluss von Herrn Kretschmann – getroffen hat.

Zweitens. Wir sehen bei dieser beschleunigten Umstellung allerdings Risiken und erwarten, dass sich alle daran beteiligen, diese Risiken zu reduzieren. Die CDU hatte zunächst beschlossen, aus der Kernenergie etwa im Jahr 2030 auszusteigen. Wir wollen das jetzt innerhalb von zehn Jahren tun.

(Timon Gremmels (SPD): Innerhalb von elf Jahren!)