Protocol of the Session on May 19, 2011

Herr Kollege Kaufmann, es ist ja wirklich toll, wie Sie meinen, nach dem Motto: „versprochen – gehalten“ hier eine Rede halten zu können. Sie haben eifrig vorgelesen, was Sie zu diesem Projekt in Ihrem Programm hatten. Sie haben aber verschwiegen, dass Sie in Ihrem Programm auch die Hochmoselbrücke hatten. Was ist damit passiert?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Wenn Sie uns hier vorhalten, das sei „versprochen – gehalten“, dann müssen Sie die ganze Wahrheit sagen und eingestehen, wo Sie sich in einem wichtigen Bereich eben überhaupt nicht durchsetzen konnten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Verehrter Herr Kaufmann, jemand, der für sich immer das bessere Wissen in Anspruch nimmt und noch jederzeit den moralischen Zeigefinger hochhält,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie eine Oppositionssehnsucht, Herr Minister!)

muss sich diesen Vorwurf schon gefallen lassen. Deswegen sage ich das auch an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oppositionsrede! Herr Posch ist für die Hochmoselbrücke, sehr gut!)

Ich komme noch einmal auf die Details zurück. Herr Kollege Frankenberger, ich kann mich in Ihre Rolle versetzen; wir kennen das Geschäft. In einer Koalitionsvereinbarung ist man unterlegen. Wenn Ihnen aber nichts Besseres einfällt, als auf alte Geschichten, die 20 Jahre alt sind, hinzuweisen, dann ist das für den verkehrspolitischen Sprecher der SPD schon ein Armutszeugnis.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn wir jetzt über Armutszeugnisse reden, dann können wir das auch!)

Herr Kollege Frankenberger, noch eines: Wenn Sie sich jetzt hierhin stellen und die Koalitionsvereinbarung in Rheinland-Pfalz damit rechtfertigen, dass wir bei der A 44 nur 4 km gebaut haben, dann sage ich Ihnen: Sie wissen, dass das nicht stimmt. Wir sind bei 30 km.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Verehrter Herr Frankenberger, lassen wir das. Ablenkungsmanöver sind verständlich, aber Sie verstehen auch,

dass ich dies hier offen als Ablenkungsmanöver vom eigentlichen Problem darstelle.

Verehrter Herr Kaufmann, Sie haben so schön dargestellt, wie sich das verhält. Nun will ich Ihnen Folgendes sagen: Sie haben darauf hingewiesen, dass wir im Planfeststellungsverfahren für die A 643 sind; das Anhörungsverfahren ist abgeschlossen. Dabei spielt das FFH-Gebiet Rettbergsaue tatsächlich eine Rolle.

Meine Damen und Herren, im Rahmen dieses Planfeststellungsverfahrens haben wir die Brüsseler Kommission eingeschaltet und um eine Stellungnahme gebeten, ob wir diese Maßnahme trotz des FFH-Gebiets verwirklichen können. Sie warten diese Stellungnahme der Europäischen Kommission überhaupt nicht ab, weil bei Ihnen in diesem Fall der Schutz des Schutzgebietes Vorrang vor der Verbesserung der Verkehrssituation hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch ein ganz anderes Gebiet!)

Es ist so, dass es 90.000 Fahrzeuge sind; das betrifft Arbeitnehmer, die aus Rheinland-Pfalz hierherkommen bzw. aus Hessen nach Rheinland-Pfalz fahren. Deswegen war es die bisherige Überzeugung meines Kollegen Verkehrsministers, mit dem ich immer gut zusammengearbeitet habe, diese Maßnahme zu realisieren, und durch Ihre Position wird dies nun unmöglich gemacht. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Überaus daneben!)

Herr Kollege Kaufmann, wenn wir schon bei der Sache sind, dann will ich auch das sagen: Sie fragen, wie es mit der Verkehrsbelastung im Bereich der Anschlussstelle Mombach bis zum Autobahndreieck Mainz aussieht. – Ich will es Ihnen sagen: In 24 Stunden haben wir dort 70.000 bis 71.000 Kraftfahrzeuge. Wenn das keine erhebliche Belastung ist, dann weiß ich nicht, was überhaupt eine erhebliche Belastung sein soll.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, um auch das noch einmal zu sagen: Dort gibt es auch ein FFH-Gebiet, das da eine Rolle spielt, das FFH-Gebiet Mainzer Sand. Das ist auch ein Grund dafür, warum Sie diesen Konflikt nicht lösen wollen, möglicherweise unter Berücksichtigung aller Aspekte zugunsten einer Verkehrsverbindung. Sie sagen aus ideologischen Gründen Nein zu dieser Angelegenheit, zum Nachteil der Pendler, die in dieser Region tatsächlich ihrer Arbeit nachgehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, deswegen handelt es sich bei dieser Geschichte nicht nur um eine Angelegenheit, die Rheinland-Pfalz betrifft. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die den gesamten Wirtschaftsraum Rhein-Main betrifft. Deswegen werden wir sehen, was bei diesem Projekt tatsächlich herauskommt, denn es handelt sich um eine Maßnahme, in der beide Länder in Bundesauftragsverwaltung tätig sind.

Ich will an dieser Stelle noch etwas sagen, weil Frau Kollegin Wissler wieder meinte, auf den ÖPNV hinweisen zu müssen: Auch wir sind dafür, dass der öffentliche Personennahverkehr als Alternative angeboten wird. Wir werben bei dem Verkehrsteilnehmer dafür, dieses Angebot anzunehmen. Wir zwingen den Verkehrsteilnehmer aber

nicht, wie Sie das machen wollen. Das, was Sie machen, bedeutet nämlich, dass sich der Einzelne nicht frei entscheiden kann, welches Verkehrsmittel er adäquaterweise in Anspruch nimmt, sondern es wird dirigistisch vorgegeben, was der Bürger aus Ihrer Sicht zu machen hat oder nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Wissler, der öffentliche Personennahverkehr ist in Hessen eine einzige Erfolgsgeschichte, aber nicht durch Dirigismus, sondern durch Überzeugung, Kommunikation und Information. Das, was Sie machen, ist Dirigismus von oben zulasten der freiheitlichen Entscheidung der einzelnen Bürger.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Starke Oppositionsrede! Karikatur des Ministers!)

Wir können positive Zahlen vorweisen, wenn es darum geht, Menschen davon zu überzeugen, nicht das eigene Auto zu nutzen, sondern auf den öffentlichen Personennahverkehr umzusteigen. Sie neiden uns unsere Erfolge im öffentlichen Personennahverkehr. Das ist doch die Realität. Wir reden von Intermodalität, indem wir sämtliche Verkehrsträger entsprechend ihren Stärken einsetzen, und dazu gehört in diesem Fall der Bau einer solchen Brücke, um Mobilität in diesem Raum sicherzustellen. Deswegen hoffe ich, dass es am Schluss doch noch zu einer Lösung kommt, wie wir das ursprünglich vorhatten. – Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Posch. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache zu den beiden Aktuellen Stunden von FDP und CDU angekommen.

Ich komme zur Abstimmung über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Mobilität und wirtschaftliche Entwicklung in Hessen und Rheinland-Pfalz nicht verhindern. Wer stimmt diesem Dringlichen Entschließungsantrag zu? – Das sind die Fraktionen CDU und FDP. – Wer ist dagegen? – Das sind die drei übrigen Fraktionen. Damit ist der Antrag mit der Mehrheit der beiden Regierungsfraktionen angenommen.

Ich komme nun zur letzten Aktuellen Stunde des heutigen Vormittags. Sie wurde von der Fraktion DIE LINKE beantragt.

Tagesordnungspunkt 66:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Neueste Erkenntnisse, wie das Land Hes- sen die Steuerfahndung behindert – „Frankfurter Rund- schau“ vom 16.05.2011 – Interview Frank Wehrheim) – Drucksache 18/4059 –

Der Fraktionsvorsitzende, Herr van Ooyen, hat sich zu Wort gemeldet. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer: Es sind jeweils fünf Minuten Redezeit vorgesehen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Steuerhinterziehungen im großen Stil und Spendensumpf – wer sich wagt, darin herumzurühren und Licht in dieses Dunkel zu bringen, der wird mit fragwürdigen Methoden kaltgestellt. Vier Steuerfahnder haben sich getraut, nicht nur den Durchschnittsverdienenden auf die Steuerbescheide zu schauen, sondern sie sind auch in die Chefetagen der Frankfurter Großbanken vorgedrungen, die millionenschweren Privatkunden dabei geholfen haben, Geld in Steueroasen zu schleusen.

Sie haben sich zudem getraut, gegen den ehemaligen Schatzmeister der CDU zu ermitteln. 20 Millionen DM, die für Parteizwecke genutzt wurden, sind damals in der Liechtensteiner Stiftung Zaunkönig gewaschen worden.

Der Dank des Rechtsstaates: Sie wurden von den brisanten Fällen abgezogen und in eine Geisterstation mit dem Namen „Servicestelle Recht“ abgeschoben. Als sie immer noch keine Ruhe gaben, wurden sie psychiatrisch begutachtet und für verrückt erklärt und zwangspensioniert. Dank diverser Gerichtsurteile und Expertisen stellt sich aber heraus, dass die Gutachten falsch und die in Ungnade gefallenen Steuerfahnder bei klarem Verstand waren.

Was passiert angesichts dieser erdrückenden Beweise? – Nichts. Die Landesregierung schweigt weiterhin, statt einzugestehen, dass sie die vier Beamten unrechtmäßig behandelt hat. Sie müsste jetzt alles tun, um sie wirklich zu rehabilitieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das neue Buch vom ehemaligen Steuerfahnder Frank Wehrheim belegt, dass die Aufklärung dieser Vorgänge jetzt angepackt werden muss. Wie aktuell die Aktuelle Stunde ist, kann man daran sehen, dass man heute dieses aktuelle Buch, das heute in die Buchhandlungen ausgeliefert wurde, dort beziehen kann. Man kann es immerhin zu einem Preis von unter 20 € bekommen.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wow!)

Ich würde vorschlagen, dass man vielleicht dieses Buch als Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses 18/1 nimmt. Dann könnte man sofort dazu kommen, die notwendigen politischen Schlussfolgerungen zu ziehen und tatsächlich eine andere Politik einzuleiten.

(Beifall bei der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist doch ein sinnvoller Vorschlag!)

Aber nicht nur den Steuerfahndern ist Unrecht widerfahren. Die Politik der Landesregierung, die die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht, schädigt die Hessinnen und Hessen. Sie schädigt vor allem diejenigen, die als Gering- oder Normalverdienende gar nicht die Möglichkeit haben, ihre Millionen nach Liechtenstein zu verschieben. Herr Wehrheim räumt übrigens auch mit dem weimarschen Märchen auf, dass es einige Rentner waren, die in Liechtenstein irgendwelche Stiftungen gegründet haben und lediglich Steuerschulden in der Höhe von 208,60 € erzielt haben.

(Holger Bellino (CDU): Haben Sie das SED-Vermögen auch versteuert?)

Vergammelte Schulen, baufällige Bibliotheken, marode Straßen und ein heruntergewirtschaftetes Gesundheitsund Sozialsystem – das ist die Realität. Überall heißt es

kürzen, kürzen, kürzen, weil der Staatssäckel leer ist. Aber warum ist er leer? – Zum einen liegt das natürlich an der verfehlten Steuersenkungspolitik der Regierungsparteien – klar. Darauf will ich jetzt aber gar nicht eingehen. Es liegt auch daran, dass Steuerhinterziehung in Hessen leicht gemacht wird und dass Steuerfahnder fehlen. Die Landesregierung betreibt in Hessen eine Standortpolitik der besonderen Art: Sie mischt sich nicht nur in die Arbeit der Steuerfahnder ein, sondern sie beschäftigt überdies auch zu wenige von ihnen. Wir brauchen bessere Gesetze, mehr Steuerfahnder und weniger Einmischung der hessischen Regierung in die Arbeit der Finanzämter.