Protocol of the Session on April 1, 2009

Herr Präsident, vielen Dank. Ich komme zum Schluss meiner Rede.

Ich möchte meine Rede mit einem Zitat beenden. Ein bekannter Sozialist hat einmal gesagt – ich zitiere –:

Wenn aber eine Wirtschaftsordnung... nicht mehr um das Ganze weiß, wenn sie das Gefühl der Verantwortung verkümmern lässt und nichts mehr von Nächstenliebe atmet, kann und darf sie nicht auf Resonanz und Anerkennung hoffen.

Das sagte Ludwig Erhard.Ich finde,das beschreibt die Legitimationskrise des kapitalistischen Wirtschaftssystems sehr treffend.

Ich sage deshalb:Wenn man der Anarchie des Marktes etwas entgegensetzen will, dann wird man über die Verfü

gungsgewalt über Banken und Unternehmen reden müssen. Dann muss man sich auch überlegen, wie man zu einer demokratischen Wirtschaftsweise kommt. Was die Bundesregierung derzeit tut, hat damit nichts zu tun. Sie macht sich einmal mehr zum Büttel der Reichen und der Konzerne, und das auf Kosten der Mehrheit der in diesem Land lebenden Menschen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält nun Herr Wirtschaftsminister Posch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will das in den Mittelpunkt stellen,was Herr Kollege Schmitt aus Anlass der Antragsbegründung gesagt hat. Herr Kollege Schmitt, ich will Ihnen dazu Folgendes sagen. Herr Kollege Hahn hat nichts anderes getan, als ein Thema zu problematisieren, das für die Sozialdemokraten offensichtlich überhaupt kein Thema ist, denn es geht in der Tat darum – ich werde versuchen, das an verschiedenen Beispielen deutlich zu machen –, die Frage zu stellen, welche Bedeutung das Eigentum in einer sozialen Marktwirtschaft hat. Lassen Sie mich dazu feststellen:Der Schutz des Eigentums ist unverzichtbares Gut und Kern unserer sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Von daher will ich das aufgreifen, was Herr Kollege Spies in seiner Kurzintervention angesprochen hat. Herr Kollege Spies – ich sage dies an die Kollegen der Sozialdemokratie, die sollen sich überlegen, ob sie dem zustimmen können, was Herr Kollege Spies hier gesagt hat –, es gibt einen Grundrechtskanon in unserem Grundgesetz.Neben dem Grundrechtskanon gibt es Werte, die nicht veränderbar sind. Dazu gehören das Rechtsstaatsprinzip und die Demokratie.

Alle Grundrechte in gleicher Weise können durch Gesetz und ausschließlich durch Gesetz eingeschränkt werden. Hier zwischen den einzelnen Grundrechten zu differenzieren und zu sagen, das Eigentum sei ein minderwertiges Grundrecht, ist ein unglaublicher Vorgang für eine Partei,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

von der ich in meinem politischen Leben immer geglaubt habe, dass sie sich der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet hat. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie inständig, darüber einmal nachzudenken und gemeinsam mit uns in den Dialog einzutreten. Ich habe das dumpfe Gefühl – und ich hoffe, dass ich mich irre –, dass Sie eine der wichtigsten Fragen unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, ob beispielsweise Enteignungen in einer sozialen Marktwirtschaft vertretbar sind, zum Gegenstand Ihrer ausschließlich parteipolitischen Interessen machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen sage ich Ihnen: Es geht nicht nur um HRE. Herr Schmitt, sehen Sie, der Verstaatlichung der HRE stimmen Sie mit Pauken und Trompeten zu, ohne zu prüfen, ob es ein minderes Mittel gibt.

(Norbert Schmitt (SPD): Na klar! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Schmitt hat etwas gesagt!)

Meine Damen und Herren, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt nicht nur bei der Gesetzesanwendung, sondern auch, wenn man ein Gesetz erst einmal schafft.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich werde Ihnen am HRE-Gesetz nachweisen, dass das nicht stattgefunden hat. Aber dass das Teil einer politischen Strategie ist, sieht man daran, dass Sie auch in anderen Bereichen die Frage des Eigentums, die Frage der Enteignung oder die Frage der Verstaatlichung mittlerweile völlig anders sehen. Einmal ist es HRE. Heute Morgen höre ich, dass die Teilprivatisierung der Bahn vom Tisch ist; die gibt Herr Steinbrück auf.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, derjenige, der dafür sorgt, dass die Bahn Kapital nicht bekommt, darf sich nicht wundern, wenn beispielsweise im Schienenpersonenverkehr nichts gemacht wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen diese Politik hat, wenn man die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft aus parteipolitischen Gründen verlässt.

(Beifall des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

In diesen Fächerkanon gehört auch Opel. Das war schon toll, was Herr Schmitt eben gesagt hat. Sie haben so getan, als sei das schon seitje her Gedankengut. Erlauben Sie mir, deswegen an der Stelle ein paar Worte zu Opel zu sagen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

Ja.– Da erinnere ich mich an die 17.Wahlperiode,die 19. Sitzung am 19. November 2008.Wir haben darüber diskutiert, welche gesetzlichen Voraussetzungen wir schaffen wollen, um unter anderem Opel und den Zulieferbetrieben helfen zu können. Es hat eine Diskussion zwischen Herrn Schäfer-Gümbel und Herrn Milde gegeben. In diesem Zusammenhang sagte Herr Schäfer-Gümbel:

Ich sage das deswegen auch so klar, weil, was Herr Milde zu Recht angesprochen hat, nicht jeder kommen und glauben kann, dass der Staat einspringt, wenn es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten schwierig wird, und das sozusagen ein Generalweg für alle ist.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es, sehr gut!)

Meine Damen und Herren, dieses Zitat weist Nachdenklichkeit aus. Es geht weiter:

Ich sage das auch vor dem Hintergrund der eben sehr polemisch angesprochenen Variante der Verstaatlichung. Herr Milde, mich hat die gestrige Botschaft auch sehr verwundert; denn um Verstaatlichung kann es ganz sicherlich nicht gehen,...

Meine Damen und Herren – 19. November 2008.

(Beifall bei der CDU und der FDP- Zurufe von der SPD)

Und noch weiter.

Herr Minister, nur eine Frage, gestatten Sie?

Nein, ich führe das zu Ende aus. Dann haben die Sozialdemokraten ausreichend Zeit, darüber nachzudenken, und können bei passender Gelegenheit etwas dazu sagen.

(Norbert Schmitt (SPD): Was Sie für einen Unsinn erzählen! Es geht nicht um Verstaatlichung bei Opel!)

Ich zitiere weiter:

Wir haben überhaupt kein Interesse daran und können auch gar keines haben, über Verstaatlichungsvarianten nachzudenken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,können Sie mir einmal sagen, was sich seit dem 19. November in dieser Frage überhaupt verändert hat?

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wie vernünftig der Mann früher war!)

Relativ wenig, außer dass wir einen neuen GM-Chef haben und nach wie vor über Konzeptionen nachdenken.Sie werfen heute auf einmal diese Positionen, die Sie damals vertreten haben, über Bord und sagen eben mal so: „Das ist doch geradezu eine Selbstverständlichkeit.“ Und wenn wir über Enteignung diskutieren,dann nennt das der Herr Schmitt eine „ungewöhnliche Lösung“.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist eine Beleidigung! – Heiterkeit des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Herr Schmitt, ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie sich als Jurist mit diesen Fragen etwas sachkundiger auseinandergesetzt hätten und nicht so,als sei das per se eine ungewöhnliche Lösung und als spiele deswegen die Frage beim HRE-Gesetz ansonsten gar keine Rolle.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist ein Stuss!)

Ich will Ihnen dazu Folgendes sagen. Ich weiß, in welcher Situation wir uns befinden und welche Entscheidungen in diesem Jahr anstehen. Ich weiß auch, dass wir in dieser Zeit eine Diskussion darüber führen müssen, ob diese soziale Marktwirtschaft in der Lage ist, die Krise zu bewältigen.Ich sage Ihnen für diese Landesregierung:Die soziale Marktwirtschaft ist in der Lage,diese Krise zu bewältigen. Deswegen brauchen wir keinen Freibrief für Verstaatlichung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will an dieser Stelle noch einmal etwas zu dem Gesetzentwurf sagen, den Sie angesprochen haben. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie etwas substanziierter darangegangen wären. Zu diesem Gesetz gibt es im Bundesrat – das wissen Sie – zwei Lösungen. Ich will Ihnen einmal sagen, was im Bundesrat zu dieser Frage beantragt worden ist. Da heißt es:

Der Bundesrat bekräftigt, dass eine zeitlich befristete Verstaatlichung eines Finanzunternehmens nur als Ultima Ratio infrage kommen darf, wenn sie für die Sicherung der Finanzmarktstabilität zwingend erforderlich ist, weil andere rechtlich und wirtschaftlich zumutbare Lösungen, mit denen die Finanzmarktstabilität auf weniger einschneidende Weise gesichert werden kann, nicht zur Verfügung stehen, um drohende schwerwiegende gesamtwirtschaftliche Folgen abzuwenden. Dabei ist die rechtliche und wirtschaftliche Zumutbarkeit alternativer