Protocol of the Session on March 3, 2011

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der gerade gehaltene Redebeitrag zeigt wieder einmal: Ein Kaufmann rechnet anders.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU)

Was Sie hier dargeboten haben, waren Zahlentricks, die so nicht zu halten sind. Es ist völlig unstreitig, Herr Kaufmann, dass die Landkreise, weil sie weniger Kilometer an Kreisstraßen haben, auch weniger Geld erhalten. Sie haben ausschließlich Landkreise genannt. Sie haben nicht eine Stadt oder Gemeinde genannt, die allesamt – 400 von 426 – davon profitieren, weil sie mehr Geld erhalten, als sie sonst aus dem KFA erhalten würden. Es ist unredlich, wenn Sie sich dann hierhin stellen und solche Zahlen darbieten.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Zu dem, was Sie am Ende gesagt haben, möchte ich nur sagen: Super-Büttenrede am heutigen Altweiberfastnachtsdonnerstag. Ihr lieben Leute, mit dieser Überheblichkeit und Arroganz werden Sie wirklich Mordsstimmen gewinnen. Viel Erfolg dabei.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das sagt ihr von der FDP, mein lieber Schwan! – Zuruf: Narrhallamarsch!)

Zur Antwort, Herr Kaufmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Müller, ich nehme zur Kenntnis, dass alle die arrogant und überheblich sind, die Sie auf Fehler hinweisen. Dann ist Ihnen gegenüber fast die gesamte Welt in diesem Zustand. Das muss so sein. Das nehme ich hin.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Zur Sache: Ich habe die Zahlen aus dem Gesetzentwurf zitiert. Sie könnten mir einen Vorwurf machen: dass ich nicht erwähnt habe, dass Sie dem Werra-Meißner-Kreis bei dem angeführten Beispiel nicht nur die Mittel für die Kreisstraßen, sondern auch die Mittel für die Landes straßen hinzurechnen wollen. Ich rechne die Mittel jetzt hinzu und komme auf die stolze Summe von insge samt 1.125.000 €. Der Betrag für die Stadt Kassel – 1.302.000 € – bleibt aber nach wie vor der größere. Rechnen Sie einmal richtig.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die gestrige Anhörung – einige Kollegen haben schon darauf hingewiesen – hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Beseitigung von Straßenschäden zumindest keine Begeisterungsstürme, um es ganz vorsichtig zu sagen, bei den kommunalen Vertretern hervorgerufen hat. Das haben die Kommunalvertreter gestern sehr klargemacht. Das ist ja auch ziemlich logisch. Wenn einem 344 Millionen € weggenommen werden und der, der das tut, einem knapp 10 % dieser Summe zurückgibt, dann hält sich die Dankbarkeit logischerweise in Grenzen, vor allem dann, wenn der Betreffende sich dann auch noch als großzügiger Spender aufspielt und sich feiern lassen möchte, dass er diese Mittel jetzt locker gemacht hat.

Sie tun so, als würden Sie ein 100-Millionen-€-Programm aus Landesmitteln auflegen. Auch die kommunalen Vertreter haben gestern sehr klargemacht, dass sie an der öffentlichen Darstellung ihres Programms insbesondere das kritisieren. Sie stellen eben nicht 100 Millionen € aus Landesmitteln zur Verfügung, denn 20 Millionen € sind für die Landesstraßen gedacht, und 50 Millionen € stehen den Kommunen aus dem Kommunalen Finanzausgleich sowieso zu. Die Auszahlung dieser Mittel wird einfach nur vorgezogen.

Wenn man genau hinschaut, dann sieht man, Ihr Programm schrumpft auf einen kläglichen Rest zusammen. Wir reden dann noch über 30 Millionen € originäre Landesmittel, und die Mittel, die den Kommunen eigentlich zustehen, die bekommen sie jetzt zweckgebunden zur Sanierung der Straßen zugewiesen. Das ist wieder einmal ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung – das tut diese Landesregierung ja besonders gerne –, weil Sie den Kommunen nicht die Möglichkeit geben, über die ihnen zustehenden Mittel selber demokratisch zu entscheiden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zweite Problem ist die Verteilung der Mittel, weil sich diese nicht an der Finanzkraft der Kommunen orientiert und es daher eben so ist – darauf hat der Landkreistag hingewiesen, dem haben aber auch andere Anzuhörende gestern zugestimmt –, dass bei Ihrem Programm die Gewinner die reichen Städte und die Verlierer die Landkreise sind. Die bekommen weniger Mittel, als ihnen im nächsten Jahr eigentlich zustünden, während die reichen Städte profitieren. Herr Kaufmann hat vor zwei Tagen zutreffenderweise gesagt, Ihr Programm könnte unter der Überschrift stehen: Wir nehmen es den Armen und geben es den Reichen. – In der Tat nehmen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, sich hier kein Beispiel an Robin Hood, sondern Sie spielen sich als Sheriff von Nottingham auf. Sie nehmen den Kommunen 344 Millionen € weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind uns einig, dass Schlaglöcher in den Straßen tatsächlich ein Problem sind, das behoben werden muss, aber wir müssen natürlich auch über die Löcher in den Haushalten der Kommunen reden. Wenn wir die Situation haben, dass die Kommunen in Hessen nicht mehr in der Lage sind, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen – der Erhalt der Straßen gehört zu den Pflichtaufgaben der Kommunen –, und wenn die Landesregierung zu dem Schluss kommt, dass die Kommunen offensichtlich eine so schlechte Finanzausstattung haben, dass sie dieser ihrer Pflichtaufgabe nicht mehr nachkommen können, und deshalb ein solches Programm auflegt

(Zurufe von der CDU)

warum legen Sie sonst dieses Programm auf? –, dann ist das ein deutliches Alarmzeichen. Das zeigt doch, dass wir eine bessere Finanzierung der Kommunen brauchen, statt jetzt ein Sonderprogramm nach Gutsherrenart aufzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch gestern in der Anhörung ist sehr klar geworden, dass dieser Winter nicht der erste jemals in Hessen erlebte Winter war,

(Heiterkeit der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

sondern dass es auch im letzten Jahr erhebliche Straßenschäden gegeben hat. Wir haben aus den Kommunen gehört, dass die Haushaltsansätze für diesen Bereich im Jahr 2009/2010 zum Teil verdoppelt wurden, aber ohne Landeshilfe, Herr Müller, vermutlich weil 2010 eben keine Kommunalwahlen vor der Tür standen.

Dieser Aktionismus zeigt auch, dass CDU und FDP offensichtlich nicht sehr zuversichtlich in die Kommunalwahlen gehen. Das finde ich allerdings einmal ein Zeichen von Realitätsnähe.

(Beifall bei der LINKEN – Florian Rentsch (FDP): Es sind immer irgendwo Wahlen!)

Das vermeintliche Geschenk, das Sie den Kommunen machen und das Sie jetzt hier so feiern wollen, geht in Wahrheit zulasten der Kommunen. Herr Müller, ich frage mich: Was machen Sie denn 2012, sollte es im kommenden Winter wieder frieren und schneien? Wollen Sie dann den Kommunen die Mittel von 2013 vorziehen, oder was machen Sie dann? Legen Sie dann wieder ein Programm auf? Da sind wir wirklich sehr gespannt, was Sie heute in einem Jahr machen, wenn die Straßen in einem ähnlichen Zu

stand sind, ob Sie dann wieder ein Programm auflegen, obwohl es keine Kommunalwahlen gibt.

Meine Damen und Herren, deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen. Wir haben dem Antrag der SPD zugestimmt. Wir werden den Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen, und wir tun das, weil wir die Kritik der kommunalen Vertreter ernst nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das interessiert aber niemanden!)

Vielen Dank. – Ich bitte um Verständnis, dass ich ganz kurz unterbreche.

Wir haben Gäste, und die will ich gern begrüßen. Sie wissen, dass wir in Hessen eine Vielzahl von Königinnen haben, von Blüten bis Wein. Auf der Tribüne begrüße ich Marie I., die Gurkenkönigin aus Biblis, mit ihrer Begleiterin Michelle und mit der Vorsitzenden der Gemeindevertretung von Biblis, Frau Schramm. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Eine Landtagskönigin haben wir noch nicht, aber das sollten wir erst gar nicht anfangen, weil wir uns am Ende doch nicht einig werden.

Meine Damen und Herren, wir setzen die Debatte fort. Das Wort hat Herr Kollege Caspar für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben dieses Programm, über das wir heute sprechen, schon am Dienstag in der ersten Lesung behandelt und hatten in der Zwischenzeit die Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände, die hier auch schon erwähnt worden ist. In vielen Punkten herrscht Einvernehmen. Es herrscht Einvernehmen, dass durch den harten Winter und durch die Temperaturschwankungen in diesem Winter ganz erhebliche Straßenschäden entstanden sind.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): 2009 war das!)

Es herrscht Einvernehmen, dass dadurch den Kommunen, aber auch für die Landesstraßen ein zusätzlicher Finanzbedarf entstanden ist. Es herrscht auch Einvernehmen, dass das nicht der erste harte Winter war, sondern dass es auch davor einen harten Winter gab.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und der LIN- KEN)

Während wir zur Beseitigung der Schäden im letzten Winter erhebliche Mittel im Rahmen des Konjunkturprogramms zur Verfügung gestellt haben, war es für die Beseitigung der Schäden in diesem Winter notwendig, ein besonderes Programm aufzulegen. Genau deswegen haben wir den Gesetzentwurf eingebracht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe. – Bitte.

20 Millionen € werden für die Landesstraßen bereitgestellt, wenn die Gesetzgebung so erfolgt, 80 Millionen € für die Straßen der Kreise, der Gemeinden und Städte. Ich muss schon Wert darauf legen, dass die kommunale Seite die Bereitstellung der Mittel begrüßt hat, und zwar alle drei Verbände.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Richtig ist natürlich auch, dass ein Teil der Mittel vorgezogen worden ist, der den Kommunen zu einem späteren Zeitpunkt zugestanden hätte, nämlich 50 Millionen €. Es ist aber ein Unterschied, ob man den Hinweis bekommt, man erhält 50 Millionen € in einem Jahr, oder ob man es so macht, wie wir es jetzt machen, dass wir sagen, wir zahlen 80 Millionen €, also 30 Millionen € mehr, jetzt, und zwar deswegen jetzt, weil es jetzt als zusätzlicher Bedarf zur Beseitigung der Schäden gebraucht wird.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein. – Ein Unding finde ich aber, was sowohl von Herrn Frankenberger im Rahmen seiner Lesung als auch von Herrn Kaufmann hier vorne vorgetragen wurde, nämlich dass davon gesprochen wird, es würden entsprechende Gegenfinanzierungen zulasten der Kommunen erfolgen. Herr Kaufmann, wenn Sie hier Rechnungen aufmachen und sagen: „Die Kommune bekommt so und so viel, und das wird an anderer Stelle weggenommen“, bedeutet das Folgendes: Sie prognostizieren heute schon, wie viel die Kommunen im Jahr 2012 bekommen. Ich finde, dass das eine außerordentlich unredliche Vorgehensweise ist.

Das erinnert mich daran, dass Sie ständig behauptet haben – auch heute wieder –, im Jahr 2011 würden die Kommunen im Kommunalen Finanzausgleich 344 Millionen € weniger als im Jahr 2010 bekommen. Das ist das, was Sie ständig behaupten. Das beruht auf einer Prognose, die Sie irgendwann einmal gestellt haben; aber diese Prognose war völlig falsch. Die wirklichen Zahlen sehen so aus: Die Kommunen bekommen im Kommunalen Finanzausgleich nicht 344 Millionen € weniger, sondern 270 Millionen € mehr.

Herr Kaufmann, selbst wenn Sie jetzt die Kompensation in Höhe von 65 Millionen € herausrechnen, die Sie vorhin angesprochen haben, bleibt die Tatsache festzuhalten, dass die Kommunen in diesem Jahr dann immer noch 205 Millionen € mehr bekommen als im Jahr 2010. Das sind doch die Fakten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)