Aber bitte sehr, das ist Ihr Problem, nicht unser Problem. Es ist Ihr Problem, dass Sie das nicht ernst nehmen.
Der Kommunalminister, der dann Ministerpräsident wird, der zu verantworten hat, dass 340 Millionen € gestrichen werden, stellt sich bei seiner ersten Regierungserklärung als Ministerpräsident hin und sagt: Wir wollen einen Rettungsschirm für die Kommunen ausbreiten. – Wir wissen bis heute nicht, was er beinhalten soll, wie er gefüllt werden soll, wie er aussehen soll. Aber nur einmal logisch: Im Februar erklären Sie, die Kommunen seien so reich, dass man ihnen 340 Millionen € streichen kann. Im September wird dann der Rettungsschirm für die Not leidenden Kommunen ausgebreitet. Bitte sehr, das ist Ihr Problem.
Dann haben wir Steuermehreinnahmen im Jahre 2010. Ist das dann der Anlass, wo man den Kommunen etwas zurückgibt von dem, was man ihnen gestrichen hat? Nein, damit bildet man eine Rücklage beim Land.
Da denken Sie: Oje, am 27. März ist Kommunalwahl. Auweia, es hat geschneit, wir müssen jetzt ein Schlaglochprogramm auflegen.
Was machen Sie mit diesem Schlaglochprogramm? Sie nehmen wieder das Geld von 2012, geben den Kommunen 50 Millionen € ihres eigenen Geldes und wollen, dass die Kommunen Sie dann dafür feiern. – Eine so chaotische Finanzpolitik eines Landes gegenüber seinen Kommunen hat es noch nie gegeben, seitdem das Land Hessen existiert.
Da Sie jetzt mit dem Geld des Jahres 2012 die Schlaglöcher des Dezembers 2010 ausbessern wollen, stelle ich Ihnen die Frage: Was machen Sie, wenn es im Dezember 2011 wieder schneit?
Was machen wir denn dann? Wäre es nicht sinnvoll – wir haben heute Mittag eine Anhörung –, schlicht einen Änderungsantrag zu Ihrem Gesetzentwurf anzunehmen, der
sagt: „Wir geben den Kommunen das, was zu den 344 Millionen € noch fehlt, zur freien Verwendung“? Denn die sind schlau genug, das zu machen, was nötig ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Sie merken an Ihrem eigenen Setzpunkt und Ihrem eigenen Antrag, dass Sie keine Linie in Bezug auf die Kommunen haben. Deswegen sage ich von dieser Stelle aus noch einmal: Wir wollen und wir müssen eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs hinbekommen. Karlheinz Weimar hat das 2006 schon einmal angefangen und hat sofort wieder aufgehört. Wir müssen eine Reform hinbekommen, die Folgendes bewirkt:
Wir brauchen eine Erhöhung der Ausgleichsgerechtigkeit zwischen Landesebene und kommunaler Ebene. Dazu müssen wirklich einmal alle Zahlen auf den Tisch.
Wir brauchen eine Erhöhung der horizontalen Ausgleichsgerechtigkeit. Denn das, was Sie machen – Stichwort: Schlaglochprogramm –, ist doch das Gegenteil von dem, was sinnvoll ist. Die eher ärmeren Kommunen haben doch die größeren Probleme mit ihrem Straßennetz. Die werden durch Ihr Programm aber unterm Strich weniger Geld zur Verfügung haben, während Eschborn – Herr Kollege Kaufmann hat es gestern schon gesagt – seine Schlaglöcher wohl mit Goldinlays füllen wird. Das ist doch völlig planlos, was hier passiert, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir brauchen also eine Erhöhung der horizontalen Ausgleichsgerechtigkeit, und wir brauchen eine Erhöhung der Transparenz des Kommunalen Finanzausgleichs insgesamt, damit das verständlich ist.
Ich sage Ihnen sehr deutlich: Die Form von chaotischer Finanzpolitik, die Sie in den letzten zehn Monaten hier betrieben haben in Bezug auf das Verhältnis des Landes Hessen zu den Kommunen, sollte Ihnen zu denken geben: dass jetzt endlich die Zeit der Sprechblasen vorbei ist und dass man jetzt endlich einmal konkrete Politik gegenüber den Kommunen machen soll.
Ich muss Ihnen sagen: Ich bin fast schon entsetzt über die Planlosigkeit und Ideenlosigkeit dieser Mehrheit und dieser Regierung. Deswegen habe ich, was die Kommunalwahlen angeht, keine Sorge, was unser Ergebnis betrifft.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe Sorge, was die sachlich notwendigen Entscheidungen der Mehrheit dieses Landtags und dieser Regierung gegenüber den Kommunen angeht. Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach, ob Sie an diesem Punkt nicht dringend einen Neustart, spätestens nach der Kommunalwahl, machen müssen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, weil das, was Kollege Al-Wazir hier eben gesagt hat, einfach zu billig ist und wir es so nicht durchgehen lassen können.
Unser Kollege Al-Wazir weiß ganz genau, wovon er bei Kommunalfinanzen redet. Das muss man den GRÜNEN lassen: Sie haben sich durchaus mit dem Thema beschäftigt. Deswegen wissen sie, dass wir in Deutschland eine Schieflage haben, die im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass Hessen in den Länderfinanzausgleich
für die finanzstarken Kommunen sehr viel Geld einzahlt und dass das Land dies für die Kommunen trägt. Die Summe, die sich daraus ergibt – das war der erste Punkt, deswegen die Veränderungen im Kommunalen Finanzausgleich –, dass die hessischen Kommunen reicher sind als die anderen Kommunen in Deutschland, sind 400 Millionen €, die ausschließlich das Land in den Länderfinanzausgleich einzahlt. Da haben wir eine Korrektur vorgenommen, und die Korrektur war auch nach den Berechnungen durch die Haushaltsstrukturkommission berechtigt. Kollege Schork hat darauf hingewiesen, dass es sogar 700 Millionen € zulasten des Landes waren.
Da wir davon reden, dass statt den 700 Millionen €, die eigentlich notwendig gewesen wären, um die Finanzverhältnisse geradezurücken, nur 340 Millionen € entnommen wurden, kann man sagen, dass das Land auch in diesem Punkt sehr kommunalfreundlich reagiert hat.
Ich will auch sagen: Wir haben in der Korrektur sehr konsequent dafür gesorgt, dass dort, wo die Ursachen stehen, nämlich bei den reicheren Kommunen, mehr Geld entzogen wird und bei den ärmeren Kommunen mehr Geld ankommt.
Wir haben in einem zweiten Schritt dafür gesorgt, dass Spitzabrechnungen vorgezogen wurden, weil wir dafür sorgen wollten, dass die Kommunen im Jahre 2011 gerade nicht in ein Loch hineinfallen und dass sie konsequent über die nächsten Jahre einen Anstieg im Kommunalen Finanzausgleich haben werden. Ursprünglich bestand die Sorge, dass im Jahr 2011 weniger Geld zur Verfügung steht. All das ist erreicht worden, dass es eben nicht so ist. Es gibt einen konsequenten Anstieg. Wir haben eine konsequente Politik betrieben, den armen Kommunen zu helfen, auch mit dem Programm, dass 3 Milliarden €
Lieber Kollege Milde, ich übersetze einmal, was Sie gerade gesagt haben: Die Kommunen sollen dankbar sein, dass man ihnen nicht 700 Millionen €, sondern nur 350 Millionen € weggenommen hat.
Das ist der Beweis für Ihre „Kommunalfreundlichkeit“. Ich kann Ihnen nur sagen: Ja, es gibt in Hessen sehr unterschiedliche Kommunen mit sehr unterschiedlichen Finanzsituationen. Aber statt dass Sie sagen: „Wir brauchen eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs, die die horizontale Ausgleichsgerechtigkeit erhöht“, haben Sie keinen Plan, sondern doktern und doktern weiterhin mit völlig unsystematischen Eingriffen am KFA herum.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass Ihr komisches Schlaglochprogramm auf der kommunalen Ebene völlig falsche Verteilungswirkungen haben wird, dann haben Sie das gerade eben bewiesen. Deswegen sollten Sie sich einen Ruck geben und Schluss machen mit der chaotischen Finanzpolitik, die Sie zu verantworten haben. So, wie Sie es machen, werden Sie selbst nichts davon haben.
Noch ein Satz, wenn ich schon hier stehe. In Ihrem Antrag steht: „Der Landtag begrüßt..., dass auf Initiative der Bundesregierung eine Einigung zur Entlastung der Kommunen bei den Kosten für die Grundsicherung im Alter zustande gekommen ist.“ – Das stimmt. Das wird die Kommunen entlasten. Was Sie vergessen haben: Diese Landesregierung hat im Dezember dafür gestimmt, dass es genau das nicht gibt, weil Sie den Vorschlag der Bundesregierung im Bundesrat nämlich einfach durchwinken wollten. Wenn Rot und Grün in NRW nicht einen Regierungswechsel herbeigeführt hätten, dann wäre es nie zu diesem Kompromiss gekommen.
Lachen Sie nicht. Sie wollten das, was Frau von der Leyen vorgelegt hat, einfach durchwinken. Insofern finde ich, das ist ein Punkt, an dem Sie wirklich einmal überlegen sollten, ob Sie eigentlich eine klare Linie haben, was die kommunalen Finanzen in Bezug zu Bund und Land angeht.