Protocol of the Session on March 2, 2011

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Wolfgang Decker (SPD))

Schönen Dank, Herr Bocklet. – Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Schott gemeldet.

Herr Präsident! Herr Kollege Bocklet, ich finde es schön, wenn sich Ihre Fraktion so intensiv mit unserer Webseite beschäftigt. Vielleicht können Sie etwas lernen.

(Beifall des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Lachen bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einige in Ihrer Partei haben offensichtlich schon etwas gelernt. Ja, es gibt bei uns eine intensive Diskussion über bedingungsloses Grundeinkommen. Ich habe festgestellt,

dass sich die GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen dieser Position angeschlossen haben

(Florian Rentsch (FDP): Ach, das gibt es ja gar nicht!)

und dass es eine Forderung von 850 € bedingungsloses Grundeinkommen gibt – vorgetragen von Ihrem Landesvorsitzenden, wenn ich richtig informiert bin. Viele verschiedene Positionen in einer Partei zu diskutieren spricht von demokratischem und pluralem Selbstverständnis. Wir diskutieren so etwas öffentlich.

Wir haben mehrere Positionen, die in der Partei vertreten werden, die in der Partei ganz öffentlich und ganz solidarisch und zum Teil sehr heftig miteinander diskutiert werden, damit wir zu einem guten Ergebnis kommen können, wie man ausgestalten kann, dass Menschen in diesem Land armutssicher leben können. Das bedingungslose Grundeinkommen ist einer dieser Diskussionspunkte. Es ist nicht Beschlusslage meiner Partei. Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie etwas über uns darstellen wollen, tun Sie es bitte richtig. Ansonsten freue ich mich, wenn Sie weiterhin von uns lernen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Gegenrede, Herr Kollege Bocklet. – Ich würde die Kolleginnen und Kollegen bitten, doch etwas mehr Ruhe im Saal zu haben und Gespräche, die unbedingt notwendig sind, nach außerhalb des Saales zu verlegen, damit man dem Redner auch folgen kann.

Frau Kollegin Schott, es fällt mir schwer, jedes einzelne Ihrer Gremien zu verfolgen. Sie müssen sich schon einmal entscheiden. Beim letzten Mal haben wir nicht auf Sie reagiert; da haben Sie geheult. Jetzt reagieren wir auf Sie und prüfen einmal, was Sie für einen Quark erzählen; dann heulen Sie wiederum. Sie müssen sich jetzt einmal entscheiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Wolfgang Decker (SPD) – Widerspruch bei der LINKEN)

Ich gebe zu, ich habe dafür Kritik einstecken müssen, dass ich mich damit beschäftige, was für einen Senf die LINKEN von sich geben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, es tut mir leid. Ich habe es gemacht. Ich werde es nicht mehr so oft tun. Aber das Ergebnis der Recherche besagt, sie benutzen nicht das Wort „Grundeinkommen“, sondern „bedingungslose Grundsicherung“. Sie beläuft sich – ich wiederhole mich – auf 1.000 € plus modifiziertes Wohngeld plus kumuliertes Einkommen. Eine Zahl habe ich vorhin nicht nachgetragen. Die gebe ich Ihnen. Von mir können Sie auch noch eine Menge lernen. Der Betrag, der dabei herauskommt, was der ganze Spaß kostet, beträgt – Achtung – 914 Milliarden €, etwa das Doppelte des Bundesetats.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich meine, wir haben es ja. Es ist schon klar. Es kann sein, dass sich Ihr Vermögen von der SED auf diese Höhe beläuft. Das kann ja sein.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Okay, das musste jetzt einmal sein. Aber 914 Milliar den € für eine bedingungslose Grundsicherung – der Finanzpolitiker nickt schon ganz zustimmend –: Auf welchem Planeten leben Sie eigentlich?

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das steht nirgendwo!)

Das ist so etwas von irrwitzig, dass man Ihre sozialpolitischen Vorschläge nicht mehr ernst nehmen kann. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Bocklet, ich weise auf zwei Äußerungen hin – auf die Stelle mit dem Vermögen, und der „Quark“ ist sicherlich ein hochwertiges Lebensmittel.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich denke, wir regeln das in aller Freundschaft. – Als Nächster bekommt für die FDP-Fraktion der Kollege Rock das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute den Setzpunkt der LINKEN, und nach den ersten Wortbeiträgen kann man nur sagen, dass sie den aus meiner Sicht schon einmal richtig versenkt haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich werde jetzt noch einmal ein Stück weit dazu beitragen, dass sich dieser Eindruck auch verfestigt. Man muss sich wirklich fragen, ob Sie denn noch den richtigen Blick für die Realitäten in diesem Land haben. Ich habe den Eindruck, dass Sie, wenn überhaupt noch, keine der Realitäten wahrnehmen und auf gar keinen Fall mehr über das sprechen, was den Rest der Republik und die Gesellschaft hier bewegt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Bundesverfassungsgericht!)

Ich glaube, Sie haben sich irgendwie mittlerweile völlig in einen Bereich begeben, wo man nur sagen kann: Da haben Sie sich so ins Abseits gestellt, dass man sich kaum noch mit Ihnen beschäftigen muss. Leider sind wir hier parlamentarisch angehalten, das dann doch zu tun.

Frau Schott, wenn Sie hier vorne stehen und sagen, dass das, was im Bundesrat beschlossen worden ist, eine Verschlechterung der Situation der Menschen im SGB-II-Bezug sei –

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Verfassungsfeindlich!)

wir haben alle die Zahlen gelesen; jeder, der sich damit beschäftigt hat, kennt sie; für die Zukunft von Kindern, von Menschen, die im SGB-II-Bezug sind, gibt es 1,6 Milliarden € mehr –, dann frage ich mich, wie man sich hierhin stellen und behaupten kann, es würde schlechter werden. Das ist für mich nicht nachzuvollziehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie sprechen hier auch über die Regelsätze. Wenn Sie nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts natürlich draußen herumrennen und Pressekonferenzen geben und sagen, das Bundesverfassungsgericht hätte jetzt entschieden, die Sätze wären zu niedrig – das haben Sie ja gemacht, und das Bundesverfassungsgericht hat uns gesagt, genau das sei nicht das Problem; sondern einfach festzulegen, nach welchen Grundlagen diese Sätze berechnet sind, das war das Thema –, und wenn Sie schon jedem erklärt haben, das Bundesverfassungsgericht habe jetzt erklärt: „Ihr müsstet deutlich mehr bekommen, und wir als LINKE würden das dann auch politisch für Euch betreiben“, dann stelle ich fest, dass man da einfach von der Realität eingeholt wird. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich da keinerlei Mitleid mit Ihnen habe. Ich glaube, die Bundesregierung hat diese Sätze nachvollziehbar belegt, und man hat dann in der Debatte auch die Kritik von SPD und GRÜNEN nur rudimentär nachvollziehen können. Zu denen möchte ich aber nachher noch kommen.

Ich möchte zu Ihrem Antrag sagen: Es ist nichts Neues dabei, manches ist verschlimmbessert worden. Ich möchte gerade auf einen solchen Punkt zu sprechen kommen. Sie fordern hier den flächendeckenden Mindestlohn von 10 €. Ich bin der Meinung, dass es für die Zukunft eines SGB-II-Empfängers immer noch die beste Lösung ist, dass er wieder einen Arbeitsplatz bekommt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dieses Thema dürfen wir bei dieser Debatte nie aus den Augen verlieren. Ich möchte hier noch einmal feststellen: Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich die Anzahl der SGB-II-Empfänger um 4,5 % verringert. Das ist ein positiver Aspekt und passt überhaupt nicht zu Ihrer Schwarzmalerei.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dazu kommt noch die Arbeitsmarktreform einer rot-grünen Bundesregierung, die in breitem Konsens beschlossen und getragen worden ist. Herr Bocklet, wenn ich es geschafft habe, dass Sie sich zu dieser Tat bekennen und sagen: „Wir GRÜNE sind mitverantwortlich für die HartzIV-Gesetze“, dann habe ich doch alles erreicht, was wir an dieser Stelle sagen wollen, und wenn Sie das jedes Mal wiederholen, bin ich sehr dankbar.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Florian Rentsch (FDP): Das müssen wir dann auch noch für die SPD hinkriegen!)

Ja. – An der Stelle will ich Ihnen nur sagen: Um den Arbeitsmarkt in Deutschland beneidet uns die halbe Welt, wenn nicht sogar die ganze. Die Situation der Beschäftigung und die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland sind hervorragend.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dazu hat eben auch diese Arbeitsmarktpolitik beigetragen. Wenn ich hier „10 € Mindestlohn“ lese, den Sie für die ehemaligen Ost- und die Westländer fordern, dann muss Ihnen doch klar sein, dass Sie Zehntausende Arbeitsplätze für Menschen mit niedriger Qualifikation vernichten und dass Sie nur erreichen, dass sich die Anzahl der Hartz-IV-Empfänger deutlich erhöht. Daher ist es einfach unmöglich, was Sie hier fordern.

Wenn Sie auch noch an eines der zentralen Themen der Hartz-IV-Gesetze die Axt anlegen, nämlich an den Grundsatz des Forderns und des Förderns, indem Sie sa

gen, Sie wollten die Sanktionen aus den Gesetzen streichen, stelle ich fest:

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wie begründen Sie das?)

Wenn Sie in den Gesetzen keine Sanktionen haben, kommt der Aspekt des Forderns relativ zu kurz. Sie können in jeder Optionskommune oder Arge einmal die Fachleute fragen, ob das Fordern ohne Sanktionen so richtig funktionieren wird. Sie legen mit Ihrem Antrag an einen wichtigen Bestandteil der Arbeitsmarktreform die Axt an. Ich kann nur sagen: Kommen Sie ab von diesem Weg, oder Sie bleiben außerhalb der politischen Debatte; denn das kann man einfach nicht mehr vertreten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich komme jetzt zu den Anträgen der anderen Fraktionen. Es ist so, dass wir zu diesem Thema, das die LINKEN aufgegriffen haben, jetzt von allen Fraktionen Anträge auf der Tagesordnung stehen haben. Bei dem Antrag der SPD fiel es mir ein bisschen schwer, zu überlegen, wie ich damit umgehe.

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einfach zustimmen!)

Wenn ich das aggressiv angehen würde, könnte ich jetzt sagen: Na ja, da ist eine Sozialministerin als brüllender Löwe gestartet, hat flächendeckend gesetzliche Mindestlöhne gefordert, hat die Höhe des Regelsatzes infrage gestellt und vieles mehr, und am Ende ist sie doch relativ klein, vielleicht als Katze, aber nicht mehr als Löwe gelandet. Das könnte ich hier zum Aufhänger meiner Rede machen. Das will ich ausdrücklich nicht tun,