Protocol of the Session on February 22, 2011

Sie sollten in der inneren Sicherheit vielleicht weniger auf Sprechblasen vertrauen und mehr die inhaltliche Auseinandersetzung suchen. Dazu sind wir gern bereit, insbesondere zu der Frage der Balance von innerer Sicherheit und Bürger- und Freiheitsrechten. Aber das wollen Sie gar nicht; denn diese ganze Regierungserklärung steht nur deshalb auf der Tagesordnung, weil am 27. März in Hessen Kommunalwahlen sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Danke sehr, Herr Frömmrich. – Zu einer Kurzintervention darf ich Herrn Beuth das Wort erteilen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Manfred Görig (SPD): Was ist jetzt los?)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Moment muss man sich hier ein bisschen Platz verschaffen. Vor lauter Sprechblasen, die ich in der letzten halben Stunde gehört habe, kann man kaum den Plenarsaal sehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Frömmrich, weil Sie es herausgefordert haben, möchte ich wenigstens noch zwei Sätze zu dem sagen, was Sie hier von sich gegeben haben, vor allem den verklärten Blick, den Sie auf die Vergangenheit haben, ein bisschen aufklären.

Meine Damen und Herren, es ist doch so, dass im Jahr 1999, in der Zeit, über die Herr Kollege Frömmrich gesprochen hat, der PC durchaus schon erfunden war. Konrad Zuse ist ein bisschen älter. Als Sie dem hessischen Innenminister Bouffier die Schreibmaschinen übergeben haben, gab es schon Computer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Minister Boris Rhein: So ist es!)

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen nicht verdenken, dass Sie sich nicht mehr daran erinnern oder erinnern wollen. Ich erinnere an das geniale System HEPOLAS, das Sie über viele Jahre versucht haben zu entwickeln. 100 Millionen DM haben Sie damals in den Sand gesetzt. So war das, was Sie uns übergeben haben.

Meine Damen und Herren, ich habe noch eine Erinnerung daran, wie ich im Rahmen meiner Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft Gelegenheit hatte, einmal eine Nachtschicht bei der hessischen Polizei mitzumachen, als der eine Kollege, wenn er aus dem Auto ausgestiegen ist, die Schutzweste ausziehen musste, damit der andere, der in das nächste Auto eingestiegen ist, sie anziehen konnte. Sie

haben sich zu Ihrer Regierungszeit nicht einmal um die Sicherheit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gekümmert. Das ist die Wahrheit und nicht das, was Sie hier eben von sich gegeben haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Um noch einen Punkt hinzuzufügen: Wir haben in den Neunzigerjahren in diesem Landtag darüber gestritten, wie wir Verbrechensbekämpfung erfolgreich leisten können. Dazu gehörte unter anderem die Schleierfahndung. Sie haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Wir haben dieses erfolgreiche Mittel der Kriminalitätsbekämpfung im Jahr 1999 eingeführt, und die Erfolge hat der Innenminister hier eben vorgestellt. Ich finde, Sie sollten ein bisschen abrüsten mit dem, was Sie so im Hessischen Landtag von sich geben.

Herr Beuth, das wars, die zwei Minuten sind um.

Ich komme zum letzten Satz. Meine Damen und Herren, keine Freiheit ohne Sicherheit. Am Ende sind Freiheit und Sicherheit kein Gegensatz, sondern zwei Seiten ein und derselben Medaille. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Beuth. – Herr Frömmrich, Sie haben Gelegenheit zur Antwort. Sie haben ebenfalls zwei Minuten Zeit.

(Michael Boddenberg (CDU): Sagen Sie einmal etwas zur Schreibmaschine!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Kollege Beuth, dass Sie mir noch einmal Gelegenheit geben, zwei Minuten zu reden.

(Peter Beuth (CDU): Wenn Sie auf das antworten, was ich gesagt habe!)

Ich weiß nicht, wo Sie in den Neunzigerjahren herumgekrabbelt sind.

(Lachen und Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Kollege Beuth ist ein bisschen jünger, es war in der Tat scherzhaft gemeint. Sie kommen doch aus einer Karnevalshochburg, also gerade Sie sollten es verstehen.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Kollege Beuth, wenn Sie von HEPOLAS reden, dann mag das sein. Aber ich will Ihnen nur eines sagen: Ihr HEPOLAS hieß IZEMA. Wir haben das im Innenausschuss hoch- und runterdiskutiert, dass Sie bei der hessischen Polizei eine Zeitsoftware implementiert haben, die über Jahre nicht funktioniert hat, wo uns immer erzählt worden ist, demnächst kommt es, oder demnächst wird es. Sie haben ein anderes HEPOLAS, bei Ihnen heißt es IZEMA.

(Peter Beuth (CDU): Da geht es um die Frage von Arbeitszeit, bei HEPOLAS ging es um Sicherheit! Unfassbar!)

Zweiter Punkt. So viel Geld, wie Sie in den Jahren Ihrer Regierungsverantwortung in der NVS verschwendet haben, kann man gar nicht verschwenden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, etwas zur Geschichte, weil Sie auf die Neunzigerjahre gekommen sind. Wenn Sie Rot-Grün vorwerfen, dass die Aufklärungszahlen so waren, wie sie waren – ich habe dem Innenminister durchaus zugestanden, dass man die Zahlen, die er vorgelegt hat, begrüßen muss; keine Frage –,

(Minister Boris Rhein: Gute Zahlen!)

dann schauen Sie doch einmal: Herr Kollege Beuth, wenn Sie mit dem Finger auf Rot-Grün zeigen, dann zeigen vier Finger auf Sie zurück. In der Periode, in der Sie mit Wallmann und Gerhardt Verantwortung getragen haben, lagen die Aufklärungsquoten bei 38, 39 %. Bevor Sie anderen Vorwürfe machen, sollten Sie lieber einmal Ihren eigenen Laden aufräumen und in die Geschichte schauen, was Sie so zu verantworten haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier im Bereich der inneren Sicherheit – ich will das noch einmal betonen – nicht um Sicherheit als Selbstzweck. Es geht darum, den Menschen ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren, und das in einem Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit.

Danke schön, Herr Frömmrich.

Denn es kann nur darum gehen, dass wir das bewahren, worum wir kämpfen. Das sind die Freiheits- und Bürgerrechte in diesem Land, und die kann man nicht dadurch verteidigen, dass man sie einschränkt oder abschafft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Frömmrich. – Es geht in der Rednerfolge weiter mit Herrn Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

(Zurufe)

Haben Sie jemand anderen erwartet, Herr Minister?

(Minister Boris Rhein: Nein, im Gegenteil, ich freue mich darüber!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. Herr Minister, wenn Sie sagen: „Frau Faeser, das Beste an Ihrer Presseerklärung ist Ihr Foto“, dann halte ich das,

(Günter Rudolph (SPD): Für ziemlich arrogant, genau wie KT!)

genauso wie die Zwischenbemerkung des Kollegen Frömmrich dazu, weder für witzig noch für lustig.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde, wir sollten solche Machosprüche immer, aber ganz besonders an diesem Tag, an dem wir den 100. Internationalen Frauentag feiern, hier im Landtag unterlassen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Minister Boris Rhein: Das hätte ich auch ge- sagt, wenn sie ein Mann wäre!)

So weit zur Vorbemerkung.

Meine Damen und Herren, die Präsentation und Aussprache zur Kriminalstatistik ist ein alljährlich wiederkehrendes Ritual. Die Regierung streicht Erfolge der Polizeiarbeit heraus, um sich selbst hochzujubeln. Was nicht passt, wird passend gemacht. Reale und ernsthafte Probleme in der Polizei werden ignoriert, und die Statistik wird so gedeutet, wie man es parteipolitisch gerade braucht. Herr Minister, mit objektiver Auseinandersetzung mit der Kriminalität in Hessen hat das nichts zu tun.

So war es letztes Jahr, und so ist es wieder in diesem Jahr – mit einem Unterschied: Weil in gut drei Wochen Kommunalwahlen stattfinden, stellt die CDU ihr Lieblingsthema innere Sicherheit in den Vordergrund, und wir müssen Ihnen heute doppelt so lange zuhören. Das macht es aber nicht wirklich besser.

Dennoch will ich anerkennen: Respekt, Herr Innenminister,

(Günter Rudolph (SPD): Was?)