Protocol of the Session on February 3, 2011

Ich nenne Ihnen einmal ein paar Zahlen zur Senkung des Quorums. Sie senken auf 87.000 Stimmen. In Niedersachsen sind es 25.000 Stimmen, in Thüringen 5.000 Stimmen, in Nordrhein-Westfalen sind es nur 3.000 Stimmen, in Baden-Württemberg – ein sehr großes Bundesland – nur 10.000 Stimmen. Es gibt also keinen Grund, dass Sie sich dafür loben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie liegen immer noch weit über den Quoren der anderen Bundesländer. Sie schaffen keine echte Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Kollege Blechschmidt, wenn Sie mir zugehört hätten: Ja, ich habe gelobt, dass Sie die Frist von 14 Tagen auf zwei Monate verlängern. Aber auch das ist kein großer Grund, sich hier zu feiern. Ich lese Ihnen auch diese Fristen aus den anderen Bundesländern vor: Schleswig-Holstein sechs Monate, Sachsen acht Monate, Sachsen-Anhalt sechs Monate, Niedersachsen – ein bekanntlich CDU/FDP-regiertes Land – zwölf Monate, RheinlandPfalz ebenfalls zwei Monate. Überall liegen diese Fristen bei mehreren Monaten. Meine Damen und Herren, so groß ist also der Schritt nicht, den Sie hier heute vollziehen. Ihnen geht es gar nicht darum, die Bürgerinnen und Bürger mehr zu beteiligen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN sowie bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Innenminister, dann muss man auch so ehrlich sein, zuzugeben, dass man das offenbar nicht möchte. Denn qualitativ ändern Sie nichts.

Eine qualitative Änderung wäre es gewesen, die Quoren in Art. 124 zu den Volksbegehren zu senken. Wir haben es vom Kollegen Frömmrich vorhin gehört: Dazu haben Sie – im Gegensatz zu ihrer damaligen Kollegin Zeimetz-Lorz – die Gelegenheit hier nicht ergriffen.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, warum. In dieser gesamten Debatte habe ich eine Erklärung dazu vermisst, warum Sie das eigentlich nicht wollen. In allen Bundesländern gibt es damit gute Erfahrungen; alle anderen europä ischen Länder haben damit gute Erfahrungen – nur diese Landesregierung will nicht.

Es bleibt festzuhalten: Sie wollen in Hessen keine Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wil- ken (DIE LINKE))

Vielen Dank, Frau Kollegin Faeser. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Wilken.

(Zuruf)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wiederhole mich: Die Bemerkung „Ach du lieber Gott!“ können

Sie sich sparen und mich weiter mit „Dr. Wilken“ anreden.

(Beifall der Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) und Nancy Faeser (SPD) – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was für ein Niveau!)

Herr Blechschmidt, Sie haben in diesem Hause Nachdenklichkeit eingefordert. Deswegen will ich es noch einmal mit Nachdenklichkeit versuchen.

Der Innenminister hat die Vermutung geäußert, dass wir mit unseren oppositionellen Forderungen in diesem Hause die Menschen enttäuschen würden.

Ich will es noch einmal sehr deutlich machen: Wenn ich Menschen vorgaukle, sie hätten eine Möglichkeit, sich mehr und stärker an der politischen Entscheidung hier im Lande zu beteiligen, diese Möglichkeit aber nicht wirklich schaffe, dann enttäusche ich Menschen. Das ist das, was Sie mit Ihrem Gesetz, dem Sie gleich zustimmen werden, hier tun.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Zweiter Gedanke. Vielleicht ist es Ihnen schon einmal aufgefallen, dass, wenn Sie – sei es von der Regierung oder von den Regierungsfraktionen – sich hierhin stellen und Lob einfordern müssen, es vielleicht nichts zu loben gibt und es deswegen auch kein Lob von uns geben kann.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Wilken. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Blechschmidt.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen. Es ist mir eine Freude, dass ich jetzt hier so häufig persönlich angesprochen wurde.

Ich habe um eine gewisse Nachdenklichkeit gebeten. Das ist mir nur zum Teil gelungen. Aber ich bin froh, wenn die Opposition ein bisschen nachdenklicher wird.

(Lachen der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Ich möchte einmal kurz auf die Redebeiträge eingehen. – Ich finde das durchaus gut.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn man insbesondere zuletzt hier etwas nachdenklich wird, dann höre ich zu und sehe die Argumente, Herr Frömmrich. Ich will hier noch einmal deutlich machen, warum und weshalb ich diese Nachdenklichkeit eingefordert habe.

Wir werden die Diskussion, ob die Debatte heute und in den letzten Monaten richtig war, in einigen Jahren führen – ganz nachdenklich und sachlich. Es geht dann um den Zungenschlag, mit dem wir diese Debatte in den letzten Monaten geführt haben: ob das richtig oder falsch war.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Posch hat etwas anderes gesagt!)

In den Beiträgen von CDU und FDP ist es deutlich geworden, auch in dem Beitrag des Staatsministers: Wir werden dieses Thema nicht aus den Augen verlieren.

Das Quorum ist das eine. Aber das ist keine Frage der Mathematik, das ist keine Frage der Zahlen,

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

sondern wir meinen – das sage ich mit voller Überzeugung –, dass wir mit den Modifikationen, die wir im Gesetz gemacht haben, mit der Frist, mit der Volksinitiative, auf die Sie immer noch nicht so eingegangen sind, wie es erforderlich wäre – das ist kein Lob, sondern es ist eine Frage der Objektivität, dass man darauf eingeht –, mehr Bürgerbeteiligung durchsetzen werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Nachdenklichkeit war auch da, im Übrigen explizit beim Beitrag des Kollegen Bauer, der gesagt hat, es ist keine Momentaufnahme. Es kann durchaus sein, dass in den nächsten Schritten in der nächsten Zeit auch bei uns die Auffassung entsteht, dass eine Herabsetzung eines Quorums erforderlich wird. Aber im Moment sehen wir das nicht.

Im Moment sehen wir, dass wir mit dem, was wir mit dem Gesetz tun, voll und ganz für eine stärkere Bürgerbeteiligung eintreten. Das Quorum ist für uns zurzeit keine Thematik. Das Quorum ist – ich zitiere einmal meinen 18-jährigen Sohn – ein Fake, ist eine Diskussion, um etwas darzustellen, was nicht gegeben ist.

Sie bemühen hier die Quoren, um deutlich zu machen, dass Sie mehr Bürgerbeteiligung wollen als wir. Aber die Quoren alleine können es nicht sein, wenn man dem Thema wirklich gerecht werden will.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Vielen Dank. – Mir liegen nun keine Wortmeldungen mehr vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer diesem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Gegenstimmen? – SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen und wird zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Wir sind nun am Ende der Aussprache der für vor der Mittagspause vorgesehenen Punkte angelangt. Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr und wünsche Ihnen einen guten Appetit.

(Unterbrechung von 12:52 bis 14:02 Uhr)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir nun das kleinere Problem des Schriftführers geklärt haben, steigen wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 40 als Setzpunkt der Fraktion DIE LINKE auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Wortbruch durch Wiedereinführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung verhindern – Rechte hessischer Bürgerinnen und Bürger schützen – Drucks. 18/3651 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 21:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Vorratsdatenspeicherung ablehnen – Drucks. 18/3600 –

und Tagesordnungspunkt 42: