Protocol of the Session on February 3, 2011

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Das Mediationsverfahren zum Ausbau des Frankfurter Flughafens hat im Ergebnis nämlich genau das Gegenteil hervorgebracht. Das Mediationsverfahren hat den Bürgerinnen und Bürgern ein absolutes Nachtflugverbot versprochen. Auch die Landesregierung hat das immer wieder gesagt. Als es dann zum Verfahren kam, hat sie entgegen dem Antrag des Wirtschaftsunternehmens das Nachtflugverbot aufgeweicht. Dann hat das Gericht aber gesagt: „Doch, ihr dürft ein absolutes Nachtflugverbot machen“. Was macht diese Landesregierung? Sie beklagt es. Sie beklagt ihr ursprünglich gegebenes Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger. Herr Kollege Greilich, das ist wirklich kein gelungenes Beispiel für Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Man sollte da ganz vorsichtig sein. Wenn Sie sehen, dass die Lärmschutzmaßnahmen bis heute noch nicht umgesetzt sind, dann muss man aufpassen, dass man mit solchen Äußerungen Bürgerinnen und Bürger nicht erst aufhetzt.

Frau Kollegin Faeser, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ich komme zum Schluss. – Leider liegen die CDU und die FDP mit ihrem Gesetzentwurf hinter dem Trend aller anderen Bundesländer, die in den letzten zehn Jahren ihre Quoren gesenkt und eine echte Bürgerbeteiligung eingeführt haben. Wir bedauern dies sehr. Ein echter Wille zur Bürgerbeteiligung ist hier nicht zu erkennen. Wir hätten uns etwas anderes gewünscht und hoffen, dass dieser Landtag irgendwann die Kraft dazu hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank, Frau Faeser. – Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, insbesondere von den Regierungsfraktionen! Überall im Land fordern mündige Bürgerinnen und Bürger mehr Rechte, mehr Mitspracherechte, mehr Einfluss auf die politischen Entscheidungen in unserem Land. Ich sage: Sie fordern sie zu Recht ein, weil in unserer Demokratie nach wie vor alle Macht vom Volke ausgeht. Es ist unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass das auch möglich ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Bauer, wenn Sie davon sprechen, dass Sie die Bürgerbeteiligung deutlich erleichtern wollen, dass Sie eine spürbare Absenkung vornehmen wollen, und allen anderen Initiativen mit dem Vorwurf der Beliebigkeit die Absage erteilen, dann missachten Sie den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach politischer Teilhabe im Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Sie haben mit diesem Gesetzgebungsverfahren wieder etwas getan, was Praxis in diesem Hause ist, nämlich sämtliche Anhörungsunterlagen, sämtliche angehörten Experten schlicht und ergreifend mit Missachtung gestraft und Ihre Sache unbeeinflusst vorangetrieben.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo das endet, kann man sich im Laufe der Geschichte angucken!)

„Wo das endet, kann man sich im Laufe der Geschichte angucken.“

(Unruhe bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben sämtliche Erfahrungen aus den anderen Bundesländern wieder einmal nicht berücksichtigt. Herr Bauer, dann stellen Sie sich hierhin und diffamieren diejenigen, die für das berechtigte Interesse an mehr direkter Demokratie eintreten, mit der Vermutung, dass dann demnächst irgendein Kegelverein die Gesetze in diesem Land festlegen könne. Das ist eine Diffamierung der Bürgerinnen und Bürger, die für mehr Rechte streiten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich hierhin stellen und mit dem Verweis auf die Schweiz sagen, Bürgerentscheide könnten dann zu Entscheidungen führen, die wir falsch finden: Das passiert in diesem Hause auch, dass Entscheidungen gefällt werden, die wir falsch finden. Dafür brauche ich keine direkte Demokratie.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die letzte Diffamierung, die ich hier heute gehört habe, ist, dass Sie das Verhältnis von der Regel parlamentarische Demokratie zur Ausnahme direkte Demokratie aufrechterhalten wollen. Ich sage Ihnen: Sie halten hier nicht die Regel und die Ausnahme aufrecht, sondern Sie schaffen erneut eine Regel und eine Unmöglichkeit. Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Ich habe mit Vergnügen bereits vor zwei Tagen hier im Hause gehört, geäußert von der Fraktion der CDU, dass ein Mitglied der Landesregierung zu kurz gesprungen sei.

Ich darf das für diesen Gesetzentwurf auch sagen. Er ist zu kurz gesprungen. Es hilft überhaupt nichts, wenn ich für den Hochsprung die Latte von 5 m auf 4 m absenke. Dann kommt trotzdem niemand darüber. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Blechschmidt für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Wenn man die Berichterstattung zu der letzten Lesung liest, dann stellt man fest, dass für heute nichts Neues zu erwarten ist. Wir haben uns ausgetauscht. Ich glaube auch nicht, dass wir die Reden der letzten Sitzung hier noch einmal halten sollten und müssten. Interessant sind die Zwischentöne, die ich eingangs durchaus einmal darstellen will.

Frau Faeser, dass man das Zeitkontingent von 7,5 auf 5 Minuten reduziert hat, um den Punkt – wie gestern vorgesehen – zur Mittagszeit zu diskutieren, ist das eine. Ich verstehe nicht, warum das in dem Kontext problematisiert worden ist.

(Alexander Bauer (CDU): Peinlich!)

Das ist ein Vorwurf gegen die Koalition, der falsch gesetzt ist und aufzeigt, dass eine Schieflage gegeben ist.

(Nancy Faeser (SPD): Da haben Sie mich falsch verstanden! Das bezog sich auf den Kollegen Bellino und nicht auf die fünf Minuten!)

Zweiter Punkt. Interessant ist auch, dass keine der Oppositionsfraktionen auf die Volksinitiative eingegangen ist. Sie wird allein von CDU und FDP angeführt.

Der Zwischenruf und der Zusatz: „Wo führt das alles hin?“ ist auch ein Punkt, der hier eingangs mit Nachdenklichkeit dargestellt gehört. Bei allem Zuspruch für die direkte Demokratie – das unterscheidet in der Tat auch nach dieser Anhörung Sie von CDU und FDP –, die im Ausschuss eine gewisse Zustimmung erfahren hat, lege ich allergrößten Wert darauf, dass wir noch in einer repräsentativen Demokratie leben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Daher müssten wir die Diskussion über die Frage, wo das alles hinführt, mit etwas Nachdenklichkeit führen. Ich sage das „nachdenklich“ im Hinblick auf Stuttgart 21, auf den sogenannten Wutbürger, auf direkte Bürgerinitiativen und Beteiligung. Vielleicht erinnern wir uns in 20 Jahren an diese Diskussion, an diese Monate und werden sehr nachdenklich, wenn wir uns überlegen, wohin das geführt hat. Frau Ypsilanti, ich sage das bewusst nachdenklich. Frau Ypsilanti, ich weiß es nicht. Aber wir müssen durchaus überlegen, ob uns die Diskussionen, die wir in diesen Monaten führen, helfen, um die Frage zu beantworten, wo das alles hinführt. Oder wir stellen in 20 Jahren alle fest, dass wir heute am Thema vorbeigeredet haben und dass die repräsentative Demokratie, wie sie bisher galt und von CDU und FDP weiter hochgehalten wird, die Demokratieform war, die die Beständigkeit gewahrt und sich bewährt hat. Ich sage das in aller Nachdenklichkeit am Anfang dieser Rede.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deshalb gefällt es mir nicht, auch nach dieser Anhörung, die in der Tat vieles von der Opposition bestätigt hat, dieses Quorum zur Glaubensfrage zu machen. Ich rede auch nicht darüber, dass es ein Jahrmarkt ist unter dem Motto: Wer unterbietet den Nächsten? – Das haben GRÜNE und SPD gemacht. Es wäre mir zu billig, das zu sagen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist durchaus zu überlegen, was man als richtig empfindet. Einen Punkt habe ich eingangs erwähnt: Sie gehen überhaupt nicht auf die Volksinitiative ein.

(Zuruf der Abg. Andrea Ypsilanti (SPD))

SPD und GRÜNE haben das nicht mit einem Wort erwähnt, das wird von Ihnen als Opposition nicht einmal angeführt. Sie hauen drauf und beziehen sich nur auf die Quoren, nach dem Motto: Halbierung und Doppelhalbierung ist eine doppelte Halbzeit, und eine doppelte Halbzeit ist besser als das Verfallsdatum, das wir hier wollen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das lasse ich nicht gelten. Sie lassen nämlich auch eines nicht im Blick: dass wir natürlich die Fristen verlängern. Ist es nicht auch ein Punkt, dass die sehr wenigen Initiativen daran gescheitert sind, dass diese 14-Tages-Frist galt?

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wir dehnen diese Frist auf zwei Monate aus – auch Sie wollen diese Frist ausgedehnt sehen. Da könnten Sie doch auch einmal darüber nachdenken, ob nicht, neben aller Diskussion über die Quoren, das ein richtiger Zug von CDU und FDP gewesen ist, die Frist zu verlängern.

(Nancy Faeser (SPD): Das habe ich sogar gesagt!)

Langer Rede kurzer Sinn, in Abweichung von dem Redemanuskript: Ich bitte um ein bisschen Nachdenklichkeit im Hessischen Landtag. Wir sollten überlegen, ob diese Diskussion um schwarz-weiß, wie Sie von Ihnen heute geführt wurde, die richtige Diskussion ist. Wir sollten den Zuruf von Herrn Al-Wazir „Wo führt das alles hin?“ mit einem großen Fragezeichen versehen. In 20 Jahren werden wir alle mit großer Verwunderung zur Kenntnis nehmen, was wir unter direkter Demokratie verstanden haben und wie dabei unsere gut gelebte repräsentative Demokratie den Bach heruntergegangen ist. Das will ich nicht. Das wollen CDU und FDP nicht, deswegen stimmen wir für diesen Gesetzentwurf.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Vielen Dank Herr Kollege Dr. Blechschmidt. – Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Rhein das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem Gesetzentwurf, den die Regierungsfraktionen vorgelegt haben, geht es um nichts Geringeres als um das Verhältnis von unmittelbarer zu repräsentativer Demokratie. Es ist ein Balanceakt, wenn man bei der Ausübung der Staatsgewalt ein angemessenes Verhältnis herstellen will. Es ist ein schwieriger Balanceakt, der Fin

gerspitzengefühl und Augenmaß aller Beteiligten erfordert.