Wollen Sie das ernsthaft bestreiten? Wollen Sie sich aus der Debatte verabschieden, welche Antworten wir mit den unterschiedlichen Traditionen der Parteien auf diese Fragen geben können? Ihr Antrag sagt doch mehr über das intellektuelle Niveau von Ihnen aus als über die Haltung der SPD und von Frau Ypsilanti.
Warum stagniert die Frage nach gerechter Bildung immer noch an Geld und Ideologie? Warum wird der Klimawandel nicht endlich zureichend Thema? Warum wird nicht die Angst um die Möglichkeit aufgegriffen, in Würde altern zu können?
Was ist aus CDU und FDP mittlerweile sozialpolitisch geworden, wenn das alles überhaupt keine Fragen mehr für Sie sind?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Dr. Walter Arnold (CDU): Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie?)
Sie wollen – es ist ein durchschaubarer Versuch, wenn man einen so schlechten Fraktionsvorsitzenden wie Christean Wagner hat –
alle Menschen diskreditieren, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, die sich für mehr Chancen von Menschen einsetzen, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen sind. Sie wollen sie als Sozialisten, als Kommunisten beschimpfen.
Dieser Versuch wird nicht aufgehen; denn wir haben elementare Gerechtigkeitsprobleme in unserer Gesellschaft. Sie wollen sie nicht lösen, wir schon. Das ist der Unterschied, und deshalb ein herzliches Glückauf, meine Damen und Herren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzten drei Redebeiträge haben deutlich gemacht, dass es wichtig ist, an dieser Stelle daran zu erinnern, dass wir alle in diesem Hause dazu verpflichtet sind, die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes zu verteidigen und Angriffe Einzelner oder politischer Parteien darauf abzuwehren.
Deshalb ist es unsere Pflicht, uns klar und deutlich gegen Forderungen nach einem sozialistischen, gar einem kommunistischen System zu wenden und Freiheit und Demokratie in Deutschland zu verteidigen.
Unsere Republik wurde nach den Schrecken des Krieges auf den Säulen der Demokratie, der Freiheit und konsequenterweise auch der sozialen Marktwirtschaft aufgebaut. Für uns Liberale ist der Schutz der Freiheit ein zen
trales Anliegen, das wir gegen jedwedes Bestreben der Beeinträchtigung oder der Beseitigung verteidigen werden.
Wir sind dankbar, dass wir heute in Freiheit und Frieden in einem demokratischen Land leben können. Wir sollten ebenso dankbar dafür sein, dass die soziale Marktwirtschaft die Grundlage der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung bildet. Die Bundesrepublik Deutschland verdankt der sozialen Marktwirtschaft den wirtschaftlichen Aufschwung und den Wohlstand, in dem wir alle heute leben können.
Die soziale Marktwirtschaft ist kein Auslaufmodell, sie ist vielmehr weiterhin Vorbild für ein demokratisches und liberales Staatsmodell.
… die soziale Marktwirtschaft ist ein Modell für die globale Welt. Es gibt keine erfolgreichere Wirtschaftsordnung. Soziale Marktwirtschaft ist keine Veranstaltung zur bloßen Gewinnmaximierung. Sie ist auch keine kollektive Hängematte. Sie ist die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Freiheit.
Vor diesem Hintergrund dürfen die Äußerungen der Bundesvorsitzenden der Partei DIE LINKE, Frau Lötzsch, und auch die Äußerungen der hessischen Landtagsabgeordneten Ypsilanti nicht hingenommen und unkommentiert im Raum stehen gelassen werden. Wir Liberalen distanzieren uns mit tiefer Sorge von diesen Aussagen.
Die Bundesvorsitzende der LINKEN, Lötzsch, ruft in der „jungen Welt“ am 3. Januar 2011 dazu auf, Wege zum Kommunismus zu finden, indem – ich zitiere – „wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung. Auf jeden Fall wird es nicht den einen Weg geben, sondern sehr viele unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Lötzsch machte auch nicht Halt davor, aus Rosa Luxemburgs Rede auf dem Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands am 31. Dezember 1918 zu zitieren. Ich wiederhole das von Frau Lötzsch wiedergegebene Zitat:
So soll die Machteroberung nicht eine einmalige, sondern eine fortschreitende sein, in denen wir uns hineinpressen in den bürgerlichen Staat, bis wir alle Positionen besitzen und sie mit Zähnen und Nägeln verteidigen.
Wer heute noch solche Thesen vertritt, der hat entweder die Lehren aus der Vergangenheit nicht ziehen wollen, oder er nimmt Gewalt und Diktatur bewusst und vorsätzlich in Kauf, um seine politischen Ziele zu verwirklichen.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie führen doch Kriege! – Weitere Zurufe von der LINKEN – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)
Ich bin deshalb dankbar, wie deutlich Kollegen aus der SPD in einer Aktuellen Stunde des Bundestages Position bezogen haben. Der sozialdemokratische Kollege und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse wurde an anderer Stelle heute schon zitiert. Er sagte fassungslos – ich zitiere auch das wörtlich –:
Man mag es kaum glauben: Die Vorsitzende einer im Bundestag vertretenen Partei propagiert im Jahr 2011 den Kommunismus als ein mögliches gesellschaftspolitisches Ziel, als sei der Kommunismus eine normale Denkoption, ein unschuldiges gedankliches Konstrukt, ein noch immer erstrebenswertes, unbeflecktes Ziel.
Wer solche Ziele verfolgt, leugnet bewusst oder unbewusst die reale „brutale und blutige Geschichte“ des Kommunismus. Ich teile Thierses Auffassung, dass – wieder wörtlich – „diese Geschichtsvergessenheit, diese Ignoranz gegenüber den Opfern des kommunistischen Großversuchs, dieses großzügige Hinwegsehen über die Verantwortlichkeiten der eigenen politischen Bewegung... beschämend, verletzend und skandalös“ ist.
Auch der SPD-Vorsitzende, Sigmar Gabriel, kommt zu dem Fazit: „Wer glaubt, den Kommunismus ausprobieren zu müssen, sei es in der Opposition oder gar in einer Regierung, dem kann wohl niemand mehr helfen.“ Dem ist in der Tat nichts hinzuzufügen.
Wenige Tage später veröffentlichte ein Mitglied unseres Hessischen Landtags erneut die Forderung nach einem demokratischen Sozialismus.
Meine Damen und Herren von der SPD, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Herr Wagner, wer heute Sozialismus und Demokratie begrifflich in Verbindung bringt, der hat aus der Geschichte nichts gelernt.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Dass Sie lernfähig sind, glaube ich nicht!)
Ich war fassungslos, als ich Ihnen zugehört habe, fassungslos über diese unverantwortlichen Äußerungen, die alles ausblenden, was man nicht zur Kenntnis nehmen will. Frau Ypsilanti hat in ihrem Gastkommentar in der „Frankfurter Rundschau“ Anfang Januar die Entwicklung der SPD in den letzten Jahren analysiert und kommt zu einem erstaunlichen und in der Tat besorgniserregenden Ergebnis – auch das darf ich zitieren –:
gibt ihre ureigene Idee einer gerechten und solidarischen Gesellschaftsordnung, eines demokratischen Sozialismus auf. Das wäre
ein gefährlicher Paradigmenwechsel. In dieser Frage gibt es kein „Sowohl-als-auch“: Sozialdemokratische Politik erfordert gesellschaftsverändernde Handlungsperspektiven …