Protocol of the Session on December 16, 2010

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Grüttner wird hier noch einmal darstellen, wie aktiv er sich eingebracht hat. Herr Bocklet und andere, die im Sozialausschuss sind, wissen das auch. Die Kultuspolitiker haben an dieser Debatte nicht so intensiv teilgenommen und können es nicht entsprechend bewerten, Frau Habermann.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was erzählen Sie eigentlich?)

Das wird der Minister jetzt sicherlich nachholen – mit meinem Applaus und mit meinem Dank. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Rock. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 20. Oktober 2010 ist eine Presseerklärung der SPD, von Dr. Thomas Spies, herausgegeben worden. Sie fand keinen Niederschlag in den Zeitungen, wie so viele Erklärungen der SPD. Ich glaube, die dpa hat einmal eine Pressekonferenz mit Herrn Schäfer-Gümbel abgesagt, wegen mangelndem Neuigkeitswert. Trotzdem ist gut, wenn man sie liest. Dort steht:

Hessen braucht eigenes Gesetz für Schulwegkosten. – „Herr Grüttner hat sich nicht durchsetzen können – die hessische Lösung für gerechte Bildungschancen ist weiter nötig“... Sozialminister Grüttner hatte noch vor Tagen angekündigt, er wolle auch die Fahrtkosten zur Schule für arme Kinder im sogenannten Bildungspaket unterbringen. „Tigerstart und Bettvorlegerlandung“, so Spies.

Das ist beispielhaft für die SPD, dass sie versucht, bereits im Vorfeld Fakten zu schaffen, mit Diffamierungen zu arbeiten, Wertungen vorzunehmen und nicht das Ende des Tages abzuwarten. Das ist schlicht und einfach immer so bei der SPD; genauso ist es auch bei Frau Habermann in der Aktuellen Stunde gewesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir müssen alle dafür sorgen, dass Kinder an den Bildungschancen, die sie durch das Bildungs- und Teilhabe

paket bekommen, auch teilhaben können. Dazu ist es notwendig, dass morgen im Bundesrat die Hartz-IV-Gesetzgebung verabschiedet wird. Dann kann das Bildungspaket in Kraft treten. Dann kann, weil wir gut organisierte und gut aufgestellte Jobcenter haben und vor Ort eine genaue Kenntnis der Situation vorhanden ist, dieses Bildungspaket umgesetzt werden. Findet das morgen nicht statt, wird es in der Tat am 1. Januar traurige Augen geben. Viele Kinder können dann an diesem Bildungspaket nicht teilhaben. Das ist die Verantwortung, vor der morgen die Länderkammer in Berlin steht. Ich appelliere noch einmal daran, sich dieser Verantwortung bewusst zu werden.

(Zurufe des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Da Frau Habermann nun versucht hat, in einer Art und Weise, die nur mit Unkenntnis zu beschreiben ist, den Weg von Verhandlungen und Beratungen nachzuvollziehen, will ich das noch einmal verdeutlichen.

Erstens. Das Land Hessen hat für den entsprechenden Fachausschuss einen Antrag formuliert. In diesem Ausschuss ist der hessische Antrag einstimmig angenommen worden und kam deswegen als Empfehlung ins Plenum des Bundesrats und ist dort entsprechend beschlossen worden. Anschließend ist dieser Beschluss der Bundesregierung als Stellungnahme zugeleitet worden.

In einem ersten Schritt hat die Bundesregierung nicht darauf reagiert. In Erwiderung auf die Stellungnahme hat sie eine entsprechende Nichtaufnahme der Schülerbeförderungskosten in das Gesetz veröffentlicht. Daraufhin habe ich mit Datum vom 19. November 2010 Frau Bundesministerin von der Leyen angeschrieben und noch einmal auf das Verfahren hingewiesen. Ich zitiere aus dem Schreiben:

Die Übernahme der nicht anderweitig gedeckten Schülerbeförderungskosten ist eine unerlässliche Aufwendung zur Erfüllung schulischer Pflichten und Voraussetzung dafür, dass hilfebedürftige Kinder und Jugendliche ihre Bildungschancen wahrnehmen können. Hier besteht ein fundamentaler Dissens. Ich sehe mich angesichts des insoweit noch unzureichenden Gesetzentwurfs nur dann in der Lage, diesem zuzustimmen, wenn eine entsprechende gesetzliche Regelung zu den Schülerbeförderungskosten aufgenommen wird.

Das hat dazu geführt, dass auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz in Wiesbaden, am 23. und 24. November 2010, Frau Bundesministerin von der Leyen erklärt hat, dass sie der hessischen Initiative Folge leisten wird und die Schülerbeförderungskosten als Regelleistung in das Gesetz mit aufnehmen wird.

Da muss ich sagen, es war eine Idee, die aufgrund der Debatte eines Antrags und eines Gesetzentwurfs in diesem Plenum entwickelt worden ist. Es ist vollkommen korrekt, dass Herr Wagner Vorschläge in Form eines bunten Straußes von Maßnahmen, über die man nachdenken kann, die er auch in diese Richtung priorisiert hat, in die Diskussion eingebracht hat.

Genauso klar ist es, dass dies ohne den Einsatz der Hessischen Landesregierung nie Realität geworden wäre. Das muss man schlicht und einfach sehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Ja, ich komme dann auch zu einem Ergebnis.

Deswegen ist es manchmal besser, nicht voreilig Presseerklärungen loszulassen. Das Gesetz ist in diesem Zusammenhang in diesem Plenum diskutiert worden. Da sieht man die Verantwortlichkeit der SPD. Das will ich schon noch sagen: Dies ist der erste Gesetzentwurf, bei dem ich keinerlei Aussage zur Finanzierung gesehen habe. Ich würde gerne einmal sehen, wie von der SPD verantwortungsvolle Politik wahrgenommen wird. Da es diese verantwortungsvolle Politik aber nicht gibt, werde ich das auch nicht sehen.

Das ist für die SPD symptomatisch: Füllhorn auspacken, jedem geben, jedem alles versprechen – aber an keiner Stelle auch nur irgendeinen Weg aufzeigen, wie das gehalten werden kann.

(Torsten Warnecke (SPD): Wir haben gar nichts versprochen!)

Ich meine, hier ist verantwortungsbewusst gehandelt worden. Ich bin dankbar dafür, dass nicht nur Kinder von Leistungsbeziehern, sondern – in Form des Regelbedarfs – auch von Geringverdienern zukünftig Schülerbeförderungskosten erstattet bekommen. Das ist auf hessische Initiative zurückgegangen, und darüber sollten wir froh sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Grüttner. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde der CDU betreffend Verhandlungen der Landesregierung: Erfolg für Hessens Schüler usw. abgehandelt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 65 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Pflegenotstand abwenden – bedarfsde- ckende Ausbildung in der Altenpflege sichern) – Drucks. 18/3474 –

Ich darf das Wort Frau Kollegin Schott für DIE LINKE erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt tatsächlich Berufsgruppen, in denen Fachkräftemangel herrscht. Laut Pflegemonitor fehlen allein in Kassel 110 Pflegekräfte.

Dankenswerterweise wird dieses Thema inzwischen auf Titelseiten von Tageszeitungen aufgegriffen, so geschehen in der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen“ vom 09.12.

Es ist buchstäblich fünf vor zwölf. Aber die hessische CDU/FDP-Landesregierung weigert sich, ihre Arbeit zu machen. Damit wird die CDU/FDP-Landesregierung zu einer Belastung für die gegenwärtig und auch für die zukünftig zu Pflegenden wie auch für die in der Pflege arbeitenden Menschen.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, es gibt einen Hessischen Pflegemonitor. Er informiert über die Lage in der Pflege.

Die Zahlen des letzten Pflegemonitors stammen aus dem Jahr 2008. Veröffentlicht wurden sie aber erst im Frühjahr 2010. Die jetzige Landesregierung verweigert nicht nur eine annähernd problemadäquate Maßnahmenfindung, sondern sie betreibt zusätzlich auch noch offensichtlich eine Desinformationspolitik. Das hat seinen guten Grund.

Die Zahlen aus dem Pflegemonitor 2008 sind nämlich erschreckend, und zwar so erschreckend, dass längst hätte gehandelt werden müssen.

Bis zum Jahr 2015 brauchen wir hessenweit im Durchschnitt ein Drittel mehr Fachkräfte in der Altenpflege. Was bedeutet das? Wenn die Ausbildungszahlen in Hessen – –

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU) spricht an der Regierungsbank mit Minister Stefan Grüttner. – Hermann Schaus (DIE LINKE): Marjana, ich würde warten, bis der Minister zuhören kann!)

Ich glaube, es interessiert ihn ohnehin nicht, was wir zu diesem Thema zu sagen haben,

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das interessiert ihn offensichtlich nicht! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie können ruhig weitererzählen! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Irmer, das geht uns mit Ihnen genauso!)

genauso, wie es ihn nicht interessiert, wie es den zu Pflegenden geht.

Was bedeutet das in Hessen? Wenn in Hessen die Ausbildungszahlen nicht gesteigert werden, fehlen bereits im Jahr 2015 1.500 Vollzeitstellen. Nur fünf Jahre später wird sich diese Zahl noch einmal um mehr als 85 % gesteigert haben – im Jahre 2020 fehlen dann rund 2.800 Vollzeitstellen.

Das ist aber noch nicht alles. Denn die eben angegebenen Vollzeitäquivalente decken nicht zwingend die Anzahl der Köpfe der Menschen ab, die dort arbeiten werden. Denn ein bestimmter Anteil der Absolventinnen und Absolventen der Fachschulen wird sich auf Teilzeit einrichten, einrichten müssen und wollen. Deshalb ist der Bedarf vermutlich nochmals um etwa 30 % höher. – Das ist die Situation im Moment.

Der nächste Pflegemonitor kommt im Jahr 2011 und wird dann die Situation des Jahres 2010 abbilden. Bereits jetzt ist den Fachleuten klar: Der März 2011 wird erschreckende Zahlen bringen.

Die derzeit in Ausbildung Befindlichen können den Erweiterungsbedarf überhaupt nicht abdecken, sondern werden im Prinzip nur die ausscheidenden Beschäftigten ersetzen.

Sofort nach Bekanntwerden der zuletzt erhobenen Daten des Pflegemonitors, also im Sommer 2009, hätte die Landesregierung etwas tun können und müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre Folgendes gewesen: Erstens hätte die Beschränkung auf 3.500 Ausbildungsplätze aufgehoben werden müssen. Zweitens hätte es eine Werbe- und Imagekampagne geben müssen, um diese neuen Plätze zu füllen. Angesichts der damaligen Arbeitsmarktlage wäre das noch erfolgversprechender gewesen als heute.

Aber wir werden von einer CDU/FDP-Regierung geführt – und deshalb ist so gut wie nichts geschehen.