Protocol of the Session on November 18, 2010

(Janine Wissler (DIE LINKE): Denken Sie doch einmal an die FDP!)

Auch dafür hätte es nicht der großen Mühe eines Gesetzentwurfs, verbunden mit all den aufwendigen Regularien, die mit Gesetzentwürfen verbunden sind, bedurft.

Zum Thema Absenkung der Quoren – Herr Kollege Dr. Blechschmidt hat es gerade schon gesagt – in § 8d HGO bei den Regelungen über die Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid. Ich habe nach meinem Dafürhalten am Dienstag schon ziemlich ausführlich anlässlich des Gesetzentwurfs der Fraktion der Sozialdemokraten etwas gesagt. Das muss man hier nicht wiederholen.

Zum breiten Bereich der Linkspartei-Folklore – so muss man es leider ausdrücken – gehört eine bemerkenswerte Idee, nämlich knapp 100 Gemeinden hauptamtliche Frauenbeauftragte und Klimaschutzbeauftragte vorschreiben zu wollen, ohne dazu auch nur einen Hauch einer Angabe zu den finanziellen Auswirkungen zu machen.

Das steigern Sie dadurch, dass Sie den Menschen etwas vorgaukeln, was Sie besonders gerne tun, nämlich dass es durch eine Änderung der Hessischen Gemeindeordnung möglich sei, allen in Hessen lebenden Ausländern, also auch Menschen mit Staatsangehörigkeiten von außerhalb der EU, das Kommunalwahlrecht zu geben, obwohl Sie selbst wissen müssten, dass das eine Änderung des Grundgesetzes voraussetzt.

Deswegen kann ich nur raten: Wenden Sie sich vertrauensvoll an die Fraktion der Linkspartei im Deutschen Bundestag. Wir können hier darüber diskutieren, aber wir können uns nicht darüber freuen; denn das wird hier, so mächtig dieses Haus ist, nicht bewegt werden.

Mich ärgert eines. Ich will es einmal so ausdrücken: Schlimm genug ist es, dass Sie bei der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse nicht mitgehen, dass Sie sie ablehnen. Grotesk wird es aber dann, wenn Sie durch eine Änderung des kommunalen Haushaltsrechts den Einfluss der staatlichen Finanzaufsicht so zurückdrängen wollen, wie Sie es aufgeschrieben haben. Ich glaube, Sie sollten sich einmal die Verschuldungszahlen der kommunalen Haushalte vor Augen führen. Dann wissen Sie, wovon ich spreche. Dann wissen Sie auch, dass es überhaupt nicht zur Diskussion stehen kann, stehen darf und stehen soll, was Sie da aufgeschrieben haben.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Strich drunter, wie mein Vorgänger sagen würde. Die Fraktion DIE LINKE hätte meines Erachtens gut daran getan, den Koalitionsentwurf abzuwarten, statt hier ein solches Sammelsurium an Vorschlägen vorzulegen und sogar noch zum Ende des Jahres 2010 in den Landtag einzubringen. Denn Sie können schon versichert sein, dass wir im Rahmen der anstehenden Novellierung der Hessischen Gemeindeordnung bzw. der Kommunalverfassung alle wichtigen Regelungen auf die Tagesordnung bringen. Sie werden dann in dem regulären und gut geübten laufenden Dialog zwischen Innenministerium und den Kommunalen Spitzenverbänden beraten werden.

Das ist es, was heute dazu zu sagen ist. Ich glaube, deswegen kann man darunter einen Strich machen. Es wird in der Tat wahrscheinlich wenig aus Ihrem Gesetzentwurf werden. – Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Rhein. – Es gibt keine Wortmeldungen mehr.

Es ist vorgeschlagen, die beiden Gesetzentwürfe dem Innenausschuss zu überweisen. – Das findet allgemeine Freude und Zustimmung.

Dann rufe ich Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im hessischen Landesrecht – Drucks. 18/3124 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Das Wort hat Herr Abg. Dr. Jürgens.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 25. März dieses Jahres haben wir in einem einstimmigen Gesetzesbeschluss dieses Landtags eine weitgehende Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe beschlossen, jedenfalls soweit dies in der Gesetzgebungskompetenz des Landtags möglich war.

Ich habe damals schon gesagt, das war ein großartiger Tag für meine Fraktion und vor allem für die betroffenen Menschen im Land, die so lange dafür gekämpft hatten.

Schon damals hat meine Fraktion gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von SPD und LINKEN einen Änderungsantrag zum damaligen Gesetzentwurf von CDU und FDP eingebracht, wonach die Gleichstellung

bei Beamtenbesoldung und -versorgung rückwirkend zum 3. Dezember 2003 gelten sollte. Der rechtliche Hintergrund ist, glaube ich, im Wesentlichen bekannt: Bis zu diesem Zeitpunkt hätte in Deutschland eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt sein müssen. Da dies versäumt wurde, auch in Hessen, konnten die Betroffenen auch ohne Umsetzung in nationales Recht ihr Recht unmittelbar aus der Richtlinie geltend machen, und zwar ab diesem 3. Dezember 2003.

Damals hat die Mehrheit unseren Änderungsantrag abgelehnt. Ich habe damals schon in der zweiten Lesung darauf hingewiesen, dass nach dem Ergebnis der Anhörung diese Rückwirkung aus unserer Sicht nicht nur politisch richtig, sondern auch rechtlich geboten ist. In dieser Auffassung sehen wir uns inzwischen durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden bestätigt. Dieses hat einer Beamtin rückwirkend den Familienzuschlag der Stufe 1, also für Verheiratete, bewilligt im Hinblick auf ihre eingetragene Lebenspartnerschaft.

Damit bestätigt sich das, was der Vertreter des Lesbenund Schwulenverbands Deutschlands in unserer Anhörung vorausgesagt hat: Wir können die Rückwirkung entweder im Gesetz regeln, oder sie wird von den Gerichten in jedem Einzelfall zugesprochen.

(Vizepräsident Heinrich Heidel übernimmt den Vorsitz.)

Nun wäre vielleicht die Entscheidung eines einzelnen Verwaltungsgerichts noch kein hinreichender Anlass, gleich das Gesetz zu ändern; aber diese Entscheidung eines hessischen Verwaltungsgerichts reiht sich in eine ganze Serie gleich gelagerter Entscheidungen quer durch die Republik ein. Es gibt inzwischen eine gefestigte Rechtsprechung, wonach ein Anspruch der Betroffenen auf rückwirkende Gleichstellung besteht.

(Peter Beuth (CDU): Bis zu welchem Zeitpunkt?)

Deswegen wollen wir in unseren Gesetzentwurf diese klare Rechtslage ausdrücklich ins Gesetz übernehmen. Wir wollen damit erreichen, dass weitere einzelne Klagen überflüssig werden. Das wäre die Alternative. Das spart den betroffenen Beamtinnen und Beamten, aber auch dem Land Hessen den Aufwand weiterer Klagen und natürlich auch bares Geld.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir hoffen auf zügige Beratung, weise Entscheidungen und schließlich Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schönen Dank, Herr Kollege Jürgens. – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Hofmann das Wort. Bitte schön, Frau Hofmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Jürgens hat bereits darauf hingewiesen, dass mit Gesetz von Anfang dieses Jahres endlich auch in Hessen durch Landesrecht eine weitgehende Gleichstellung von Ehegatten gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften sichergestellt wurde. Für die SPD-Fraktion will ich ganz klar sagen, dass das ein langer Kampf war, den insbesondere die

Oppositionsfraktionen dieses Hauses mit den Betroffenen geführt haben. Ich möchte auch daran erinnern, dass diese Landesregierung im wahrsten Sinne des Wortes zum Jagen getragen werden musste. Insbesondere die CDU hat sich lange gegen dieses Gesetz gesperrt, obwohl andere Bundesländer, beispielsweise Hamburg, NordrheinWestfalen – man könnte noch zig andere Bundesländer nennen – schon lange zuvor entsprechende landesgesetzliche Regelungen hatten.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Warum habt ihr das auf Bundesebene nicht hingekriegt?)

Hessen war also ein Nachzügler, aber immerhin, wir haben es geschafft. Ich möchte noch einmal daran erinnern, die SPD hat damals einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, mit umfassenderen Regelungen als die, die im jetzigen Gesetz vorhanden sind. In unserem Gesetzentwurf war die entsprechende Rückwirkung selbstverständlich enthalten.

(Beifall der Abg. Dr. Judith Pauly-Bender (SPD))

Unser Gesetzentwurf wurde von Ihnen abgelehnt, ebenso der Änderungsantrag, der von der SPD gemeinsam mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN eingebracht wurde, um das zu retten, was noch zu retten ist. Herr Dr. Jürgens hat es vorgetragen.

Angesichts der Historie ist es zwar ein bisschen merkwürdig, nachdem das Gesetz erst Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, dass die GRÜNEN jetzt diesen Gesetzentwurf einbringen. Man müsste auch noch einmal nachfragen, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden rechtskräftig ist.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Nein!)

Das hatte ich mir schon gedacht. – Es ist aber richtig, dass die Rückwirkung endlich Gesetzeskraft erlangt. Es wurde schon auf die entsprechende Richtlinie Bezug genommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erinnern Sie sich doch einmal zurück an die letzte Anhörung. In dieser Anhörung wurde sehr deutlich gemacht, dass die Richtlinie 2000/78/EG ausdrücklich die Rückwirkung zum 2. Dezember 2003 vorsieht. Das wurde in der damaligen Anhörung ausdrücklich vorgetragen.

Es ist gut, dass wir mit diesem Gesetzentwurf nachjustieren können. Ich will auch noch einmal deutlich machen, dass die rückwirkende Geltendmachung von Ansprüchen bei Beamtenbesoldung und -versorgung nur geringe Mehrkosten für den Landeshaushalt ergeben wird. Das haben wir damals bei der Anhörung schon herausgearbeitet. Denn es handelt sich um einen überschaubaren Personenkreis, der davon Gebrauch machen wird. Die SPD wird selbstverständlich diesem Gesetzentwurf zustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schönen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Für die CDUFraktion hat sich Herr Honka gemeldet. Herr Honka, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Sachverhalt ist jetzt schon zweimal halbwegs richtig dargestellt worden, zumindest was den Gang des Gesetzgebungsverfahrens im Frühjahr dieses Jahres angeht. Zu den rechtlichen Ausführungen will ich dann doch ein paar Worte verlieren. Es wird Sie sicherlich nicht verwundern, dass ich eine etwas andere Position habe als meine beiden Vorredner.

Um zurückzukommen auf das Gesetzgebungsverfahren, das bereits mehrfach angesprochen wurde: Damals habe ich am 25.03. von dieser Stelle aus gesagt:

Wer die Anhörung aufmerksam verfolgt hat, hat mindestens drei Daten gehört. Ich will sie kurz vor Augen führen: Das ist der 1. August 2001, es ist der 3. Dezember 2003, und es ist der 1. Januar 2005.

Meine Damen und Herren, Sie haben es eben gehört, Dr. Jürgens hat eben dargestellt, der 03.12.2003 sei ein unverrückbares Datum, zu welchem die Rückwirkung erfolgen müsse. Rein zufällig bin ich auch auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gestoßen, das diese Wirkung festgestellt hat.

Herr Dr. Jürgens, wenn Sie ein bisschen aufmerksam gesucht haben, werden Sie festgestellt haben, dass das Verwaltungsgericht Frankfurt – das liegt auch in Hessen – in einem ähnlich gelagerten Fall ein anderes Datum herausgepickt hat; es hat auf den 1. Januar 2005 rekurriert.

Zwischen all diesen Daten, die wir spätestens in der letzten Anhörung gehört haben, und diesen beiden Urteilen scheint ein gewisser Zusammenhang zu bestehen. Von einer gefestigten Rechtsprechung und der Position, dass nur der 03.12.2003 das einzig glückselig machende Datum – entschuldigen Sie bitte, dass ich das so ausdrücke – darstellt, kann in den Augen meiner Fraktion überhaupt nicht gesprochen werden.

Herr Kollege, gestatten Sie Zwischenfragen?