Protocol of the Session on November 17, 2010

Herr Grumbach, was kurz ist, ist deswegen noch lange nicht richtig. Ich glaube, dass Sie absichtlich einige Punkte vergessen haben, die ich an dieser Stelle aufführen will.

Der zweite Aspekt, die Priorität, die wir Hochschulen als wesentlichem Teil der Bildung zumessen, zeigt sich in den folgenden Punkten, die vorher nicht erwähnt wurden.

Erstens. Im neuen Hochschulpakt wurde mit den Hochschulen vertraglich verbindlich das Niveau des Jahres 2011 für die nächsten fünf Jahre zugesichert, sodass es auch bei schlechtester Haushaltslage zu keiner weiteren Absenkung kommen kann.

(Beifall bei der FDP und CDU)

Bei guter Entwicklung der Steuereinnahmen können sogar noch zweimal 20 Millionen € obendrauf kommen, sodass das Rekordniveau von 2010 wieder übertroffen würde.

Zweitens. Das Gesamtniveau im Wissenschaftsbereich hat schon fast wieder das Niveau des Rekordjahres 2010 erreicht.

Denn das Land gibt – das wurde auch nicht genannt – für BAföG rund 20 Millionen € zusätzlich, für Forschungsförderung Bund/Land knapp 13 Millionen € zusätzlich, für den Hochschulpakt 2020 knapp 6 Millionen €, für einmalige Ausgaben, wie Baumaßnahmen an der Universität Frankfurt, der Kindertagesstätte Frankfurt, für den Stu

dienfonds, rund 10 Millionen €, insgesamt rund 50 Millionen € zusätzlich aus.

Darüber hinaus werden LOEWE und HEUREKA fortgesetzt. Das bedeutet, dass wir trotz der Veränderungen im Hochschulpakt für die Hochschulbildung in der Summe in derselben Größenordnung investieren wie im Rekordjahr 2010. Niemals in der Geschichte des Landes Hessen wurde mehr Geld für Wissenschaft und Hochschulbildung ausgegeben als in den Jahren 2010 und 2011.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, Rot-Grün waren die Hochschulen 1998 noch nicht einmal 1 Milliarde € wert. Jetzt sind es mehr als 1,5 Milliarden €. Unser Wort gilt auch hier.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Unruhe)

Auch auf dem Gebiet der Kultur belassen wir die Ansätze auf dem erreichten hohen Niveau.

Zum Theater ist vom Kollegen Reißer bereits alles gesagt worden. Ein Wort noch zur Forschungsanstalt Geisenheim, die wir trotz der mir unverständlichen und wohl aus wahltaktischen Gründen durch Rheinland-Pfalz aufgekündigten Zusammenarbeit durch zusätzliche Mittelbereitstellung am Leben erhalten. Sie sehen, Bildung und Kultur stehen auf unserer Prioritätenliste ganz vorne. Das spiegelt sich in dem vorgelegten Haushalt wider. Das ist auch gut so. – Danke sehr.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schönen Dank, Herr Kollege Büger. – Für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat Frau Sorge für sechs Minuten das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Reißer, ich hätte mir gewünscht, dass Ihnen bei dem Besuch des Lichtzentrums ein Licht aufgegangen wäre. Stattdessen bleiben Sie weiter verblendet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Hochschulpakt und das, was in diesem Lande gerade wissenschaftspolitisch läuft, sind alles andere als eine hervorragende Leistung. Der Hochschulpakt ist ursprünglich einmal aus guten Gründen so entwickelt worden, dass die Hochschulen als Partner verstanden werden und mit ihnen verhandelt wird. Das war in diesem Jahr leider nicht der Fall. Wir alle erinnern uns sicher noch, dass es große Proteste gegeben hat. Den Hochschulen wurde der Hochschulpakt um 30 Millionen € gekürzt. Dass das alles friedlich abgelaufen wäre, ist alles andere als wahr. Denn die Hochschulpräsidenten haben den Hochschulpakt im Endeffekt nur unterschrieben, weil die Ministerin für den Fall, dass sie es nicht tun, mit weiteren Kürzungen gedroht hat. Der Hochschulpakt wurde erpresst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Meine Damen und Herren, das Problem ist, dass Sie hier die ganze Zeit mit Zahlen herumschmeißen, die zeigen

sollen, wie der Hochschuletat steigt – das stimmt für den Etat, den wir hier beraten, noch nicht einmal –, aber überhaupt nicht hinschauen, was an den Hochschulen strukturell nötig wäre.

Wir haben – was eigentlich gewünscht wird – aus finanziellen Gründen das Problem, dass immer mehr Studierende an die Hochschulen kommen. Die Hochschulen fahren schon seit Jahren Überlast, müssen aber mit immer mehr Studierenden zurechtkommen, jetzt auch noch mit Kürzungen.

Der Hochschulpakt hat aber nicht nur 30 Millionen € weniger gebracht, sondern in das Erfolgsbudget wurden auch noch 20 Millionen € eingestellt, d. h. bei der Lehre gibt es eine zusätzliche Kürzung um 20 Millionen €.

Es gibt im Hochschulpakt ein weiteres Problem, nämlich dass in Zukunft die Gelder nach dem Aufwuchs an Studierenden vergeben werden, und zwar nicht nominal, sondern in Relation der Hochschulen zueinander. Das führt dazu, dass die Hochschulen in einen Wettbewerb darum geraten, wer die höheren Steigerungen bei den Studierendenzahlen hat. Die Hochschulen, die diesen Wettbewerb gewinnen, haben das Problem, dass sie dieses Mehr an Studierenden dann wieder mit relativ weniger Geld bezahlen müssen. Sie dürfen doch nicht auf die absoluten Zahlen schauen, sondern müssen auf die relativen Zahlen sehen, wie sich der Betrag pro Studierenden entwickelt. Das ist es, worauf es hier ankommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir haben das Problem, dass die Hochschulen mit immer weniger Geld pro Studierenden oder Studierende zurechtkommen müssen. Das ist doch wirklich etwas, wo Sie genau hinschauen müssen, wie Sie das Problem gemeinsam mit den Hochschulen lösen. Aber diese Gemeinsamkeit steht bei Ihnen schon lange nicht mehr auf der Tagesordnung. Das haben wir jüngst wieder bei der Verabredung über die Zielvereinbarungen erlebt. Die Hochschulen werden von Ihnen nicht mehr als Partner verstanden. Inzwischen gibt es den Auftrag an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, mit den Hochschulen über die Zielvereinbarungen zu verhandeln. Ich weiß wirklich nicht – insofern hat die kurze Rede von Herrn Grumbach durchaus Sinn gemacht –, wofür das Ministerium noch da ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir haben uns in den letzten Jahren bei der neuen Hochschulsteuerung des Öfteren zusammengesetzt und geschaut, was eigentlich nötig wäre. Auch das wird von der Ministerin ignorant abgelehnt. Wir hatten nach dem ers ten Hochschulpakt eine Evaluation. Wir hatten vor dem ersten Hochschulpakt eine breite Diskussion in den Fraktionen, wie sich diese neue Hochschulsteuerung entwickelt. Der neue Hochschulpakt ist einfach vorgesetzt worden. Von der Ministerin wird überhaupt keine Diskussion zugelassen. Die Hochschulen warnen immer wieder unverhohlen davor, dass sie auf ein Riesenproblem zulaufen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Gerade deswegen halte ich es für sinnvoll, dass wir uns alle noch einmal zusammensetzen und schauen, ob der Hochschulpakt nicht fahrlässig ist. Deswegen fordere ich nochmals, diesen Pakt aufzuschnüren und neu zu verhandeln, damit er den Hochschulen auch Zukunftssicherheit gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, das Schlimmste aber finde ich, abgesehen vom Finanziellen, den Stil, wie die Ministerin mit den Hochschulen umgeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erlebe es immer wieder – das war in den letzten Jahren wirklich nicht der Fall –, dass nicht nur die Studierenden, nicht nur die Gewerkschaften, nicht nur die Professorinnen und Professoren aus den Fachbereichen, nicht nur der Mittelbau, sondern inzwischen auch die Hochschulpräsidenten auf uns zukommen und hilflos sind, weil sie sich überhaupt nicht mehr ernst genommen fühlen. Frau Ministerin, ich glaube, spätestens jetzt ist der Zeitpunkt, wo Sie sich eingestehen müssen, dass es nicht sein kann, dass Sie die Verantwortung an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abschieben, sondern Sie müssen Ihre Verantwortung wahrnehmen und sich mit den Hochschulen an einen Tisch setzen, damit Sie die Probleme von morgen – die Hochschulen sind weiß Gott eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben – gemeinsam lösen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Frau Sorge. – Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Kollegin Wissler das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich mich bei der Landesregierung dafür bedanken, dass mir jetzt noch eine solch großzügige Redezeit zur Verfügung steht. Natürlich möchte ich mich auch bei meinen Fraktionskollegen für das disziplinierte Haushalten mit der Redezeit bedanken. Ich finde, das zeigt ein biss chen, wer hier mit knappen Ressourcen gut und solidarisch haushalten kann.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Ich komme zur Sache, zum Einzelplan 15. Meine Damen und Herren, ein ehemaliger Präsident der amerikanischen Harvard-Universität hat einmal gesagt – ich zitiere –: „Wenn du denkst, Bildung ist zu teuer, versuche es mit Dummheit.“ Die Landesregierung scheint diesen Rat zu befolgen.

(Frank Lortz (CDU): Na, na, na!)

Denn statt Bildungsland Nummer eins, wie es ein ehemaliger Ministerpräsident einmal versprochen hat, ist Hessen Schlusslicht bei den Bildungsausgaben im Vergleich zu den anderen Flächenländern, und die Landesregierung hat sich offenbar sehr fest vorgenommen, diesen Rang zu verteidigen. Anders kann man nicht erklären, warum sie auf die Idee kommt, in den nächsten fünf Jahren an den Hochschulen 150 Millionen € einzusparen.

Ich will auch darauf hinweisen, dass das ungefähr die Summe ist, die Hessen durch die Beschenkung der Hoteliers weniger hat. Hier wird also sehr klar, wo das Geld hergeholt wird, das den Hoteliers in den Rachen geworfen wurde.

Sie sparen die öffentliche Bildung weiter kaputt – trotz aller Sonntagsreden über die Wichtigkeit der Bildung und darüber, dass dafür mehr Geld und Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Das tun Sie im Namen der Generationengerechtigkeit. Im Namen der sogenannten Schuldenbremse beschneiden Sie die Bildungschancen kommender Generationen; denn der Hochschulpakt bedeutet in der Praxis, dass die Qualität der Ausbildung in den nächsten Jahren massiv sinken wird. Er bedeutet eine existenzielle Gefahr der Lehre in Hessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb haben auch über 10.000 Menschen gegen den Hochschulpakt demonstriert. Es waren nicht nur Studierende, es waren Professoren, ganze Senate, Präsidien und Personalräte, die vor das Ministerium gezogen sind, um der Ministerin zu zeigen, dass sie mit dieser Politik nicht einverstanden sind. Ich finde es auch bemerkenswert, dass acht von zwölf Hochschulpräsidenten, die den Pakt dann unterschrieben haben, in einer Protokollnotiz vermerkt haben, dass sie ein „massives Unbehagen“ beim Unterschreiben dieses Paktes hätten. Es ist so, dass der Pakt eben nicht auf Augenhöhe verhandelt wurde, sondern dass die Ministerin weitere Mittelkürzungen angedroht hat. Frau Ministerin, ich finde, das, was Sie da gemacht haben, ist Politik nach Gutsherrenart. Sie haben den Hochschulen ein Spardiktat aufgezwungen und die Präsidenten so massiv unter Druck gesetzt, dass ich der Meinung bin: Von Hochschulautonomie sollten Sie in Zukunft besser schweigen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Na, na!)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung behauptet immer wieder, sie habe in den letzten Jahren so viel Geld für Bildung ausgegeben wie noch nie in Hessen. So seien die Mittel für die Hochschulen von 960 Millionen € im Jahr 1999 auf 1,4 Milliarden € in diesem Jahr angewachsen. Herr Büger hat das eben auch noch einmal dargestellt.

Diese Zahlen sind natürlich nur die halbe Wahrheit, denn auch die Zahl der Studierenden hat sich enorm erhöht: 1999 haben in Hessen noch 149.000 Menschen studiert, im Jahr 2009 waren es 185.000, und bis zum Jahr 2015, also bis zu dem Jahr, in dem der Hochschulpakt ausläuft, rechnet die Kultusministerkonferenz mit einem Anstieg der Studierendenzahlen von über 37 % im Vergleich zu 1999.

Herr Büger, wenn Sie sich jetzt hinstellen und die Mittel feiern, die seit 1999 erhöht wurden, dann ist das wirklich eine Farce; denn Sie müssen sich natürlich anschauen, dass zu den gestiegenen Studierendenzahlen auch noch gestiegene Kosten kommen, wie Heiz-, Personal- und Materialkosten. Wenn man die gestiegenen Studierendenzahlen und die Inflation berücksichtigt, dann stellt man fest: Im Jahr 2015 werden den Hochschulen pro Studierenden 20 % weniger zur Verfügung stehen als 1999.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Zurufe von der FDP: Oh!)