Richtig, das eine oder andere Mätzchen. – Aber immerhin haben sich, nachdem wir diesen Setzpunkt gesetzt haben, CDU und FDP auf einen gemeinsamen Antrag zum heutigen Tag positioniert. Sie widersprechen damit – das begrüßen wir ausdrücklich – klar Ihren Freunden aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und plädieren, wie die SPD, auch für eine Grundgesetzänderung.
Wir werden deshalb den Punkten 1 und 2 Ihres Antrages zustimmen. Bei Punkt 3 werden wir uns enthalten. Die FDP, die, wie Herr Röttgen sagte, in der Frage eigentlich ein Wackelkandidat sei – aber in der Frage offensichtlich auch nicht ihrer Parteispitze im Bund folgt –, will die Verfassungsänderung mittragen.
Meine Damen und Herren, die rot-grüne Bundesregierung war sich 2003 einig, dass bei Arbeitsvermittlung Hilfe aus einer Hand gewährt werden soll. Die Mischverwaltung der Argen, der Arbeitsgemeinschaften, war ein Kompromiss, auf den man sich verständigt hat. Es gibt unterschiedliche Auffassungen, wie gut, aber aus unserer Sicht funktioniert es überwiegend gut. Alles kann noch besser werden. Sicher läuft nicht alles so, wie man es wünscht.
Es gibt an einigen Stellen einer so großen Reform natürlich auch Nachbesserungen oder Nachbesserungsbedarf. Ich nenne an dieser Stelle z. B. die notwendigen Korrekturen bei den Regelsätzen für Kinder oder auch die Diskussion um Einmalzahlungen. Das ist alles in diesem großen Paket Diskussionsbedarfe, wo etwas passieren muss. Aber die Frage der Strukturen muss unseres Erachtens schnell und abschließend verfassungskonform geregelt werden.
Meine Damen und Herren, die jetzt vorliegenden Gesetzentwürfe sind ein Kompromiss, den Arbeitsminister Scholz, SPD, nach monatelangen Verhandlungen mit den Ländern erzielt hat. Die A-Länder stehen geschlossen hinter diesem Kompromiss, die Union streitet sich momentan wie die Kesselflicker. Gerade heute Nacht ist es im Koalitionsausschuss wieder vertagt worden. Ich denke, das ist eine gewisse Handlungsunfähigkeit bei der CDU im Bund.
Man kann sich fragen, was da passiert. Herr Rüttgers, der das für die B-Länder-Seite verhandelt hat, wird bisweilen der Robin Hood der CDU genannt. Man könnte schon meinen, er hätte entweder etwas völlig Misslungenes produziert – wovon wir nicht ausgehen, Sie offensichtlich auch nicht –,oder aber es ist so,wie es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass ihn die eigenen Leute aus Profilierungssucht in die Pfanne hauen wollen.Anders kann man das überhaupt nicht mehr interpretieren.
Was für ein jämmerliches Argument ist das, was Herr Meister gesagt hat – er ist immerhin Unionsfraktionsvize in Berlin –: Die vorgesehene Grundgesetzänderung wäre eine Verunstaltung.
Meine Damen und Herren, es gibt nicht nur den Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz vom Juli vergangenen Jahres. Es wird seit April über die Verfassungsänderung diskutiert.Im Mai hat die ASMK – die Arbeits- und Sozialministerkonferenz – beschlossen,dass die Grundgesetzänderung als Variante geprüft werden soll. Ich sage: Es hätte im Zuge dieser Diskussion wahrlich genügend Diskussionsstoff für die Herren Kauder, Röttgen oder Meister bestanden, die Hand zu heben und zu sagen: Das gefällt uns nicht; das müssen wir noch einmal etwas anders diskutieren.
Das ist nicht passiert, sondern jetzt – quasi in letzter Minute – wird Tohuwabohu veranstaltet.Auch die Landesregierung hat im September letzten Jahres eine Gesetzesinitiative zur Verfassungsänderung gemacht. Es ist schon bitter, wenn eine Initiative des Landes Hessen so mehr oder weniger von der Bundestagsfraktion auf die Seite gelegt wird. Dazu kann man nur sagen: Da scheint der „Stern Koch“ kräftig zu sinken.
Wir haben es mit einem Thema zu tun, wozu ich ausdrücklich sagen will: Das ist kein Feld für Spielchen. Wir spielen hier nicht Kleingartenvereinssatzung. Hier geht es um betroffene Menschen, die gut und schnell vermittelt werden sollen. Hier geht es um viele Tausende hoch qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die endlich wissen wollen und wissen müssen, dass ihr Arbeitsplatz sicher ist und sie nicht morgen umgeswitcht werden müssen.
Ich erwarte, dass die Landesregierung hier ihr ganzes Gewicht, so es vorhanden ist, einsetzt oder ihren schwindenden Einfluss geltend macht;aber sie soll ihren Einfluss,wo immer es geht, jetzt nutzen und auf die CDU-Bundestagsfraktion einwirken, damit diese ihre Haltung endlich beendet. Es geht so nicht weiter.
(Clemens Reif (CDU): Wir brauchen eine neue Koalition aus CDU und FDP, wie hier in Hessen! Das ist das Allerbeste! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Gehen Sie doch nach Europa!)
Herr Reif,wenn Sie meinen,man könne das bis nach der Bundestagswahl – egal, wie sie ausgeht – aufschieben, zeigt das, dass Sie von dem Thema absolut keine Ahnung haben.
Meine Damen und Herren, noch ist Zeit, Klarheit zu schaffen. Angesichts der begonnenen Krise ist es unverantwortlich, was hier geschieht. Deswegen unser dringender Appell an die Landesregierung: Wirken Sie auf die CDU ein, wirken Sie auf die Bundestagsfraktion ein, diesen Kompromiss jetzt endlich auf die Schiene zu setzen. Das muss noch vor der Bundestagswahl begonnen werden. – Ich bedanke mich.
Verehrte Frau Präsidentin, Frau Fuhrmann, sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP „Vertrauen, Freiheit, Fortschritt – Hessen startet ins nächste Jahrzehnt“ enthält eine eindeutige Aussage zur dauerhaften Sicherung von Optionskommunen und Arbeitsgemeinschaften. Ich zitiere:
Wir werden uns im Rahmen der Betreuung von Langzeitarbeitslosen für eine Absicherung der Optionskommunen und der Argen im Grundgesetz einsetzen, damit deren erfolgreiche Arbeit auf gesicherter Grundlage fortgesetzt werden kann. …
Wir werden unter Beteiligung der Optionskommunen und Argen eine hessenspezifische Evaluation in Auftrag geben, um die erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsmarkt transparent zu gestalten.
Wer für Chaos und verletzte Eitelkeiten zuständig ist, das zeigt die vorige Wahlperiode in Hessen. Anhand dieses Themas werde ich das hier nochmals aufarbeiten. Vielleicht überprüfen Sie dann Ihre Haltung nochmals.
Im Interesse der betroffenen Langzeitarbeitslosen, möglichst auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt zu werden, und im Interesse der engagierten Betreuer, Planungssicherheit zu bekommen,qualifiziertes und motiviertes Personal zu halten und einzustellen, wollen wir die Aufhebung der zeitlichen Begrenzung durch das Modell Optionskommunen, das Ende des Experimentierstatus,
eine Öffnungsklausel für die Kommunen, eine Erhöhung der Anzahl der zugelassenen Optionskommunen und eine eindeutige Rechtssicherheit durch verfassungsmäßige Verankerung von Argen und Optionskommunen.
Seit der Diskussion im Gesetzgebungsverfahren der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Jahr 2005 gibt es unterschiedliche Positionen dazu, wer die Langzeitarbeitslosen erfolgreicher betreuen kann. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte einen zentralistischen Denkansatz: Die alleinige Zuständigkeit sollte die Bundesagentur für Arbeit erhalten. – Diese Grundhaltung prägte sämtliche sozialdemokratischen Sozialminister auf Bundesebene bis heute.
Dem stand die Ansicht der meisten Länderchefs, aber auch der Kommunalpolitiker unterschiedlicher parteipolitischer Couleur gegenüber, die Zuständigkeit der Kommunen leiste die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit effizienter – die BA möge sich auf die Versicherungsleistungen beschränken.
Insbesondere das Bundesland Hessen war und ist Vorreiter dieser Überzeugung. Wir haben zu dieser Thematik
Im Jahr 2003 wurde der Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes eingebracht,durch den die Trägerschaften dezentral organisiert werden sollten.
Das Ergebnis der Hartz-IV-Gesetzgebung war ein Kompromiss der damaligen Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, wonach bundesweit 69 Kreise oder kreisfreie Städte – entsprechend der Anzahl der Bundesratsstimmen – Rechte und Pflichten nach dem SGB II übernehmen sollten, zunächst auf sechs Jahre befristet.
Da einige Bundesländer ihren Anteil an Optionskommunen nicht ausgeschöpft haben, hat Hessen nun 13 Optionskommunen und ist damit Spitzenreiter. Ansonsten arbeiten Kommunen und BA in den anderen 13 Kreisen und kreisfreien Städten in Argen zusammen.
Da vom Prinzip her eine Zusammenarbeit zwischen kommunaler und Bundesebene nicht vorgesehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20.12.2007 eine Neuregelung durch den Gesetzgeber gefordert. Zudem läuft die Befristung der Optionskommunen am 31.12.2010 aus.
Die notwendigen Verhandlungen zwischen dem sozialdemokratischen Bundesminister Scholz und den Ländern, geführt von den Ministerpräsidenten Beck und Rüttgers, führte zu der bekannten Vereinbarung vom 14.07.2008.
Dieser Kompromiss sieht vor, die bestehenden 69 Kommunen weiter arbeiten zu lassen und die Argen im Grundgesetz abzusichern.