Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich mit dem Beitrag von Frau Kollegin Wissler nicht in besonderer Weise auseinandersetzen. Aber da Sie einen Bogen bis hin zur Postund Telekommunikationsprivatisierung geschlagen haben, will ich eines sagen: Die Post- und Telekommunikationsprivatisierung ist eine einzige Erfolgsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland.
Wenn es diese Privatisierung nicht gegeben hätte, würden wir immer noch in jedem einzelnen Dorf nach einer Telefonzelle suchen, und wir hätten nicht die Entwicklung, die wir heute haben: Internet selbst im kleinsten Dorf.
Es ist geradezu abenteuerlich, was Sie hier darstellen. Es geht nicht nur darum, dass wir eine bessere Versorgung haben, sondern auch darum, dass wir aufgrund der Privatisierung der Post und der Telekommunikation ein wirtschaftliches Betätigungsfeld entwickelt haben, auf dem die deutsche Wirtschaft in den unterschiedlichsten Bereichen Weltmarktführer ist. Das scheinen Sie nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Ich habe gestern – auch Kollege Arnold war dabei – an dem Festakt zum 100. Geburtstag von Konrad Zuse teilgenommen.
Frau Kollegin Wissler, wenn Sie meinen, wir hätten nur die wirtschaftlichen Aktivitäten und die wirtschaftliche Entwicklung im Auge, sage ich Ihnen eines: Auch das ist falsch. Das Internet und die Kommunikation über neue Medien dienen auch der sozialen Infrastruktur. Dass wir heute wissen, welche Entwicklungen möglich sind, um die Pflege älterer Menschen sicherzustellen,ist ein Teil der sozialen Infrastruktur, die wir durch die modernen Kommunikationsmittel überhaupt erst ermöglichen.
Der Unterschied zwischen Ihnen und uns besteht darin, dass wir überhaupt kein Problem damit haben, dies von Privaten und mithilfe von modernen Kommunikationsmöglichkeiten zum Wohle der Gesellschaft machen zu lassen. Deswegen trifft die Aussage zu, die hier mehrfach gemacht worden ist, nämlich dass es sich um eine Querschnittstechnologie handelt, die jetzt in den unterschiedlichsten Bereichen fruchtbare Ergebnisse hat.
Herr Kollege Siebel, ich möchte mich gerne mit dem auseinandersetzen, was Sie gesagt haben. Sie sagten, wir sollten bitte nicht nur moderieren, sondern auch handeln. Sehr geehrter Herr Siebel,hier sind Moderation und Handeln notwendig. Denn wir bringen unterschiedliche Akteure zusammen.
Ich habe das gerade Herrn Kollegen Rudolph gesagt. In seinem Wahlkreis gibt es eine kleine Gemeinde, die ganz bei uns in der Nähe ist. Sie heißt Körle. Ich sehe, dass der Bürgermeister da versucht, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen.
Wir haben es damit zu tun, dass wir Anwender brauchen. Wir haben es damit zu tun,dass die Kommunen dabei eine ganz wichtige Aufgabe wahrnehmen müssen. Sie müssen hinsichtlich dessen koordinieren, was in Ihrer lokalen Region an Notwendigkeiten besteht.
Das Land versucht seinerseits mit unterschiedlichen Möglichkeiten Hilfestellung zu geben. Darauf werde ich noch zu sprechen kommen. Es ist aber nicht so, dass der Handlungsabschnitt, der für uns vorgesehen ist, von uns nicht wahrgenommen würde. Herr Siebel, deswegen kann man es sich nicht so einfach machen und nach dem Motto gehen,wir brauchen gerade einmal 100 MBit/s,und das muss im Jahr 2014 erledigt sein. Dabei tun Sie so – das ist der gravierende Unterschied –, als handele es sich um eine Art der Daseinsvorsorge. Beispielsweise müssen wir im Rahmen der Daseinsvorsorge ein Landesstraßennetz unterhalten.
Hier besteht ein fundamentaler Unterschied. Denn wir wollen natürlich die privaten Anbieter in die Pflicht nehmen. Das wollen wir auch in den ländlichen Räumen.
Das Beispiel Odenwald wurde genannt. Das ist doch ein sehr gutes Beispiel. Das hat einen ganz einfachen Grund. Wir haben da eine Gesellschaft, die von sich aus bereit ist, ins Obligo zu gehen. Da spielt immer auch eine Bank eine Rolle. Da gibt jemand einen Kredit, der verbürgt werden soll. Die Bank ist ihrerseits optimistisch. Sie glaubt, damit Geld zu verdienen. Sie machen das also nicht aus Jux und Tollerei. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Kredit ausschließlich unter sozialen Aspekten vergeben wurde. Er wird immer vergeben, um das Geld zurückzubekommen und die Zinsen zu erzielen.
Das findet im Odenwald statt.Wir sagen dazu: Dafür verbürgen wir uns. – Denn wir sind gemeinsam der Auffassung, dass sich das rechnet. So wird ein Schuh daraus.
Diese ganze Diskussion, ob 5 Millionen c Bürgschaft reichen oder ob eine Bürgschaft in Höhe von 20 Millionen c ein Indiz dafür ist, dass die Mittel nicht reichen, ist, so glaube ich, falsch.
Herr Siebel, es ist richtig, dass wir in dem einen oder anderen Bereich noch Defizite haben. Ich möchte aber auch das sagen:Wir sind dabei, da Hilfestellung zu geben.
Sie sollten sich das einmal genau betrachten. Es gibt zum Teil Möglichkeiten der Verlegung, die wir nicht kennen. Es besteht für diejenigen, die aus irgendeinem Grund irgendwann einmal irgendwo ein Rohr verlegt haben, keine rechtliche Verpflichtung, zu sagen, ob das geeignet ist, ein Breitbandkabel zu verlegen. Im Zusammenhang mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes diskutieren wir, ob es eine solche Verpflichtung geben soll. Es ist nämlich nicht sinnvoll, eine Straße aufzureißen und ein Leerrohr zu verlegen, wenn ich nicht genau weiß,
Wir als Land nehmen von unseren Straßenbaumitteln Millionen Euro in die Hand, um das Leerrohrprogramm zu realisieren. Wir tun das aber nur dort, wo es uns sinnvoll erscheint.
Das heißt, wir haben auch eine Moderatorenrolle. Ich kann Ihnen sagen: Ich war selbst sehr überrascht. Wir haben einen Breitbandgipfel abgehalten. Da haben wir eine unglaubliche Zustimmung von den Kommunen, von dem Landkreistag und den Anwendern erfahren, die gesagt haben, es sei richtig, dass das Land diese Rolle übernehme.
Das Stichwort HesBIS wurde genannt. Das ist ein einmaliges Informationssystem. Herr Staatssekretär Saebisch war auf der CeBIT. Er hat die Idee von dort mitgenommen.
Ich will aber zu den Kollegen der GRÜNEN noch etwas sagen. Herr Klose, man muss sich über eines im Klaren sein.Wir sollten darüber reden. Denn das ist kein Gegensatz. Wenn wir im ländlichen Raum überall 5 MBit/s haben, dann wird das dazu führen, dass die Unternehmen dort entweder bleiben und dort investieren oder dass wir vielleicht Unternehmen haben,die dort hingehen werden. Ich sage deshalb:Der Breitbandstraße folgt dann auch die natürliche Straße. Denn derjenige, der im ländlichen Raum investiert, wird irgendwann einmal Produkte herstellen, die transportiert werden müssen.
Ich warne davor, eine Diskussion zu führen, in der man die Notwendigkeit des Ausbaus der Breitbandkabelversorgung gegen die Notwendigkeit des Ausbaus der sonstigen Verkehrsinfrastruktur ausspielt. Beides gehört zusammen.
Herr Kollege Arnold und Herr Lenders haben die Zahlen genannt. Es handelt sich um ungefähr 250.000 Haushalte. Wenn Sie sich die Landkarte Hessens anschauen, können Sie genau sehen, wo sich die weißen Flecken befinden.
Wir haben da zwei Handlungsstränge. Wir sollten diese weißen Flecken bis zum Jahr 2011 tilgen, diese Flächen also versorgen. Ich weiß, dass das dann kein Idealzustand ist. Deswegen haben wir eine zweite Handlungsstrategie. Sie bezieht sich auf das Jahr 2014. Bis dahin wollen wir eine Übertragungsrate von 50 MBit/s haben.Das ist,wenn Sie es so sagen wollen, Teil der Strategie eines staufreien digitalen Hessens. Sie wissen, dass wir über staufreies Hessen reden. Deswegen sage ich: Auch bei der Breitbandversorgung gibt es das Ziel,ein staufreies Hessen tatsächlich herzustellen.
Auch da ziehe ich noch eine Parallele. Das staufreie digitale Hessen wird dazu beitragen, die Mobilität für die Unternehmen und für die Privaten bei uns im Hessenland sicherzustellen.
Mit meinen letzten Sätzen dazu möchte ich auf das zurückkommen, was ich eingangs mit wenigen Sätzen gesagt habe. In Hessen sind mittlerweile fast 100.000 Menschen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie beschäftigt. Das ist ein Wirtschaftszweig, der für die Prosperität unseres Landes unglaublich wichtig ist.Ich glaube deshalb, dass wir da auf dem richtigen Weg sind.
Herr Klose, Sie haben zwei Fragen gestellt. Die will ich kurz beantworten. Ich habe sie bereits auf dem Hessentag beantwortet.
Eine der Fragen war: Können Kommunen auf der Grundlage des gültigen Gemeindewirtschaftsrechts tätig werden? – Ich beantworte diese Frage mit einem eindeutigen Ja. Das ist geklärt.
Das haben Sie vielleicht vergessen, oder das ist schon zu lange her. Wir sind dabei, alle unsere Förderverfahren zu verschlanken und zu beschleunigen. Seit dem 1. September 2009 haben wir die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, die das tut. Sie wird spätestens im Herbst 2010 ein Darlehensprogramm zum Thema Breitband auflegen. Also auch das haben wir gemacht. Ich hoffe, ich habe die Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet.
Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, dieses Thema heute wieder zu diskutieren, nachdem es einen gemeinsamen Antrag gibt. Ich glaube, die Frage ist mit Ja zu beantworten.Denn die Bedeutung der Nutzung des Breitbandkabels für die hessische Wirtschaft, aber auch für die privaten Haushalte ist unglaublich groß. Deswegen habe ich am Anfang auch das Beispiel mit der sozialen Infrastruktur genannt.
Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg.Wir haben diesen Wirtschaftszweig, der eine Grundvoraussetzung für weiteres Wirtschaftswachstum ist, bei uns so auf den Weg gebracht, dass wir insgesamt zufrieden sein können. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Staatsminister Posch, danke sehr. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Siebel zu Wort gemeldet.
Herr Staatsminister Posch, ich möchte voranstellen, dass die SPD-Fraktion mit dem gemeinsamen Bemühen um den Ausbau des Breitbandnetzes mit der Positionierung, die ich hier vorgenommen habe, nicht den Konsens aufgekündigt hat. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Es geht darum, die Position, die wir gemeinsam im Wirtschaftsausschuss am 11. März 2010 beschlossen haben, weiterzuentwickeln. Herzlichen Dank dafür, dass wir das auch anhand dieses Entschließungsantrags machen können.
Zweiter Punkt. Herr Lenders und Herr Posch, ich habe nie von dem Ziel 100 MBit/s gesprochen. Vielmehr habe ich davon gesprochen, dass wir in dem ersten Punkt des Antrags, den wir am 11. März 2010 im Wirtschaftsausschuss behandelt haben, dazu die allgemeine Aussage getroffen haben, dass es sinnvoll und hilfreich wäre, eine Übertragungsrate von 50 MBit/s zu haben.
Die Bundesregierung hat jetzt die Rahmenbedingungen geändert. Im Jahr 2014 sollen 75 % mit 75 MBit/s versorgt sein. Ich habe gesagt, dass wir uns als Land Hessen daran aktiv und offensiv orientieren sollten. Wir, die wir hier in einem Hochtechnologieland leben, sollten durchaus 100 % anstreben. Das halte ich für richtig.
Bei meinem dritten Punkt geht es um das Thema Moderieren oder Intervenieren. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich es für richtig halte, dass die Arbeitsgruppe auch unter den neuen wirtschaftlichen Entwicklungsbedingungen mit den großen Telekommunikationsanbietern spricht und das auslotet.
Das Moderieren ist die notwendige Voraussetzung. Die hinreichende Voraussetzung ist das aktive Gestalten. Dazu gehört beispielsweise der Bürgschaftsrahmen für den Ausbau im Odenwald. Ich wünsche mir, dass darüber hinaus auch Aussagen für andere Regionen im Hinblick auf die Frage der Vergabe einer Bürgschaft getroffen werden.