Protocol of the Session on April 29, 2010

Tag für Tag erreichen uns neue Resolutionen, Protestnoten und eindringliche Briefe aus den Hochschulen. Die Senate der Fachhochschulen in Frankfurt und Wiesbaden fordern ihre Präsidenten dazu auf, den Hochschulpakt nicht zu unterzeichnen. Dekaninnen und Dekane der Universitäten Marburg und Gießen schlagen Alarm. Die Präsidenten der Universität Gießen und der Fachhochschule Gießen-Friedberg bitten eindringlich darum, nicht in der Grundfinanzierung zu sparen, da gerade solche Kürzungen wichtige Strukturen zerstören. Auch die Uni

versitäten in Frankfurt und Darmstadt pochen und hoffen auf eine Neuverhandlung des Paktes.

Meine Damen und Herren, das alles sind doch alarmierende Hilferufe der Hochschulen.

(Horst Klee (CDU): Eieiei!)

Frau Ministerin, ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie auf Empfehlung des Sicherheitsdienstes nach einer Minute Ihrer Rede von einer Veranstaltung der Universität Marburg weggehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

Was Ihnen und der Regierung hier vielmehr vorzuwerfen ist, ist, dass Sie hierfür die Schuld bei den anderen suchen und die Hochschulleitung der Universität Marburg beschimpfen. Frau Ministerin, das ist schlechter Stil.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Schauen wir uns doch einmal generell an, wie die Ministerin reagiert. Sie setzt sich nicht mit den Inhalten dieser Kritik auseinander, sondern sie droht den Hochschulen noch unverhohlen mit Kürzungen, wenn sie nicht parieren. Einen solchen Umgangsstil mit den Hochschulen hat es in den letzten Jahrzehnten in diesem Land wirklich nicht gegeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dieser Stil, der hier im Umgang mit den Hochschulen eingekehrt ist, ist wirklich schwer zu ertragen. Die Landesregierung sieht die Hochschulen nicht mehr als Partner des Hochschulpakts,sondern sie will die Bedingungen einfach diktieren.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Frau Ministerin, bewusst argumentieren Sie mit den Rücklagen der Hochschulen, um vorzuspiegeln, bei den Hochschulen liege Geld ungenutzt auf der hohen Kante.

Das ist nicht der Fall. Dieses Geld haben die Hochschulen aus gutem Grund zurückgelegt,denn sie brauchen es.Und Sie wissen selbst ganz genau, wofür sie es brauchen: für Berufungszusagen, für Mittel zur Anmietung neuer Räume, weil die Hochschulen wegen HEUREKA umziehen. Das alles wissen Sie, und teilweise ist das auch mit Ihnen vereinbart. Jetzt vorzuspiegeln, das Geld sei vorhanden und damit seien diese Kürzungen aufzufangen – das ist wirklich der blanke Hohn, wie Sie hier mit den Hochschulen umgehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Clemens Reif (CDU):Ich bin in tiefer Sorge!)

Es ist schön, dass Sie in tiefer Sorge sind. Ich kann Ihnen einmal sagen, was ich bin – ich habe es eben schon dazwischengerufen –: Ich bin in der Situation – das muss man sich einmal vorstellen –, dass ich mir sehnlichst Ruth Wagner als Wissenschaftsministerin zurückwünsche. Das müsste Ihnen nun wirklich zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Frau Ministerin, Sie argumentieren hier wiederholt mit diesen Rücklagen, anstatt für die Interessen der Hochschulen zu kämpfen. Sie exekutieren allein die Forderung des Finanzministers. Das zeigt doch, dass Sie nicht die Mi

nisterin sind, die die Hochschulen dieses Landes, die die Studierenden dieses Landes verdient haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Clemens Reif (CDU): Sie wollen noch zehn Jahre in der Opposition bleiben? Das können Sie gerne haben!)

Meine Damen und Herren, von einer Wissenschaftsministerin wünsche ich mir, dass sie der Kritik aus den Hochschulen endlich einmal zuhört,

(Clemens Reif (CDU): Wir wollen die Mittagspause!)

anstatt andere zu beschimpfen und ihnen zu drohen.

Frau Sorge, kommen Sie bitte zum Schluss.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Tag für Tag erreichen uns neue Resolutionen und Briefe aus den Hochschulen, und die sind nicht nur von den Studierenden, sondern auch von den Professorinnen und Professoren,von den Hochschulleitungen.Diese Kritik ist durchaus mit konstruktiven Vorschlägen verbunden. Diese Vorschläge nicht wenigstens zu diskutieren, das ist ignorant.

Meine Damen und Herren, daher fordern wir GRÜNE eine Verschiebung des Hochschulpakts und eine Neuverhandlung auf Augenhöhe. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Sorge. – Frau Staatsministerin KühneHörmann hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön.

(Clemens Reif (CDU): Machs kurz!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit wir an der Regierung sind, räumen wir der Bildung oberste Priorität ein. Das belegen die Zahlen. Die Kollegen Reißer und Büger haben das eben sehr ausführlich dargestellt, aber ich will es wiederholen, weil es so eindrucksvoll ist und weil die nachfolgenden Redner von einem ganz anderen Sachverhalt gesprochen haben.Aber Zahlen lassen sich nicht bestechen.

Als wir die Regierung im Jahr 1999 übernahmen, sind 960 Millionen c in die Hochschulen geflossen. Heute sind das 1,6 Milliarden c – Jahr für Jahr sind es mehr geworden.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Vorgestern waren es nur 1,4 Milliarden c!)

Frau Sorge,das ist genau das,was Sie nicht verstehen.Sie müssen einmal richtig lesen und zuhören:

(Clemens Reif (CDU): Genau!)

Die 1,4 Milliarden c sind der Betrag, der am Ende übrig bleibt, wenn die Kürzung erfolgt ist. Jetzt haben wir 1,6

Milliarden c, also mehr. Wir haben den höchsten Stand, den wir in Hessen je für die Hochschulpolitik hatten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Den kürzen Sie doch gerade!)

Dieser höchste Stand von 1,6 Milliarden c ist das, was die Hochschulen insgesamt zur Verfügung haben.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Al-Wazir, das System ist so kompliziert, dass jedenfalls die Kollegen aus dem Hochschulbereich wissen, was da eingerechnet wird und was nicht. Es sind 1,6 Milliarden c. Ich kann Ihnen das im Einzelnen belegen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ja in Ordnung, aber wenn aus 1,6 Milliarden c 1,4 Milliarden c werden, ist das eine Kürzung!)

Jetzt gehen wir mit den Zahlen weiter. Das ist der höchste Betrag, den Hessen je für seine Hochschulen ausgegeben hat – und das haben CDU und FDP beschlossen, niemand anderes.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Hochschulen sind darüber glücklich, dass es einen Hochschulpakt gibt. Er läuft bis Ende dieses Jahres. Denn er hat ihnen fünf Jahre lang Planungssicherheit gewährt, auch in schwierigen Zeiten.

Dieser Hochschulpakt sah vor, dass die Mittel an die Höhe der Steuereinnahmen gekoppelt sind. Dreimal haben die Hochschulen – bei steigenden Steuereinnahmen – mehr bekommen, jeweils 1,5 % mehr; in zwei Jahren waren die Steuereinnahmen nicht so gut, und deshalb verringert sich dieser Betrag, gemäß dem Pakt.

Das ist nicht überraschend. Alle Hochschulen haben diesen Pakt unterschrieben. Was jetzt eingefordert wird, ist ein Vollzug dieses Hochschulpakts, der bis Ende dieses Jahres läuft.

(Minister Karlheinz Weimar: So ist es!)

Da wir den Hochschulen Planungssicherheit gewähren wollen, habe ich gesagt, wir fangen frühzeitig mit diesen Verhandlungen an. Denn alles, was frühzeitig verhandelt wird, gibt den Hochschulen für das Jahr 2011 Planungssicherheit.

Frau Sorge, Sie fordern jetzt, dass man alles aussetzt. Dann erhalten Hochschulen überhaupt keine Planungssicherheit; denn dann würde so spät entschieden, dass sie nicht wissen, was am Ende für das Jahr 2011 zur Verfügung steht.

(Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))