Protocol of the Session on March 29, 2010

Es macht einen mittlerweile rasend vor Zorn, dass Sie als zuständige Ministerin nicht in der Lage sind, einen Hinweis darauf zu geben, wann Sie Ihrem Amtseid und Ihrer Aufgabe endlich gerecht werden wollen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Herr Dr. Arnold, genau darum geht es. Vielleicht können Sie mir sagen – wenn Ihre Ministerin dazu nicht in der Lage ist –, wann Sie endlich die rechtlichen Hemmnisse überwinden werden, die Sie selbst beschreiben, wann Sie dem Landtag endlich etwas vorlegen werden, was sich mit diesen konkreten Fragen befasst. Das Einzige, was Sie können, ist, die Initiativen zu diffamieren, die andere hier vorlegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sie sind nicht in der Lage, Politik zu gestalten. Sie sind nicht in der Lage, Zukunft zu gestalten. Und Sie sind nicht in der Lage, mit den zentralen Fragen unserer Zeit umzu

gehen. Beim Thema Energiepolitik sind Sie in einer Zeit stehen geblieben, die aus meiner Sicht eigentlich nur noch als Dinosaurierzeitalter zu beschreiben ist. Wir haben lange überlegt, ob wir Frau Lautenschläger irgendwann einmal symbolisch einen Dino überreichen.Es ist wirklich Zeit. Wachen Sie endlich auf, bewegen Sie sich, kommen Sie endlich Ihrer Arbeit nach.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN – Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Als Nächste hat sich Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie sagen, Sie haben ein Energiekonzept vorgelegt. Es ist hier im Saal richtigerweise als Eckpunktepapier bezeichnet worden. Frau Ministerin, Ihr Eckpunktepapier wäre in der Tat ein mutiger Vorstoß gewesen – vor ungefähr 20 Jahren.

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, der heutigen Situation aber werden Ihre Vorschläge, wird vor allem Ihr Ziel, 20 % erneuerbare Energien bis 2020, den dramatischen Veränderungen des Klimas nicht im Geringsten gerecht. Frau Ministerin, mit dem Festhalten an der Atomkraft und an Kohle bauen Sie eben keine Brücke zu den erneuerbaren Energien, auch wenn Sie das immer wieder anders darstellen. Es ist vollkommen klar, dass E.ON nicht Milliarden Euro in Staudinger investiert, um in ein paar Jahren auf erneuerbare Energien umzusteigen.Es ist vollkommen klar:Wenn eine Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke beschlossen wird,wird das den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorantreiben. Ganz im Gegenteil: Sie wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien blockieren und keine Brücken bauen, obwohl Sie das immer behaupten.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Sie tun alles dafür, z. B. indem Sie im Bundesrat zustimmen, dass die Solarförderung abgesenkt wird. Die Solarförderung wird deshalb abgesenkt, weil sie zu erfolgreich ist, weil sie zu einer echten Konkurrenz für die Atomkraft und die Kohle wird.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie tragen hier immer wieder die Argumente der Atomwirtschaft vor. Herr Sürmann, Sie reden von der „zu teuren Solarenergie“. Wer redet denn über die Kosten, die durch die Räumung der Asse entstehen?

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

3,7 Milliarden c wird die Räumung der Asse kosten.Warum fordern Sie nicht,die Verursacher des Problems,nämlich die Betreiber der Atomkraftwerke, für die Kosten der Räumung der Asse heranzuziehen? Diese Kosten wollen Sie der Allgemeinheit auflasten. Dafür ist Ihnen die Allgemeinheit gut genug. Aber bei der Solarenergie sagen

Sie,dass die angeblich zu teuer sei.Denken wir nur einmal an die Subventionen, die Sie der Atomwirtschaft geben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

In der Frage der Versorgungssicherheit werden hier immer wieder Schreckgespenster an die Wand gemalt. Immer wieder wird davon geredet, die Lichter würden ausgehen, wenn Biblis abgeschaltet würde. Wir haben es im letzten Jahr erlebt,es ist empirisch überprüfbar:Biblis war abgeschaltet, aber hier im Landtag ist kein Licht ausgegangen, nirgendwo sonst in Hessen ist ein Licht ausgegangen. Es ist also empirisch erwiesen:Wir können auch ohne Biblis die Versorgungssicherheit garantieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin, Sie reden von „Vorschriften um der Vorschriften willen“. Ich bitte Sie, Frau Ministerin: Wie viele Autos hätten heute Katalysatoren, wenn das nicht irgendwann eine verbindliche Vorschrift geworden wäre? Wie hoch wäre der Anteil der erneuerbaren Energien,wenn es nicht das Erneuerbare-Energien-Gesetz gegeben hätte? Die Situation, in der wir jetzt sind, ist viel zu ernst, als dass man sich auf Freiwilligkeit, auf Appelle beschränken könnte. Wir brauchen gesetzliche Regelungen. Wir brauchen klare Verbindlichkeiten. In anderen Fragen ist die FDP doch auch dieser Meinung. Ich denke z. B. an das Sicherheitsgesetz. Da vertritt die FDP eine ganz andere Position. Aber Sie klatschen, wenn es bei diesem Tagesordnungspunkt darum geht, gar keine Regelungen zu treffen.

Meine Herren von der Anarchofraktion der FDP – die sie in diesem Bereich offensichtlich ist –: Natürlich brauchen wir hier klare Regelungen, auch wenn es ausnahmeweise einmal Ihre Klientel ist, die sich daran zu halten hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Atomkraftwerk Biblis ist wieder am Netz. Frau Ministerin, das war ein neuerlicher Kniefall vor der Atomlobby. Biblis ist das unsicherste und älteste Atomkraftwerk Deutschlands. Dass Sie diesen Schrottmeiler wieder ans Netz haben gehen lassen, zeigt auch, wie Sie mit dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen umgehen.

Frau Ministerin, Sie betreiben das Geschäft der Atomlobby. Das Tragische daran ist, dass Sie nicht allein im Boot sitzen. Hessen ist das Schlusslicht, was die erneuerbaren Energien betrifft. Sie tun nichts, um das zu ändern. Ihre Ziele sind alles andere als ehrgeizig und der Zeit entsprechend. Vor allem bleiben Sie weit hinter dem zurück, was dringend geboten wäre.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Wissler. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Stephan gemeldet. Bitte, Herr Stephan.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Jetzt gehen wieder die Lichter aus!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Fortgang der Diskussion zwingt mich dazu, hier noch einmal ein paar Worte loszuwerden, vor allem an die Kollegen von der SPD gerichtet. Wir sprechen auf der einen

Seite über ein Nachhaltigkeitskonzept in Bezug auf den Einsatz von Energien – auch von regenerativen Energien –, das die Landesregierung auf den Weg gebracht hat. Es ist ein Energiekonzept, das uns ins Jahr 2020 führen soll.

Auf der anderen Seite sind in den vergangenen Jahren in Hessen zwei Konzepte gescheitert. Hermann Scheer ist mit seinem Konzept am Votum der Bürger gescheitert.

(Florian Rentsch (FDP): Gott sei Dank!)

Auch das, was in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung stand, die Gott sei Dank nie zum Tragen kam, ist gescheitert. Das waren kurzfristige Sprünge, die nicht mit einer ordentlichen Landung, sondern mit einem Fall auf den Bauch geendet sind. Den dazugehörigen Spruch kennen Sie.

(Zuruf des Abg. Manfred Görig (SPD))

Das ist der Unterschied zu dem Ansatz, den die Landesregierung jetzt verfolgt. Das ist der Ansatz der Nachhaltigkeit. Er bedeutet, dass man die Menschen mitnimmt. Brauchen Sie ein Gesetz, mit dem Sie Ihre Landräte, die keine Windräder bauen lassen wollen, zwingen können? Das ist doch nicht der Punkt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Stephan, Sie haben es doch geschrieben! – Weitere Zurufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU): Hören Sie doch mit der Schreierei auf!)

Nachhaltigkeit heißt für uns, dass wir die Menschen mitnehmen, und wenn die Menschen mitgehen, werden wir bei den regenerativen Energien schneller vorankommen, als wenn nahezu bei jeder Maßnahme, die getroffen wird, gleich eine Bürgerinitiative entstehen würde.

(Manfred Görig (SPD): Die sind alle weiter als Sie, Herr Kollege Stephan! Jeder Landkreis ist weiter als Sie!)

Ich weise auch die Behauptung zurück, dass es allein in den Reihen der CDU Widerstand gegen Windkraftanlagen gebe. Herr Görig, schauen Sie sich in Ihrer eigenen Partei um; Sie haben es schon einmal gesagt. Gehen Sie zum BUND, und Sie werden dort zu hören bekommen:Ja, vielleicht, aber nicht da und nicht dort und nicht hier. – Gehen Sie zum NABU,und dort wird man Ihnen das Gleiche sagen: Ja, natürlich wollen wir regenerative Energien, aber nicht da und nicht dort.

Das heißt, wir haben hier ein Problem damit, die Menschen mitzunehmen, sie davon zu überzeugen, dass sie auf dem Weg zum Ausbau der regenerativen Energien weitergehen müssen, und ihnen klarzumachen, dass es Eingriffe geben wird. Das bedeutet zunächst einmal, die Menschen zu motivieren, statt ein Gesetz zu machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Manfred Gö- rig (SPD): Deshalb macht man am besten gar nichts! Lassen wir doch die anderen machen!)

Herr Al-Wazir, Sie haben vorhin gefragt, wann wie viele Gesetze verabschiedet werden. Im Zusammenhang mit den regenerativen Energien stellt sich nicht die Frage, wann wir wie viele Gesetze verabschieden, sondern die Frage ist, wann wir bei den regenerativen Energien einen Anteil von 20 % erreicht haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Messen Sie doch die Arbeit der Landesregierung an dem, was sie erreicht hat, nicht an der Zahl der Gesetze, die sie verabschiedet hat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wie viel haben Sie denn erreicht?)

Wie viele Gesetze haben wir denn, die zu nichts geführt haben? Messen Sie die Erfolge bitte an dem, was ich Ihnen genannt habe.

(Manfred Görig (SPD): Sie behindern sie doch! Das ist das Problem! – Gegenruf von der CDU: Na, na, na! – Weitere Zurufe von der CDU und der SPD)

Die CO2-neutrale Landesverwaltung, etwas, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf fordern, ist auf dem Weg.Auch was den Passivhausstandard bei Neubauten betrifft, geht die Hessische Landesregierung einen entscheidenden Schritt voran. Es laufen beispielsweise die Ausschreibungen zu dem, was in Heppenheim geplant ist.Auch in Nordhessen soll ein öffentliches Gebäude des Landes nach dem Passivhausstandard errichtet werden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE):Toll!)

Was wollen Sie eigentlich? Sehen Sie denn nicht, dass hier gearbeitet wird?