Protocol of the Session on March 25, 2010

Trotzdem ist der Kompromiss richtig. Aber tun Sie nicht so,als ob mit Ihnen alles möglich gewesen wäre.Dafür waren Sie leider nicht zu haben, weil immer noch die Bundesagentur für Arbeit eine große Rolle bei Ihnen in der Partei spielt. Das wissen wir. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. Sie haben den Kollegen Spies noch einmal motiviert. – Herr Kollege Dr. Spies, Sie haben 1:09 Minute. Bitte.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Erklär es noch einmal!)

Herr Kollege Rentsch, herzlichen Dank, allerdings gibt es Unterschiede zwischen CDU und FDP und der Sozialdemokratie.Ein wesentlicher Unterschied ist,dass wir in der Lage sind, dazuzulernen, Herr Kollege Rentsch.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Rentsch, entscheidend für die Frage der Verfassungsänderung ist allerdings nicht die Frage der Optionen, sondern die Kooperation in der Arge.

(Zurufe von der FDP)

Dazu muss vor allen Dingen die Verfassungsänderung gemacht werden. Wir wollen noch einmal ganz klar sagen: Sie wird durchgesetzt gegen die CDU auf Bundesebene. Hätte die CDU auf Bundesebene mitgemacht, hätten wir das Ganze schon vor anderthalb Jahren haben können. Darum geht es.

(Beifall bei der SPD – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!)

Diese Fortentwicklungsfähigkeit der CDU an dieser Stelle begrüßen wir allerdings auch.

Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung machen. Herr Kollege Rentsch,das,worum es an dieser Stelle nicht geht, wo man allerdings nachdenken muss, sind ganz viele Fragen der Details an anderer Stelle in den Hartz-IV-Reformen. Sie sind auch verbesserungsbedürftig. Auch an diesen Stellen ist die Sozialdemokratie lernfähig, was eben – –

Herr Dr. Spies, bitte kommen Sie zum Schluss.

Aber das, meine Damen und Herren, was heute tatsächlich begrüßenswert ist und wo die Selbstbelobigung von CDU und FDP vielleicht ein bisschen maßvoller hätte an den Tag treten können, ist die Tatsache, dass die von Sozialdemokraten erfundene und an vielen Stellen schon seit vielen Jahren umgesetzte und praktizierte, nun auch durch die Hartz-Reformen bundesweit eingeführte gemeinsame Betreuung von Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit durch Sozial- und Arbeitsämter auch in Zukunft gesichert ist. Das ist ein Erfolg. Darüber sollten wir uns freuen, und wir sollten aufhören, uns kleinlich darüber zu streiten, wem welcher Anteil gehört. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Das Wort hat Herr Staatsminister Banzer.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Banzer, klären Sie noch einmal die Verfahrensabläufe!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da bestätigt sich wieder das gute deutsche Sprichwort: Der Erfolg hat viele Väter – und ich füge hinzu: und Mütter.Wenigstens ist man sich ganz offensichtlich darüber einig,dass das ein Erfolg ist.Das ist schon einmal positiv.Ich würde auch empfehlen, wenn man sich zu einem Vaterschaftstest entscheiden würde, das zuständige Labor in Wiesbaden aufzubauen, weil hier zumindest viele dabei

wären,bei denen dann die Proben nicht zu lange Wege zurückzulegen hätten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich bin im Ergebnis froh, und ich glaube, dass es nicht die Aufgabe eines Parlaments ist, politische Entscheidungsstrukturen in ihren Abläufen nachzuzeichnen und dabei zu überlegen, wer welchen Anteil hat, weil das die Lösung für die nächste Fragestellung nur wieder erschwert. Es kam nämlich sehr darauf an, dass man bei diesem Thema dafür gesorgt hat,dass die alten Schützengräben verlassen wurden. Sonst wären wir gar nicht weitergekommen. Hätte bei der Suche nach einem Kompromiss jeder überlegt, ob das eine Veränderung seiner früheren Position ist und ob nachher die Geschichtsschreibung feststellen wird, dass er sich mehr oder weniger bewegt hat, dann wären wir nicht zu einem Ergebnis gekommen. Deswegen will ich mich an dieser Form der Aufarbeitung nicht beteiligen.

Aber ich bin schon dankbar, dass es gelungen ist, auch einen Erfolg des Föderalismus bei dieser Entscheidung und Diskussion herzustellen. Das sollten wir nicht ganz aus dem Auge verlieren. Es waren eigentlich die Fachminister aller 16 Bundesländer, die wir zusammenhalten konnten und die zu dieser Position gekommen sind.

Ich will ganz ausdrücklich auch die Kollegin Dreyer aus Rheinland-Pfalz nennen. Ich habe bei ihr angefragt, ob es nicht ein letzter guter Versuch wäre, mit einem gemeinsamen Artikel in der „FAZ“ noch einmal Bewegung in die Sache zu bringen und auch ein Signal zu setzen, dass es ganz offensichtlich möglich ist, an so einer Stelle über die Parteien hinweg auch eine Grundgesetzänderung anzugehen. Denn eine Grundgesetzänderung erreicht nie einer allein, sondern das geht nur, wenn man Mehrheiten versammelt. Da habe ich gemerkt, dass das schon schwierig war. Aber wir haben das hinbekommen – auch wenn in diesen Artikel noch nicht hineingeschrieben werden konnte – insoweit hat auch Herr Kollege Rentsch recht, wenn er sagt, dass sich alle bewegt haben –, dass wir eine maßvolle Ausdehnung der Optionszahlen erreichen können. Ich glaube, wir sollten alle mit dem zufrieden sein, was wir erreicht haben. Aber wir sollten auch erkennen, dass wir noch nicht am Ziel sind.Wir sind jetzt in der Zielgeraden.

Jetzt kommt es darauf an, dass wir ein paar Wochen lang richtig intensiv Arbeit in das ganze Konzept stecken, denn es gibt natürlich noch Detailfragen, über die zu diskutieren sein wird, z. B. über die Frage, die uns sicherlich noch viel Freude bereiten wird: Wie bekommen wir eigentlich die anderen 41 Optionskommunen zusammen? Wenn so viele Bewerbungen vorliegen, wie sich abzeichnet – ich vermute, es werden ein paar weniger werden, weil auch die Arge-Lösung so schlecht nicht ist –, wie gestalten wir dann das Zuteilungsverfahren?

Ich bin heilfroh, dass es gelungen ist, die 69 Optionskommunen,die es bereits gibt,vor die Klammer zu ziehen.Damit sind die 13 Optionskommunen in Hessen erst einmal gesichert.Wir wollen aber nicht, dass bei den zusätzlichen 41 neuen Optionskommunen das hessische Kontingent angerechnet wird, sondern wir wollen, dass die neuen Optionskommunen auf alle Bundesländer verteilt werden. Das ist für uns in Hessen ein ganz relevanter Aspekt.

Der Erfolg hängt natürlich ganz wesentlich davon ab, dass die Bundesagentur für Arbeit ihren Frieden mit den Optionskommunen macht. Das muss jetzt wirklich geschehen. Es kann nicht sein,dass diese organisierten Konzepte

immer unter dem Problem leiden, dass sie von der Bundesagentur für Arbeit eigentlich nicht gewollt sind und daher nur halbherzig unterstützt werden.

(Allgemeiner Beifall)

Deswegen können wir nicht mehr über Bierdeckelkompromisse und anderes reden, sondern ich erwarte, dass die Aufgaben und die Schicksale der Betroffenen im Vordergrund stehen, nicht die Frage, welches Organisationsmodell das bessere ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sehr gut!)

Ein Wettbewerb der Systeme hat noch nie geschadet. Ich wäre sehr dafür, dass wir dies engagiert in die Hand nehmen.

Ich glaube, dass wir auch noch einmal darüber nachdenken müssen, wie wir die Absicherung des Engagements von Optionskommunen im Bereich der Eingliederungshilfe definieren, denn wenn es wirklich so sein sollte, dass der Bund – so, wie in den Bundeshaushalt hineingebucht werden kann – die Mittel praktisch herausbuchen kann, sich das Geld zurückholen kann, ohne dass das in einem förmlichen juristischen Verfahren geschieht, dann wird dies dazu führen – Kollege Bocklet hat es in diesem Landtag öfter angesprochen –, dass die Kreise einiges an Eingliederungshilfe nicht riskieren werden. Manches müsste aber gerade deshalb probiert werden, weil es ein neuer Weg ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb müssen wir überlegen, wie wir die Optionskommunen – die Argen haben das Problem nicht – so unterstützen, dass sie wirklich alle Möglichkeiten, die die Option bietet, die eigentlich vorgesehen sind, tatsächlich nutzen können.

Wir müssen auch über Statistikmonopole reden. Der gute alte Churchill hatte nicht Unrecht, als er gesagt hat, er traue nur der Statistik, die er selbst gefälscht habe. Wenn der Herr der Zahlen zugleich auch der Richter darüber sein soll, was das richtige System ist, dann traue ich dem Frieden nicht. Deshalb werbe ich dafür, dass wir auch an dieser Stelle zu etwas objektiveren Kriterien kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich fasse zusammen.Wir haben viele Punkte, wo wir streiten und in der Politik auch Enttäuschungen erleben. Das hier ist aber ein Punkt, über den wir uns freuen können. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass es ein wirklicher Erfolg wird und dass es ein Modell wird, mit dem wir in Zukunft im Interesse der 6,5 Millionen Menschen, die unmittelbar betroffen sind, arbeiten und leben können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Banzer. – Damit ist die Aussprache beendet.

Es ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/2158, betreffend Erweiterung zu dem Dringlichen Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingegangen. Nach § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des

Hessischen Landtags sind Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen dringlich und somit auf eine bereits festgelegte genehmigte Tagesordnung zu setzen. Somit wird der Dringliche Antrag ohne Bejahung der Dringlichkeit durch das Plenum als Punkt 79 auf die Tagesordnung gesetzt und mit Tagesordnungspunkt 75 aufgerufen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 61 und Tagesordnungspunkt 62 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Innenminister Bouffiers Polizeichef-Affäre – null Toleranz für Rechtsbruch und Parteibuchwirtschaft) – Drucks. 18/2136 –

sowie

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Polizeichef-Affäre: Rechtsbruch mit Ansage) – Drucks. 18/2137 –

Redezeit: siebeneinhalb Minuten. Herr Kollege Rudolph hat für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss „Polizeichef-Affäre“ hat den Auftrag, umfassend und vollständig aufzuklären, unter welchen Umständen die Position des Präsidenten des Hessischen Bereitschaftspolizeipräsidiums besetzt wurde und ob die Hessische Landesregierung das Parlament und die Öffentlichkeit wahrheitsgemäß und vollständig über die Vorgänge im Zuständigkeitsbereich des hessischen Innenministers informiert hat. Das Schweigen des Ministerpräsidenten zu dem offensichtlichen Rechtsbruch seines Innenministers hat uns darin bestärkt,diesen notwendigen Weg zu gehen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Es gab ein erstes Auswahlverfahren mit den üblichen mitteleuropäischen Standards bei Personalverfahren: eine Ausschreibung, Personalgespräche, ein Auswahlverfahren, die Ernennung eines Bewerbers und die Informierung der unterlegenen Bewerber – auch über die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. All das ist geschehen – bis hin zu der Tatsache, dass der unterlegene Bewerber vor dem Verwaltungsgerichtshof Recht bekommen hat, weil gegen das Verfahren angebliche Bedenken vorgetragen wurden. Das Gericht spricht von schwer nachvollziehbaren Entscheidungsgründen und schwerwiegenden Auswahlfehlern. Aber immerhin: Der Innenminister weiß, dass es Auswahlverfahren gibt, die nach Recht und Gesetz vonstatten gehen. Das ist eine Erkenntnis, die wir in der letzten Woche gewonnen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Dann kam der Innenminister ins Spiel. Er hat wahrscheinlich für sich entschieden: Ich will einen mir angenehmen Bewerber. – Ein Kriterium bei der Besetzung hoher Polizeistellen ist für Herrn Bouffier erstens die Mitgliedschaft in der CDU und zweitens, aus der Region Gießen zu kommen.