Protocol of the Session on January 28, 2010

Ich komme mit zwei Sätzen zum Schluss.

Ich möchte darauf hinweisen, dass auch unser Sonderinvestitionsprogramm dazu beigetragen hat. Insgesamt spielt auch etwas Weiteres eine Rolle: Wir haben in diesem Land ein wirtschaftsfreundliches Klima, und das wird durch diese Koalition sichergestellt. Meine Damen und Herren, auch darauf kommt es an. Die Unternehmen wissen, dass sie in dieser Landesregierung einen Partner haben, auf den sie sich verlassen können. Auch das ist für diese positive Entwicklung maßgebend.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist diese Aktuelle Stunde abgehalten.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 28:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde („Wetzlar Kurier“ hetzt wie ein NPD-Blatt und gefährdet den sozialen Zusammenhalt in Hessen) – Drucks. 18/1812 –

Damit zusammen aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 14:

Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend „rassistische“ Publikationen belasten den interreligiösen Dialog und das interkulturelle Zusammenleben in Hessen – Drucks. 18/1745 –

sowie Tagesordnungspunkt 40:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Landtagsabgeordneter Irmer konterkariert erneut hessische Integrationspolitik – Drucks. 18/1820 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

(Zuruf: Wo ist denn Herr Irmer? – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Der ist aus dem Verkehr gezogen, damit er nicht ausfällig wird!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anlass für diese Aktuelle Stunde sind die unerträglichen Äußerungen des CDU-Abgeordneten Hans-Jürgen Irmer im „Wetzlar Kurier“.

Der „Wetzlar Kurier“ wird in einer Auflage von über 100.000 Exemplaren kostenlos an die Haushalte im LahnDill-Kreis verteilt. Herr Irmer selbst ist der Herausgeber.

Die aktuelle Ausgabe des „Wetzlar Kurier“ ist betitelt mit „Danke, Schweiz: Minarette sind politische Symbole“.

Die Volksabstimmung in der Schweiz hat europaweit Sorgen hervorgerufen, weil sie ein fatales Signal zum Zusammenleben der Kulturen und Religionen aussendet. Das haben wir auch hier im Landtag debattiert.

Meine Damen und Herren, so wie im „Wetzlar Kurier“ wurde das Ergebnis dieser Volksabstimmung sonst nur von rechtsradikalen Parteien kommentiert. In dem Artikel – Hans-Jürgen Irmer ist Autor dieses Artikels – heißt es, ich darf zitieren:

Wenn man darüber hinaus über den Islam in Deutschland

wohlgemerkt –

spricht, fallen einem Begriffe wie Ehrenmorde, Zwangsehen, Rolle der Frau, genitale Verstümmelung, teilweise fehlender Respekt vor staatlichen Institutionen ein, und man kann es ergänzen durch fehlende Religionsfreiheit in islamischen Ländern, durch fehlende Meinungsfreiheit, durch Christenverfolgung in fast allen Islamstaaten dieser Welt.

Irmer erweckt den Eindruck, der Islam sei mit Terrorismus,Unterdrückung und Gewalt gleichzusetzen.Damit diffamiert er Musliminnen und Muslime in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Diese Erklärung zum Minarettverbot ist kein einmaliger Ausrutscher. Keine Ausgabe des „Wetzlar Kurier“ ohne Hetzüberschriften wie, ich darf zitieren: „Verschärfte Überwachung von Moscheen gefordert“, „Islamischer Religionsunterricht ist das Einfallstor für die Fundamentalisten“, „Für Europa – gegen Eurabien“, „Die schleichende Islamisierung Deutschlands und Europas ist in vollem Gange“,„Siegeszug des Islam geht über die Kreiß

säle“,„Neues aus der islamistischen Welt – ,Die Moscheen sind unsere Kasernen‘“ und – das ist der Gipfel –: „Islamisten erheben Weltherrschaftsanspruch“.

In der Dezember-Ausgabe gab es den geschmacklosen Reim im „Wetzlar Kurier“, ich darf zitieren:

Integration hat sich expandert, wir sind in Deutschland unterwandert … Denn Menschen, die ganz anders denken und die meisten Kinder schenken, leben, teilweise bequem, von unserem Sozialsystem. Moscheen gleichen Epigonen, Garantie für Fremd-Religionen … In Zukunft ists dann viel zu spät, wenn auf dem Dom der Halbmond weht.

Ich schäme mich fast, das hier zu zitieren.

(Axel Wintermeyer (CDU): Wer hat das denn geschrieben?)

Solche Zeilen werden in Wetzlar in sämtliche Haushalte verteilt.

Meine Damen und Herren, seit dem 11. September 2001 stehen Muslime vielerorts unter Generalverdacht, sind rassistischen, religiösen Vorurteilen ausgesetzt. Ich will auch erwähnen, dass es im Jahr 2008 zwei Brandanschläge auf eine Moschee und auf einen türkischen Verein in Wetzlar gegeben hat. Die Täter sind bisher nicht gefasst. Muslimische Gemeinden in Wetzlar beklagen, dass sie Drohbriefe mit rechtsradikalem Hintergrund bekommen.

In einer solchen Situation weiter zu zündeln und Ängste so bewusst zu schüren, das ist ungeheuerlich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es sollte uns alle alarmieren, dass eine junge Muslimin, Marwa El-Sherbini, in einem Gerichtssaal erstochen wurde, nur weil sie Muslimin war.

Die NPD macht eine Kampagne gegen den Bau von Minaretten in Deutschland unter dem Titel,der sehr bekannt vorkommt: „Danke, Schweiz – Minarettverbot auch hier.“

Auf der Homepage der NPD freut sich die NPD darüber, dass der „Wetzlar Kurier“ ihren Slogan übernommen hat.

In Wetzlar gibt es ein breites Bündnis gegen Nazis. Es besteht aus Gewerkschaften,Parteien und Kirchen.Statt das zu begrüßen, kritisiert der „Wetzlar Kurier“ die Teilnahme des FDP-Oberbürgermeisters an einer Anti-NaziVeranstaltung.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist unglaublich!)

Gleichzeitig veröffentlichen sie den folgenden Leserbrief, und ich finde, das schlägt dem Fass den Boden aus. Ich darf zitieren:

Wir Deutsche dürfen um Gottes willen nichts mehr sagen zu diesen Ausländerproblemen in unserem Volk und Vaterland....Wo ist unser Volk hingekommen? Ich komme aus einer Ära, wo noch alles hundert Prozent gestimmt hat. Die Sozialkassen waren voll, und alles war in Ordnung. Heute bestimmen die ausländischen Politiker unsere Politik. Da nimmt der GRÜNEN-Chef Özdemir Stellung zu den Geschehnissen der CDU-Politikerin Erika Steinbach. Was weiß dieser GRÜNE von unserer deutschen Geschichte, z. B. von den Vertreibungen der Deutschen von 1945?

Herr Irmer, Sie sollten sich schämen. Diese rassistischen Parolen werden abgedruckt und im gesamten Lahn-DillKreis verteilt. Ihre Vorträge bei Burschenschaften sind seit Jahren geprägt von islamfeindlichen, ausländerfeindlichen Äußerungen und Hetze gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften.

Liebe CDU-Fraktion, ich sage Ihnen auch: Ihr Eintreten für interreligiösen Dialog, für Integration bleibt unglaubwürdig, solange Sie einen Abgeordneten wie Hans-Jürgen Irmer in der ersten Reihe Ihrer Fraktion als stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden dulden.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Wissler, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Frau Präsidentin, vielen Dank, ich komme zum Schluss.

Ich denke, man braucht keine Partnerregion in der Türkei, wenn man die Muslime im eigenen Land so behandelt. Im Grundgesetz ist eine Gleichbehandlung der Religionen garantiert. Sie sollten aufhören, Ängste und Vorurteile zu schüren.

Ich fordere die CDU-Fraktion auf, sich von diesen Äußerungen zu distanzieren, weil Hassprediger wie Hans-Jürgen Irmer das Klima in diesem Land vergiften.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das geht nicht!)

Frau Kollegin Wissler, zu Ihrem letzten Satz eine Mahnung an Sie: Ich darf Sie bitten, hier im Rahmen der parlamentarischen Äußerungen zu bleiben.

Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Müller für die CDU-Fraktion.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das machen wir nicht mit! Auf den „Hassprediger“ kommen wir zurück!)

Frau Präsidentin, liebe – –