Protocol of the Session on January 28, 2010

Ich will Ihnen einräumen, dass es keine einfache Situation in einer Behörde ist, wenn es Schwierigkeiten bei der Zusammenführung von Mitarbeitern, der Reorganisation und der Motivation gibt. Ich sage Ihnen aber auch einmal ganz offen – auch das müssen die Beteiligten sehen –: Mir scheint es, dass Sie da einige Mitarbeiter haben, die bei aller Motivation und Leidenschaft, die man für seinen Beruf mitbringt, irgendwann die Bodenhaftung verloren haben und einer normalen Loyalität als Beamter nicht mehr fähig sein wollten oder nicht mehr fähig sein konnten. Nicht alles, was zur Illoyalität von Beamten und zum Nichtbefolgen von Anweisungen führt, ist ein gerechter Kampf gegen das System, sondern manches auch schlicht die nicht ordnungsgemäße Abarbeitung der Aufgaben,die man hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es gibt in der Frage nicht nur eine Dimension. Was mich besonders fasziniert – das wissen Sie –: Durch intensivste parlamentarische Beratung gibt es alle relevanten Informationen über diesen Fall. Es gibt eigentlich kaum einen Fall – ich bin ein paar Jahre dabei –, in dem alles so auf dem Tisch lag wie hier und man es dann bewerten konnte. Mann kann es immer unterschiedlich bewerten. Aber zu behaupten, man wisse etwas nicht, ist höchst ungewöhnlich. Es gibt aus meiner Sicht – das müssen Sie sich schon gefallen lassen – eine Opposition, die nach einigen Wochen die Souveränität verloren hat, einen Sachverhalt so zu beurteilen, wie sie ihn früher gesehen hat, nur weil ein Presseorgan Ihnen jeden Tag einen Artikel geschrieben hat.Das ist auch eine der Tatsachen,warum wir das haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

In der Kürze der Zeit – denn ich will die Redezeiten des Parlaments nicht verlängern – einige wenige Feststellungen. Die erste Feststellung ist: Wir haben mehrere Komplexe, über die Sie diskutieren.

Der erste Komplex ist die Veränderung von Dienstanweisungen bei der Behandlung von Steuervergehen. Über diese Frage hat es hier einen langen Untersuchungsausschuss gegeben. Dieser Untersuchungsausschuss hat alle Sachverhalte ausführlich betrachtet. In diesem Untersuchungsausschuss ist deutlich geworden, dass es eine sachgerechte, auch von anderen Bundesländern in vergleichbarer Weise durchgeführte Verwaltungsanordnung war. Aber – nur das sage ich heute –: Es war so, dass dieser Untersuchungsausschuss, der das Ziel hatte, diesen Finanzminister anzugreifen, am Ende so wenig von seinen Ermittlungsergebnissen beeindruckt war, dass er es nicht einmal mehr für nötig gehalten oder nicht mehr den Mut hatte, den Finanzminister überhaupt als Zeugen zu laden. Das ist ein Hinweis darauf:In diesem ersten Komplex gibt es nichts zu ermitteln.Aber in diesem ersten Komplex gibt es auch nichts vorzuwerfen. Sonst wäre die Debatte anders gelaufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dann gibt es einen zweiten Komplex: die Umorganisation der hessischen Finanzverwaltung, mit der Beamte in andere Abteilungen versetzt worden sind. Damit waren

nicht alle einverstanden – da sind Finanzämter aufgelöst worden, da sind Abteilungen aufgelöst worden, und da sind für ganz Hessen Zuständigkeiten neu geschnitten worden. Damit waren einige Mitarbeiter nicht einverstanden, was legitim ist.

Sie unterstellen aber, sie seien hinterrücks – entgegen ihren Rechte – irgendwohin versetzt worden. Ich sage Ihnen: Diese Mitarbeiter haben – jedenfalls einige von ihnen – gegen diese Versetzungen geklagt, und es ist vom Verwaltungsgericht beschieden worden, dass diese Versetzungen rechtsmäßig waren, und sie haben dagegen keine weiteren Rechtsmittel eingelegt. Es bleibt nun einmal dabei: Wenn die Verwaltung ihr Ermessen ausübt, Mitarbeiter einzusetzen, kann dies gerichtlich überprüft werden. Das gibt es in Deutschland Gott sei Dank. Herr van Ooyen, Sie mit Ihren unverschämten Sprüchen über diesen Staat, das gibt es in all den Staaten, die Sie immer zum Vergleich heranziehen wollen, um uns zu beleidigen, eben nicht. Das sind Staaten, mit denen Sie früher sehr gute Kontakte gehabt haben und niemand anders hier.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will in diesem Zusammenhang auch sagen: Es ist nicht nur gerichtlich überprüft worden, es gibt da nicht nur einen Anspruch – auch der staatlichen Institutionen –, dass Mitarbeiter dem folgen, sondern– das sage ich an die Adresse der Sozialdemokraten gerichtet – Sie haben sich doch auch deshalb so lange zurückgehalten, weil Sie genau wussten, dass dies kein Vorgang auf der politischen Ebene ist, sondern dass es eine Frage ist, die Beamte zu verantworten und zu entscheiden haben, in allen Hierarchiestufen. Sie wissen ganz genau, dass der heutige Präsident der Oberfinanzdirektion, der zuvor der Personalund Zentralabteilungsleiter des hessischen Finanzministers war, keiner ist, der dieses Amt aufgrund einer politischen Entscheidung übernommen hat, sondern dass er unter Regierungen, die von diesen beiden Seiten geführt worden sind, das Vertrauen für das gesamte Personal der hessischen Finanzverwaltung übertragen bekommen hat. Dem haben Sie durchaus auch lange einigermaßen schweigend zugeschaut.Nur,als Sie die Zeitungen gelesen haben, meinten Sie irgendwann, es sei so schön, auf Herrn Weimar herumzutrampeln, sodass Sie all Ihre eigenen Erfahrungen und Kenntnisse von Loyalität und Beamtentreue vergessen haben; und diese Leute ziehen Sie nun mit durch den Dreck, nur damit dazu ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird.Das ist nicht in Ordnung,meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Dann kommt der dritte Komplex: die Dienstunfähigkeit.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Auch in diesem Zusammenhang muss man sagen, sonst kann man die Entscheidungen gar nicht verstehen:

(Petra Fuhrmann (SPD): Ja!)

Wir haben vier Mitarbeiter, die ich jetzt nicht namentlich benenne, obwohl dies auch überall geschieht. Wir haben eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter A, die/der vor der Ruhestandsversetzung vom Juli 2006 bis zum Ruhestandsversetzungsbescheid am 23.03.2009 dienstunfähig erkrankt war.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Unglaublich, drei Jahre lang, und das mit vollem Gehalt!)

Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter B war im Jahre 2004 an 47 Tagen erkrankt, seit dem 17.01.2005 bis zur Ruhestandsversetzung durch den Bescheid vom 29.01.2007 ununterbrochen.

Im Falle des weiteren Mitarbeiters geht es im Jahr 2004 um 61 Tage, vom 17.01.2005 – das ist dasselbe Datum wie zuvor genannt – ununterbrochen bis zur Ruhestandsversetzung ebenfalls mit Bescheid vom 29.01.2007.

(Axel Wintermeyer (CDU): Unglaublich! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Bei vollem Gehalt!)

Die vierte Mitarbeiterin/der vierte Mitarbeiter ist in diesem Zusammenhang nach einer Krankheit vom 16.08.2004 bis zum Bescheid vom 19.12.2006 in den Ruhestand versetzt worden.

(Günter Rudolph (SPD): Was wollen Sie damit sagen, Herr Koch?)

Wer bei diesen Vorwürfen in das Gesetz schaut, weiß, dass eine Ruhestandsversetzung allein mit dem Zeitablauf möglich gewesen wäre, und zwar ohne weitere Prüfung. § 51 des Gesetzes sagt nämlich: Wenn es mehr als sechs Monate lang dauerhaft ist und ich nicht erwarten kann, dass er in den nächsten drei Monaten zurückkommt, was man nach 24 Monaten erwarten darf, dann ist eine Ruhestandsversetzung möglich,und nur im Zweifel sind Untersuchungen vorzunehmen. Diese Behörde hat dies nicht gemacht, sondern sie hat – –

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Schmitt,passen Sie einmal auf.– Diese Behörde hat von Anfang an erklärt, dass sie das in eine amtsärztliche Untersuchung führt. Diese amtsärztliche Untersuchung ist durchgeführt worden. Wir haben die Berufsentscheidung, und wir wissen, dass die Begründung, die der Arzt gegeben hat, nach den berufsständischen Regeln nicht ausreicht. Wir haben keine Entscheidung – auch wenn das immer unterschlagen wird –, dass diese Entscheidung falsch war. Das bleibt völlig offen.

Wir haben aber eines:

(Zuruf des Abg. Manfred Görig (SPD))

Herr Abg. Görig, wir haben die Entscheidung, die dort nach dem Verfahren getroffen wurde, natürlich zuerst den Mitarbeitern vorgelegt – die müssen nämlich angehört werden –, und die hätten dieser Entscheidung widersprechen können.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

Wir haben die Verfügung anschließend zugestellt, und die Mitarbeiter hätten dagegen Klage erheben können. Eines steht fest: Jedenfalls diese Mitarbeiter sind im Erheben von Dienstaufsichtsbeschwerden und Klagenv erfahren. Sie haben das an anderer Stelle auch gemacht.Wenn sie es an dieser Stelle nicht gemacht haben,

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Hört, hört!)

muss doch wenigstens der Hinweis erlaubt sein, dass die lange Krankheit offensichtlich auch die Mitarbeiter zur damaligen Erkenntnis gebracht hat, dass sie in dieser Weise nicht weiterhin im öffentlichen Dienst beschäftigt werden sollten. Das heißt:Wir haben korrekte Anweisungen an Mitarbeiter gerichtet, die nicht alle befolgen wollten.Wir haben eine Umorganisation gehabt, aufgrund derer in vielen Finanzämtern Mitarbeiter an andere Stand

orte und in andere Bereiche versetzt worden sind. Es gibt niemanden, der das Privileg hat, immer Steuerfahnder zu sein und sich nicht auch um Körperschaft- oder Einkommensteuer kümmern zu müssen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Hört, hört!)

Wir haben nach jahrelanger Krankheit ein pflichtgemäßes Ruhestandsversetzungsverfahren, bei dem diese Mitarbeiter keine der Möglichkeiten genutzt haben, zu sagen: Wir wollen weiter arbeiten.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Das ist die Bilanz, mit der man zunächst einmal herangehen muss. Diese kann man dann durch die Tatsache ergänzen, dass der Finanzminister – nach der Diskussion und nach der Entscheidung des Gerichts in der Frage der berufsständischen Ordnung – die Entscheidung getroffen hat, diesen Mitarbeitern anzubieten, nach einer erneuten Untersuchung – das ist nun mal die Voraussetzung, um wieder in den Beamtendienst zurückzukommen – möglicherweise in einem anderen Bundesland, wenn sie das wünschen, ein Privileg, das wir noch nie einem Mitarbeiter eingeräumt haben, mit einem neutralen Ombudsmann zurückzukehren, damit sozusagen mögliche Vorwürfe beachtet werden können, weil wir die öffentliche Diskussion repräsentieren. Das haben wir auch noch nie an irgendeiner anderen Stelle gemacht. Unter all diesen Bedingungen haben diese Mitarbeiter aber erklärt: Wenn wir als Staat nicht garantierten, dass sie genau denselben Job machen, den sie aus ihrer Sicht vorher so besonders gut gemacht haben, dass sie glauben, im Gegensatz zu allen anderen Beamten dieses Landes einen Anspruch auf genau diesen Arbeitsplatz zu haben, kämen sie erst gar nicht zur Untersuchung, um wieder eingestellt zu werden. Das ist bis zum heutigen Tag die Situation.

Jetzt hat Herr Kollege Kaufmann noch dafür gesorgt, ärgerlicherweise, wie ich sage, dass die angedrohte Schadensersatzklage – ich habe mir dies angesichts der Tatsache,dass sie gegen die Ruhestandsversetzung nicht einmal Einspruch eingelegt haben, mit großem Interesse angeschaut, damit wir in der Sache endlich einmal ein Urteil gehabt hätten – offensichtlich auch nicht gemacht wird, weil es Ihnen nicht gepasst hat, dass das Urteil möglicherweise schon während des Untersuchungsausschusses gekommen wäre.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Unglaublich!)

Die langjährige Vorsitzende des Gesamtpersonalrats bei der Oberfinanzdirektion, Frau Kastell-Monecke – sie war dort während der gesamten Situation, immerhin von 1986 bis zum Jahre 2005,Vorsitzende des Gesamtpersonalrats –, hat dazu einen offenen Brief geschrieben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Den kennen wir!)

Das ist schon einmal gut, wenn Sie den kennen, aber ich möchte, dass er im Protokoll des Hessischen Landtags ist. Deshalb lese ich ihn jetzt vor, und zwar in einem durchaus längeren Teil.

Der eigentliche Sachverhalt ist

so schreibt sie –

leicht erzählt. Beamte werden rechtmäßig umgesetzt und sind damit nicht einverstanden. Da sie keine Möglichkeit sehen, sich hiergegen mit juristischen Mitteln erfolgreich zu wehren, melden sie sich krank und gehen vielleicht über Jahre bei vol

ler Bezahlung spazieren. Die Verwaltung schickt sie – wie vorgesehen – zum Versorgungsamt, und sie werden von dort auf Basis ihrer eigenen Krankmeldungen für dienstunfähig befunden. Die entsprechenden Bescheide lassen sie allesamt bestandskräftig werden. Kaum in Pension, beginnen sie einen Feldzug gegen ihren Dienstherrn. Sie versuchen ihrer Pensionierung, die sie billigend in Kauf genommen haben, eine politische Dimension zu geben. Die Amtsverfügung (des Vorstehers!), die im Amt für Streit und mancherlei Querelen gesorgt hatte,sollte nun angeblich dazu dienen,die Reichen und Mitglieder der CDU zu schonen.

(Anhaltende Zurufe des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Die bis dahin völlig unauffälligen vier Durchschnittsbeamten stilisieren sich jetzt selbst zu „Spitzenfahndern“ hoch, die man von den großen Bankenfällen abgezogen hat.Was für eine Geschichte.

Jetzt haben wir eine richtig böse Geschichte, die kein anständiger Mensch mehr tolerieren kann.Die durch Zitate hergestellte bewusste perfide Bezugnahme auf die Vergangenheit ist eine verleumderische Hetze übelster Art, die alle Mitarbeiter der hessischen Finanzämter diffamiert und der gesamten Finanzverwaltung ihre demokratische Legitimation zu entziehen versucht.