Protocol of the Session on January 26, 2010

Ein solches Video diene der Entspannung, sagte der Kollege Blechschmidt beim letzten Mal. Er beschrieb den Entspannungsvorgang mit den Worten: „wie es dort blubbert, macht und tut“, und meinte damit eine AquariumDVD.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Herr Kollege Blechschmidt, für einen Politiker wäre das vielleicht wirklich ein guter Ausgleich, es sei denn, in diesem Aquarium kurven auch Piranhas herum; dann ist der Unterschied zwischen diesem Video und dem Landtag nur gering.

Wenn das schon keine Sternstunde des Parlamentarismus ist, ist es doch ein erfreulicher Beleg dafür, wie gut es unserem Land Hessen in Wahrheit geht, dieser miserablen Landesregierung zum Trotz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Roland Koch: Na, na, na!)

Wenn es nämlich zu den wichtigsten Problemen unserer Zeit gehört, dass Videotheken und Autowaschanlagen sonntagnachmittags geöffnet haben dürfen, sind wir ein wirklich glückliches Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings fragt man sich dann, warum unsere Regierenden von ihren Regierungssesseln im Landtag immer so übellaunig und finster herabblicken, statt deutlich euphorischer aufzutreten, wenn wir doch ein solch glückliches Land sind.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich vermute – damit spreche ich jetzt die Regierung an –, dass Ihr Engagement für die Lösung von Scheinproblemen nicht echt, sondern nur Camouflage ist, also der Versuch, ernstere Probleme mangels eigener Lösungskompetenz möglichst zu verschleiern. Das wiederum bedeutet, dass wir Hessinnen und Hessen vielleicht doch nicht so glücklich sein können, werden wir doch von Leuten regiert, die weitgehend konzeptlos, uninspiriert und skandalumschlungen daherkommen und sich im Gewirr ihrer eigenen Unzulänglichkeiten verfangen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und bei den Koalitionsfraktionen,freuen Sie sich doch wenigstens ein bisschen darüber, dass Sie jetzt sonntagnachmittags bald ein neues Event zelebrieren können: Nehmen Sie Ihren Freund im Auto mit, düsen Sie zur Tanke, und lassen Sie das Auto waschen – aber nicht vergessen, vorher das Dach zu schließen –, und dann geht es mit dem blitzblanken Blechle zur Videothek. So genießen Sie geballte Kultur – ein echter Fortschritt, auf den wir schon lange gewartet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die betroffenen Videothekenmitarbeiter und -besitzer ebenso wie das Bibliothekspersonal werden Sie schon jetzt verfluchen; denn der zusätzliche Aufwand der Sonntagsöffnung rechnet sich, gemessen am Umsatz, höchstwahrscheinlich nicht, und nur die Angst vor der Konkurrenz wird letztlich unrentable zusätzliche Öffnungszeiten erfordern.

Ich darf noch anmerken: Wenn man sagt, das könne man an anderer Stelle zeitlich einsparen, antworte ich: Für Sonntagsarbeit muss man aber auch mehr bezahlen. Das heißt, Sie würden einen ganzen Tag lang schließen müssen, wenn Sie die Öffnung am Sonntagnachmittag finanziell ausgeglichen bewältigen wollten.

Ich komme zum Schluss. Wir werden Sie nicht daran hindern können, diesen Unsinn zu beschließen. Sie rechnen gewiss nicht damit, dass wir Sie dabei noch unterstützen. Deswegen sage ich es noch einmal ganz klar:Wir GRÜNE lehnen diesen Gesetzentwurf aus Überzeugung ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Dr. Blechschmidt für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Günter Rudolph (SPD): Ich habe es mir immer noch nicht angeguckt!)

Im Vertrauen,Sie haben es sich angeschaut.Sie haben es mir einmal ganz im Stillen gesagt. Sie geben es nicht zu, wie manch andere auch, die hier sehr offen etwas postulieren, machen und tun.

Herr Kaufmann, das liegt an diesem Dienstagabend. Er muss es in sich haben, dass man etwas macht, wie man mit seinem Weltbild umgeht,wie man das als GRÜNER sieht, dass man keine Toleranz hat und nicht akzeptiert, dass andere Menschen anders leben als man selbst. Das müsste aber eigentlich die entsprechende Toleranz mit sich bringen.

(Beifall bei der FDP)

Ich gestehe es dem SPD-Vertreter zu, dass er sich meine DVD nicht angeschaut hat. Das verstehe ich völlig. Eine konstruktive DVD hätte ich Ihnen auch nicht geschenkt. Es ist gut, dass sie weg ist, dass sie bei Ihnen ist.

Aber es gehört auch dazu, dass wir alle eingestehen, dass wir sehr unterschiedliche Lebensplanungen haben. Das gilt nicht nur für den Sonntagnachmittag, sondern auch für jeden anderen Tag in der Woche.Es hat auch etwas mit Toleranz zu tun, das zuzugestehen.

(Beifall bei der FDP)

Dann hat man dem Ganzen an diesem Dienstagnachmittag noch die Krone aufgesetzt, indem man das Feiertagsgesetz mit einer Spende verbunden hat. Gut, dass es die Spende gibt. Sonst könnte man sagen, dass der SPD nichts Neues eingefallen ist.

(Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, dann wird auch dieses Vorurteil noch bestätigt, wunderbar. – Nachdem ich den Vertretern der SPD in der Beratung zugehört habe, muss ich feststellen, die SPD hat gelernt. Insofern war die dritte Lesung wertvoll.

Ich finde es gut, dass wir uns in der ersten Lesung über die Videos unterhalten haben, dass die SPD bei der Anhörung im Ausschuss entdeckt hat, dass es auch noch Bibliotheken gibt,und dass wir uns heute über die Waschstraßen unterhalten. Das heißt, inzwischen haben alle, die im Plenum sitzen, den Gesetzentwurf gelesen bzw. ihn zur Kenntnis genommen.

Jeder weiß, dass die Akzente, die von der Opposition herausgearbeitet worden sind, willkürlich gesetzt und von krasser Intoleranz geprägt sind. Es ist das Weltbild des Herrn Kaufmann und von anderen,die keine Toleranz haben und nicht zugestehen wollen, dass andere Menschen anders leben als sie.

(Beifall bei der FDP)

Dann hat man im Ausschuss die Beiträge der SPD-Abgeordneten gehört, die auf einmal auch noch die Feiertage bemühen.Die SPD-Fraktion hat festgestellt,dass die auch noch geschützt werden sollen. Herr Kollege Rudolph, dann frage ich mich wirklich: Warum haben Sie im Ausschuss nicht beantragt, die ganze Woche unter das Feiertagsgesetz zu stellen – natürlich bei entsprechendem Lohnausgleich, damit wir das Feiertagsgesetz auch in dieser Hinsicht abarbeiten können? Das ist doch absolut absurd.

(Beifall bei der FDP)

Wenn der heutige Tag eines deutlich gemacht hat, dann dies – deshalb die Abänderung meiner Rede; alle Vorredner haben das schon angesprochen –: dass die Opposition erkannt hat, dass der Gesetzentwurf verschiedene Varianten und Toleranzen enthält.

(Zurufe von der SPD)

Ich rate Ihnen, den Gesetzentwurf noch einmal nachzulesen. Das Gesetz spricht für sich.

Was den Dienstagabend betrifft, sage ich im Zusammenhang mit der Gesetzesberatung: Ich plädiere dafür, dass wir diese Diskussion am Dienstagabend unter den Schutz des Feiertagsgesetzes stellen. Deswegen bin ich froh, dass es keine vierte Lesung gibt, sondern dass wir die Diskussion beenden und das Gesetz endlich rechtskräftig werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo Herr Dr.Blechschmidt recht hat,hat er recht:Das Gesetz spricht für sich.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Wir wissen aus der Diskussion, dass für die Regierung der Herr Innenminister noch vor drei Jahren in diesem Land

tag verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche Regelung geltend gemacht hat. Das Gesetz spricht für sich.Wir wissen mittlerweile, dass der Freiheitsbegriff der FDP so weit reicht, dass sie den Koalitionspartner nötigt, ein solches Gesetz wider besseres Wissen zu erlassen. In den Reihen der CDU ist es nämlich durchaus nicht unumstritten, wie wir in den bisherigen Diskussionen erfahren haben.

(Zuruf von der SPD: Herr Klee lässt grüßen!)

Ich hätte mir gewünscht, dass die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, die sich den christlichen Werten verbunden fühlen, in diese Debatte eingreifen; denn bei dem, was hier stattfindet, geht es um ein Aufweichen der Regelungen zur Sonntagsarbeit,

(Beifall bei der LINKEN)

und das ist weiß Gott ein unchristlicher Gedanke.Das Gesetz spricht für sich.

Herr Dr. Blechschmidt, wenn Sie von Toleranz sprechen, sage ich Ihnen: Ich fordere Toleranz auch gegenüber all denjenigen ein, die sonntags nicht im Konsumrausch leben, sondern sich tatsächlich ihrer Familie und vielleicht auch ihrem Glauben zuwenden und für die Entwicklung einer Gemeinschaft streiten, die nicht dadurch geprägt ist, dass am Sonntag die Konsumtempel geöffnet sein müssen. Dieses Gesetz spricht in der Tat für sich.

Ich gehe sogar noch weiter: Es ist richtig, wir haben uns in der Vergangenheit darüber unterhalten, wie das mit den Videotheken ist und warum es notwendig ist,dass man am Sonntagnachmittag Videos ausleihen kann.Wir haben weniger darüber gesprochen, wie die Entwicklung bei den Bibliotheken ist. Ich kann nach wie vor nicht nachvollziehen, wieso die Bibliotheken in diesen Gesetzentwurf mit aufgenommen wurden.

Nun kann man natürlich hergehen und sagen: Jawohl, die Bibliotheken verleihen auch Videos, die muss man sich auch am Sonntagnachmittag noch ausleihen können. – Okay, das wäre eine Erklärung.