Deswegen werden wir an dieser bewährten Struktur festhalten und das gemeinsam überprüfen. Aber grundsätzlich vertreten wir die Auffassung,dass die bewährte Struktur erhalten bleiben soll und dass das in Zusammenarbeit mit den Kreisen in den letzten Jahren sehr vernünftig und gut funktioniert hat.
Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Lesung zu dem besagten Gesetzentwurf.
Wer dem Änderungsantrag der GRÜNEN seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN mit den Stimmen der CDU, der SPD und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucks. 18/1602 zu Drucks. 18/1155. Wer diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der CDU, der SPD und der FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE beschlossen und somit zum Gesetz erhoben.
Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 63 auf: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kommunalisierung der Gebiete des Veterinärwesens, des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelüberwachung,Drucks.18/1640.Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu überweisen.– Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.Dann ist das so beschlossen.
Eingegangen und auf den Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend der Länderfinanzausgleich ist keine Einbahnstraße – Hessen darf nicht länger Zahlmeister der Nation sein, Drucks. 18/1704. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Dann wird dieser Dringliche Antrag zu Tagesordnungspunkt 98 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, gemeinsam mit den Tagesordnungspunkten 35 und 40 aufgerufen werden.
Weiter eingegangen und auf den Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Hessen steht für Toleranz und Religionsfreiheit, Drucks. 18/1705. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Damit wird dieser Dringliche Entschließungsantrag zu Tagesordnungspunkt 99 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, nach Tagesordnungspunkt 74 aufgerufen und ohne Aussprache abgestimmt werden. – Dem wird nicht widersprochen. Dann ist das so beschlossen.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Ausweitung der Erstausbildungsförderung für Altbewerberinnen und Altbewerber – Drucks. 18/1242 –
Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart worden. Zur Einbringung hat Frau Wissler das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit Wochen finden Proteste für bessere Bildung statt. Schülerinnen und Schüler demonstrieren. Studierende besetzen ihre Hochschulen. Lehrerinnen und Lehrer streiken. Dies tun sie für bessere Schulen und Hochschulen.
Sie kämpfen aber auch für diejenigen, die eine berufliche Ausbildung absolvieren oder dies zumindest versuchen. Über diese wird im Allgemeinen sehr selten gesprochen. – Die leeren Ränge insbesondere bei CDU und FDP zeigen, wie sehr Ihnen das Thema am Herzen liegt. Ich bedauere insbesondere, dass Herr Minister Banzer als Zuständiger für Arbeit und Jugend bei der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes nicht anwesend ist.
Der Übergang von Schule zu Beruf gestaltet sich für viele junge Menschen schwierig, und zwar unabhängig davon, welchen Schulabschluss sie machen und wie gut oder schlecht dieser ausgefallen ist. Immer mehr zählen zu der sogenannten Generation Praktikum. Sie hangeln sich von einem Job zum nächsten,von einem Praktikum zum nächsten. Dies erfolgt häufig unbezahlt, immer in der Hoffnung, eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu bekommen.
Wer eine betriebliche Ausbildung anstrebt, steht vor dem Problem, dass das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen konjunkturabhängig ist. Damit werden die Lebenschancen junger Menschen faktisch abhängig von der Konjunkturentwicklung. Das kann nicht sein.
Auch für die Wirtschaft insgesamt, die schon jetzt über einen Fachkräftemangel klagt, wird dies auf absehbare Zeit zu einem Problem werden. Aus gutem Grund würde niemand – außer vielleicht die Kollegen von der marktradikalen Fraktion – die Finanzierung des Schulwesens von der Konjunkturentwicklung abhängig machen; denn das würde vermutlich dazu führen,dass ein erheblicher Anteil der Kinder im Alter von zehn Jahren noch nicht lesen und schreiben könnte. Deshalb ist die Schule dem Markt mit seinen Schwankungen entzogen und unter staatliche Obhut gestellt. Es gibt deshalb eine Schulpflicht. Es gibt aber keine Pflicht zur Berufsausbildung, obwohl diese ebenso unentbehrliche Fähigkeiten vermittelt.
Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die kein Studium aufnehmen, brauchen einen Ausbildungsplatz, wenn sie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben wollen. Viele bekommen diese Chance nicht, weil es den Unternehmen freisteht, ob sie ausbilden oder nicht ausbilden. Obwohl die Verantwortung für ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot bei der Wirtschaft liegt, wie es auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, kommen die Unternehmen ihrer Verantwortung nicht nach, für ein ausreichendes Angebot zu sorgen.
Die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit versuchen, über die Misere auf dem Ausbildungsmarkt hinwegzutäuschen; denn nicht jeder, der gern einen Ausbildungsplatz hätte, wird in dieser Statistik überhaupt geführt. Alle Jugendlichen, die auf der Suche nach einem betrieblichen Ausbildungsplatz irgendetwas gefunden haben – beispielsweise eine schulische Maßnahme, eine sogenannte berufsvorbereitende Maßnahme – oder die die aktive Suche aufgegeben haben, tauchen z. B. nicht mehr auf. Die gelten als versorgt. Die DGB-Jugend Hessen hat in ihrer Ausbildungsbilanz 2009 aufgezeigt, dass diese Zahlen geschönt sind, weil unter anderem die Optionskommunen herausgerechnet wurden. Dann ist natürlich alles in Butter – aber leider eben nur statistisch.
Die SPD-Fraktion hatte erklärt, sie erwarte vollständige Aufklärung, wer zu welchem Zeitpunkt über diese Diskrepanzen informiert war. Sie wollten den Vorgang in der nächsten Plenarsitzung zum Thema machen. Das war Anfang November. Wir haben das jetzt in die Hand genom
men.Wir denken, das war in Ihrem Sinne, und wir hoffen, dass die Landesregierung zu diesen Zahlen etwas sagen kann.
Die Agentur streicht zudem eine unbekannte Zahl junger Menschen, weil sie angeblich nicht ausbildungsreif sind. Wir alle kennen das Klagen der Arbeitgeber über die angeblich mangelnde Qualifizierung der jungen Menschen, die die Schulen verlassen. Eigentlich müssten alle Kultusminister dem entweder vehement widersprechen oder die Lehr- und Lernsituation an den Schulen sofort verbessern. In Hessen müsste die CDU eigentlich aufschreien – wo Sie doch sonst von Ihrer Schulpolitik so überzeugt sind, wann immer die Opposition Sie kritisiert –; denn die angeblich nicht ausbildungsreifen Jugendlichen kommen nun einmal aus den Schulen, für die Sie von der CDU seit über zehn Jahren zuständig sind.Wenn erfolgreiche Schulabgänger also nicht mehr in der Lage sein sollen, eine Lehre zu beginnen, dann liegt die Schuld entweder bei den Schulen oder – was ich für wahrscheinlicher halte – bei den Unternehmen. Die Schuld bei den Jugendlichen zu suchen, ist so einfach wie falsch; denn die Lage auf dem Ausbildungsmarkt spiegelt natürlich die Lage auf dem Arbeitsmarkt wider.
(Horst Klee (CDU): So eine verkürzte Betrachtungsweise! Es gibt Eltern, die auch eine Verantwortung haben!)
Die Kolleginnen und Kollegen, die infolge der Krise entlassen werden, sind doch auch nicht auf einmal faul oder unfähig geworden. Oder, Herr Klee?
Die Wirtschaft kommt ihrer Verantwortung nicht nach, ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot zu schaffen. Jahr für Jahr werden Tausende von Jugendlichen in die Perspektivlosigkeit geschoben. Es wird ihnen gesagt, dass kein Bedarf nach ihnen und ihrer Leistung bestehe. Liebe Kollegen von der FDP, in diesem Bereich ist Ihnen der Staat als Ersatz für die Unternehmen gerade recht. Sie parken Jugendliche in Maßnahmen der Bundesagentur, damit sie nicht auf der Straße landen, in irgendwelchen Warteschleifensystemen, die in Teilen sinnlos sind, die überhaupt kein vollwertiger Ersatz für eine Ausbildung im dualen System sind. Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Kosten für diesen Flickenteppich von Maßnahmen – so will ich ihn einmal nennen –, die es in diesem Bereich gibt, bundesweit jährlich auf 3,5 Milliarden c belaufen.Am Ende bekommen die Absolventen Zertifikate, die von den Arbeitgebern als „Ausbildung zweiter Klasse“ gesehen werden. Das ist eine Verschwendung von Energie und Leistungsbereitschaft. Stattdessen müssen die Unternehmen endlich zahlen, wenn sie nicht ausbilden.
Das würde die Bereitschaft, auszubilden, vermutlich steigern. Damit würden wir auch etwas für den Mittelstand tun; denn die mittelständischen Betriebe bilden die meisten derer aus, die dann bei den Großunternehmen unterkommen. Deswegen wäre das nur gerecht – auch mit Blick auf kleine und mittelständische Unternehmen.
Herr Boddenberg, wenn Sie meinen, das Sprachrohr des Mittelstands zu sein, dann bezweifele ich das –, die ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind, belegt doch das Scheitern der Ausbildungspakte, bei denen immer auf Freiwilligkeit, auf den guten Willen der Unternehmen gesetzt wurde, statt sie zu verpflichten, ihrer Verantwortung nachzukommen.
Dabei greift die Bundesregierung den Unternehmen, die ihrer Aufgabe nicht nachkommen, recht großzügig unter die Arme. Die schwarz-rote Bundesregierung hat den sogenannten Ausbildungsbonus eingeführt. Dieses Programm ist sicherlich nicht das Gelbe vom Ei, und es ist auch keine Alternative zu einer gesetzlichen Ausbildungsplatzumlage, aber durch den Anreiz dieses Bonus sollten 100.000 Ausbildungsplätze zusätzlich geschaffen werden. Die Bundesregierung hat also eine finanzielle Unterstützung der Ausbildung beschlossen.Was macht die Landesregierung? Sie ist in ihrem Erfindungsreichtum auf die unsägliche Idee gekommen, dieses Geld vom Bund zu nehmen – natürlich –, aber nicht, um die Mittel für die sogenannten Altbewerberinnen und Altbewerber aufzustocken, sondern die Landesregierung kürzt die Landesmittel um den Betrag, den der Bund zahlt. Sie nutzt also den Ausbildungsbonus, um den Landeshaushalt auf Kosten der Schulabgänger zu entlasten. Mit einer solchen Kaltschnäuzigkeit hat sicherlich keiner gerechnet, als dieses Paket beschlossen wurde.
(Hugo Klein (Freigericht) (CDU): Es wäre gut, wenn Sie ein bisschen mehr Ahnung von dem hätten, über was Sie reden!)
Was Sie machen, widerspricht der Intention der Bundesregierung, an der Sie selbst beteiligt sind und waren. Dieses Vorgehen ist inakzeptabel. Sie kürzen das landeseigene Förderprogramm mit dem Argument, die Zielgruppen für den Ausbildungsbonus und das Landesprogramm seien deckungsgleich. Die bisherigen Mittel haben aber gar nicht gereicht. Das ist auf der Homepage des Regierungspräsidiums Kassel nachzulesen. Das RP hat schon im Sommer verkündet, dass aufgrund der aktuellen Antragssituation im Altbewerberprogramm 2009 nicht mehr sichergestellt sei, dass genügend Haushaltsmittel für die Gewährung von Leistungen nach diesem Programm zur Verfügung stehen. Diese Meldung haben die Kammern aufgegriffen. Das heißt, dass die zusätzlichen Mittel sehr wohl zusätzlich eingesetzt werden müssen.
Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, dass es Fördertöpfe gibt, die nicht ausgeschöpft werden, weil zu wenige Menschen von ihrer Existenz wissen. In Hessen stehen rund 10.000 Altbewerberinnen und Altbewerber ohne Ausbildungsplatz da. Deshalb brauchen wir eine Kampagne, die möglichst allen Beteiligten zeigt, welche Möglichkeiten der Förderung es gibt, damit diesen Menschen endlich geholfen wird.
Im Zuge einer historisch hohen Neuverschuldung – wir haben heute früh bei der Haushaltsdebatte darüber gesprochen – sparen Sie stattdessen ausgerechnet bei den Altbewerberinnen und Altbewerbern und verlassen sich auf ein völlig unausgegorenes Bundesprogramm. Dessen zusätzliche Mittel sind aber zusätzlich zu verwenden. Die
Ich komme zum Schluss. – DIE LINKE unterstützt die Forderungen des Bildungsstreiks. Wer nicht ausbildet, muss zahlen. Eine gesetzliche Ausbildungsplatzumlage ist überfällig, denn Bildung ist ein Grundrecht. Meine Damen und Herren, die freie Berufswahl ist im Grundgesetz verankert. Wenn man es genau nimmt, dann ist der Mangel an Ausbildungsplätzen ein permanenter Verstoß gegen das Grundgesetz.