Protocol of the Session on November 19, 2009

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist als positives Ergebnis dieser Reise festzustellen, dass diese Meinung ganz offensichtlich nicht mehr in den Köpfen der Regierung und nicht mehr in den Köpfen der AKP ist. Ich glaube, das haben wir zur Kenntnis nehmen können.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der GRÜNEN)

Wir können zum Zweiten als Länder zur Kenntnis nehmen, dass immerhin der zuständige Minister, Herr Celik, deutlich gemacht hat, dass die Türken verstanden haben, dass die türkische Regierung verstanden hat,dass sie Kontakt mit den Bundesländern aufnehmen muss. Er hat festgestellt, dass er mit elf Bundesländern – dazu gehört auch Hessen – in direkten Kontakt eingetreten ist, um das Thema Integration, aber auch natürlich auch um das Thema Sprache in den Schulen zu diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben darüber hinaus von Herrn Celik gehört – das halte ich für bemerkenswert, und das möchte ich Ihnen gerne hier im Hessischen Landtag sagen –, dass die türkische Nationalregierung nunmehr eine Werbekampagne in Deutschland durchführen möchte,nach dem Motto:„Junge Leute,lernt gut Deutsch!“ Ich glaube, das ist mit einer der Schlüssel dafür, dass wir mit unseren Programmen, mit unseren Ideen auf offene Ohren, und nicht nur auf offene Ohren, sondern auch auf offene Herzen der türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger treffen können.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Öztürk hat es vorgetragen: Das Thema Sprache im Religionsunterricht war beachtlich. Da wurde uns gesagt, es wäre doch ganz sinnvoll, dass ein Islamunterricht – das habe etwas mit Seele zu tun; ich bin dafür, Religionsunterricht hat etwas mit Seele zu tun – in Deutschland in der türkischen Sprache gehalten werden müsse. Sie können sicher sein, mit einem sehr großen diplomatischen Geschick – es gibt weiterhin gute Beziehungen zwischen den Ländern – habe ich dieses Ansinnen genauso deutlich zurückgewiesen. In hessischen Schulen wird auch im Religionsunterricht – hoffentlich bekommen wir einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht – deutsch gesprochen und keine andere Sprache.

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat aber immerhin dazu geführt, dass diese Aussage innerhalb von 24 Stunden bei einem Mittagessen zu Ehren des Ministerpräsidenten – alle Abgeordneten waren dabei – vom Europaminister wiederholt worden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich neben dem Dank an die Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament, die uns auf dieser Reise, die wir gemeinsam gemacht haben, sehr stark unterstützt haben, auch darauf hinweisen: Ich finde, eine Regionalpartnerschaft mit der Türkei muss etwas ganz Normales sein. Nach der Regionalpartnerschaft mit Frankreich, mit Italien, mit Polen und mit Amerika ist es an der Zeit,dass das Land Hessen auch mit einer türkischen Region eine entsprechende Partnerschaft eingeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die sollte aber neben den Kriterien, die Frau Öztürk eben schon zu Recht aufgezählt hat, noch ein Weiteres in den Fokus nehmen. Es darf nicht nur eine Partnerschaft werden, in der sich die Minister, die Abgeordneten, die Oberbürgermeister treffen, sondern es muss eine sein, wo sich die Menschen treffen. Die Landfrauen aus Guxhagen müssen also genauso Lust haben, in die Türkei zu fahren, wie z. B. die freiwillige Feuerwehr von Darmstadt-Dieburg. Da muss man auch ein bisschen an die Logistik denken. Man muss auch ein bisschen daran denken, wie erreichbar es ist. Ich glaube, man würde eine Partnerschaft überhöhen, wenn man so, wie die Partei DIE LINKE es fordert, nunmehr Diyarbakir nimmt. Das hat etwas mit einer politischen Aussage zu tun.Aber Regionalpartnerschaft ist auch eine Partnerschaft, wo man Menschen zusammenführen sollte.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Demonstrati- ver Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ostanatolier sind mehr in Izmir und mehr in Ankara und Antalya, als sie in Diyarbakir sind.

Herr Staatsminister, Sie denken an die Redezeit?

Ich denke an die Redezeit. – Ich möchte zum Schluss meiner Rede zu diesem Thema sagen: Wir werden weiter schauen. Die Landesregierung wird in intensivem Kontakt mit den Fraktionen darüber entscheiden, irgendwann im Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres, welche Partnerregion gefunden wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine letzte Bemerkung. Wir werden alle diejenigen unterstützen, die sich bemühen, die Voraussetzungen nach Art. 7 Abs. 3 Grundgesetz zu schaffen, um eine Religionsgemeinschaft islamischen Glaubens zu werden, um in unseren hessischen Schulen dieses Angebot umsetzen zu können. Da schließen wir niemanden aus. Wir sagen als Landesregierung:Wir helfen dem, wer es auch immer haben möchte.

Meine Bemerkung ist an alle diejenigen gerichtet, die meinen, dass man sich etwas weniger intensiv mit dem Thema islamischer bekenntnisorientierter Religionsunterricht auseinandersetzen sollte. Meine Bemerkung

ist: Wenn wir es nicht schaffen, Teil A der Koalitionsverantwortung umzusetzen, d. h. jemanden zu finden, der bekenntnisorientierten Islamunterricht anbietet – vielleicht auch zwei oder drei, auch bei den christlichen Kirchen haben wir zwei oder drei; Herr Irmer, wir haben nicht nur einen christlichen Religionsunterricht in diesem Lande –,

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn wir es nicht schaffen, so kommt Plan B der Koalitionsvereinbarung zum Tragen. Plan B bedeutet, dass dann Islamkundeunterricht angeboten werden wird.

Hier muss ich auch nicht von irgendjemandem zurückgeholt werden. Die Zeitabläufe waren übrigens auch falsch; denn die Presseerklärung des Ministerpräsidenten – es war übrigens eine gemeinsame Presseerklärung – kam schon in der Woche davor.

Mein Hinweis darauf ist:Wenn wir beginnen, die Frage Islamkundeunterricht zu diskutieren, werden wir automatisch eine Gesamtdiskussion über die Frage Religionskundeunterricht führen. Ich möchte weiterhin bekenntnisorientierten Unterricht der Christen, der Juden und der Aleviten in hessischen Schulen haben.Ich möchte darüber hinaus auch bekenntnisorientierten Religionsunterricht von anderen muslimischen Gruppierungen in Hessen haben. Dafür kämpft die Landesregierung. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU,der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Hahn. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Punkt 62 behandelt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Irmer wollte eine persönliche Erklärung abgeben! – Heiterkeit)

Ich rufe Punkt 63 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Keine Neidkultur in Hessen:Vermögensteuer ab- lehnen – Solidarfinanzierung der Leistungsträger endlich anerkennen) – Drucks. 18/1437 –

Das Wort hat Herr Kollege Dr.Arnold.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Titel sagt alles! Heiner Geißler hatte recht auf diesem Kongress am Wochenende!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bundesparteitag der SPD in Dresden am vergangenen Wochenende hat zur Überraschung vieler, auch innerhalb der SPD, beschlossen, die Vermögensteuer wieder einzuführen.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Diesen überraschenden Erfolg eines Antrags der JusoVorsitzenden Franziska Drohsel lediglich als einen Betriebsunfall einer überforderten Parteitagsführung zu bezeichnen

(Lachen bei der SPD)

denn der Leitantrag der neuen Parteiführung sah eigentlich etwas anderes vor –, ist sicherlich zu kurz gegriffen und deshalb auch Thema dieser Aktuellen Stunde.

Meine Damen und Herren, dieser Vorgang wirft ein bezeichnendes Licht auf die neue Richtung der SPD in ihrem neuen Linkskurs. Ich zitiere gerne Herrn Ministerpräsidenten Roland Koch aus seiner gestrigen Haushaltsrede: Mit Neiddebatten, meine Damen und Herren von der SPD, können wir den Wohlstand unseres Landes nicht organisieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dabei möchte ich heute zunächst ausklammern, dass das Bundesverfassungsgericht 1995 die Erhebung der Vermögensteuer ausgesetzt hat, da das Gericht die Art der Erhebung als verfassungswidrig eingestuft hat – dies vor allem deswegen, weil Immobilien nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ungerechtfertigt besser behandelt wurden als die übrigen Vermögensarten.

Heute geht es zunächst ausschließlich um die politische Bewertung dieses rückwärtsgewandten Vorschlags. Eine Vermögensteuer bezieht sich auf bereits besteuerte wirtschaftliche Substanz. Eine solche Vermögensabgabe bremst die Leistungsbereitschaft der Menschen. Sie bestraft Menschen, die aus eigener Kraft ein Vermögen aufgebaut und ihr verdientes und auch versteuertes Geld nicht konsumiert haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE):Aus eigener Kraft?)

Eine solche Steuererhöhung ist ein falsches, ein fatales Signal in unserer derzeitigen tiefen Wirtschaftskrise. Ich erinnere an die gestrige Rede unseres Kollegen Gottfried Milde, der den gewesenen Haushaltssprecher der SPD, den MdB Joachim Pös, zitierte.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Poß! So viel Zeit muss sein! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Pös ist in Wiesbaden! Er hat im Moment andere Probleme!)

Ich zitiere das, was Gottfried Milde vorgetragen hat:

Haushaltskonsolidierung und Senkung der Abgaben bleiben die beiden Leitplanken einer zukunftsweisenden Strategie für eine nachhaltige Förderung von Wachstum und Beschäftigung.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren der SPD, davon haben Sie sich offensichtlich völlig verabschiedet. Ihr Beschluss ist nicht zukunftsweisend. Er ist ein grottenschlechter Griff in die Mottenkiste des Klassenkampfes.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Darüber täuscht auch nicht der Einwand Ihres neuen Bundesvorsitzenden Gabriel hinweg, der lapidar bemerkt hat, er wolle die Vermögensteuer nur für Millionäre einführen. Jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt, weiß, dass es dann nichts beibringt. Diese Aussage ist Augenwischerei und Täuschung der Wähler.

Begründet ist das damit, dass eine Statistik des Bundesfinanzministeriums von 2007 den Beitrag der Steuerpflichtigen zum Steueraufkommen 2007 zeigt. Diese Erhebung weist aus, dass 25 % der Steuerpflichtigen 75 % der Einkommensteuer aufbringen.

(Norbert Schmitt (SPD): Nur der Einkommensteuer!)

Ich komme gleich dazu, hören Sie mir doch zu. – Diese 25 % beginnen bei einem Jahreseinkommen von 41.600 c, d. h. einem Brutto von 3.400 c im Monat.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das ist im Prinzip ein mittleres Angestellteneinkommen. Das zeigt eindeutig eines: Nicht nur Millionäre tragen zum Steueraufkommen bei, es ist vor allem die Mittelschicht, die die Leistungsträger unserer Solidargemeinschaft stellt.