Protocol of the Session on November 18, 2009

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bildung und Kultur genießen für uns Priorität. Dies spiegelt sich auch im vorliegenden Haushalt wider.Die Mittel,

die wir an die Hochschulen geben, steigen von 2009 auf 2010 erneut um 2 %.Angesichts der hohen Basis des Vorjahrs und der schwierigen wirtschaftlichen Situation, die wir heute schon mehrfach besprochen haben, ist dies ein ganz klares Signal. Für uns hat Bildung Priorität, und wir stehen zu unserem Wort, die Bildung sowohl in den Schulen als auch in den Hochschulen nachhaltig zu fördern.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, unter Rot-Grün herrschte bei Hessens Hochschulen nicht nur ministeriale Zentralwirtschaft, sondern auch Mittelverknappung. 2010 ist der Hochschuletat rund 50 % höher als im Jahre 1998, dem letzten rot-grünen Jahr. Das ist viel mehr als die Inflationsrate in dieser Zeit. Herr Grumbach, vor diesem Hintergrund ist es sonderbar, wenn Sie am heutigen Tag von Mangel sprechen.– Welch ein Mangel war das erst zur letzten rot-grünen Zeit?

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Deshalb kann ich sagen: Wir geben den Hochschulen nicht nur Autonomie, sondern auch die nötigen Mittel, um diese Autonomie zu leben. Daneben kommen die Sonderprojekte, die ich jetzt aufgrund der Zeit einfach nur namentlich erwähnen kann: LOEWE, Hochschulpakt 2010, Hochschulpakt 2020 – mehr als 70 Millionen c aus dem Konjunkturpaket. All dies sind Punkte, die beachtlich sind. Die Evangelische Fachhochschule, über die wir gesprochen haben und wo wir die institutionelle Förderung deutlich angehoben haben, haben wir auch in diesem Etat.

Mit Blick auf die aktuelle Situation sage ich Ihnen: Meine Damen und Herren, niemand bestreitet die Probleme bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses. Diese Probleme müssen angegangen werden.

(Beifall bei der FDP)

Wahr ist aber auch, dass die hessischen Hochschulen in Gänze finanziell besser dastehen denn je. Wahr ist auch, dass die finanziellen Forderungen – von der Abschaffung der Studiengebühren bis zur Ausstattung der Hochschulen – in Hessen besser erfüllt sind als in den meisten anderen Bundesländern.Auch dies ist ein klares Zeichen unserer Politik.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren,mit Blick auf die Kulturpolitik sage ich Ihnen – und damit komme ich zum Ende –:Auch hier haben wir ganz deutliche Mittelsteigerungen.Wir haben erneut 10 Millionen c mehr – von 155 Millionen c auf 165 Millionen c – für Weltkulturerbestätten zur Verfügung gestellt.An dieser Stelle könnte man Lorsch, Senckenberg und Kassel erwähnen.Wie Herr Grumbach richtig sagte, haben wir auf einem niedrigen Niveau begonnen. Aber was wäre eigentlich im Lande Hessen passiert, wenn Ruth Wagner vor zehn Jahren nicht die Kulturpolitik aus dem Dornröschenschlaf erweckt hätte? Wir jedenfalls sehen es als Verpflichtung an, das zu bewahren, was uns an Schätzen anvertraut ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dieses Bekenntnis zeigt sich nicht zuletzt an diesem Haushalt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herzlichen Dank. – Frau Kollegin Sorge, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hat das Wort.

Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Herren Kollegen Reißer und Dr. Büger, wenn man Ihre Reden so hört, merkt man doch, dass Sie sich überhaupt nicht mit dem beschäftigen, was gerade draußen, an den Hochschulen, los ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stellen gar nicht in Abrede, dass beispielsweise das LOEWE-Programm ein außerordentlich gutes Programm für unsere Hochschulen, für die Forschung ist.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Toll!)

Wir haben auch schon des Öfteren durchaus lobend gesagt, dass Hessen bei der Förderung von Forschung auf Landesebene im Vergleich zu anderen Ländern vorbildlich ist und dass dies für die Exzellenzinitiative sicherlich auch einen Vorteil bringt. Genauso haben wir überhaupt kein Problem, zu sagen, dass HEUREKA und die Investitionen in den Hochschulbau, verbunden mit den Konjunkturmitteln, genau in die richtige Richtung gehen. So weit, so gut.

(Dr.Walter Arnold (CDU): So, so!)

Sich aber jetzt hinzustellen und zu sagen: „Wir machen das so toll, und Neunzehnhundert-weiß-der-Geier-wieviel hat es soundso viel Prozent weniger gegeben“, das interessiert doch die Leute draußen nicht. Sie haben es doch gestern hier erlebt. Sie waren mit mir unten. Allein in Wiesbaden waren es 10.000 Menschen, die gegen die Bildungsmisere in unserem Land demonstriert haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und Sie tun so, als wäre nichts.Das geht einfach nicht.Wir haben wieder volle Hörsäle. Wir haben wieder schlechte Studiengebühren.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben die Situation, dass wir mehr – –

(Anhaltende Zurufe von der CDU)

Schlechte Studienbedingungen, Entschuldigung. Man kann sich doch mal versprechen,meine Güte.Ich muss ein bisschen schneller sein, weil ich weniger Redezeit habe, als ich eigentlich erhofft hatte.

Wir haben die Probleme rund um die Bologna-Reform. Wir haben die Situation, dass wir nicht nur mehr Studierende brauchen, sondern auch zwangsläufig, aufgrund der höheren Abiturientenquote, der G-8-Geschichte usw., mehr Studierende bekommen.Auf genau diese Geschichten müssen Sie doch reagieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wie reagieren Sie? – Da hat Herr Kollege Grumbach schon das Richtige gesagt. Sie reagieren, indem Sie nicht die Tore der Hochschulen für diejenigen öffnen, die dort eigentlich hineingehören, weil sie dies von ihrer Intelligenz her leisten könnten, sondern indem Sie die Zugangshürden erhöhen.

Der Herr Ministerpräsident hat sich heute Morgen in seiner Rede auf die Schulter geklopft, dass er beispielsweise die Förderung von Migrantinnen und Migranten vorbildlich mache. Das verkommt wirklich zur Farce, wenn man sich die aktuellen Zahlen an den Hochschulen anschaut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Wenn diese Kinder in den Hochschulen nicht ankommen, dann ist diese Politik keine gute Politik, sondern dann muss man sich doch Gedanken machen – und das ist Ihre Aufgabe –, wie wir die Leute aus den bildungsfernen Schichten,die Leute mit Migrationshintergrund an unsere Hochschulen bekommen. Das ist nicht nur eine Frage von Bildungsgerechtigkeit; deswegen werde ich da gerade in Ihre Richtung immer ziemlich ärgerlich. Da kann man sagen:Okay,da gibt es noch die klassische Rollenverteilung. Das ist eher etwas, was die linke Seite des Parlaments fordert. – Es ist nicht nur eine Frage von Bildungsgerechtigkeit, sondern auch eine Frage der Zukunft unseres Landes; denn wenn wir diese Kinder, und inzwischen junge Menschen, heute nicht fördern, dann haben wir für unser Land in Zukunft nicht in genügendem Maße gut ausgebildete Leute. Wenigstens hier müssten Sie doch einmal anfangen, nachzudenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Anhaltende Unruhe – Glo- ckenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, was tun Sie? – Jetzt schauen wir uns an, was in diesem Haushaltsentwurf strukturell anders ist als im letzten Jahr, und das ist im Wesentlichen die Förderung der European Business School mit 11 Millionen c für 800 neu zu schaffende Studienplätze im Fachbereich Wirtschaftsrecht. Genau das ist das Problem, vor dem wir hier stehen. Sie erkennen die Probleme der Zukunft nicht, sondern arbeiten genau in die gegenteilige Richtung.

Frau Kollegin Sorge, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Wir brauchen eine Öffnung der Hochschulen und mehr Bildungsgerechtigkeit. Genau deshalb würde ich Sie bitten, unseren Haushaltsanträgen, die genau in diese Richtung gehen, zuzustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die neue schwarz-gelbe Bundesregierung hat angekündigt, für Bildung und Forschung bis zum Jahr 2013 12 Milliarden c mehr bereitzustellen, also jährlich 3 Milliarden c mehr. Um das Ziel des Bildungsgipfels, also die Ziele der Kanz

lerin, zu erreichen, nämlich 7 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben, müssten jedes Jahr rund 25 Milliarden c mehr in die Bildung investiert werden. Das wäre immer noch weit unter dem tatsächlichen Bedarf. Ich will nur einmal die Dimension aufzeigen: 25 Milliarden c. – Die Hypo Real Estate war Ihnen über 100 Milliarden c wert. Umgerechnet wären das über 2 Millionen Studienplätze. So viel zu den Dimensionen, über die wir hier reden, und dazu, wie viel Ihnen die Bildung in diesem Land eigentlich wert ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat die Finanzministerkonferenz verkündet, das Bildungsgipfelziel werde von ganz allein in diesem Jahr erreicht, durch Umbuchungen. – Herzlichen Glückwunsch. – Man habe nämlich noch haufenweise Bildungsausgaben gefunden, die man bisher nicht eingerechnet hatte. Also werden jetzt steigende Pensionszahlungen für Lehrer und Professoren, Steuererleichterungen für forschende Unternehmen oder Ausbildungsfreibeträge bei der Einkommensteuer zu den Bildungsausgaben dazugerechnet. Dann kommt noch dazu, dass das Bruttoinlandsprodukt aufgrund der Wirtschaftskrise sinkt. Das kommt Ihnen entgegen, was die Bildungsausgaben angeht. Die hehren Ziele des Koalitionsvertrags werden mit statistischen Tricks erreicht, ohne dass nennenswert mehr in das marode Bildungssystem fließt und vor allem ohne dass es reale Verbesserungen im Bildungssystem gibt.

Schwarz-Gelb setzt vor allem auf eine Erhöhung der privaten Bildungsausgaben, um den Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das verschärft die soziale Ungerechtigkeit im Bildungssystem. Hochschulfinanzierung, Bildungsfinanzierung ist eine staatliche Aufgabe. Mangelnde Finanzierung kann und darf nicht auf die Studierenden abgewälzt werden, weil es Menschen davon abhält, ein Studium aufzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vollmundig hat die Kanzlerin im vergangenen Jahr die Bildungsrepublik ausgerufen und zum Bildungsgipfel eingeladen,der politisch eher auf Kellerniveau blieb.Bildung bleibt Ländersache und Frau Schavan eine Ministerin ohne Geschäftsbereich.

Ein integrierendes Bildungssystem aus einem Guss wird es so nicht geben. Die Bundesregierung will jetzt ein Stipendienprogramm einführen. Das heißt, besonders begabte Studierende sollen jetzt 300 c im Monat erhalten. Dazu müssen die Hochschulen dann allerdings erst einmal die Hälfte des Geldes bei Privaten und bei der Wirtschaft einwerben. Dann bekommen sie Gelder anteilig vom Bund und den Ländern: 300 c pro Studierenden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist wieder ein Beispiel, wie man ohne jede Zielgenauigkeit und ohne Verstand Geld in die Landschaft blasen kann, statt einfach das BAföG zu erhöhen. Denn das trifft ganz sicher Studierende,die keine reichen Eltern haben und die das Geld dringend brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es freut mich auch sehr, zu lesen, dass die Hochschulbesetzungen offensichtlich erste Erfolge zeigen. Das Land Niedersachsen hat jetzt eine Reform der Studiengänge angekündigt, und die Bundesregierung erwägt jetzt, das BAföG zu erhöhen, was sie für die Legislaturperiode ausgeschlossen hatte. Das ist ein erster Erfolg des Bildungsstreiks. Das ist ein erster Erfolg der Besetzungen an den