Man kann der Meinung sein, es wäre gut, wenn eine solche Steuer erhoben würde.Aber, meine Damen und Herren, ich frage Sie, was wir davon haben, diese Ideologie in den Vordergrund zu stellen, wenn wir nachher weniger Geld in der Kasse haben und die Wirtschaft in Deutschland dadurch geschädigt wird.
Dann haben wir das Problem, dass wir für diejenigen, für die wir uns in besonderer Weise einsetzen, nämlich die Schwachen in unserer Gesellschaft, überhaupt kein Geld mehr haben. Wer eine vernünftige Finanz- und Steuerpolitik macht und dazu bei der Steuerpolitik darauf achtet, dass die drei Punkte individuelle Gerechtigkeit,Administrierbarkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, legt zugleich das wirtschaftliche Fundament dafür, dass wir in diesem Land überhaupt noch das leisten können, was wir derzeit leisten. Wolkenkuckucksheime zu bauen, indem man sagt,man brauche das Geld nur zu verteilen,ist in anderen Systemen grässlich schiefgegangen.
Man braucht nach wie vor die individuelle Verantwortlichkeit und die individuelle Bereitschaft, Leistung zu erbringen. Dazu muss man ein Steuersystem konzipieren, das die individuelle Leistungsfähigkeit und -bereitschaft fördert.
Letzter Satz. – Deshalb gibt es bei jedem atmenden Steuersystem immer wieder die Notwendigkeit, bestimmte Dinge ins Lot zu bringen.Es geht z.B.darum,wie man mit dem Mittelstand umgeht und dass man bei der kalten Progression ansetzt. Wenn man einen vernünftigen Weg fände,wie man insbesondere die Leute mit mittlerem Einkommen, also unsere Leistungsträger, ermutigen könnte, würde das der Volkswirtschaft viel nutzen. Wir müssen das, was die Zeitachsen und die Volumina betrifft, mit Augenmaß machen.
Aber insgesamt gesehen ist das notwendig. Deswegen bin ich auch ganz sicher – weil das hier einer der Ausgangspunkte war –, dass die neue Koalition in Berlin kluge Beschlüsse fassen wird. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Weimar. – Den Fraktionen ist wieder Redezeit zugewachsen. Als Erster hat sich Herr Schmitt, SPD-Fraktion, gemeldet.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem Herr Irmer das in der letzten Plenardebatte angeführt hat, hat es jetzt der Herr Finanzminister selbst noch einmal angesprochen. Er will deutlich machen, dass man, weil ein verhältnismäßig kleiner Kreis derjenigen, die Einkommensteuer zahlen, einen großen Anteil am Einkommensteueraufkommen hat, davon ausgehen könne, dass in Deutschland nur noch die Gutbetuchten, also die mit hohen Einkommen, Steuern zahlen.
Das ist eine Darstellung, die völlig falsch ist. Man muss sich fragen, wer denn in diesem Land Mehrwertsteuer zahlt. Das ist immerhin eine Summe von 180 Milliarden c.
Wer zahlt die Mineralölsteuer, also die Energiesteuern? Das sind 40 Milliarden c. Wer zahlt die Kaffeesteuer?
Wer zahlt die Tabaksteuer? Dabei können wir darüber reden, dass die eine bestimmte Höhe haben soll. Wer zahlt die Versicherungsteuer? Wer zahlt die Stromsteuern?
Wenn Sie all dies berücksichtigen, stellen Sie fest, dass in den letzten 20 Jahren in der Bundesrepublik eine Entwicklung dahin gehend eingesetzt hat, dass nicht mehr die Bezieher hoher Einkommen verhältnismäßig viele Steuern zahlen, sondern dass die Bevölkerung in der Breite am gesamten Steueraufkommen beteiligt ist. Ein wesentlicher Punkt, mit dem wir es zu tun haben, ist, dass es eine Verlagerung gab: weg von den direkten Steuern, etwa der Einkommensteuer,hin zu den indirekten Steuern,z.B.der Mehrwertsteuer.
Das ist ein kritischer Punkt;denn von der Mehrwertsteuer – oder nehmen Sie die Tabaksteuer, die Stromsteuer oder die Energiesteuer – ist am Ende die breite Masse betroffen. Das ist der erste Punkt, den man in diese Debatte einführen muss, wenn man sie solide führen will.
Aber man darf nicht so tun – das ist der Eindruck, der von Ihnen immer wieder erweckt wird –, als ob eine kleine Zahl von Einkommensteuerzahlern die Veranstaltung Staat finanzierte. So ist es eben nicht. Genau das Gegenteil ist der Fall.
(Beifall bei der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Aber die Tabaksteuer wurde von der SPD erhöht!)
Zu dieser Auffassung kommt man, wenn man sich die internationalen Vergleiche ansieht. Der Herr Minister argumentiert schließlich immer international.Aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit könne man dies oder jenes nicht machen.Auch an der Gewerbesteuer übt er Kritik,bzw.er rät zur Vorsicht,weil wir uns im internationalen Maßstab bewegen.
Wer sich die internationalen Zahlen ansieht, stellt übrigens zweierlei fest: Erstens. Deutschland bewegt sich bei den Sozialabgaben und den Steuern eher im oberen Mittelfeld,hat aber immer noch verhältnismäßig hohe Sozialabgaben. Da stellt sich heraus, dass leider eine falsche Steuerung stattgefunden hat. Neben der Höhe der Steuern muss man nämlich auch die Höhe der Sozialabgaben berücksichtigen. Wenn Sie das einbeziehen, wissen Sie, wer die Veranstaltung Staat bezahlt: Das sind eben nicht die Reichen in Deutschland, sondern es ist die breite Masse der Bevölkerung, vor allem die Arbeitnehmer.
Der zweite Punkt bei den internationalen Vergleichen und auch den historischen Betrachtungen ist: Die Erhebung von Steuern auf Vermögen hat in Deutschland massiv abgenommen. Wenn man sich das im internationalen Vergleich anschaut, erkennt man, dass Deutschland zu den Ländern gehört, in denen es mit die geringste Besteuerung von Vermögen gibt.
Wenn Sie sich auf den internationalen Maßstab berufen, frage ich Sie: Wollen wir eine Vermögensteuer haben wie z.B.in den USA? Damit wären wir schon zufrieden.Dann könnten wir vieles von dem, worüber wir diskutieren, bezahlen. Dann könnten Sie einen kleinen Schritt in Richtung Haushaltskonsolidierung machen, die dieses Land dringend benötigt.
In der Betrachtung der letzten 20 Jahre kommt ein weiterer Punkt hinzu: Bei den Steuerentlastungen haben wir leider eine Verlagerung von den Steuern, die von den Arbeitnehmern zu zahlen sind, zu den Steuern, die auf
Unternehmenstätigkeit erhoben werden.Auch dies gilt es festzustellen und festzuhalten. Deshalb ist das, was in dem Antrag der GRÜNEN und durchaus auch in dem Antrag der LINKEN – nicht im Detail, aber dem Grundsatz nach – geschrieben worden ist, ein elementarer Gesichtspunkt: dass Einkommen und Vermögen wieder stärker herangezogen werden müssen.
Außerdem müssen wir auch diejenigen, die eine höhere Einkommensteuer zahlen, stärker belasten. Es herrschte kein Sozialismus, als zu Zeiten der schwarz-grünen – du lieber Gott, nicht der schwarz-grünen, sondern der schwarz-gelben – Mehrheit in Deutschland ein Spitzensteuersatz von 53 % erhoben wurde. Das war kein Sozialismus, sondern der Ausdruck Ihrer damaligen Überzeugung, dass das gerecht ist.
Unter Rot-Grün ist das zurückgenommen worden; das muss man kritisch sagen. Wir wollen das auch nicht ganz rückgängig machen. Aber es stellt sich die Frage – deswegen haben wir über einen Zuschlag diskutiert –, ob wir uns, nachdem wir jetzt das Ergebnis insgesamt gesehen haben, nicht wieder in diese Richtung entwickeln müssen.
In einem hat der Herr Finanzminister allerdings recht. Es ist wirklich die Frage, ab wann der Spitzensteuersatz erhoben wird. Darüber, dass wir mittlerweile Leistungsträger, die ganz gut verdienen, mit dem Spitzensteuersatz treffen, müssen wir nachdenken. Das halte auch ich für falsch. Das ist eine Frage der Staffelung und der Progression. Darüber muss man nachdenken.
Aber richtig ist der Ansatz, der hier von der Opposition verfolgt wird: Es muss eine Diskussion darüber geführt werden, wer in diesem Land die Steuern zahlt. Da ist festzustellen, dass es verhältnismäßig ungerecht zugeht. Das muss in den nächsten Jahren korrigiert werden. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will es ganz kurz machen, ich möchte nur auf einige Dinge eingehen. Herr Caspar hat hier behauptet, die Millionäre würden in 20 Jahren sozusagen geldlos dastehen. Ich will Folgendes noch einmal deutlich machen. Wir haben gesagt, ab einem Vermögen von 1 Million c müsse man auf weiteres Geld, das man hat, eine 5-prozentige Abgabe zahlen.Das würde bedeuten,dass jemand,der 1.100.000 c verdient,
Es geht mir wirklich darum – der Kollege Schmitt hat darauf hingewiesen –, dass in dieser Situation zehn Jahre vergangen sind. Die Situation hätte schon langfristig repariert sein können. Dass die Umverteilungssituation im Steuerrecht so ist, wie sie sich jetzt darstellt, hätte nicht sein müssen.
Man hätte das nehmen können, was es bei dem wenig revolutionären Helmut Kohl gab. Das war ein Spitzensteuersatz in Höhe von 53 %. Wenn wir das weitergefahren hätten, hätten wir hier im Land Hessen – –
In den Fünfzigerjahren hatten wir auch schon einmal einen Spitzensteuersatz von 80 %.Das sind doch alles keine Situationen gewesen, die die Prosperität in diesem Land und die Aufbaustimmung wirklich behindert hätten. Sie reden immer davon, dass das Kapital fliehen würde. Davon sehe ich nichts. Es geht darum, nicht weiter zu privatisieren, sondern eine Politik zu betreiben, die den Menschen in diesem Land tatsächlich nutzt. Dazu gehört auch, dass wir den Spitzensteuersatz so gestalten, dass die Menschen hier vernünftig leben, ausgebildet und qualifiziert werden können und Arbeit haben.
Mir geht es noch um einen anderen Punkt,den ich für sehr wesentlich halte. Es ist tatsächlich so, dass die öffentliche Hand,also die Länder,der Bund und die Kommunen,eine Schuldenlast von 1,7 Billionen c haben. Am Ende des Jahres werden es wahrscheinlich 1,8 Billionen c sein.Dieser Spitzensteuersatz würde im Grunde genommen helfen, dass wir ein Regulativ bekommen, denn die Reichsten in diesem Land haben ein geldwertes Vermögen von 6,6 Billionen c.
Herr Milde, wenn man das in die Umverteilung mit hineinnehmen würde, würde sich nicht die Situation ergeben, dass die reichen Leute alle als Obdachlose bei uns auf der Zeil herumlaufen müssten. Das wäre nicht der Fall.
Von daher geht es um Folgendes:Wie kriegen wir eine gerechte Verteilung bei diesem Vermögen hin, dass es also wirklich partizipativ und sozial gerecht den Menschen in diesem Lande zugutekommt? Darin besteht unser zentrales Problem. Darüber müssen wir uns unterhalten. Dafür müssen wir kämpfen. Dafür werden wir weiterhin streiten,auch wenn es Ihnen nicht passt,dass wir das jedes Jahr hier wieder vorstellen werden, bis wir es durchgesetzt haben. – Vielen Dank.
Herr van Ooyen, schönen Dank. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Erfurth zu Wort gemeldet. Frau Erfurth, bitte schön.