Genau deshalb ist eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schulen, zwischen Kommunen und Land zur Einführung und Finanzierung von Schulsozialarbeit ein längst überfälliger Schritt.
Diese Auffassung vertrat auch der geschäftsführende Kultusminister Banzer. „Klar sollte sein, dass es sich bei der Schulsozialarbeit um eine gemeinsame Verantwortung von Land und Kommunen handelt“, stellte er in einer Pressemitteilung des Kultusministeriums vom Juni 2008 fest.
Es war eine Absichtserklärung, die nicht nur von den Fraktionen im Landtag begrüßt und unterstützt wurde. Es war vor allem ein Signal für die Schulen und die Schulträger, dass ihre seit Langem vorgetragene Auffassung beim Land Gehör gefunden hatte, Schulsozialarbeit sei eine notwendige gemeinsame Arbeit und als solche anzugehen.
Meine Damen und Herren, diese Erwartungen hat Kultusministerin Henzler mit einem Federstrich beendet. Frau Henzler, Sie gefallen sich seit Ihrer Regierungserklärung in der Eisenbahnromantik. Man könnte das auch so umschreiben: Wo Sie sonst auf den ausgefahrenen Schienen Ihrer Vorgängerin, Frau Wolff, weiterfahren, haben Sie bei der Schulsozialarbeit den fahrenden Zug entgleisen lassen, Frau Kultusministerin.
Die Zusagen an die Schulträger, die im Glauben an die Verlässlichkeit der Landesregierung Konzepte entwickelt haben, wurden zurückgenommen. Damit nicht genug:Auf der Drittelfinanzierung basierende, bereits abgeschlossene Verträge im Landkreis Waldeck-Frankenberg und im Schwalm-Eder-Kreis wurden zum kommenden Schuljahr wieder gekündigt. Die Verträge seien illegal, teilte die Kultusministerin in der „HNA“ der staunenden Öffentlichkeit mit.
Wenn die Kultusministerin dem geschäftsführenden Kultusminister ihres eigenen Koalitionspartners und damaligen Justizminister vorwirft, er habe Verträgen zugestimmt, die rechtlich zu beanstanden sind, dann ist das schon ein ganz prickelnder Vorgang, Frau Kultusministerin.
So ganz wollte Frau Henzler den Vorwurf der Illegalität im Ausschuss nicht aufrechterhalten. Sie erklärte uns, der Vertrag sei nicht zulässig, weil die Schulen nicht gefragt worden seien, ob ihnen zustehende Mittel für die Finanzierung eingesetzt werden könnten. Den Beleg für diese Behauptung ist sie allerdings schuldig geblieben. Dass die Schulen ihre Sozialarbeiterstellen behalten wollen und 14 weitere Schulen in den betroffenen Landkreisen bereits Anträge für Schulsozialarbeit gestellt haben, beweist viel
Die Frage der gemeinsamen Verantwortung will sie allerdings nicht mehr diskutieren. Der neue schulpolitische Wonderboy der FDP-Fraktion, Herr Döweling,
(Zurufe von der CDU und der FDP: Ui! – Demons- trativer Beifall bei der FDP – Axel Wintermeyer (CDU): Das ist doch nur Neid!)
verkündet, wie immer unbelastet von einer differenzierten Argumentation, in großen Lettern: Schulsozialarbeit ist und bleibt die Aufgabe des Jugendhilfeträgers. – Angesichts der Anforderungen an Schule in einem ganzheitlichen Bildungs- und Erziehungsprozess ist das schlicht Ignoranz.
Schule soll Lernbeeinträchtigungen entgegenwirken. Sie soll jedem Kind gewährleisten, dass es in seiner sozialen und emotionalen Entwicklung gefördert wird. Und das kann man nicht allein mit den Lehrkräften einer Schule. Dazu braucht man pädagogische Unterstützung.
Der heute vorliegende Antrag der Koalition zeigt, dass jetzt auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU eine Kehrtwende in Sachen Schulsozialarbeit vollzogen haben und so nebenbei ihrem eigenen Minister Banzer einen kräftigen Tritt versetzen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das scheint mir ein recht hoher Preis für den Koalitionsfrieden zu sein.
Sie lehnen eine Mitverantwortung des Landes ab und betonen gleichzeitig die Kooperation von Jugendhilfe und Schule. Ich frage Sie: Wie kann man diese Kooperation besser verankern als durch eine gemeinsam getragene Konzeption von Schulsozialarbeit am Lernort Schule?
Meine Damen und Herren, indirekt soll jedoch weiterhin eine finanzielle Beteiligung des Landes möglich sein, nämlich über die versprochene 105-prozentige Lehrerversorgung.
Die gleitet allerdings zusehends in eine virtuelle Welt ab. Denn auch mit den 650 neuen Stellen im Haushalt 2010 beträgt die Lehrerversorgung im nächsten Schuljahr – wie schon zu Beginn dieses Schuljahres – 100 %
und nicht,wie von Frau Henzler versprochen,102 %.Frau Henzler, deswegen ist Ihr Vorschlag, Schulsozialarbeit aus den 105 % zu finanzieren, schlicht unglaubwürdig.
Nach Ihren eigenen Aussagen sind Sie Ihrem Ziel auch im zweiten Haushaltsplan unter Ihrer Verantwortung keinen einzigen Schritt näher gekommen.Außer wohlfeilen Worten haben Sie für die Schulsozialarbeit kein Konzept. Mit dem Hinweis auf Mittel, die den Schulen angeblich 2014 zur Verfügung stehen, verschieben Sie den Ausbau auf Jahre.
Meine Damen und Herren,dabei ist es jetzt notwendig,zu handeln. Denn wer immer wieder Anträge in dieses Plenum einbringt, in denen von besserer Gewaltprävention, von stärkerer Einbeziehung der Eltern, von individueller
Förderung und von der Bedeutung einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung die Rede ist, der hat auch die Verantwortung,geeignete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ziele zu fördern. Schulsozialarbeit gehört dazu.
Zweitens zeigt der Vorschlag mit den 105 % sehr deutlich, dass Selbstverantwortung von Schulen für diese Kultusministerin gleichbedeutend mit dem Abschieben von Verantwortung auf die einzelne Schule ist.
Meine Damen und Herren, wer sich bei den Schulen und den Schulträgern umhört, wird ganz schnell feststellen: Die Notwendigkeit von pädagogischen Begleitmaßnahmen in allen Schulformen und in jeder Schule für eine qualitative Weiterentwicklung der Schule wird von allen betont. Eine Kultusministerin, die als einzige Antwort darauf hat, die Schulen könnten ab dem Jahr 2014 selbst entscheiden, ob sie Schulsozialarbeit brauchen oder nicht, schiebt die Verantwortung ab und lässt die Schulen allein. Hier bleiben Sie wieder ganz in der Tradition von Frau Wolff.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion zeigt über den vorliegenden Antrag auf, welcher Handlungsbedarf besteht.Bereits für den Haushalt 2009 haben wir 2,1 Millionen c anteiliger Landesmittel für Schulsozialarbeit beantragt, um die Drittelfinanzierung in einer ersten Ausbaustufe zu ermöglichen. Auch bei der Beratung des Haushalts 2010 werden wir Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre Position noch einmal zu überdenken.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Habermann. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Döweling das Wort.
Ohne Frage stellt die Schulsozialarbeit als besondere Form der Sozialarbeit einen wichtigen Beitrag bei der Gewaltprävention und der sozialen Erziehung dar. Gleichwohl allerdings fällt sie als Tätigkeit der Sozial- und Jugendhilfe ausschließlich in die Zuständigkeit der Landkreise als deren Träger. Das nur noch einmal zur Klarstellung.
wenn es darum geht, ein spezifisches und auf den öffentlichen Bedarf abgestimmtes Angebot an Schulsozialarbeit zu gewährleisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ferner ist es aus unserer Sicht zu begrüßen, dass zehn sogenannte Modellprojekte zur Schulsozialarbeit sowohl von der Vorgängerregierung als auch von der aktuellen Landesregierung mit originären Landesmitteln gefördert werden.