Protocol of the Session on September 17, 2009

(Zuruf von der SPD:Das darf doch wohl nicht wahr sein!)

Diese brauchen wir, um auch auf Landesebene nach der EU-Verordnung 1370/07 Recht setzen zu können.Da liegt der Fehler,und deswegen sind wir heute leider nicht in der Lage, weiter zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Frankenberger, dann ist es falsch, wenn Sie dies der Landesregierung zuschreiben, nachdem Ihr eigener Minister auf Bundesebene versagt hat.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Greilich (FDP): Ach!)

Meine Damen und Herren, alle Punkte, die eben angesprochen wurden, wie Wettbewerb im Busverkehr, Ausschreibungen usw., müssen geklärt werden. Die Thematik ist extrem kompliziert. Ich habe eines vermisst, und das waren Lösungsvorschläge. Sie haben gesagt, dies sei alles schlimm, und da würden Existenzen gefährdet.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das sind Tatsachen!)

Es sind einige Betriebe in die Insolvenz gegangen, das ist unbestritten. Das ist aber im Wettbewerb nun mal so üblich.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Was?)

Das ist sicherlich nicht gut. Es ist klar, dass bei diesem Gesetz, dem Ausschreibungswettbewerb das eine oder andere nicht optimal gelaufen ist. Das bestreitet auch niemand.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Es haben übrigens alle Fraktionen bestätigt – Herr Frankenberger, das wissen Sie, denn wir waren doch alle bei der Diskussionsveranstaltung mit dem LHO in Langenselbold dabei –,dass geschaut werden muss,wie man künftig damit umgeht. Genau das wird auch passieren. Genau deswegen ist das Gesetz – darüber haben Sie sich gewundert – auch auf zwei Jahre befristet.Wir müssen zum einen die nächsten zwei Jahre dazu nutzen, darauf zu warten, dass auf Bundesebene die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes kommt. Zum anderen müssen wir intensive fachliche, inhaltliche Gespräche mit den entsprechenden Verbänden und Organisationen darüber führen, wie wir den ÖPNV in Hessen künftig nutzerorientiert und umweltfreundlich ausgestalten können.

Meine Damen und Herren, genau das werden wir in den nächsten beiden Jahren auch tun. In zwei Jahren, wenn eine große Novelle des ÖPNV-Gesetzes kommt, können wir diese Grundsatzreden, die Sie hier heute schon geführt haben, tatsächlich führen. Dann können wir uns über die wirklichen Inhalte auseinandersetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Caspar, CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon erwähnt worden: Der Grund, weshalb dieses Gesetz auf den Weg gebracht werden muss, ist die Verordnung 1370/ 2007 der Europäischen Union. Die notwendige Anpassung, die seitens des Bundesverkehrsministers hätte vorgelegt werden müssen, ist leider nicht vorgelegt worden, sodass wir jetzt gezwungen sind,zu handeln.Wenn die Regierung in dieser Phase nicht entschlossen handeln würde, dann wäre ab dem 03.12. dieses Jahres die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs nicht mehr gesichert. Ich möchte dem Minister und seinem Staatssekretär hierfür danken, dass sie diese Initiative ergriffen haben, denn der öffentliche Personennahverkehr ist für uns eines der zentralen Dinge, die wir in unserem Lande haben.

Frau Müller, es ist schön, dass Sie ein Kärtchen bekommen haben, auf dem Sie sehen können, wo die Kurhessenbahn und eine weitere Bahnstrecke durch die Mitte Hessens entlanglaufen. Vielleicht haben Sie diese selbst gebastelt – herzlichen Glückwunsch dazu. Nur, die Masse des öffentlichen Personennahverkehrs hat mit diesen Strecken nun überhaupt nichts zu tun. Vielleicht wollte man Ihnen das zu einem anderen Thema geben. Des

wegen die Information von meiner Seite: Denken Sie daran, dass die Masse des öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen durch den RMV abgewickelt wird, in einer Größenordnung von annähernd 700 Millionen Passagierbeförderungen pro Jahr, und dort haben wir wiederum einen Schwerpunkt auf dem Frankfurter Stadtgebiet. Sie könnten sich darüber einmal bei dem Frankfurter Verkehrsdezernenten, Herrn Sikorski, schlau machen. Er ist bei den GRÜNEN, und er ist übrigens mit dem Öffentlichen-Personennahverkehrs-Gesetz, wie wir es in Hessen haben, sehr zufrieden.

(Zurufe von den LINKEN)

Da hätten Sie eigentlich einen kürzeren Weg, um sich auf dem Laufenden zu halten und wirklich zu wissen, wie öffentlicher Personennahverkehr in Hessen funktioniert.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wissen Sie, dass die Vogelsbergbahn zum RMV gehört?)

Er funktioniert jedenfalls sehr gut; und auch die Zufriedenheit der Fahrgäste – das zeigen alle Umfragen – ist außerordentlich gut. Das heißt aber nicht, dass wir die Dinge nicht laufend verbessern müssten. Da sind wir auch einer Meinung. Wir müssen insbesondere immer daran denken,dass die öffentlichen Mittel,die hierfür eingesetzt werden – das Land Hessen setzt erhebliche Mittel für die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs ein –, möglichst effizient eingesetzt werden.

In diesem Zusammenhang sind natürlich Wettbewerbsstrukturen zu optimieren, insbesondere unter Einbeziehung von kleinen und mittelständischen Unternehmen, die flexibel arbeiten und ihre Dienstleistungen flexibel anbieten können. Deswegen ist es völlig richtig, dass die Landesregierung nicht einen Schnellschuss gemacht und alles auf den Kopf gestellt hat. Sie hat erst einmal zwei Jahre Frist gegeben, um in dieser Zeit Optimierungsprozesse durchführen und das Gesetz hinsichtlich des öffentlichen Personennahverkehrs dann anpassen zu können.

Alles in allem ist die jetzige Vorlage eine richtige und gute Entscheidung. Die große Beratung steht noch aus. Diese werden wir dann gemeinsam in den Ausschüssen im Hinblick auf die zukünftige Gesetzesnovelle zu führen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Caspar. – Das Wort hat Frau Abg.Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Herr und Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist selten,aber es kommt vor,dass die Landesregierung etwas tut, was wir nicht vollständig ablehnen. Die Übernahme der EG-Verordnung 1370/2007 in das hessische ÖPNV-Gesetz ist so ein Fall. Die schmerzliche Erfahrung mit der Privatisierung öffentlicher Verkehrsmittel hat nämlich in vielen Fällen gezeigt, dass dieses vermeintliche Allheilmittel zwar den Betreibern zum Teil erhebliche Profite bringt, den Nutzern und der öffentlichen Hand aber nichts als Ärger und astronomische Kosten.

(Beifall bei der LINKEN)

In Berlin sehen wir, wie die Umwandlung der Bahn in eine auf Shareholder-Value ausgerichtete Aktiengesellschaft dazu geführt hat, dass seit Monaten ein Verkehrschaos herrscht. Denn dort hat die Bahn Kosten einsparen wollen,die Reparaturintervalle ausgedehnt.Das Ergebnis ist, dass die Räder von S-Bahnen Haarrisse haben können. Es hat sich nun herausgestellt, dass auch die Bremsanlagen jederzeit zusammenzubrechen drohen. – Für die S-Bahn in Berlin ist übrigens der Bund zuständig, Herr Kollege Döweling, wenn ich Ihren Zwischenruf richtig verstanden habe. Darauf sei nur hingewiesen.

(Günter Rudolph (SPD): Das kann der noch nicht wissen! Der ist noch jung!)

Der Europäische Rat hat in der Richtlinie 1370/2007 eingeräumt, dass Privatisierung nicht immer der Weg zum Erfolg ist. Die Europäische Union hat das Thema aufgegriffen, weil öffentlicher Verkehr von allgemeinem Interesse ist. Die EU nennt es wirtschaftliches Interesse.Wenn etwas also wirklich funktionieren muss, überlässt man es doch besser nicht privaten Investoren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die In-House-Vergabe bleibt also möglich. Für die hessischen Gemeinden und Verkehrsverbünde ist das eine gute Nachricht. Nicht alles muss europaweit ausgeschrieben werden.Aber mit dem hessischen Weg in der Verkehrspolitik hat die Hessische Landesregierung verschiedenen Studien zufolge das Gegenteil von dem erreicht, was sie angeblich erreichen wollte. Denn statt zu Bürokratieabbau und Effizienzsteigerung hat die vermehrte Privatisierung des Verkehrswesens zu neuen Bürokratien geführt.

Die Regiekosten laufen aus dem Ruder.Allein die Frankfurter traffiQ hat ihre Regiekosten von 2002 bis 2007 mehr als verdoppelt und verschlingt jedes Jahr 9 Millionen c. Der Pro-Kopf-Aufwand an Regiekosten in Frankfurt liegt bei 23 c pro Jahr nur für die Verwaltung der Ausschreibungen und der Koordination der unterschiedlichen Auftraggeber. Das ist Bürokratieabbau nach dem Konzept der hessischen CDU.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Posch stellte damals als Abgeordneter anlässlich der Verabschiedung des jetzigen ÖPNV-Gesetzes noch klipp und klar fest, es gebe zu viel Regie. Ich bin zuversichtlich, dass er sich dem Gesetz erneut zuwenden und den Privatisierungswahn wieder eindämmen wird. Dazu werden wir in den kommenden Jahren sicher noch einige Debatten zu führen haben.

Auch der Mittelstand – das wurde schon gesagt – hat vom hessischen Weg nicht profitiert.Es sollte darum gehen,die öffentlichen Monopole zu knacken und so den neuen Wettbewerbern eine Chance zu geben. Der Marktanteil der Mittelständler im hessischen ÖPNV ist aber rückläufig. Das mittelständische Verkehrsgewerbe hat gut ein Drittel seines Marktanteils eingebüßt. Die großen Gewinner der Privatisierung sind die agierenden Großkonzerne gewesen. Wer nicht gewonnen hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind die Mitarbeiter, auf deren Rücken der Wettbewerb ausgetragen wird, nämlich durch Lohndumping und Tarifflucht.

Zu den Gewinnern zählen auch nicht die Fahrgäste, ganz besonders nicht diejenigen, die kein oder noch kein eigenes Geld verdienen. Ich bin wie Sie auch von einem Vater aus Karben angeschrieben worden, der jährlich 1.450 c für die Nahverkehrstickets seiner beiden schulpflichtigen Kinder ausgibt. Wenn sie in das Alter kommen und eine

Ausbildung beginnen – man kann ihnen in Hessen nur viel Glück wünschen, dass sie eine finden –, dann steht es den Verkehrsverbünden frei, ihnen ein Azubi-Ticket anzubieten.Wenigstens ist es nicht verboten. Das ist immerhin etwas. Ich denke, der Weg zu einer zukunftsgewandten Verkehrspolitik führt nicht über die Straßen und schon gar nicht über die Autobahnen. Er führt über die Schienen. Die wollen wir stärken, wenn dieses ÖPNV-Gesetz auch wirklich novelliert wird.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Heike Ha- bermann (SPD))

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Daher sind wir jetzt am Ende der Aussprache in der ersten Lesung.

Der Gesetzentwurf wird zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen.

Wir kommen zu dem Tagesordnungspunkt 38:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend soziale Marktwirtschaft garantiert Freiheit,Wohlstand und soziale Sicherheit – Drucks. 18/1066 –

Er wird gemeinsam behandelt mit dem Tagesordnungspunkt 74:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend aus der globalen Krise die richtigen Konsequenzen ziehen – die Marktwirtschaft braucht einen sozialen und ökologischen Rahmen – Drucks. 18/1102 –

und mit dem Tagesordnungspunkt 78:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Neustart der sozialen Marktwirtschaft – Wirtschafts- und Sozialordnung braucht klare Regeln und handlungsfähige Akteure – Drucks. 18/1109 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Die erste Wortmeldung kommt von dem Kollegen Dr. Arnold für die CDU-Fraktion.

(Günter Rudolph (SPD): Für einen Setzpunkt ist aber die Übersichtlichkeit bei der CDU gegeben! – Hartmut Honka (CDU): Herr Kollege Rudolph!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die soziale Marktwirtschaft war nicht nur die Grundlage des deutschen Wirtschaftswunders in den Fünfzigerjahren. Sie war und ist auch heute das wirtschaftliche Kernelement unserer demokratischen Grundordnung.