Protocol of the Session on July 7, 2009

Zweitens. Wir gehen davon aus, dass heute der bisher bestehende Einschnitt, mit 60 Jahren bei den Feuerwehren normalerweise keinen Dienst mehr leisten zu können, nicht mehr zeitgemäß ist.Wir wollen dieses Alter auf Antrag, d. h. freiwillig, und nach einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung, d. h., es wird festgestellt, was einer noch leisten kann, auf 65 Jahre hochsetzen. Das heißt, wir wollen das ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Auch das ist etwas, was aus der Praxis kommt. Diejenigen, die ein bisschen davon verstehen, wissen, dass es 63-Jäh

rige gibt,die topfit sind,und dass es 52-Jährige gibt,die gesundheitlich nicht mehr so gut drauf sind. Das nur an dem Erfordernis des Alters festzumachen, werden wir uns angesichts der demografischen Entwicklung in Zukunft nicht mehr leisten können.

Wer die Dinge ein wenig kennt, weiß im Übrigen: Ich muss nicht mit der Atemschutzmaske und 40 kg auf dem Rücken den ersten Angriff beim brennenden Haus machen.Aber ich kann mich z. B. mit 63 Jahren noch sehr gut um die Funkgeräte kümmern und kann auch manches andere machen, was auch gemacht werden muss, ohne dass ich diese extreme körperliche und sonstige Anstrengung habe.

Drittens. Ich will auf etwas hinweisen, um zu zeigen, was wir verändern wollen.Wir wollen in Zukunft die Möglichkeit eröffnen,dass Gemeindebrandinspektoren,Wehrführerinnen und Wehrführer mehrere Stellvertreter haben. Die Anzahl der Aufgaben ist so gewachsen, dass die Konzentration auf eine Person die Sache erschwert.In den 426 Städten und Gemeinden, die wir in Hessen haben, brauchen wir die Möglichkeit, diese Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Es muss nicht einen geben, der acht- oder zehnmal am Wochenende zu den entsprechenden Fortbildungskursen gehen muss. Wenn er dann auch noch zu anderen Fortbildungen muss, führt das dazu, dass wir die Ehrenamtlichen irgendwann überfordern. Deswegen wollen wir die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen.

Lassen Sie mich einen Gesichtspunkt nennen,der mir persönlich sehr wichtig ist. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir für fast alles und jedes hauptamtliche Kräfte. Den Katastrophenschutz machen wir aber zu 99 % mit Ehrenamtlichen. Das ist genauso wie bei der Feuerwehr.

Diese Katastrophenschutzhelfer, die wir bei Hochwasser, bei schweren Unglücken, bei schlimmen Ereignissen oder bei Schadensereignissen heranziehen,leisten Großartiges. Sie sind zwar bislang in der Unfallversicherung aufgenommen, aber sie sind nicht umfassend gegen Dienstunfälle geschützt.

Wir möchten mit diesem Gesetzesvorhaben sicherstellen, dass in Zukunft auch die Angehörigen der Katastrophenschutzorganisationen eine entsprechende Dienstunfallversicherung haben. Diejenigen, die solche Kräfte anfordern – das sind in der Regel die Kreise und die kreisfreien Städte –, sollen für diese Damen und Herren demnächst entsprechende Versicherungen abschließen.

Ich halte das für notwendig. Wir können nicht vom jemandem erwarten, dass er gegebenenfalls sein eigenes Leben riskiert, und ihn dann nicht ordentlich versichern. Ich halte das für falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Heinrich Heidel und Dr. Matthias Büger (FDP))

Meine Damen und Herren, wir sollten auf noch etwas gerade einmal einen letzten Blick werfen. Ich denke, wir werden uns im Ausschuss vertieft darüber unterhalten. Vieles von dem, was Hessen zum Teil als einziges Bundesland bisher allein und freiwillig gemacht hat, soll jetzt zur gesetzlichen Verpflichtung werden. Dabei geht es nicht nur darum, das Katastrophenschutzkonzept zu erstellen, sondern es auch fortzuschreiben, und zwar inklusiv der Aufgaben, die wir dort aufgrund der Europäischen Union haben.

Wir unterhalten bisher für Hessen freiwillig ein Katastrophenschutzlager. Wir unterhalten bisher freiwillig einen Krisenstab der Landesregierung,den es so in Deutschland auch nirgendwo gibt.

Wir werden mit diesem Gesetzesvorhaben vorsehen, dass das in Zukunft Pflichtaufgaben werden. Denn wir glauben, wir werden ohne eine so hoch qualifizierte Struktur nicht in der Lage sein, extremen Herausforderungen zu begegnen.

Ich hoffe sehr, dass dieser Gesetzentwurf große Zustimmung finden wird. Wir werden uns darüber im Ausschuss näher zu unterhalten haben. Gegebenenfalls wird es eine Anhörung dazu geben. Ich jedenfalls bin sehr froh, dass wir in Hessen ein außergewöhnlich hohes Maß an Sicherheit sowohl hinsichtlich des Brandschutzes als auch der Allgemeinen Hilfe und des Katastrophenschutzes haben. Dafür können wir nur dankbar sein. Der Gesetzgeber sollte in der Rahmensetzung großzügig sein. Aber auch die Fürsorge für die Einzelnen, die diese Arbeit leisten, muss großzügig sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Herr Staatsminister Bouffier, vielen Dank. – Als Erster in der Aussprache hat sich Herr Franz für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Franz, die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Da wir heute den Gesetzentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz in erster Lesung beraten, ist es sicherlich auch einmal Zeit, kurz auf das erste Gesetz dieser Art zurückzublicken. Wenn man den Rahmen betrachtet, in dem sich solche Gesetze bewegen, muss man eigentlich eines feststellen. Hätten wir nicht die ehrenamtlichen freiwilligen Helfer bei den Feuerwehren und im Katastrophenschutz, dann könnten wir zwar sehr gut ein solches Gesetz beschließen, aber es könnte nicht mit Leben erfüllt werden. Es könnten auch keine Leben gerettet werden. Es könnten keine Immobilien mit ihrem entsprechenden Wert gerettet werden. Deswegen gilt mein Dank allen, die sich im Land Hessen für diese Aufgabe ehrenamtlich engagieren. Natürlich gilt er auch denen, die das hauptamtlich machen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das wurde eben schon erwähnt: Nur 3 % derer, die da tätig sind, machen das hauptberuflich.

Herr Minister Bouffier hat das eben schon gesagt: Es sind 75.000 Menschen, die sich momentan aktiv betätigen. Es sind 29.000 junge Menschen, die sich bei den Jugendfeuerwehren engagieren.

Da hat z. B.das erste Gesetz aus dem Jahr 2007 einen Hinweis gegeben. Man hat die Anstrengung unternommen, eine Bambini-Feuerwehr für Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren einzurichten. Ich glaube, das müsste man einmal evaluieren. Das war damals sicherlich der richtige Schritt, um relativ früh an junge Menschen heran

zukommen und um sie für die Feuerwehr und vielleicht auch für den Katastrophenschutz zu interessieren.

Wir haben aber auch etwas anderes gehört. Das war auch Bestandteil des letzten Gesetzes. Der Herr Minister ist eben noch einmal ganz kurz darauf eingegangen. Mit dem ersten Gesetz haben wir die Option eröffnet, dass man über das 60. Lebensjahr hinaus seinen Dienst bis zum Erreichen des 62. Lebensjahres verlängern konnte. Ich habe mich mit vielen Aktiven bei der Feuerwehr unterhalten. Sie sagen: Okay, das kann man durchaus machen.

Aber wenn man sich die Zahlen ansieht, muss man doch sagen: Es ist als Option in das Gesetz aufgenommen worden.Aber das war nicht der ganz große Wurf. Denn wenn man sich die Statistik anschaut, erkennt man, dass die Zahl der Aktiven, die über 50 Jahre alt sind, eigentlich im Verhältnis zu den anderen sehr gering ist. Aus diesem Grund kann natürlich die Zahl derer, die von einer solchen Option Gebrauch gemacht haben, nicht sonderlich hoch sein. Ich glaube, das wird auch die Diskussion im Innenausschuss zeigen, nachdem wir die Zahlen erhalten haben,die genau zeigen werden,was es da wirklich an Zuwachs gegeben hat.

Sie wollen jetzt die Möglichkeit eröffnen, dass man das noch bis zum 65. Lebensjahr machen kann. Dazu gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen. Es gibt auch eine des Landesfeuerwehrverbandes. Dort ist man eigentlich der Meinung, dass angesichts einer solchen Bedeutung bei den Ehrenamtlichen und auch bei den Hauptamtlichen mit 60 Jahren durchaus Schluss sein könnte.

Ich glaube, das wäre ein Punkt, über den wir einmal mit den Verantwortlichen diskutieren sollten.Es gibt – das haben Sie zu Recht gesagt – durchaus positive Einzelpunkte in diesem Gesetz. Die Gleichstellung in der Unfallversicherung ist sicherlich für die ca. 5.000 Menschen, die im Katastrophenschutz tätig sind,eine gute Sache.Ich nehme an, das wird den anderen Kolleginnen und Kollegen in den anderen Fraktionen auch so gegangen sein:Während des Hessentags ist man angesprochen worden, wie es mit der Kostenpflicht bei bestimmten Großlagen ist. – Ich glaube, das müssen wir auch diskutieren und aufarbeiten, damit wir eine geschlossene Argumentation in diesem Bereich bekommen können.

Da das Problem der Nachwuchsgewinnung eine Rolle spielt, müssen wir uns demnächst entscheiden, ob wir Leistungsansprüche oder mehr eine Anerkennungskultur machen.Vielleicht ist es sinnvoll,eine Kombination in vielen Bereichen zu machen. Auch dies sollten wir einmal diskutieren.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen – das ist in § 7 formuliert –, dass man durchaus bei der Nachwuchsgewinnung den Kommunen bestimmte Hinweise geben kann, bestimmte Haushaltsmittel und vielleicht auch bauliche Maßnahmen in den Unterkünften vorzusehen, wenn man Bambinifeuerwehren und Jugendfeuerwehren attraktiver machen will. Das erfordert Finanzmittel. Das müssen letztendlich auch die Kommunen einsehen. Wenn sie in diesem Bereich nach vorne kommen wollen, dann sind adäquate zukunftsfähige Konzepte vor Ort zu entwickeln, damit sich junge Menschen für diesen Bereich engagieren.

Herr Franz, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Wir sind in Hessen – das sage ich sicher für das ganze Haus – gut aufgestellt. Wir sollten die einzelnen Punkte, die es durchaus zu diskutieren gilt, im Ausschuss diskutieren. Ich kann für die SPD-Fraktion eine konstruktive Mitarbeit bei dieser Gesetzesvorlage zusagen. Das war bisher immer unsere Entscheidung, und das wird auch so bleiben. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Franz. – Herr Peuser, Sie haben sich für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich noch daran, als wir vor zehn Jahren sehr intensiv das Gesetz, das jetzt novelliert werden soll, beraten und nachher in großer Übereinstimmung beschlossen haben. Ich denke, man kann im Nachhinein feststellen, es war ein gutes Gesetz. Es ist gerade im Bereich von Feuerwehr und Katastrophenschutz wichtig, dass es Übereinstimmung gibt.Es ist nicht bei allen Gesetzen so,dass man nach zehn Jahren – unabhängig von den Konstellationen, unter denen es beschlossen wurde – sagen kann: Es waren gute Gesetze.

(Beifall des Abg. Judith Lannert (CDU))

Nun könnte man sagen: Warum müsste man überhaupt ein Gesetz neu beraten und beschließen, wenn es doch so gut ist? – Das Gesetz, und das ist vernünftig, war auf zehn Jahre befristet. In zehn Jahren ergeben sich natürlich Veränderungswünsche. Verbesserungen sind notwendig. Aus der Sicht der CDU-Fraktion darf ich einige wenige Punkte benennen.

Es ist bei der Einbringung durch den Innenminister das Alter angesprochen worden. Mit dem Alter wird es natürlich zukünftig Probleme bei den aktiven Feuerwehrleuten in der Stärke der Einsatzabteilungen geben. Natürlich – Kollege Franz hat darauf hingewiesen – ist es noch nicht der große Wurf.Aber wir hätten uns mit der Problematik der Einsatzstärken auseinandersetzen müssen, denn aufgrund des demografischen Faktors, einer veränderten Arbeitswelt und vieler anderer Faktoren kommen die Probleme, ob wir das wollen oder nicht, auf uns zu.

Im Übrigen gibt es Bundesländer – ich nenne SchleswigHolstein –, wo die Grenze schon bis 67 Jahre geht, wohlgemerkt: ab dem 60. Lebensjahr immer auf Antrag und aufgrund von ärztlicher Untersuchung und entsprechender Freigabe.In vielen anderen Bundesländern gilt ein Alter bis 65 Jahre. Was in anderen Bundesländern möglich ist, muss meiner Ansicht nach auch in Hessen möglich sein.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Ich weiß, dass es hier eine unterschiedliche Sicht auch innerhalb der Feuerwehren gibt. Mich hatten vor Monaten Feuerwehrleute über 60 Jahre aus meinem Kreis angesprochen, die noch fit sind und gesagt haben:Wieso haltet ihr uns von der Arbeit ab? Wir haben Zeit, wir sind

Rentner, wir sind fit, wir stehen zur Verfügung und dürfen nicht. – Das ist auch eine Sicht der Dinge.

Insofern sollten wir das im Innenausschuss im Rahmen einer möglichen Anhörung beraten. Ich denke, wir werden zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.

Ein weiterer Punkt, der mir wichtig erscheint, ist die unfallrechtliche Gleichstellung zwischen Feuerwehr und Helferinnen und Helfern des Katastrophenschutzes –

(Beifall bei der CDU)

ich denke, eine vernünftige Regelung, die unabdingbar sein muss. Ebenfalls vernünftig finde ich den Vorschlag, dass ein Feuerwehrmann, eine Feuerwehrfrau natürlich auch am Arbeitsplatz, am Studienort oder wo auch immer sonst, wenn sie gebraucht werden, zum Einsatz kommen dürfen. Ich muss gestehen, ich wusste bisher noch gar nicht, dass das nicht möglich ist. Aber Gesetze machen nicht nur manche Dinge möglich, sondern auch unmöglich. Es ist gut, wenn das geändert wird, und der Vorschlag ist vernünftig.

Auf einen Punkt möchte ich in besonderem Maße hinweisen, weil er mir sehr wichtig erscheint. Ich habe gelesen und glaube, es waren die Kommunalen Spitzenverbände, die das Thema Zehnminutenfrist problematisiert haben und eine Aufweichung wollten. Ich denke, das ganze Haus sollte sich darüber einig sein: Zehn Minuten Hilfsfrist ist unabdingbar für alles. – Wir wissen alle, oft sind nicht nur Minuten, sondern Sekunden für die Rettung von Leben entscheidend. Deswegen sollte die Hilfsfrist auf keinen Fall, egal, in welchem Gesetz, egal, in welcher Novellierung, infrage gestellt werden. Die Hilfsfrist darf nicht angetastet werden.

Ein letzter Punkt, der mir auch vernünftig erscheint, ist das Verbot des Zusammenschlusses von Gemeindeverbänden. Wir alle wissen, die Identifizierung mit den Feuerwehren ist wichtig und notwendig. Es gibt Beispiele, auch außerhalb Hessens, dass bei einem Zusammenschluss von Feuerwehren oder bei einer Auflösung von Feuerwehren in Gemeinden im Grunde genommen in ganzen Gemeindeverbänden plötzlich keine Feuerwehrmänner oder Feuerwehrfrauen aktiv waren. Deswegen erscheint es mir vernünftig, dass Zusammenschlüsse von Gemeindefeuerwehren nicht stattfinden sollten.

Herr Peuser, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ein letzter Punkt. Hessen ist unbestritten Vorreiter beim Katastrophenschutz. Das soll so bleiben. Der Minister hat einige Punkte genannt, mit denen ich übereinstimme, wo bisherige freiwillige Leistungen gesetzlich festgeschrieben werden sollten.

Meine Damen und Herren, ein allerletzter Satz, darauf darf hingewiesen werden: Gesetze sind gut, sind notwendig. Es hilft aber nichts, wenn für die Ausführung die notwendigen Mittel fehlen. Ich denke, hier ist die Koalition einen vernünftigen Weg gegangen. Wir kennen die Debatte über die Zweckentfremdung der Feuerschutzsteuer. Wir sind etwas stolz darauf, dass jetzt unabhängig von der Höhe der Feuerschutzsteuer jährlich 30 Millionen c festgeschrieben werden. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Herr Peuser!