Protocol of the Session on July 7, 2009

Dennoch ein kleiner Satz dazu, weil Sie, Herr Kollege Reif, beschworen haben, Sie wollten endlich die Fragmentierung beenden. Dazu kann man zwei Anmerkungen machen.

Erstens.Warum hat es so lange gedauert, bis Sie sie beenden?

(Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Frank Lortz (CDU): Na, na!)

Zweitens.Warum ist es überhaupt dazu gekommen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gekommen ist es, weil zu einem Zeitpunkt, als die Wirtschaftsförderung bei der IBH angesiedelt werden musste, aufgrund des – ich hätte fast in Anführungszeichen gesagt: besonders segensreichen, weil sehr altruistischen – Tuns der CDU/FDP-Landesregierung unter Walter Wallmann und Manfred Kanther die Eigentumsrechte des Landes an der Helaba verkauft worden waren und insoweit das Land Hessen nicht mehr Mitbesitzer war und von daher die eigene Förderbank dort nicht ansiedeln konnte und sie getrennt davon halten musste.

Mittlerweile wissen wir, dass das wieder geändert wurde, sodass jetzt die Möglichkeit besteht, unter dem Dach der Helaba in einer Anstalt in der Anstalt die Förderaktivitäten zu vereinen. Dies ist vom Grundsatz her auch aus unserer Sicht richtig.

Meine Damen und Herren, wir haben zweitens, weil wir uns in dieser Frage kooperativ verhalten, einem relativ mörderischen Zeitplan zugestimmt. Vor drei Wochen haben wir mit dem Gesetzgebungsverfahren begonnen, in dieser Woche wollen wir es mit der Verabschiedung des Gesetzes beenden, obwohl zwischenzeitlich eine Anhörung stattfinden musste und wir ja feststellen konnten, dass die Gesetzesautoren zumindest nicht hinreichend sorgfältig gearbeitet haben, sodass jetzt ein zweiter Änderungsantrag der Koalition vorliegt. Es wurde also mehrfach etwas vergessen. Meine Damen und Herren, damit das, was vergessen wurde, anständig erörtert werden kann, beantrage ich hiermit seitens meiner Fraktion die dritte Lesung.Wir sollten den Änderungsantrag – immerhin soll ein neuer Paragraf mit sieben Absätzen eingefügt werden – durchgehen und auch feststellen können, was denn neu geregelt wird. Wir könnten die Diskussion gern im Plenum führen, aber leider gibt uns der Präsident dafür nicht die notwendige Redezeit.

Wir gehen weiterhin kooperativ an das Thema heran und würden uns umso mehr freuen,wenn auch die Mehrheit in diesem Hause das täte. Insoweit verweise ich auf den in unserem Änderungsantrag Drucks. 18/900 geäußerten Wunsch, der sich auf die Zusammensetzung des Investitionsbankausschusses bezieht.Meine Damen und Herren, dieser Ausschuss ist ja, wenn man es so betrachten will, so etwas wie die Eigentümerversammlung dieser neuen Förderbank. Da stellt sich schon die Frage: Kann es denn richtig sein, dass ausschließlich CDU und FDP die Eigentümer stellen wollen, oder ist die Wirtschaftsförderung nicht vielmehr Sache des Landes, d. h. auch aller in diesem Landtag Beteiligten, dass sie zumindest die Möglichkeit haben sollten, mitzuwirken? Die Mehrheit bestimmt zwar – völlig unbestrittenerweise –, aber die Minderheit gehört nicht ausgesperrt, Herr Kollege Lortz. Sie gehört sinnvoll und angemessen beteiligt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es könnte ja sein, dass auch die Opposition einmal einen klugen Gedanken hat. Ich würde davon ausgehen, da ich ja umgekehrt auch nicht sage, jeder Gedanke der Regierungsfraktionen ist doof. Mir ist zwar signalisiert worden, dass man bei der Mehrheit eher davon ausgeht, man ist sich selber genug; ich bitte Sie aber, unseren Änderungsantrag noch einmal zu überdenken und nachher im Ausschuss die Chance zur Diskussion und zur Zustimmung zu nutzen. Das wäre positiv auch im Hinblick auf die spätere Wahrung von Kontinuitäten, denn die Wirtschaftsförderung ist keine Sache nur der Mehrheit in diesem Hause, sondern unser aller Anliegen.Wir sollten hier aufeinander zugehen, damit wir alle diesen rechtlich geprüften, von allen Seiten im Prinzip und in der Sache akzeptierten und nur aufgrund politischer Entscheidung so oder so festzulegenden Regeln folgen können.

Meine Damen und Herren, wir haben drei weitere Anträge zum Thema,die es eigentlich verdienten,eine eigene Debatte darüber zu führen. Das ist aus Zeitgründen nicht möglich. Der Kollege Frankenberger hat schon darauf hingewiesen: Die Vereinigung der monetären Förderinstitute ist das eine; das ist aber nicht alles, sondern auch die nicht monetäre Förderung gehört neu und vernünftig organisiert. Ich möchte jetzt nicht die Geschichte der Hessen-Agentur und insbesondere ihrer absolut missglückten Führung wiederholen, sondern darauf hinweisen, dass wir es durchaus für sinnvoll erachten, die Aufgaben so wahrzunehmen, wie es in den von Ihnen – aufgrund wachsender Erkenntnis bei der Mehrheit – gestellten Anträgen formuliert ist. Hier muss sorgfältig überprüft werden, wie die Wirtschaftsförderung im nicht monetären Bereich in Zukunft organisiert werden soll. Das wird man im Ausschuss weiter erörtern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg.Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zusammenlegung der Investitionsbank Hessen mit der Landestreuhandstelle ist im Grundsatz sinnvoll. Die Fragmentierung der Wirtschaftsförderungseinrichtungen wurde von Anfang an kritisiert, und in den letzten Jahren sind diese Befürchtungen auch bestätigt worden,weil man nicht erklären kann, warum Aufgaben, die zusammengehören, auf verschiedene Institutionen aufgeteilt werden.

Endlich spricht auch die CDU von der „Zersplitterung“ der Förderlandschaft, sieht diese als ein Problem und will dem ein Ende bereiten.Das freut uns natürlich sehr,nachdem Sie das Problem ja überhaupt erst geschaffen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Der hessischen CDU wird gern Beratungsresistenz vorgeworfen.An dem Beispiel können wir nun sehen, es dauert nur fünf Jahre, und schon fängt die CDU damit an, ihre eigenen Fehler zu korrigieren. Das freut uns natürlich.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Die nun zu beschließende Zusammenlegung kann aber nur der erste Schritt zur notwendigen und sinnvollen Integration der Förderbereiche sein, um die hessische

Wirtschaft wirklich aus einer Hand und aus einem Guss zu fördern, wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf fordern. Deshalb muss auch die nicht monetäre Förderung in das neue Institut integriert werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Hessen-Agentur als eigenständige Einrichtung erhalten werden muss, weil diese Zersplitterung ebenso überflüssig wie unsinnig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit der Hessen-Agentur ist ein öffentliches Unternehmen geschaffen worden, wie wir es uns gerade nicht wünschen, nämlich eine mit Steuergeldern finanzierte Bürokratie, deren Führungspersonal auf intransparente Weise bestimmt wird und mit horrenden Spesenrechnungen von sich reden macht. Kostensenkung und Aufwandsreduzierung, wie es im Gesetzentwurf von CDU und FDP gefordert wird, standen bei der Hessen-Agentur nachweislich nicht im Vordergrund. 200.000 c an Reisekosten innerhalb von zwei Jahren und 57.000 c an Telefonkosten innerhalb von drei Jahren zu produzieren, das muss man erst einmal schaffen.

In der Frage Hessen-Agentur hat die FDP wieder einmal ein Rückgrat aus Wackelpudding bewiesen.Als Abgeordneter forderte Herr Posch zu Recht die Auflösung des „Geldstaubsaugers“ Hessen-Agentur und die Übertragung ihrer Aufgaben auf die IBH. Als Minister scheinen diese Bedenken verflogen zu sein. Herr Posch, vielleicht können Sie einmal darlegen, welche tieferen Einblicke in die Arbeitsweise der Hessen-Agentur Sie zu einer anderen Ansicht bewogen und den Vorwurf, die HessenAgentur sei ein „Geldstaubsauger“, widerlegt haben. Die Telefonrechnungen können es kaum gewesen sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Die Hessen-Agentur wird als Reisebüro und Wahlkampfinstrument der Landesregierung benutzt. Herr Posch sah sogar einst – ich zitiere – in der Finanzplanung den Vorwurf eines Wahlkampfhaushaltes bestätigt. Mit der Hessen-Agentur wurde ein aufgeblähter Apparat geschaffen, der anstelle der Existenzgründer und Unternehmen die Freundschaften des Ministerpräsidenten fördert.

Die Zeit wird zeigen, ob die Landesregierung auch hier lernfähig ist und die Hessen-Agentur in das gemeinsame Förderinstitut integriert, oder ob der Herr Ministerpräsident noch mehr Freunde hat.

Die IBH soll mit der LTH unter dem Dach der Helaba verschmolzen werden, gerade jetzt, wo die bundesweite Neuordnung der Landesbanken ins Haus steht. Die Helaba steht gut da, aber das ist keine Garantie dafür, dass sie in die Neustrukturierung und die anstehende Sanierung des deutschen Bankenwesens einbezogen wird. Bei uns bleiben offene Fragen und Bedenken, weil derzeit niemand absehen kann, was bei den Verhandlungen schlussendlich herauskommen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Beschäftigten der beiden verschmolzenen Einrichtungen haben einen Anspruch auf Planungssicherheit. Die geltenden tariflichen Vereinbarungen und die Alterssicherung sind im Prozess der Verschmelzung zu wahren. Es ist zu erwarten, dass sich Synergieeffekte und Rationalisierungsmöglichkeiten auftun werden. Ich denke aber, jeder Arbeitsplatzabbau wäre ein Vergehen gegen die Beschäftigten, die nun zum wiederholten Male innerhalb weniger Jahre eine Umstrukturierung ihrer Unternehmen mittragen und umsetzen müssen.

Daher bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, der die Forderungen der Gewerkschaft ver.di, aber auch der Personalräte aufgreift.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Neustrukturierung der hessischen Wirtschaftsförderung inmitten der Wirtschaftskrise bietet die Gelegenheit, die Förderrichtlinien zu reformieren. In anderen Bundesländern, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, ist seit Langem verankert, dass die Förderung von Unternehmen an die Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindestbedingungen geknüpft wird, weil das eben im öffentlichen Interesse liegt. Gerade in Zeiten drohender Massenarbeitslosigkeit geraten Tarifverträge und Arbeitnehmerschutzrechte zunehmend unter Druck. Die öffentliche Förderung muss mit den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, darauf achten, dass die grundlegenden Standards eingehalten werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat klare Kriterien dafür erarbeitet, wie „gute Arbeit“ auszusehen hat. „Gute Arbeit“ – das sollte die Devise der hessischen Landespolitik sein – wird gefördert. Nicht förderungswürdig ist dagegen Arbeit, die die Maßstäbe des Arbeitsrechts oder des Umweltrechts nicht einhält.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss.Wir haben Ihnen einen Antrag zu diesem Thema vorgelegt. Ich denke, die Neuordnung der Wirtschaftsförderung bietet die Chance einer konzeptionellen Neuausrichtung auf „gute Arbeit“,für die Stärkung der Tarifverträge, für mehr Ausbildungsplätze und für den Klima- und Umweltschutz.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Lenders für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Gesetzentwurf zur Neuordnung der monetären Förderung im Land Hessen ist auf breite Zustimmung gestoßen. Das ist wohl das Ergebnis der Anhörung und der Stellungnahmen aller Beteiligten.

Mit der neuen Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, die aus der Zusammenführung von LTH und IBH hervorgehen wird, schaffen wir ein schlagkräftiges Förderinstitut, das alle Förderaufgaben bündelt, die bisher auf die einzelnen Einrichtungen verteilt waren. Wir steigern damit die Effizienz der Förderpolitik. Wir erhöhen die Transparenz für diejenigen, die es nutzen müssen. Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss hat unseren Gesetzentwurf voll bestätigt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

So hat etwa der Vertreter des Hessischen Städte- und Gemeindebunds ganz klar unsere Einschätzung bestätigt, dass die bisherige Aufteilung der monetären Förderung zu Reibungsverlusten geführt hat und dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Die Handwerkskammern

und die Wirtschaftsförderer begrüßen die Neuordnung. Der Landkreistag unterstützt den Gesetzentwurf.

Die Zusammenführung der monetären Förderungsaktivitäten wird nach Einschätzung der Experten zu einer deutlichen Steigerung der Leistungsfähigkeit und zu günstigeren Strukturen führen. Die Wirtschaftsförderung Region Frankfurt Rhein-Main hat in ihrer Stellungnahme beispielsweise deutlich gemacht,dass,wenn wir nichts verändern, die Rhein-Main-Region und das Land Hessen insgesamt im Wettbewerb der europäischen Regionen Probleme bekommen werden. Maßnahmen werden als überfällig bezeichnet. Fachleute haben klargemacht, dass durch die Art und Weise,wie wir die LTH und die IBH unter dem Dach der Helaba zusammenführen, keine wettbewerbsrechtlichen und keine sonstigen europäischen Probleme entstehen werden und dass die Regeln der Bankenaufsicht voll umgesetzt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dabei ist es wichtig, dass wir mit einer größeren Förderbank die Kapitalmarktfähigkeit verbessern. Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, am Kapitalmarkt schnell und preiswert große Volumina mobilisieren zu können. Verbessern sich die Konditionen, verbessern sich auch für die Fördernehmer die Kostenvorteile. Die neue Bank schafft also für die Zielgruppe unmittelbar materielle Vorteile.

One-Stop-Agency: Ein ganz zentraler Punkt der Neuordnung ist und bleibt der Grundsatz „alles aus einer Hand und mit einem Ansprechpartner vor Ort“. Das ist eben schon gesagt worden.

Jetzt möchte ich noch kurz auf die Änderungsanträge der GRÜNEN und der SPD eingehen. Herr Kaufmann, Sie haben gesagt, wir sollten hier sehr konstruktiv miteinander arbeiten. Das wollen wir gern machen. Ich frage mich allerdings angesichts Ihres Änderungsantrags, warum der bisher existierende Beirat eine schlechtere Arbeit geleistet haben soll.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Genau wie wir waren Sie als Opposition in dem Beirat vertreten. Es ist also auch die Frage, wie diejenigen, die in dem Beirat sind, ihre Rolle verstehen und wie stark sie sich einbringen. Nach meiner Auffassung ist das aber – die Erwartung, die Sie an den Ausschuss haben – eine klare Aufgabe der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen, die sie tragen.

Wir können über Ihren Antrag gern noch einmal beraten. Ich sehe allerdings im Moment keine Notwendigkeit für Ihr Modell.