Protocol of the Session on September 4, 2013

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Greilich (FDP): Das ist ganz dünnes Eis!)

Das ist überhaupt kein dünnes Eis. Sie haben etwas bejubelt, was hinterher in eine Katastrophe geführt hätte. Wir dagegen haben die ganze Zeit davor gewarnt; das wissen Sie ziemlich genau.

Aber das Beispiel Börse zeigt auch, dass dieser Blick auf die Welt von irgendjemandem relativ provinziell gestaltet worden ist. Bei dem Finanzplatz Frankfurt handelt es sich nicht nur um eine Stadt, sondern um eine ganze Region. Wir sollten uns endlich abgewöhnen, so auf die Welt zu blicken, als gäbe es die Rhein-Main-Region nicht und als

hätten wir es nicht mit einem Zusammenwirken von Kräften zu tun, die man insgesamt betrachten muss, statt einzelne Teile herauszunehmen.

(Beifall bei der SPD)

Es fällt auf, das nicht nur die Börse vergessen wurde. In der Rhein-Main-Region – eben nicht nur in Frankfurt – sind alle großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt vertreten. In Frankfurt und vor allen Dingen in Eschborn sind die großen Beratungsfirmen angesiedelt, die bei der Kontrolle von Unternehmen eine Rolle spielen könnten, wenn sie damit beauftragt werden würden. Das sage ich einmal ganz vorsichtig. Aber die brauchen auch Leute, die dafür ausgebildet sind.

Damit bin ich wieder bei der Landespolitik. Warum, zum Teufel, muss sich jemand, der bei Pricewaterhouse oder sonst wo arbeiten soll, überlegen, ob er die teuren Studiengebühren für die EBS zahlt, weil die Zahl der Studienplätze an Hessens Fachhochschulen in diesem Bereich nicht ausreicht und die Landesregierung nicht dafür sorgt, dass es an öffentlichen Universitäten genügend Ausbildungsplätze für die Menschen gibt, die gesucht werden? Ich glaube, auch da hat sie versagt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man schon von den vielen Menschen in dieser großen Stadt redet: Ich finde es faszinierend, dass die 90 Konsulate aufgezählt werden. Das Spannende ist doch, dass dort Menschen aus 180 Nationen so friedlich wie in fast keiner anderen Stadt auf der Welt zusammenleben.

(Beifall bei der SPD)

Das ist allerdings auch ein Kessel, in dem die Anforderungen an die Politik anders formuliert werden: Haben Sie mit einer der jungen Frauen aus Frankreich oder aus einem skandinavischen Land, die zur EZB oder zu einer der Großbanken gegangen sind, einmal darüber geredet, wie das mit der Kinderbetreuung in Deutschland ist? Wie lange dauert es, bis man einen Platz findet? Wie lange hat es gedauert, bis das ausgebaut worden ist? Wie viel hätte eine Landesregierung dafür tun können, wenn sie ihre Zusagen von früher eingehalten hätte, statt sich erst durch Gerichtsurteile dazu zwingen zu lassen, Teile davon umzusetzen?

(Beifall bei der SPD)

Zum Wohnumfeld: Hier stellt sich die Frage nach bezahlbarem Wohnraum für die Menschen in dieser Region. Reden Sie nicht so darüber, als ob das ein abstrakter Ort für Institutionen wäre. Das ist ein Ort für Menschen. Bei der Gestaltung genau dieses Ortes für Menschen hat die Landesregierung eindeutig versagt.

(Beifall bei der SPD)

Das Interessante ist aber die Aufteilung dieses Textes in einen Antrag und in die Begründung. In der Begründung stehen nämlich Sachen, die Sie sich nicht in den Antrag zu schreiben getraut haben. Da gibt es ganz spannende Formulierungen. Die „Vergemeinschaftung von Schulden“ lehnen Sie ab, heißt es da. Wer traut sich heute wirklich noch, den Menschen zu erzählen, dass sie nicht gemeinschaftlich für die Schulden der Europäischen Union einstehen?

(Beifall bei der SPD)

Das kommt mir vor wie der Umgang mit dem Begriff „Zuwanderungsland Deutschland“. 30 Jahre lang war es verbo

ten, darüber zu reden, obwohl jeder wusste, was das ist. Sie treiben bei der „Schuldengemeinschaft Europa“ das gleiche Spiel. Sie erzählen den Leuten Unsinn; denn es gibt seit Langem eine gemeinsame Haftung.

(Beifall bei der SPD)

Mit Verlaub, es ist auch gut so, dass es sie gibt. Wer glaubt, dass er den Vorteil einer gemeinsamen Währungsunion haben kann, ohne als Vorteilsnehmer einen Preis dafür zu zahlen, träumt ökonomisch. Ich finde, in der Ökonomie ist die Zeit der Träume lange vorbei.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Greilich (FDP): Sie wollen doch die gesamtschuldnerische Haftung aller!)

Weiter steht in Ihrem Antrag die nette Forderung nach „weitreichenden wirtschaftspolitischen Reformen“ und einer „konsequenten Konsolidierung“. Das ist genau das, was Peer Steinbrück in dem Duell gesagt hat: Sie haben nicht im Blick, dass Sie die Menschen in Armut und Arbeitslosigkeit treiben, weil Sie sich nur um die eine Seite der Politik kümmern, aber nicht um die, die Arbeit, Bildung und Beschäftigung schafft.

(Beifall bei der SPD)

Alles in allem: Ich betrachte diesen Antrag als Aufforderung an eine neue Landesregierung, für Hessen in Europa eine bessere Politik zu machen, statt Besinnungsaufsätze zu schreiben, die sowieso keiner braucht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Für die CDU hat jetzt der Kollege Caspar das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute im Rahmen des Plenums mit der Entwicklung der Stadt Frankfurt. Aber die ist, wie man insbesondere feststellt, wenn man an die Europäische Zentralbank und die europäischen Institutionen denkt, unmittelbar mit der Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt verbunden. Das ist im Rahmen dieses Plenums der einzige Tagesordnungspunkt, bei dem wir uns mit diesem Thema beschäftigen. Ich finde es interessant, dass derjenige, von dem ich gehört habe, er sei von Herrn Steinbrück beauftragt worden, sich um den Finanzplatz Frankfurt zu kümmern, nämlich Herr Schäfer-Gümbel, dieser Debatte überhaupt nicht folgt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mir ist nicht klar, ob er diese Funktion mittlerweile aufgegeben hat, um nicht an dem untergehenden Herrn Steinbrück zu hängen, ob er kein Interesse an dem Thema hat oder ob er glaubt, schon alles darüber zu wissen.

(Clemens Reif (CDU): Die Ergebnisse der Umfragen sind ihm in die Glieder gefahren!)

Alle drei Varianten sind jedenfalls schlecht. Deswegen habe ich sehr wenig Verständnis dafür.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der FDP: Ja, wo ist er denn? – Clemens Reif (CDU): Er sitzt im Büro und denkt an die Umfragen!)

Da wir gerade feststellen, dass die Entwicklung der Stadt Frankfurt sehr viel mit dem Engagement von Politikern zu tun hat, möchte ich von diesem Pult aus ausdrücklich dem früheren Bundeskanzler Kohl danken. Ihm ist es nämlich zu verdanken, dass die Europäische Zentralbank nach Frankfurt am Main kam.

Die Stärkung des Finanzplatzes – insbesondere dass die Versicherungsaufsicht dorthin kam – hat sehr viel damit zu tun, dass die jetzige Landesregierung einen Beauftragten für das Versicherungswesen, Prof. Wrabetz, ernannt hat, der in vielen Gesprächen einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Versicherungsaufsicht in Frankfurt angesiedelt worden ist. Von diesem Pult aus möchte ich Herrn Prof. Wrabetz ausdrücklich für dieses Engagement danken.

Danken möchte ich auch den Finanz- und Wirtschaftsministern, die zur Stärkung des Finanzplatzes beigetragen haben. Neben dem jetzigen Finanzminister, Dr. Schäfer, nenne ich auch den vorherigen, Karlheinz Weimar. Aber auch die Wirtschaftsminister, Dr. Rhiel, Herr Posch und Herr Rentsch, haben sich sehr dafür eingesetzt, dass Frankfurt die Stärke entwickelt hat, die es heute hat. Als Frankfurter meine ich, dass man diesen Dank gegenüber dem Land für sein Engagement für unsere Stadt deutlich zum Ausdruck bringen sollte.

(Beifall bei der CDU)

Das ist natürlich auch im Interesse des Landes Hessen. Wenn Sie sich anschauen, woher die Steuereinnahmen des Landes Hessen kommen, stellen Sie nämlich fest, dass in Frankfurt am Main, obwohl dort nur ungefähr 12 % der hessischen Bevölkerung leben, knapp 40 % des hessischen Steueraufkommens generiert werden. Man kann daran sehen, wie wichtig es ist, eine Landesregierung zu haben, die den Finanzplatz Frankfurt und die Institutionen in Frankfurt stärkt, anstelle einer Regierung, die sich für diese Themen überhaupt nicht interessiert, so, wie es heute Herr Schäfer-Gümbel zum Ausdruck bringt, der an dieser Diskussion überhaupt nicht teilnimmt.

(Beifall bei der CDU)

Dass wir diese Stärke haben und die Entwicklung verzeichnen können, dass viele europäische Institutionen zu uns gekommen sind – Herr Grumbach hat darauf hingewiesen, dass das ursprünglich gar nicht so vereinbart war –, hat viel mit einer zuverlässigen Politik zu tun, die die Bundesregierung und die Landesregierung seit vielen Jahren betreiben. Sie hat eben auch dazu geführt, dass europäische Partner dies anerkennen und Vertrauen zu Deutschland und zu den Institutionen haben, die in Deutschland angesiedelt sind.

So lange es dauert, Vertrauen aufzubauen, so schnell kann man natürlich Vertrauen kaputt machen. Ich erinnere an die unsägliche Äußerung von Herrn Steinbrück gegenüber unserem kleinen Nachbarn, der Schweiz, der erklärt hat, wenn unsere Vorstellungen hinsichtlich der Steuern in der Schweiz nicht geteilt werden, früher hätte man das Problem mit der Kavallerie gelöst. Wer so unsensibel mit europäischen Nachbarn umgeht, der zerstört natürlich Vertrauen in Europa.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen muss vor einer solchen Politik ausdrücklich gewarnt werden.

Ich nenne aber auch anderes. Ich nenne, dass Rot und Grün eine Unmenge an Steuermehrbelastungen planen. Nun kann man natürlich sagen: Das betrifft im Wesentlichen – von einer Menge Ausnahmen abgesehen, die ich gleich noch einmal erwähnen werde – nur Jahreseinkommen ab 38.000 € pro Jahr.

(Gerhard Merz (SPD): Das hatten wir schon! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Falsch!)

Sie rufen, das sei falsch. – Herr Dobrindt hat das gesagt, und dann haben die GRÜNEN in Bayern dagegen geklagt und sind vor dem Gericht runtergefallen. Deswegen bleibe ich dabei: Einkommen ab 38.000 € werden bei den rot-grünen Steuerplänen mehr belastet.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist falsch!)

Nun kann man natürlich noch immer sagen, das seien einige wenige; aber das Entscheidende ist doch, dass es diejenigen sind, die in unserem Land in der Lage sind, zu investieren.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wenn diejenigen in unserem Land nicht mehr in der Lage sind, zu investieren, oder nicht mehr investieren wollen, weil es sich nicht mehr rechnet, führt das doch dazu, dass das wirtschaftliche Wachstum nach unten und die Arbeitslosigkeit nach oben geht. Das ist genau das, was die Sozialisten in Frankreich schon praktiziert haben und was wir uns in Deutschland ersparen wollen.

Meine Damen und Herren, wenn diese Fehlentscheidungen mit steuerlichen Mehrbelastungen getroffen werden, dann führt das natürlich auch dazu, dass sich Institutionen, die sich im Rhein-Main-Gebiet angesiedelt haben, jetzt nicht mehr ansiedeln werden oder überlegen werden, wie sie ihren Standort verändern. Natürlich führt das zu einer Schwächung des Finanzplatzes Frankfurt am Main; denn wenn diejenigen, die Entscheidungsträger sind, mehr belastet werden, dann führt das natürlich dazu, dass sie Unternehmen oder Teile von Unternehmen woandershin verlagern, und damit entfallen dann die Arbeitsplätze vieler anderer. Dann ist es eben auch der Pförtner oder die Sekretärin; und dann sind es eben viele Menschen, deren Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Deswegen ist die Politik, die Sie machen, völlig falsch.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))