Dann lasse ich jetzt über den Rest des Antrags, die Ziffern 2 bis 5, gemeinsam abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Mit Zustimmung von CDU und FDP und Gegenstimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN ist dieser Entschließungsantrag angenommen.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Bundesweit erster Abge- ordneter der AfD in Hessen ist kein Zufall) – Drucks. 18/7391 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hessische Landtag ist bundesweit das erste und damit das einzige Parlament, dem ein Abgeordneter der Partei AfD angehört. Meine Fraktion bedauert das ausdrücklich.
Es ist aber keineswegs ein Zufall, dass der Hessische Landtag das erste Parlament ist, und es ist keineswegs das erste Mal, dass ein Abgeordneter aus den Reihen der hessischen FDP nahtlos zu einer rechtspopulistischen Partei wechselt.
Wir alle erinnern uns an den früheren FDP-Abgeordneten Heiner Kappel, der die Fraktion verlassen hat, um zu einer rechtspopulistischen Partei zu wechseln. Jetzt geschieht das erneut mit dem Abg. Paulus, der von der FDP zu einer rechtspopulistischen Partei wechselt. Meine Damen und Herren von der FDP, das sind die Geister, die Sie gerufen haben und die Sie jetzt nicht mehr loswerden.
Ich will begründen, warum das die Geister sind, die Sie gerufen haben und jetzt nicht mehr loswerden.
Wer einen Europaminister hat, der sich darin gefällt, ständig gegen Europa zu polemisieren, der darf sich nicht wundern, dass ein Abgeordneter aus der eigenen Fraktion zur AfD wechselt.
Wer als Europaminister über die Staatsinsolvenz von Griechenland schwadroniert, wer darüber schwadroniert, man müsse die Europäische Zentralbank vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen – Gott sei Dank ist von den Vorschlägen von Herrn Hahn nichts Realität geworden –, der darf sich nicht wundern, wenn die Grenzen unscharf werden.
Wer als Integrationsminister dieses Landes, wie Herr Hahn es tut, Veranstaltungen mit Herrn Sarrazin macht,
Wer als Integrationsminister dieses Landes auf dem Bundesparteitag der FDP als einer der Letzten noch gegen die doppelte Staatsbürgerschaft kämpft, obwohl die Mehrheit
der eigenen Partei schon verstanden hat, dass das der falsche Weg ist, der darf sich nicht wundern, dass die Grenzen unscharf werden.
Das zeigt auch Ihr Umgang mit dem freien Mandat. Wie haben Sie die vier Abweichler von der SPD vor vier Jahren in den Himmel gelobt. Sie konnten die Freiheit des Mandats gar nicht stark genug betonen. Wie reagiert die FDP, wenn sie selbst von der Ausübung des freien Mandats „betroffen“ ist? Dann wird kübelweise Schmutz über einen Abgeordneten ausgegossen. Da kann ich verstehen, dass dieser Abgeordnete sagt: Das ist keine liberale Partei mehr, diese Partei verlasse ich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU): Wie war Ihr Verhalten, als es um Oswald Metzger ging?)
Wie geht die CDU mit dem Vorgang um, dass der Koalition ein Abgeordneter abhandengekommen ist? Der Fraktionsvorsitzende der CDU, mein Namensvetter, Herr Dr. Wagner, greift zu seinem schärfsten Schwert: Er schreibt ein Papier und mahnt wieder einmal konservative Werte an. Das ist die Antwort der CDU. Herr Dr. Wagner, Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht zum Papiertiger der CDU werden.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist wieder einmal nicht die Wahrheit! Lesen Sie das Papier! Das sind freie Erfindungen! – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)
Sie haben noch nicht einmal den Mut, die Kritik an der Bundeskanzlerin, die Sie in diesem Papier äußern, hier direkt vorzutragen. Sie schreiben stattdessen ein Papier.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Lesen Sie doch erst einmal das Papier! – Weitere Zurufe von der CDU)
Was hat die Bundeskanzlerin zu Ihrem Papier gesagt, Herr Dr. Wagner? Was hat sie dazu gesagt, dass Sie nicht das direkte Gespräch gesucht haben? – Sie hat gesagt: Wir sind doch alle über 18. – Herr Dr. Wagner, Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht zu einem spätpubertierenden Papiertiger werden.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Der Wechsel von Herrn Paulus ist kein Zufall. Er ist ein Symbol für die Erosion von Schwarz-Gelb in Hessen.
Schwarz-Gelb in Hessen ist erschöpft und verbraucht. Das gilt personell, und das gilt inhaltlich. Dafür ist der Wechsel von Herrn Paulus das Symbol.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Nur Worthülsen! Seit zehn Jahren fällt Ihnen nichts Neues mehr ein! – Weitere Zurufe von der CDU)
Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Als Nächster spricht Herr Dr. Blechschmidt für die FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ich sage in aller Gelassenheit: Ich bin ein großer Anhänger Aktueller Stunden, die einen Arbeitstitel haben. Ich kann es aber nicht mehr hören, dass uralte Reden gehalten werden, dass das, was Herr Wagner uns zu erzählen versucht, zum Inhalt einer Aktuellen Stunde gemacht wird und dass dabei der Arbeitstitel aus den Augen verloren wird.
Ich werde zu der Aktuellen Stunde, wie sie die GRÜNEN vorgegeben haben, kurz Stellung nehmen. Herr Wagner, ich will den Arbeitstitel in Erinnerung rufen. Er lautet: „Bundesweit erster Abgeordneter der AfD in Hessen ist kein Zufall“.
Es ist hochinteressant, was der eine oder andere heute Morgen im Internet gepostet hat, als er gelesen hat, was die GRÜNEN mit dieser Aktuellen Stunde bezwecken. Auf die Frage: „Warum ist die AfD für die GRÜNEN ein Thema?“, hat einer gepostet: „Das ist typisch für die GRÜNEN, sich an so etwas zu erfreuen, und dann sind sie die Ersten, die maulen, wenn mehr als ein Abgeordneter der AfD neben ihnen sitzen würde.“
Das zeigt doch, dass bei Ihnen Verlogenheit gegeben ist, dass es Ihnen gar nicht um die politische Auseinandersetzung geht.
Sie haben sich vor acht Tagen persönlich darüber aufgeregt, dass ein AfD-Abgeordneter neben Ihnen sitzt, und in Ihrem Antrag für eine Aktuelle Stunde schreiben Sie, dass das nicht der einzige AfD-Abgeordnete bleiben wird.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Die GRÜNEN sollten erst einmal ihre eigene Vergangenheit aufarbeiten!)
Das spricht für sich. Das zeigt Ihre Aufgeregtheit. Das sollten Sie auch einmal im Herzen tragen, wenn Sie hier reden, denn das gehört zum Thema.
Ich habe mir das Programm der AfD mehrfach angeschaut, um etwas darauf erwidern zu können. Das Programm besteht aus mehreren zusammengeschriebenen Seiten. Wer in seinem Programm zum Thema Europa schreibt, Deutschland brauche den Euro nicht, die Wiedereinführung der DMark müsse ein Thema sein, aber wenige Wochen danach, am 18. Mai, sagt – obwohl er eine geordnete Auflösung des europäischen Währungsraums gefordert hat –, nicht Deutschland solle den Euroraum verlassen, sondern die
südeuropäischen Staaten sollten ihn verlassen, das sei doch viel besser als ein Austritt Deutschlands – so Bernd Lucke –, wer so argumentiert, der zeigt auf, wie wichtig ihm Politik ist und wie ernsthaft er Politik betreibt.
Ich bedauere außerordentlich, dass das zum Thema der Aktuellen Stunde gewählt wurde; denn wir werten damit etwas auf, was selbst vom Programm und von den aktuellen Äußerungen nicht gehalten wird.