Protocol of the Session on May 23, 2013

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, warum die Krankenhauspolitik dieser Landesregierung und insbesondere dieses Ministers so grandios gescheitert ist – Sie haben ihn gerade geboten bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, die Tatsache, dass die letzte sozialdemokratische Initiative, die Sie übernommen haben, nämlich die Krankenhausholding, derzeit mit Pauken und Trompeten untergeht, weil niemand das mitmacht, liegt genau daran, dass Sie mit Ihrer persönlich herzlichen Art dafür gesorgt haben, dass sich garantiert niemand daran beteiligen wird.

(Beifall bei der SPD)

Das ist bei einer so wichtigen Frage wie der Krankenhausversorgung insbesondere deshalb außerordentlich bedauerlich, weil sie gerade nicht Spielball kurzfristiger politischer Ambitionen sein sollte.

Herr Staatsminister, wir wissen alle, dass in den letzten zwölf Jahren von dieser Landesregierung Krankenhausfördermittel nach Gutsherrenart verteilt wurden. Ja, da braucht es Transparenz, aber noch lange keine Pauschalierung. Herr Staatsminister, wenn Sie meinen, dass das, was unter Ihnen Praxis war, in der Zukunft unter einer anderen Regierung fortgesetzt würde, irren Sie sich.

Meine Damen und Herren, was war Krankenhauspolitik in den letzten Jahren? Es war die Auflösung einer geordneten Krankenhausplanung. Das Ergebnis ist kannibalisierender Wettbewerb. Offenbach ist allemal das dramatischste Beispiel aus einer langen Reihe von ernsten Problemen, die sich auf der Grundlage Ihrer unzureichenden Krankenhausgesetzgebung ergeben haben.

Wenn man diesen Irrweg, zu glauben, Gesundheit sei eine Ware, und Krankenhäuser seien ausschließlich Wirtschaftsunternehmen, konsequent fortsetzt, kann man nur auf die absurde Idee kommen, die Sie vorschlagen, nämlich die vollständige Pauschalierung der Krankenhausförderung. Es kommt gerade darauf an, eine geordnete, eine mutige, eine verantwortungsbewusste Krankenhausplanung vorzunehmen und die Fördermittel genau daran auszurichten. Deshalb ist jedenfalls dieser Teil Ihres Gesetzentwurfs so untauglich, wie es die Aufhebung der geordneten Planung im Krankenhausgesetz war. Deshalb muss man das dringend korrigieren.

Dass sich die Krankenhausgesellschaft darüber freut, dass es angesichts der völlig unzureichenden Investitionsförderung überhaupt Geld gibt, ist nachzuvollziehen, macht das Ganze aber nicht besser. Man kann niemandem empfehlen, sich kurzfristig auf die von Ihnen vorgeschlagene Form der pauschalierten Investitionsförderung einzustellen; denn wer weiß, wie lange es die wohl geben wird.

(Beifall bei der SPD)

Viel wichtiger aber ist, dass Sie wesentliche Herausforderungen der Krankenhauspolitik überhaupt nicht erkannt haben. Eine der entscheidenden Herausforderungen ist die Frage der Fachkräftesicherung. Die Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen ist eine Frage der Motivation der Mitarbeiter. Die werden schon schlecht genug bezahlt. Die Leute, die in Krankenhäusern arbeiten – gerade im Bereich der Krankenhauspflege wie im Bereich der Altenpflege –, tun es aus einer hohen intrinsischen Motivation heraus. Die Leistung dafür sind vor allen Dingen Arbeitsbedingungen, die den Leuten gutes Arbeiten möglich machen.

Deshalb muss man dem Wettbewerbsfetischismus an dieser Stelle Grenzen setzen. Der erste Schritt sind Krankenhauspersonalstandards. Deshalb brauchen wir die hier in Hessen. Herr Staatsminister, entgegen Ihrer irrigen Auffassung – jedenfalls sagen uns das die Staatsrechtslehrer in Hessen –: Zuständig ist das Land allemal für alle Fragen der Qualitätssicherung. – Herr Staatsminister, deswegen sind wir selbstverständlich auch zuständig dafür, diese gesetzlichen Regelungen einzuführen.

Sie haben ja viel dafür getan, dass die Wertschätzung der Pflege in Hessen, jedenfalls im Krankenhausrecht, zurückgefahren wird, statt sie angemessen auszubauen. Das haben wir im Heimgesetz gesehen; deshalb muss man diese Regelungen ändern.

Das haben wir in der Frage der Beteiligung der Pflege in der Krankenhausleitung gesehen, und das sehen wir insbesondere an dem völlig unkritischen Hinnehmen der notorischen Überforderung der Pflegekräfte. Deshalb muss man an diesen Stellen allerdings dringend Regelungen schaffen, die diese Situation verbessern.

Herr Staatsminister, deshalb können wir nur feststellen: Die Krankenhauspolitik dieser Landesregierung ist ein Desaster. Dringend notwendig sind substanzielle Änderungen. Wir geben Ihnen die Gelegenheit, Ihre Fehler aus der Vergangenheit mit unserem Gesetzentwurf zu korrigieren. Wenn Sie das jetzt nicht einsehen, werden wir in absehbarer Zeit weitere Wege finden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Spies, schönen Dank. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält jetzt Frau Schulz-Asche das Wort. Frau Schulz-Asche, bitte schön. Wir haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich befasse mich schon jahrelang mit der Krankenhausfinanzierung. Es ist schade, dass wir nur fünf Minuten Redezeit haben, uns einerseits über die Investitionsförderung des Landes und andererseits über die Betriebskostenfinanzierung durch den

Bund zu unterhalten. Aber ich werde trotzdem versuchen, zu beiden Gesetzentwürfen etwas zu sagen, die wir hier beraten.

Ich möchte zunächst etwas zum Gesetzentwurf der Landesregierung sagen. Ich möchte mit dem negativen Teil anfangen. Sie wollen wieder einen ungedeckten Scheck in Höhe von 120 Millionen € in die Wahlkampfmasse geben. Es ist sicherlich keine sehr seriöse Haushaltspolitik,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

zu sagen, dass wir ab dem Jahr 2016 zusätzliche Mittel über ein Sonderprogramm an die Krankenhäuser geben werden. Das ist sehr offensichtlich. Ich glaube, die Menschen merken das auch.

Weil das der zentrale Punkt ist, lassen Sie mich meine erste Anmerkung zu der Frage der Pauschalierung der Krankenhausförderung machen. Ja, ich glaube, dass das vom Prinzip her in die richtige Richtung geht. Wir müssen den Krankenhäusern die Möglichkeit geben, sich eigenständig und sehr viel freier, als es im Moment der Fall ist, darauf einzustellen, wie die Patienten zusammengesetzt sind, die in der Region um das Krankenhaus herum leben und zum Einzugsgebiet gehören, und welche Bedarfe sie haben. Ich glaube, je näher man mit der Planung dran ist – das sind in der Regel die Krankenhäuser – und je freier man das entscheiden kann, umso besser kann man auch auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten in der Region eingehen. So weit und so gut zu den Pauschalen.

Aus der Vergangenheit wissen wir allerdings auch, dass die Finanzierung des Landes nicht ausgereicht hat, um die notwendigen Investitionen vorzunehmen. Das hat dazu geführt, dass viele Krankenhäuser Kredite aufgenommen haben. Die Rückzahlung, also die Schuldentilgung, wurde aus den Betriebskosten finanziert. Das ist nicht der einzige, aber einer der Gründe, warum viele der hessischen Krankenhäuser im Moment wirtschaftlich doch sehr schlecht dastehen.

Ich glaube deshalb, dass man dafür sorgen muss, dass nicht nur mehr Freiheit mit der Förderung der Investitionen über Pauschalen gegeben werden muss. Vielmehr müssen die Krankenhäuser ihr Einflussgebiet besser kennen. Deswegen fordern wir GRÜNE seit Langem einen transparenten Versorgungatlas. Das soll eine Übersicht über die jetzigen Versorgungsangebote und über die Bedarfe sein, sodass sich die Krankenhäuser mit ihren konkreten Angeboten sehr viel besser anpassen können. Das werden wir nach der Anhörung in einem Änderungsantrag zu Ihrem Gesetzentwurf einbringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun komme ich auf den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zu sprechen, der sich zwar auch mit Krankenhäusern, aber mit völlig anderen Regelungen befasst. Er enthält sicherlich eine ganze Reihe guter Ideen. Vor allem betrifft das die Teile, die dem Änderungsantrag der GRÜNEN-Fraktion zum Entwurf des Hessischen Krankenhausgesetzes aus dem Jahr 2010 entsprechen. Diese Teile gefallen uns besonders gut.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Das ist ein bisschen mehr. Ich habe das nach dem Hinweis noch einmal nachgeschaut. Das ist eine ganze Reihe. Das finde ich gut.

Es sind noch ein paar andere gute Ideen enthalten. Ich möchte mich aber auf das Hauptproblem konzentrieren, das ich mit dem Gesetzentwurf habe.

Wir alle wissen, dass die Situation der Pflege in den Krankenhäusern tatsächlich dramatische Züge annimmt. Wir haben hier bei der Zahl der Beschäftigten einen sehr starken Rückgang. Wir haben sehr viele Klagen des Pflegepersonals über Überlastung und unzureichende Integration in die Arbeitsabläufe der Krankenhäuser, usw. Ich glaube, es gibt niemanden, der noch versucht, das Problem herunterzureden oder nicht wahrzunehmen. Deswegen ist zu fragen: Ist das, was die SPD-Fraktion hier vorschlägt, der richtige Weg?

Wir haben auf Bundesebene das Pflegesonderprogramm aus dem Jahr 2012. Der Herr Minister hat es schon erwähnt. Da geht es um den PflegekomplexmaßnahmenScore, den PKMS. Auch wir sind der Meinung, dass das Instrument nicht ausreicht und dass wir weitere Regelungen auf Bundesebene brauchen, mit denen der Pflegebedarf der Patienten bei der Personalbemessung berücksichtigt wird.

Herr Minister, ich glaube, da haben Sie recht. Das kann am besten entweder über die DRGs, also über die Fallpauschalen, oder über den Gemeinsamen Bundesausschuss geregelt werden, der letzten Endes die Verteilung zwischen den verschiedenen Trägern, also den Krankenkassen und dem Krankenhaus, regelt.

Bei dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion steht meiner Meinung nach eines im Mittelpunkt. Dazu werden wir die Anhörung abwarten. Das betrifft die Frage, wie man denn in der täglichen Praxis eines Krankenhauses solche Belastungssituationen tatsächlich vernünftig dokumentieren kann. Wenn wir am Ende mehr Dokumentationskräfte einstellen müssten, dann hätte die Pflege nichts gewonnen. Ich glaube, dass wir da nach Maßnahmen schauen müssen, die auf Bundesebene geregelt werden. Das einzelne Krankenhaus darf aber nicht mit zusätzlichem Dokumentationsbedarf belastet werden. Im Moment sieht mir das aber so aus.

Von daher ist das etwas, bei dem wir genau hinschauen werden, was das für die Krankenhäuser bedeutet. Die hauptsächliche Frage, die ich im Moment zu dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion habe, ist: Wer zahlt das? Zahlt das jedes Krankenhaus?

(Dr. Thomas Spies (SPD): Die Krankenkassen!)

Die Krankenkassen können es nicht zahlen. Denn dann müsste man es auf Bundesebene regeln. Also müssen das die einzelnen Krankenhäuser tun. Ich glaube, das wäre ein ganz schlechtes Zeichen für die Krankenhäuser in Hessen, die sich jetzt schon in wirtschaftlicher Notlage befinden.

Ich freue mich auf die Anhörung. Wir werden alles unterstützen, was den hessischen Krankenhäusern hilft. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Schulz-Asche, schönen Dank. – Für die Fraktion DIE LINKE erhält jetzt Frau Schott das Wort. Frau Schott, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es ist gut, dass wir uns in diesem Haus regelmäßig mit dem Thema Krankenhäuser befassen. Denn unsere Krankenhäuser haben alles Recht, unsere volle Aufmerksamkeit zu erhalten. Sie erbringen in unserer Gesellschaft eine ganz wichtige und zentrale Aufgabe. Es geht ihnen zurzeit überwiegend nicht besonders gut.

Nun kann man sich überlegen, was man dafür tun kann, dass es den Krankenhäusern besser geht. Eine Überlegung, die der Gesundheitsminister hier angestellt hat, ist, die Struktur der Finanzierung komplett umzustellen.

Das kann man so machen. Man kann es auch so machen wie bisher, oder man kann es machen, indem man den einzelnen Krankenhäusern Pauschalen gibt. Das hilft den Krankenhäusern aber nur, wenn es in der Summe mehr wird. Denn ob ich zu wenig über das Land oder über eine Pauschale verteile, ist völlig wurscht. Zu wenig bleibt zu wenig.

Das ist doch der eigentliche Knackpunkt. Die Krankenhausfinanzierung braucht mehr Geld. Wir befinden uns in der Situation, dass das Land offensichtlich nicht in der Lage ist, mehr Geld dafür aufzubringen. Daher müssen wir überlegen, woher das Geld kommen kann. Da muss man schon einmal abwägen, ob man das Geld als Investition für den Bau eines Flughafens ausgibt, der über 200 Millionen € kostet und dann nicht betrieben wird,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Zu spät, versenkt!)

oder ob man es dafür ausgibt, die Krankenhäuser in Ordnung zu halten. Gibt man 20 Millionen € pro Jahr aus – das kostet das –, damit besagter Flughafen offengehalten werden kann, oder nimmt man die 20 Millionen € und finanziert damit die Sanierung der Krankenhäuser? Ich würde damit die Sanierung der Krankenhäuser finanzieren.

Wir haben vorhin darüber diskutiert, wie viele Steuern man der Wirtschaft zumuten kann und wann es für die Wirtschaft gefährlich wird. Hier müssen wir aber über die Frage diskutieren, wie wenig man der Gesundheit der Menschen zumuten kann. Wann wird das für die Gesundheit existenziell?

Wir kommen da an den Punkt, dass wir uns ernsthaft fragen müssen: Was wollen wir? – Die Antwort kann nur heißen: Wir brauchen zum einen bei den DRG, dringend Nachbesserungen. Das kann man hier im Land nicht regeln. Aber man kann zumindest mit den Menschen reden, mit denen man in Berlin zu tun hat und die dafür verantwortlich sind. Man könnte damit dafür Sorge tragen, dass bestimmte Kosten dort auch ordnungsgemäß eingepreist werden.

Zum anderen kann man das regeln, was hier im Lande angegangen werden kann. Ich muss sagen, ich bin da nicht die, die sich vollständig dagegen wehrt, dass man sagt, man macht das über Pauschalen, wenn die denn auskömmlich sind.

Wir sind heute schon einmal mit Brandenburg verglichen worden, und zwar sehr unvollständig. Dabei ist Brandenburg ganz anders weggekommen. Ich möchte das jetzt auch noch einmal tun.

Wir haben im Jahr 2012 in Hessen 140 Millionen € für 200 Krankenhäuser ausgegeben, die 6 Millionen Einwohner versorgen sollen. Brandenburg hat in derselben Zeit 100