Protocol of the Session on May 22, 2013

Um hier einmal ein paar Sachen geradezurücken: Es gab einmal eine Regierung in diesem Land, die verkehrspolitische Ziele hatte. Sie hat z. B. ein wegweisendes ÖPNVGesetz beschlossen, mit dem die Gründung von RMV und NVV überhaupt erst ermöglicht worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Diese Landesregierung hat durch die Gründung dieser Verbünde überhaupt erst dafür gesorgt, dass der RMV seine Nutzerzahlen von 500 auf 700 Millionen Fahrgäste pro Jahr steigern konnte. Diese Landesregierung hat die Bundesmittel nicht nur durchgeleitet, und sie hat erst recht nichts von ihnen abgezweigt, sondern sie hat sogar sogenannte Plus-x-Mittel obendrauf gelegt, weil sie verkehrspolitische Ziele im Ballungsraum hatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Regierung hat dafür gesorgt, dass die S-Bahn-Infrastruktur auch im Osten des Rhein-Main-Gebiets ausgebaut worden ist, und dadurch eine Steigerung der Nutzerzahlen auf 700 Millionen überhaupt erst ermöglicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Regierung hat dafür gesorgt, dass Neuerungen, beispielsweise das Semesterticket, das heute alle Studierenden in Hessen für selbstverständlich halten, überhaupt erst möglich wurden.

Dann kam 1999 Schwarz-Gelb. Seitdem ruht in der Verkehrspolitik in Hessen der See still, stiller könnte er kaum ruhen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – La- chen bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Klaus Dietz (CDU))

Was haben Sie in diesen 15 Jahren gemacht? Sie haben als schwarz-gelbe tibetanische Gebetsmühle immer nur gerufen: A 44, A 49, Kassel-Calden, Flughafen Frankfurt.

(Holger Bellino (CDU): Investitionen!)

Jetzt machen wir nach 15 Jahren mal einen Strich darunter. Sie haben bei der A 44 4,4 km bei Hessisch Lichtenau ohne Anschluss nach rechts und links hingesetzt und sind bereit, da die teuerste Autobahn der Welt zu bauen.

(Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Wenn man alle fragt, die sich damit auskennen, sagen sie: Der Bedarf ist eher überschaubar, um es vorsichtig auszudrücken. – Ich empfehle einen Blick auf die A 38, die obendrüber läuft – Sie haben sie gerade genannt –, wie viele Autos da fahren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Bei der A 49 haben Sie sich jetzt noch dafür feiern lassen, einen Tunnel im Nichts zu bauen, ebenfalls ohne Anschluss nach rechts und links. Auch da ist der Bedarf zumindest zweifelhaft.

Sie haben in Kassel-Calden sogar einen Flughafen ohne jeden Bedarf hingestellt und dafür 270 Millionen € ausgegeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig sind die Probleme im Ballungsraum ungelöst, weil der Ballungsraum wächst. Sie haben bis heute nicht verstanden, dass die Telematik – die Telematik hat übrigens Lothar Klemm begonnen und nicht Dieter Posch, Florian Rentsch oder Alois Rhiel –

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

dazu beitragen kann, das bestehende Autobahnsystem besser zu nutzen, die bestehende Kapazität besser zu nutzen. Die Telematik ist aber nicht die Lösung der Verkehrsprobleme, wenn man nicht gleichzeitig den öffentlichen Personennahverkehr im Ballungsraum ausbaut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben sich an der Regionaltangente West – der verkehrliche Mehrwert ist unbestritten: dass man im RheinMain-Gebiet endlich eine S-Bahn-Verbindung zwischen Frankfurt-Höchst, Bad Homburg, dem Flughafen und NeuIsenburg hat, wo man nicht mehr über den Hauptbahnhof muss, der das Nadelöhr im S-Bahn-System ist – einmalig mit vergleichsweise lächerlichen 3 Millionen € beteiligt. Wer plant das jetzt? – Die Kommunen und die Kreise. Schwarz-Gelb in Wiesbaden interessiert das nicht. Das ist doch das Grundproblem, das wir haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man nicht versteht, dass man da ein Riesenproblem hat, dann soll man schlicht zurücktreten und hier nicht solche Reden halten, Herr Verkehrsminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein letzter Punkt.

(Zurufe von der CDU)

Herr Al-Wazir, der muss aber kurz ausfallen. Die Redezeit ist erreicht.

Ein letzter Punkt zum Landesstraßenbau. Sie haben nicht verstanden, dass der jährliche Abschreibungsbedarf in der Bilanz des Landes Hessen 170 Millionen € beträgt und dass der Schwerpunkt auf der Sanierung liegen muss. Sie erfinden stattdessen weiterhin KIM-II-Projekte, die weitere Lasten in die Zukunft verschieben.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Al-Wazir. – Auf dem Weg zum Mikrofon ist bereits Herr Kollege Müller für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Al-Wazir, ich muss sagen – Sie haben es am Gelächter in den Reihen von CDU und FDP gemerkt –: Es war zum Teil wirklich lächerlich, was Sie abgezogen haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es war gekennzeichnet von fehlender Kenntnis der realen Tatsachen in Hessen, was den Bereich Mobilität betrifft. Es war gekennzeichnet von einer Hybris. Für alles, was gut ist in diesem Land, waren die GRÜNEN verantwortlich. Das haben Sie ziemlich deutlich gesagt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht für alles!)

Selbstverständlich. Sie haben gestern gesagt, die Regiotram in Kassel war gut, aber vorgedacht haben sie die GRÜNEN. Das war Ihre Formulierung gestern Abend.

Wer in dieser Welt lebt: „Alles, was gut und schön ist und mir gefällt, habe ich gemacht, und alles, was mir nicht gefällt, haben die anderen gemacht, und die sind schuld“, macht es sich ein bisschen einfach. Herr Al-Wazir, selbst Sie als Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN sollten erkennen, dass die Welt nicht so einfach sein kann, wie Sie sie sich machen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Bei allem Verständnis dafür, dass Sie im Wahlkampf viele Realitäten und Fakten ausblenden, glaube ich, dass es doch ein bisschen wenig ist, komplett auszublenden, was sich in Hessen in den letzten 15 Jahren entwickelt hat. Sie reden immer noch von 700 Millionen Kunden im ÖPNV. Es sind mittlerweile deutlich über 800 Millionen Kunden.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im RMV, Herr Müller!)

Meine Damen und Herren, das hängt damit zusammen, dass wir mit den Verbünden Finanzierungsvereinbarungen über fünf Jahre aufgestellt haben, um Verlässlichkeit zu schaffen, dass wir viele Rahmenbedingungen verändert haben, dass wir Anreizsysteme entwickelt haben. Alles das haben CDU und FDP auf den Weg gebracht. Herr Al-Wazir, wir haben die Mittel für Erhaltungsmaßnahmen deutlich gesteigert. Sie wollen sie noch kürzen und werfen uns vor, dass die Straßen kaputtgehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den Neubau!)

Das passt von vorne bis hinten nicht zusammen. Sie haben keine Ahnung von Verkehrspolitik und melden sich trotzdem immer wieder zu Wort.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sagen immer, wir haben keine Konzepte. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist: Sie schreiben Konzepte auf Papier. Wir setzen Dinge um. Das machen wir schon seit Jahren. Das werden wir

auch in den nächsten Jahren machen, wenn Sie weiterhin so auftreten, wie Sie es gerade getan haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir setzen auf moderne Technologien. Das sind doch die Ansätze, die wir auf den Weg gebracht haben.

(Zurufe der Abg. Uwe Frankenberger und Sabine Waschke (SPD))

Wir setzen darauf, dass wir die Verkehre miteinander verknüpfen. Da sind wir mit dem ivm schon mit Beratungsleistungen angetreten. Das läuft. Das funktioniert.