Protocol of the Session on May 22, 2013

Es geht darum, dass die Menschen, die mit ihren Gebühren, mit ihren Beiträgen, mit ihren Steuern für Verluste dieser Unternehmen geradestehen, die für die Bezahlung dieser Manager geradestehen, die auch für die Bezahlung der Aufsichtsgremien dieser Unternehmen finanziell einstehen, die für die Verluste und für das, was in diesen Unternehmen umgesetzt wird, Verantwortung tragen, ein Anrecht darauf haben, zu wissen, was in diesen Unternehmen verdient wird und wer darüber beschließt, was in diesen Unternehmen verdient wird. Wir wollen in diesem Bereich Offenheit und Transparenz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade bei öffentlichen Unternehmen sind wir alle gut beraten, sehr genau darauf zu schauen, weil die Führungsetage öffentlicher Unternehmen und die Besetzung von Stellen öffentlicher Unternehmen oft auch etwas damit zu tun haben, dass eine sehr große Nähe zur Politik besteht. Es gibt da sehr große Überschneidungen, und in den Aufsichtsgremien dieser Unternehmen sind viele Politikerinnen und Politiker vertreten. Gerade auch deswegen, um die Politik vor sich selbst zu schützen, sollten wir Offenheit und Transparenz herstellen.

Es ist auch kein Teufelswerk, was wir Ihnen heute vorlegen, sondern es ist ein Gesetzentwurf, der sich an einem Gesetzentwurf orientiert, der bereits 2009 in NordrheinWestfalen beschlossen worden ist, und zwar unter der Regierung von CDU und FDP. Ich will kurz zitieren, was der damalige Finanzminister dazu sagte:

Gerade in einem demokratischen Rechtsstaat sollte es der Regelfall sein, dass auch Bedienstete in öffentlicher Funktion eine Veröffentlichung ihrer Gehälter zu dulden haben – wie auch Abgeordnete dies zu akzeptieren haben. Unter dem Gesichtspunkt demokratischer Kontrolle lässt sich dies auch auf die Repräsentanten öffentlicher Unternehmen übertragen.

Recht hat er, der Finanzminister Linssen, der das bei der Einbringung des Gesetzentwurfs gesagt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Frank Blech- schmidt und Dr. Matthias Büger (FDP))

Ich glaube auch, dass man zustimmen kann und muss, wenn z. B. der CDU-Kollege Weisbrich bei der Einbringung im nordrhein-westfälischen Landtag gesagt hat:

Es geht darum, dass unserer Meinung nach die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf haben, zu erfahren, welche Vergütungen Vorstände und Geschäftsführer sowie die Mitglieder von Aufsichtsgremien in öffentlichen Unternehmen für ihre Tätigkeit erhalten. Eine bloße Selbstverpflichtung reicht nicht aus, um diesem Anliegen in angemessener Weise Rechnung zu tragen.

Auch darin stimme ich dem CDU-Kollegen aus dem nordrhein-westfälischen Landtag ausdrücklich zu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs auch in der Öffentlichkeit die eine oder andere Kritik vom Kollegen Blechschmidt erfahren. Herr Kollege Blechschmidt, ich muss Ihnen, weil Sie auch darauf verwiesen haben, was eigentlich die Kommunen, was die kommunalen Verbände, was z. B. der VKU zu solchen Vorhaben sagen, dazu auch

den Kollegen Weisbrich von der CDU im nordrhein-westfälischen Landtag zitieren:

Wenn man den Sumpf trockenlegen will, dann darf man die Frösche nicht fragen.

Genauso würde ich es sehen. Wir wollen Öffentlichkeit und Transparenz für diese Gehälter herstellen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir können uns alle hinter einem solchen Gesetzentwurf versammeln, weil die Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht haben, zu erfahren, was mit ihrem Geld geschieht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich, auch für die Punktlandung. – Als nächster Redner hat sich Kollege Landau von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir GRÜNE sind trotzdem Freund der Frösche! – Heiterkeit)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Öffentlichkeit wird seit Ausbruch der Finanzkrise lebhaft über Managergehälter debattiert – zu Recht, denn es hat sich gezeigt, dass es hier und da im Laufe der Jahre zu Fehlentwicklungen in der Privatwirtschaft gekommen ist. Die Diäten von Abgeordneten kommen auch regelmäßig zur Sprache.

Nicht jedem gefällt aber so viel Offenheit. Vorstandsmitglieder gesetzlicher Krankenkassen hatten gegen die Offenlegung ihrer Gehälter vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, und ihre Beschwerde wurde abgelehnt. Dabei ist von den meisten aus öffentlichen Geldern Entlohnten das Einkommen bereits heute sehr transparent. Wenn einem beispielsweise der Dienstrang eines Polizeibeamten bekannt ist, dann kennt man auch in etwa dessen Einkommen.

Der vorliegende Gesetzentwurf der GRÜNEN-Fraktion will nun durch verschiedene gesetzliche Neuregelungen – etwa bei der Landeshaushaltsordnung, dem Gemeindewirtschaftsrecht und dem Sparkassenwesen – unter Zuhilfenahme eines Vergütungsoffenlegungsgesetzes erreichen, dass die Vergütungen für Vorstände, Aufsichtsrat und Geschäftsführer in landeseigenen und kommunalangehörigen sowie landesunmittelbaren Unternehmen künftig direkt und individualisiert öffentlich dargelegt werden.

Die getroffene Formulierung knüpft an die entsprechende Vorschrift im Handelsgesetzbuch für Vorstandsvergütungen bei börsennotierten Gesellschaften an. Für Mehrheitsbeteiligungen von Land und Kommunen an Gesellschaften des privaten Rechts ist dort eine entsprechende Hinwirkungspflicht angedacht.

Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Es ist nur recht und billig, für Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Gelder zu sorgen. Öffentliche Unternehmen wie Stadtwerke und andere öffentliche Gesellschaften handeln letztlich im Auftrag und Nutzen der Allgemeinheit. Sie werden vom Steuerzahler finanziert, und die Bürgerinnen

und Bürger haften letztlich für deren unternehmerisches Risiko.

Verpflichtende Transparenzvorgaben per Landesgesetz für kommunale Unternehmen stellen aber auch einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar und sollten daher nur in enger Absprache mit den Kommunalen Spitzenverbänden umgesetzt werden. Ohne den ausstehenden Beratungen und einer zu erwartenden Anhörung vorgreifen zu wollen, möchte ich auf einige Punkte intensiver eingehen.

So halten wir die im Gesetzentwurf der GRÜNEN bei der Hessischen Gemeindeordnung vorgesehene kommunalaufsichtliche Ahndung bei Nichterfüllung von Transparenzanforderung für überzogen und rechtsproblematisch; denn in der Gesetzesbegründung der GRÜNEN ist zu lesen, dass die Ahndung im Extremfall zu einer erzwungenen Trennung der Kommune von ihrer jeweiligen Beteiligung führen kann. Eine Beachtung von Hinwirkungs- und Anpassungspflichten ist nach unserer Auffassung hingegen auch über weniger eingreifende Formulierungen in der HGO zu erreichen.

Was die vorgesehenen Änderungen des Hessischen Sparkassengesetzes betrifft, so kann zunächst festgehalten werden, dass dort 2008 auf Antrag der GRÜNEN mit den Stimmen der CDU und der FDP eine Pflicht zur individualisierten Veröffentlichung von Bezügen der Sparkassenvorstände bereits aufgenommen wurde. Obwohl nach bundesrechtlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuches lediglich eine Nennung der Gesamtbezüge eines Vorstandes einforderbar wäre, erfolgt die individuelle Angabe seither bei der überwiegenden Zahl betroffener Vorstandsmitglieder auf freiwilliger Basis.

Für darüber hinausgehende, von den GRÜNEN gewünschte Transparenzvorgaben in diesem Bereich sehen wir weder eine Notwendigkeit noch die rechtliche Kompetenz. Dem Landesgesetzgeber sind teilweise enge Grenzen gesetzt. Bei privatrechtlichen Organisationsformen der GmbH oder Aktiengesellschaft – so etwa bei Fraport oder den Hessen-Nassauischen Versicherungsanstalten – hat das Land, anders als von den GRÜNEN gesehen, keinen gesetzlichen Einfluss auf das jeweilige Unternehmen.

Für die Einführung von Transparenzvorschriften bei der Landesbank – ebenfalls von den GRÜNEN gefordert – reicht die im Gesetzentwurf der GRÜNEN enthaltene Neuordnung des öffentlichen Banken- und Sparkassenwesens nicht aus. Neue Vorschriften können hier ausschließlich durch Änderungen des Staatsvertrags mit Thüringen und nicht einseitig durch ein hessisches Landesgesetz eingeführt werden.

Grundsätzlich ist nach Meinung der CDU-Fraktion zu überlegen, ob der von uns geteilten Intention der GRÜNEN ausschließlich über eine gesetzliche Regelung nachzukommen ist. Denkbar ist nämlich auch eine Selbstbindung der betroffenen Unternehmen, die bei Verfehlen des gewünschten Ergebnisses noch immer in eine gesetzliche Regelung überführt werden könnte. Vielmehr wäre dieser Weg der Freiwilligkeit verhältnismäßiger. Davon unabhängig ziehen wir zunächst Freiwilligkeit dem gesetzlichen Zwang vor.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir ziehen dieses Prinzip zumal dann vor, wenn keine Missstände vorliegen, die eine Zwangsregelung provozieren. Es ist letztlich ein allgemeiner Trend zur Transparenz,

dem die GRÜNEN hier folgen, und nicht die verständliche Reaktion auf bekannt gewordene skandalöse Zustände in den von der angestrebten Regelung betroffenen Bereichen.

In Anlehnung an eine entsprechende Abfassung auf Bundesebene erarbeitet das hessische Finanzministerium zurzeit einen Public Corporate Governance Kodex für Hessen.

Nach dem Entwurf dieses Kodex sollen die Vergütungen aller Mitglieder der Geschäftsleitung wie auch der Aufsichtsorgane individualisiert und nach Komponenten aufgegliedert in einem sogenannten Vergütungsbericht verständlich und nachvollziehbar öffentlich gemacht werden. Das würde zudem ermöglichen, dass im Einzelfall begründet und dokumentiert transparente Vereinbarungen flexibel zum Wohle des betroffenen Unternehmens greifen können, und zwar flexibler, als es bei Verabschiedung eines starren Gesetzes der Fall wäre.

In der Anhörung zum Entwurf des Transparenzgesetzes in Nordrhein-Westfalen präferiert die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände eindeutig die Kodexlösung, welche ihrer Auffassung nach zielführender sei. Der dortige Verband kommunaler Unternehmen – man kann sie für Frösche halten – sah das mit dem Hinweis ebenso, die Gemeindeordnung solle nicht mit Paragrafen mit Details zur Offenlegung der Vergütungen befrachtet werden. Unabhängig davon, ob der Weg gesetzlicher Vorschriften oder der untergesetzlicher Governancestandards gegangen wird, ist es wichtig, dafür Sorge zu tragen, dass die Offenlegung der Gehälter in den Anstellungsverträgen festgehalten werden muss.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Mittel ist richtig. Regelungen, die dies sicherstellen, sind wichtig. Wir werden darüber zu reden haben, ob ein solches Gesetz, wie es die Fraktion der GRÜNEN als Entwurf vorgelegt hat, der richtige Weg ist. Beides, nämlich übereinstimmende Beurteilungen, aber auch kontroverse Beratungen hinsichtlich der rechtlichen und praxistauglichen Umsetzung, sind für die Ausschusssitzungen absehbar. Darauf freue ich mich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Landau, vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit einem ausführlichen Gesetzentwurf setzen sich die GRÜNEN für mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen ein. Wir unterstützen dieses Anliegen grundsätzlich. Denn es besteht ein öffentliches Interesse daran, zu erfahren, was in den Spitzenpositionen öffentlicher Unternehmen verdient wird.

Das will ich ganz klar und deutlich sagen: Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern nur ein Mittel, um bestimmte Ziele zu erreichen. Wir sind uns mit den Mitgliedern der GRÜNEN sicherlich darüber einig, dass es bei der Forderung nach der Offenlegung der Bezüge, die in öffentlichen Unternehmen gezahlt werden, nicht um eine Neiddebatte geht.

Schauen wir einmal in den Bayerischen Landtag. Dort haben die schwarz-gelben Amigos den Staat wieder einmal als Selbstbedienungsladen verstanden. Damit wird klar, worum es geht.

(Holger Bellino (CDU): Seien Sie einmal vorsichtig!)

Herr Bellino, denn nur, weil etwas formal legal sein mag, heißt das noch lange nicht, dass es auch legitim ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt auch noch lange nicht, dass es von der Öffentlichkeit als angemessen verstanden wird.

Ich sage Ihnen auch, dass die Offenlegung der Vergütungen im öffentlichen Bereich nur ein erster Schritt sein kann. Uns geht das nicht weit genug. Auch wenn es sicherlich richtig ist, das einiges legal ist, so ist es, wie gesagt, noch lange nicht legitim. Wir brauchen also nicht nur Transparenz, sondern auch die Begrenzung der Vergütungen im öffentlichen und im privatwirtschaftlichen Bereich.

Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, hat es auf den Punkt gebracht, als er darüber sprach, dass jeder Sparkassendirektor mehr als die Kanzlerin verdient. Daraus kann man in zwei Richtungen Schlüsse ziehen. Entweder verdient die Kanzlerin zu wenig, oder wir sind der Meinung, dass Sparkassendirektoren zu viel verdienen.

Sagen wir es so: Ich habe nicht den Eindruck, dass in einem Land, in dem Menschen Vollzeit arbeiten und dennoch auf Sozialleistungen angewiesen sind, Sparkassendirektoren am Hungertuch nagen. Deshalb plädieren wir dafür, die Gehälter und Bezüge wie im öffentlichen Dienst gesetzlich oder tarifvertraglich zu regeln. Dann wäre das überschaubar und innerhalb und außerhalb der Betriebe und Institutionen nachvollziehbar. Auch die Differenziertheit der Verantwortung ließe sich so überprüfen.

Die Offenlegung wäre also der erste richtige Schritt. Das gilt auch, obwohl in der öffentlichen Debatte dann immer das Argument kommen wird, dass auf Führungspositionen in der Privatwirtschaft noch viel mehr Geld verdient wird. Man muss dann in der Öffentlichkeit auch die Debatte darüber führen, ob so manches Managergehalt angemessen ist. Nur weil in bestimmten Zockerbuden im Bedarfsfall auch auf Staatskosten mehr als in Sparkassen verdient wird, heißt das noch lange nicht, dass in den Sparkassen zu wenig verdient wird.

Insofern sehe ich in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN nichts Falsches. Aber er wird nur zu einer Debatte darüber führen, ob die Einkommensverhältnisse in unserem Land noch angemessen sind. Es gibt auf diese Frage noch keine entschiedene Antwort.