Protocol of the Session on April 24, 2013

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen Erbschaften höher besteuern. – So viel zur Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren von der CDU und meine Herren von der FDP, die größte Gerechtigkeitslücke aber ist und bleibt die Steuerhinterziehung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Steuerhinterziehung ist asozial. Sie entzieht dem Staat das, was ihm zur Finanzierung seiner Ausgaben zusteht. Genau diese Steuerhinterziehung wollen wir bei Amateuren und bei Profis gleichermaßen bekämpfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir GRÜNE haben uns aus gutem Grund schon lange gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz eingesetzt. Wir wollen eben nicht, dass Steuerhinterzieher unerkannt, unentdeckt und straffrei bleiben. Herr Pentz, das, was Sie erzählen – die würden strafverfolgt, wenn man das Steuerabkommen anwendet –, ist doch aus der Luft gegriffen. Das stimmt doch gar nicht. Der Kern des Steuerabkommens ist doch, dass man unentdeckt bleibt. Wen wollen Sie denn da bestrafen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Da haben Sie doch überhaupt keinen Täter, den Sie bestrafen können. Das ist eine völlig verquere Logik. Sie sollten das einmal nachlesen. Dann würden Sie merken, dass Sie da etwas erzählen, was überhaupt nicht haltbar ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir wollen nicht, dass Menschen, die Geld aus undurchsichtigen Geschäften in der Schweiz angelegt haben, dieses Geld ganz legal nach Deutschland zurücktransferieren dürfen.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es! – Manfred Pentz (CDU): Sie wollen das Zufallsprinzip!)

Herr Pentz, das Steuerabkommen, das Sie hier verteidigen, sichert allen Anonymität zu, die Geld aus kriminellen Geschäften erworben haben – seien es Schmiergelder, Schwarzgelder oder organisierte Kriminalität.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich frage Sie: Wollen Sie das wirklich? Wollen Sie Geld aus Drogenhandel, Bestechung und anderen kriminellen Handlungen, das ist der Schweiz geparkt war,

(Zuruf von der CDU)

über den Weg dieses Steuerabkommens ganz legal nach Deutschland zurückholen? Wollen Sie das wirklich?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE) – Zurufe von der CDU – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Pentz, wir GRÜNE jedenfalls wollen das nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Am Wochenende sind sämtliche Vorteile, die das Schweizer Steuerabkommen für Steuerhinterziehung gehabt hätte, einer breiten Öffentlichkeit mit einem Schlag nachvollziehbar und deutlich geworden.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Auf einmal wurde klar, was dieses von Schwarz-Gelb ausgehandelte Abkommen bedeuten würde – das Steuerabkommen, das der Finanzminister hier schon oft verteidigt hat,

(Holger Bellino (CDU): Würde mehr Steuereinnahmen bedeuten!)

und das Sie, Herr Kollege Pentz, heute hier wieder gelobt haben. – Ja, Herr Bellino, Steuereinnahmen hätte das bedeutet. Das verkünden Sie hier schon lange. Vielleicht hätten Sie gestern Abend einmal dem Fachanwalt für Steuerrecht aus München in der ARD zuhören sollen. Der hat gesagt, in seiner Kanzlei sei die Anzahl der Selbstanzeigen enorm gestiegen, und er schätze es so ein, dass die Steuereinnahmen ohne dieses Abkommen um ein Vielfaches höher sind als mit diesem Abkommen. Der ist ein Fachmann, denn er berät die Hinterzieher.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE) – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Meine Damen und Herren, auch der Präsident des FC Bayern München und erfolgreiche Wurstfabrikant Uli Hoeneß fand dieses Steuerabkommen gut. Er hat nämlich darauf gesetzt, dass es ihm aus seiner ganz besonderen Notlage hilft. Er hat darauf gesetzt, dass er das Geld, das er bei Schweizer Banken angehäuft hatte – offenbar Spekulationsgewinne in beachtlicher Höhe,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch das noch!)

die er hier nicht versteuert hat –, ganz legal wieder nach Deutschland zurücktransferiert, ohne dass dabei irgendjemand seinen Namen erfährt, ohne dass die Steuerbehörden seinen Namen erfahren und ohne dass er dafür eine ange

messene Strafe zahlen muss. Wahrscheinlich hätte er auch sehr, sehr viel weniger Steuern gezahlt, als er es jetzt muss.

(Manfred Pentz (CDU): Quatsch!)

Dabei will ich gar nicht die Frage aufwerfen, aus welchen Quellen dieses Geld stammt, dieses „Spielgeld“, der Kapitalstock für dieses „Spielgeld“.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Darüber wird in den Medien eifrig spekuliert. Darüber werden wir sicher noch etwas hören.

Nach eigenen Angaben wollte Herr Hoeneß „die Sache“, wie er es genannt hat, mit dem Steuerabkommen bereinigen. Das heißt, diese Steuerhinterziehung wäre nie aufgeflogen. Herr Hoeneß hätte sich ganz elegant aus der Affäre ziehen können,

(Holger Bellino (CDU): Er hätte bezahlt!)

ohne Geldbuße, ohne Verzugszinsen – und vermutlich auch zu einem günstigeren Steuersatz.

(Holger Bellino (CDU): Falsch!)

Dieses elegante Modell der Bereinigung – das war das Modell von Schwarz-Gelb.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Herr Hahn, das hat nichts mit „grüner Kampfrhetorik“ zu tun. Das ist die ganze, die einfache, aber unbequeme Wahrheit.

(Nancy Faeser (SPD): Was ist das für eine Bemerkung von der Regierungsbank?)

Wir wissen, Herr Hoeneß fand dieses Abkommen gut. Das hat er selbst gesagt. Wir wissen auch, dass Herr Hoeneß gern gesehener Gast z. B. bei der CSU in Bayern war.

(Zuruf von der CDU – Holger Bellino (CDU): Auch bei Steinbrück!)

Am 19. Mai 2012 befand Horst Seehofer in einem Interview: Der Hoeneß könnte es ganz nach oben schaffen,

(Holger Bellino (CDU): Er war auch bei Steinbrück!)

auch in der Politik. – Hier war jemand der Politik offenbar sehr, sehr nahe, jemand, der durchaus eigene Interessen hatte. Das ist nicht verwerflich. Dass aber die Politik von Schwarz-Gelb Steuerhinterziehern dabei helfen wollte, ihre Weste weiß zu halten, das finde ich verwerflich,

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)

dass Sie der Versuchung nicht widerstanden haben, hier nach einer Lösung zu suchen, die Steuerhinterzieher genauso behandelt wie steuerehrliche Menschen.

(Holger Bellino (CDU): Sagen Sie doch etwas zu Cohn-Bendit!)

Herr Hahn, wenn Sie nichts dabei finden, sich so zu verhalten, dann stellt sich die Frage, in welcher Welt die FDP eigentlich lebt.