Das ist mehr als die Mittel, zu deren Zahlung das Land durch den Staatsgerichtshof gezwungen werden musste. Hier verschenkt das Land, wenn man so will, 120 Millionen €. Auf der anderen Seite musste es sich zwingen lassen, überhaupt einen nicht ganz so hohen, aber ähnlich hohen Betrag einzustellen.
120 Millionen € sind mehr als das Dreifache dessen, was das Land derzeit an originären Landesmitteln in die frühkindliche Bildung hineinsteckt. Das ist das, was Ihnen der Hessische Städtetag immer wieder ins Stammbuch geschrieben hat.
Auch vor diesem Hintergrund ist es ein Skandal, dass das Land nach wie vor – es sei denn, man wird hier eines anderen belehrt – am Betreuungsgeld festhält. Es ist auch deutlich mehr als das, was der Bund derzeit via U-3-Kosten als Förderung bereitstellt.
Meine Damen und Herren, wer deshalb Interesse an echter Wahlfreiheit hat und wer vor allen Dingen Interesse an einer fairen, auskömmlichen und nachhaltigen gesamtstaatlichen Finanzierung der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung hat, kann nicht gleichzeitig für das Betreuungsgeld sein. Deswegen lautet unser Appell: Kehren Sie um. Stimmen Sie der Bundesratsinitiative morgen zu, und machen Sie diesem Spuk ein Ende. – Danke schön.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Merz, die CDU macht auf allen Ebenen eine engagierte und ausgewogene Familienpolitik.
Wir wollen nämlich, dass Familien gelingen, weil dies dem Glück der Menschen dient, weil es am Ende allen dient und weil dieses Glück dann Ermutigung und Ansporn für andere ist, es diesen Familien nachzutun. Gelingende Familie macht Schule. Lust auf Familie, Lust auf Verantwortung, das ist und bleibt unsere Linie.
Aber wie geht das? Wie gelingen Familien gerade in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit, die ihre Kinder ins Leben begleiten, in denen Ältere und Pflegebedürftige, oft auch Kranke, versorgt werden? Wie gelingt es, dass sie darunter nicht leiden und nicht auseinanderbrechen, sondern Lebensglück finden und stiften? – Familien brauchen erstens Freiheit. Familien gelingen dann, wenn sie frei über ihr Lebensmodell und ihr Zusammenleben entscheiden können. Deshalb schreiben wir niemandem vor, wie er zu leben hat. Wir schreiben nicht einmal vor, wann jemand sein Kind in die vorschulische Betreuung gibt.
Deshalb sind wir für monetäre Leistungen wie das Kindergeld, das Elterngeld und auch das Betreuungsgeld, denn Eltern sind keine Dilettanten, sondern Experten.
Sie wissen in aller Regel sehr genau, was für ihre Kinder richtig ist. Die innerfamiliäre Betreuung, Erziehung und Bildung legen auch nach dem ersten Lebensjahr noch die wichtigsten Fundamente für die spätere Entwicklung. Dem widersprechen auch Fachleute nicht.
Das Betreuungsgeld honoriert die Bereitschaft von Eltern, dafür viel Zeit und Kraft aufzubringen und sogar Opportunitätskosten in Kauf zu nehmen. Das ist nicht ungerecht, und das ist auch keine Verschwendung. Im Vergleich zu den zehn mal so hohen Aufwendungen für Infrastruktur und Unterhalt von 750.000 oder 780.000 Krippenplätzen ist das Betreuungsgeld, wie es beschlossen ist, bestenfalls eine bescheidene Anerkennung für familiären Einsatz.
Sie dagegen, Herr Merz, sprechen Eltern auf breiter Front das Misstrauen aus, wenn Sie das Betreuungsgeld so kritisieren
und auf die vermeintlich unersetzbare Professionalität der außerfamiliären Betreuung pochen. Das passt auch zu Ihrem starren Festhalten an der ausschließlich klassisch zu sein habenden Erzieherausbildung, wie Sie es in den Kifög-Diskussionen immer wieder vorbringen.
Zweitens. Freiheit braucht Angebote. Zur Freiheit in der Familienführung gehört natürlich auch die Chance, außerfamiliäre Betreuungsangebote in Anspruch zu nehmen.
Damit kommen Sie dann immer, mit „meinem Niveau“. Ich habe hier die Worte „mein Niveau“ niemals vorgebracht.
Deshalb vollzieht dieses Land einen enormen Kraftakt, um für alle über Dreijährigen einen Kindergartenplatz vorzuhalten und Kindern ab dem vollendeten ersten Lebensjahr eben auch ein ausreichendes Betreuungsangebot zu machen. Hier wird immer wieder ein düsteres Bild gezeichnet. Ich bin sicher, Herr Bocklet wird es gleich noch einmal tun.
Die Wahrheit ist aber: Wir sind nicht weit vom Ziel entfernt. Noch 2005 gab es für 7,4 % der unter Dreijährigen einen Betreuungsplatz. Heute, dank der fantastischen Anstrengungen der Kommunen und erheblicher Beiträge von Bund und Land, haben wir eine Versorgungsquote von 32,3 %, das sind über 50.000 Plätze.
Das ist ein gigantischer Beitrag zur Wahlfreiheit. Selbst wenn noch ein paar Plätze fehlen sollten, wird das in Kürze Geschichte sein. Fast 60 % dieser Betreuungsplätze sind Ganztagsplätze, obwohl der Rechtsanspruch das gar nicht erzwingt. Es gibt keinen Notstand. Es gibt einen rasanten Fortschritt hin zur familiären Wahlfreiheit, und das gegen bescheidenen Eigenbeitrag.
Zum Beitrag des Landes. Nehmen Sie es zur Kenntnis: Das Land trägt dazu sehr viel bei. Es gibt das Landesinvestitionsprogramm in Höhe von 100 Millionen €, davon 55 Millionen € aus Landesmitteln. 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sind in Ausbildung, über die Hälfte mehr als vor fünf Jahren. Es gibt eine beständig steigende Betriebskostenförderung, die Sie hier immer wieder angemahnt haben. Diese wurde in wenigen Jahren verdreifacht.
Wenn man sich einmal die Relation von Landesaufwand für frühkindliche Bildung zu betreuten Kindern anschaut, dann stellt man fest: Das Landesengagement steigt von 2006 bis 2012 pro Kind und Jahr auf mehr als das Dreifache, das kann man nachrechnen: 444 € 2006; 1.440 € sind es heute. Wie kommen Sie dazu, das als unangemessen zu bezeichnen? – Das ist eine Menge Geld.
Jetzt behaupten Sie, das wäre beim KiföG alles nichts wert, denn dazu habe der Staatsgerichtshof die Landesregierung gezwungen.
Ich kann Ihnen nur sagen – das sage ich hier ausnahmsweise einmal als Mutter von vier Kindern –: Wenn diese Landesregierung nicht jeden Euro zweimal umdrehen würde, dann wäre ich in der Tat im Interesse dieser Kinder höchst beunruhigt.
dass das Betreuungsgeld auch ein Instrument für Freiheit ist. Das zeigen alle familienpolitischen Musterländer Europas wie Frankreich, aber auch Skandinaviens in vielen Facetten.
Zum Schluss will ich sagen: Herr Schäfer-Gümbel hat gestern Morgen hier gesagt: Man kann nichts dafür, in welcher Familie man aufwächst. – Er hat recht. Ich stimme ihm zu. Familie ist auch Schicksal. Die Antwort auf dieses Schicksal ist aber nicht, Familie zu relativieren oder großflächig zu ersetzen, auch wenn die Lufthoheit über den Kinderbetten ein erstrebenswertes Ziel sein mag.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist wieder einmal eine Behauptung, die niemand aufgestellt hat! Völlig absurd!)
Unser Ziel sind Familien, die frei entscheiden können und die selbstbewusst und ungegängelt jeweils ihre eigenen Herausforderungen meistern.
Sie geben Beispiel, sie spenden Ermutigung, und sie stiften die Zukunft, auf die wir gemeinsam angewiesen sind. Das Betreuungsgeld ist ein Mosaikstein dieser Politik, neben dem Ausbau der Kinderbetreuung und einer qualitäts- und bedarfsgerechten Förderpolitik, an der wir dieser Tage in Hessen mit Hochdruck arbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einführung des Betreuungsgeldes war falsch, ist falsch und bleibt falsch. Ich freue mich auf eine neue Bundesregierung, die das als Erstes wieder abschafft.