Protocol of the Session on March 19, 2013

Sie haben es bisher abgelehnt, unserem Änderungsantrag zum Glücksspielstaatsvertrag zuzustimmen. Der Landessportbund schreibt in seiner Gründauer Erklärung, man gehe davon aus, der organisierte Sport sei nur zu finanzieren, wenn es in Zukunft Zuwendungen in Höhe von 21,1 Millionen € gibt. Nach unserem Vorschlag wären wir bei 18,6 Millionen €. Wir wissen, dass die Geldmenge endlich ist – jedenfalls die meisten in diesem Hause wissen es –, aber Planungssicherheit ist für den Landessportbund ganz wichtig.

Eine weitere Forderung des Landessportbundes: Die Landesregierung sowie die Genehmigungsbehörden und die Mitglieder des Landtags – die für die kommunalen Haushalte nicht zuständig sind – sollen bei ihren Entscheidungen zur Schuldenbremse und zum kommunalen Rettungsschirm negative Folgen für die kommunale Sportförderung und die Sportvereine ausschließen. – Herr Minister, wir warten darauf, dass Sie das in der Praxis machen und nicht nur in Sonntagsreden versprechen. Das ist durchaus ein Problem, das bisher noch nicht angeschnitten worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es darum geht, über die Rahmenbedingungen und nicht nur über das Geld zu reden – obwohl das Geld sicherlich eine Voraussetzung ist –, will ich einen weiteren Punkt ansprechen, der sehr problematisch ist und den wir, Herr Kollege Klee, in Landessportkonferenzen und bei den Freunden des Sports wiederholt angesprochen haben. Welche Auswirkungen haben G 9 und G 8 – Abitur nach acht Jahren – auf die Vereine? Die damalige Kultusministerin, Frau Henzler, wurde sogar einmal gebeten, in einer Landessportkonferenz anwesend zu sein, weil die Vereine massiv Beschwerde über die Verdichtung des Unterrichts führen – teilweise an vier oder fünf Tage in der Woche Unterricht bis 17 Uhr –, was dazu führt, dass die Eltern ihre zehn-, elf-, zwölfjährigen Kinder reihenweise aus den Sportvereinen und den Jugendfeuerwehren abmelden, weil der Leistungsdruck so hoch ist, dass es nicht anders geht. Meine Damen und Herren, das ist fatal. Wir versündigen uns an der jungen Generation, wenn wir einen so hohen Leistungsdruck aufbauen und kaum noch Zeit für körperliche Bewegung ist, weil die Kinder irgendwann platt sind.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, was der Sport alles leisten kann: Integration, körperliche Bewegung, soziales Lernen. Deshalb ist die Teilhabe in Sportvereinen so wichtig – manchmal vielleicht sogar wichtiger als die Vermittlung reinen Wissens. Das ist aber durch Ihre verfehlte Bildungspolitik nicht möglich, die Sie als Mitglied der Landesregierung zu vertreten haben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt können Sie sagen: Es ist ja klar, der ist von der Opposition. – Einverstanden.

(Michael Boddenberg (CDU): Das hätte ich gesagt!)

Herr Boddenberg, wir kennen uns. Sie sind ein so dankbarer Stichwortgeber.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Immer wieder gern, Herr Kollege! Denken Sie an den 11. Juli!)

Ich bin darauf vorbereitet. – Ich will auf eine Studie zu sprechen kommen. Vielleicht können Ihre Mitarbeiter sie Ihnen besorgen. Der Deutsche Bundesjugendring hat eine Studie in Auftrag gegeben. Die Überschrift lautet: „Keine Zeit für Jugendarbeit!?“ Das Ergebnis der Studie, die demnächst vorgestellt wird, zeigt, dass vor allem die Faktoren Ganztagsschule und G 8 auf das Engagement junger Menschen negativ wirken. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss man ernst nehmen. Es gibt dafür auch keine Patentlösung.

(Zuruf des Staatssekretärs Mark Weinmeister)

Herr Staatssekretär, bleiben Sie doch ganz ruhig. Ich bin doch ganz entspannt, wie Sie sehen. Ich kann auch anders. Aber bei dem Thema bin ich ganz entspannt, weil es uns – wie Ihnen – um die Sache geht.

Wie können wir junge Menschen an ehrenamtliches Engagement für die Gesellschaft heranführen? Da ist die Übernahme von Verantwortung in den Vereinen ein wichtiges Feld. Herr Innenminister, junge Menschen brauchen Freiräume, um sich zu entfalten. Deswegen ist der Ansatz, den Sie bei G 8 gewählt haben, der falsche. Die Studie belegt das nachdrücklich und eindeutig. Deswegen fordern wir Sie auf: Ändern Sie Ihre Bildungspolitik, geben Sie jungen Menschen den Freiraum, den sie brauchen, um sich zu entfalten.

(Michael Boddenberg (CDU): Wollen Sie die Zwangsganztagsschule nicht mehr?)

Aus der „Offenbach-Post“ vom 13. März: „Teilweise Rückkehr zu G 9 trifft auf Zustimmung... Nachwuchsarbeit wurde massiv beeinträchtigt... Sportvereine atmen auf“. Aber: Weite Teile des Landes können nicht zu G 9 zurückkehren; die Angebote doppelgleisig für G 8 und G 9 vorzuhalten ist in Teilen des Landes überhaupt nicht umsetzbar, weil die Schülerzahlen zu gering sind. In Städten wie Kassel, Wiesbaden und Darmstadt kann man gar nicht zu G 9 zurückkehren, weil es die Angebote gar nicht gibt. Die Probleme sind bei dieser Schülergeneration schon Realität geworden. Die Vereine bestätigen das nachdrücklich: Die Schüler werden abgemeldet, es fehlt der Nachwuchs. Das ist der falsche Ansatz. Zu einer vernünftigen Sportpolitik gehören nämlich auch die richtigen Rahmenbedingungen.

(Peter Beuth (CDU): Grober Unsinn, Herr Kollege!)

Das können Sie ignorieren, aber die Fakten bleiben. Herr Beuth, von Ihnen sind wir Unsinn gewöhnt. Auch für dieses Stichwort bin ich Ihnen dankbar.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Herr Innenminister, ich will zu einem weiteren Punkt etwas sagen, weil ich da einen Widerspruch zwischen Worten und Taten sehe. Sie haben gesagt, das Ehrenamt sei für die Gesellschaft wichtig. Es gibt viele Menschen in Hessen, die ehrenamtlich tätig sind. Diese Menschen brauchen wir, denn mit hauptamtlichen Kräften, Jugendleitern usw., könnten wir all das gar nicht leisten, was in der Gesellschaft gemacht wird. Ich habe hohen Respekt vor den Jugendleitern, die z. B. in der Integrationsarbeit einen ganz tollen Job machen. Dafür bekommen die Vereine ein paar Euro Zuwendung. Das Geld, das wir dort investieren, brau

chen wir später aber nicht für Folgemaßnahmen auszugeben.

Die ehrenamtliche Tätigkeit in Hessen wird von der Landesregierung erschwert. Dieser Innenminister legt im zweiten Gesetzentwurf zur Modernisierung des Dienstrechts eine Änderung des § 215 HBG vor. Es geht in diesem Paragrafen um die Dienstbefreiung. Das ist eine Regelung, die auch für Tarifbeschäftigte gilt. Das wollen Sie abschaffen. Der für den Sport zuständige Innenminister, gleichzeitig Beamtenminister, will eine eher weitgehende, freundliche Regelung für ehrenamtlich Tätige – nicht nur im Sport, sondern das betrifft auch kommunalpolitisch Tätige – abschaffen. Die meisten Abgeordneten haben das überlesen, aber in der Anhörung haben wir und auch der Städte- und Gemeindebund diese Bestimmung thematisiert. Wenn Sie diese Regelung abschaffen, machen Sie es Beschäftigten im Tarifbereich zukünftig unmöglich, sich ehrenamtlich zu engagieren, z. B. an Lehrgängen und Ähnlichem teilzunehmen. Herr Innenminister, ist das wirklich Ihr Ernst? Wollen Sie das Ehrenamt fördern, oder wollen Sie es behindern? Auch da müssen Sie sich entscheiden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Christian Heinz (CDU))

Herr Heinz, das wollen Sie?

(Christian Heinz (CDU): Sie wissen ganz genau, dass das nicht stimmt!)

Das ist aber genau der Punkt. Den müssen Sie im Rahmen der Erörterung der Anhörung darlegen. Sie müssen eine rechtliche Klarstellung vornehmen, dass Sie den jetzigen Zustand beibehalten wollen. Okay, wir nehmen Sie an der Stelle beim Wort.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was wir nicht brauchen, sind Sonntagsreden. Wir brauchen vielmehr eine Anerkennungskultur für diejenigen, die sich gesellschaftspolitisch engagieren. Dazu gehört nach unserer Auffassung auch, dass wir, da in 15 der 16 Länder der Sport in der Verfassung verankert ist, darüber nachdenken, ob die Rolle des Sports auch dadurch gewürdigt werden sollte, dass sie im Grundgesetz verankert wird.

Das ist zumindest eine Forderung, die wir auf der Bundesebene erheben. Ich finde, das ist ein lohnenswerter Ansatz. Dass allein im Sport mehrere hundert Millionen Arbeitsstunden ehrenamtlich geleistet werden, muss man honorieren. Eine unglaublich große Zahl von Menschen ist von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter ehrenamtlich tätig – das ist es, was der Sport möglich macht.

Herr Innenminister, deswegen brauchen wir neben den finanziellen Rahmenbedingungen, die Sie dargelegt haben, auch inhaltliche Regelungen, die die ehrenamtliche Tätigkeit erst ermöglichen. Darauf sind Sie leider die Antworten schuldig geblieben.

Der Sport ist ein unverzichtbares Element unserer Gesellschaft. Ihm kommt für das Gemeinwohl in Deutschland – also auch in Hessen – eine zentrale Bedeutung zu. Deswegen ist es in Ordnung, was Sie am Schluss gesagt haben, nämlich dass sich der Sport nicht für tagespolitische Auseinandersetzungen eignet. Es gibt kaum ein Thema, bei dem es solche Auseinandersetzungen gibt – wenn ich einmal den Glücksspielstaatsvertrag ausnehme, zu dem wir in

der Tat möglicherweise unterschiedliche Auffassungen haben. Da liegen wir weit auseinander.

Aber das betrifft nicht die Problemfelder: Wie gehen wir mit der Leistungsverdichtung und dem Leistungsdruck um? Wie gehen wir mit der ehrenamtlichen Tätigkeit um? Wie statten wir die Städte und Gemeinden aus, damit sie die Aufgaben wahrnehmen können? Ich habe einen Vorschlag: Sie nehmen die Kürzungen beim Kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 344 Millionen € zurück. Dann haben die Städte und Gemeinden ausreichend Geld, um Sportförderung zu betreiben. Das ist eine ganz konkrete Förderung.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen sollte man in Bezug auf den Sport nicht nur in Geld denken. Dass Sportstätten sowie Hallen- und Freibäder vorhanden sind, ist eine Voraussetzung. Aber wir brauchen auch Menschen, von jung bis alt, die diese Einrichtungen besuchen können. Wir wollen keine Anlagen, die verrotten, sondern wir wollen, dass aktiv Sport betrieben wird; denn Sport in allen seinen Facetten ist ein wichtiger Bestandteil. Ich nenne nur den gesundheitspolitischen Aspekt. Es ist notwendig, dass Kinder von klein auf an den Sport herangeführt werden.

Deswegen sage ich: Herr Innenminister, wir haben die Regierungserklärung zur Kenntnis genommen. Sie enthält Elemente, denen wir zustimmen können. Aber zu zentralen Herausforderungen haben Sie leider nicht Stellung genommen. Das müssen wir gegebenenfalls an anderer Stelle nachholen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Für die FDP-Fraktion darf ich Herrn von Zech das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Begriff „Sport“ geht wortgeschichtlich auf das lateinische „disportare“ – sich zerstreuen – zurück. In der Tat fußt der Sport in all seinen Ausprägungen im Grunde auf Aktivitäten, die der Zerstreuung und dem Zeitvertreib dienen.

In einem anderen Sinne ist Sport jedoch das genaue Gegenteil von Zerstreuung; denn er führt auch zusammen. In Hessen leben Millionen sportinteressierte Menschen, die beinahe täglich über den Sport zusammenfinden und Erlebnisse teilen: gute wie schlechte, Siege wie Niederlagen. Dazu zähle ich nicht nur die vielen Menschen, die in Sportvereinen aktiv Sport betreiben. Der Sport begeistert und aktiviert auch die zahlreichen Fans: vom Breitensportler auf der lokalen Ebene bis zu den Zehntausenden von Zuschauern bei sportlichen Großereignissen, wie den Spielen unseres Bundesligisten Eintracht Frankfurt.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der SPD)

Vereine, insbesondere Sportvereine, wecken und bündeln ehrenamtliches Engagement und schaffen so ein Potenzial an freiwilliger Beteiligung von Menschen für Menschen, das seinesgleichen sucht. Das Vereinswesen im Sport hat Berührungsstellen mit den Schulen und Universitäten. Im Gesundheitswesen existieren Kooperationen mit den Kran

kenkassen oder mit der Wirtschaft über das Sponsoring und die Durchführung von sportlichen Veranstaltungen.

Besonders positiv wirkt Sport im Rahmen der Integration und der Jugendarbeit. Menschen, die aus aller Welt nach Deutschland kommen, oder die Kinder dieser Menschen lernen im Rahmen von sportlichen Veranstaltungen in den Vereinen vor Ort Einheimische kennen und umgekehrt. Der Sport fördert Verantwortung, bildet den Charakter und führt Menschen aus verschiedenen Kulturen dort zusammen, wo sie einander auf Augenhöhe begegnen können. Der Sport hat somit eine enorm positive Ausstrahlung in die Gesellschaft hinein, die über das bloße athletische Ereignis oder den Wettkampf weit hinausgeht.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb ist aus Sicht des Staates eine Förderung des Sports aus öffentlichen Mitteln wichtig und geboten.

Der Landessportbund Hessen ist ein Garant dafür, dass alle Sportarten gleichwertig nebeneinanderstehen. Als Dachorganisation des hessischen Sports vertritt er den Sport in allen Altersklassen in seiner gesamten Bandbreite: vom Leistungs- über den Breiten- und Freizeitsport bis zum Gesundheitssport, von den olympischen Disziplinen bis zu den Trendsportarten. So werden z. B. die Übungsleiter der Vereine in Form von qualifizierten Aus-, Fort- und Weiterbildungen im Gesundheitssektor geschult, um auf diese Weise die Qualität des Vereinsangebots aufrechtzuerhalten und auszubauen. Zu den vielfältigen Aufgabenbereichen im Breiten- und Freizeitsport zählt die Weiter- und Neuentwicklung von Sportangeboten, die der Bevölkerung zu bewegungs- und körperorientierten ganzheitlichen Entwicklungen der Persönlichkeit dienen.

Die Sportjugend Hessen im Landessportbund Hessen ist der größte Jugendverband im Land. Sie vertritt die Interessen von jungen Menschen im Sport, in der Gesellschaft und gegenüber der Politik. Sie qualifiziert für die Jugendarbeit im Sport durch Aus – und Fortbildungen, unterstützt die Sportvereine und fördert die außerschulische Jugendbildung sowie die internationale Jugendarbeit. Sie setzt sich mit vielfältigen Programmen aktiv für die Integration im und durch den Sport ein.

Als Träger des Olympiastützpunkts Hessen schafft der Landessportbund Hessen ein umfangreiches Betreuungsangebot für die hessischen Leistungssportlerinnen und -sportler. 2 Millionen Einzelmitglieder innerhalb der 35 Sportkreise und der 53 Sportverbände bzw. der 13 Verbände mit besonderer Aufgabenstellung sind in 7.800 Sportvereinen im Landessportbund Hessen organisiert. Die Hessische Landesregierung leitet aus den Spiel- und Wetteinsätzen jährlich rund 20 Millionen € direkt an den Landessportbund Hessen weiter und sichert auf diese Weise die Basis des organisierten Sports.

(Günter Rudolph (SPD): Aber großzügig aufgerundet!)

Aber auch die etwas problematischeren Seiten des Sports möchte ich nicht unter den Tisch fallen lassen. Gerade Großereignisse wie Fußballspiele benötigen häufig Polizeiaufgebote zu ihrer Absicherung, die den nüchternen Beobachter mit Skepsis erfüllen. Ursache hierfür sind Gefährdungen, die in der Regel zwar nur von kleinen gewaltbereiten Gruppierungen oder Einzeltätern ausgehen, die große Mehrheit der friedlichen Fans und auch unbeteiligte Anwohner aber belasten und beeinträchtigen. Angesichts des