Protocol of the Session on January 31, 2013

Das stimmt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Weiterhin lese ich:

Wir wollen für die Zukunft der Menschen arbeiten, weil wir mit Zuversicht und Freude in die Zukunft sehen.

Das tun auch wir, weil wir sicher sind, dass man mit solchen Erklärungen abgewählt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich verstehe noch, warum dort nichts zum Chaos am Universitätsklinikum Gießen steht. In einer „Marburger Erklärung“ wäre das zwar angemessen gewesen, aber ich verstehe, dass davon nichts drinsteht.

Ich verstehe auch, warum Sie nichts über die European Business School in Wiesbaden oder über das G-8- und G-9-Chaos hineingeschrieben haben. Das verstehe ich.

(Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vor- sitz.)

Aber wenn es an bestimmten Punkten allmählich unfreiwillig komisch wird, stellt sich doch die Frage: Was haben Sie eigentlich noch für die Zukunft vor? Sie treten für ein „familien- und kinderfreundliches Hessen“ ein, schreiben Sie. Da steht der schöne Satz:

Denn wir wollen Familie von der Familie her denken.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was auch sonst?)

Jede Familie, jede Mutter und jedes Kind hat unterschiedliche Bedürfnisse und eine unterschiedliche Lebensplanung.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ach was!)

Das stimmt. Wenn man den Satz noch einmal liest, stellt man allerdings fest, Sie haben weiterhin nichts verstanden. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie haben nämlich die Väter vergessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die gehören nun einmal zu den Kindern; denn ohne Väter gibt es keine Kinder.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben mit dieser Erklärung noch einmal exemplarisch klargemacht – dafür sind wir wirklich dankbar –, warum Sie Landtags- und Bundestagswahl zusammenlegen und sich hinter Angela Merkel verstecken müssen: Sie wissen überhaupt nicht mehr, warum Sie eigentlich regieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben keinerlei Vorstellungen von der Zukunft dieses Landes. Sie wollen aus lauter Ratlosigkeit einen Wahlkampf machen – das sind die einzigen konkreten Sachen, die in Ihrer Erklärung stehen –,

(Zuruf von der CDU: Wo ist denn Ihre Message?)

bei dem Sie einzig und allein Angst vor den inhaltlichen Vorstellungen der Opposition schüren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen: Das wird nicht reichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Das einzig wirklich Spannende an dieser Erklärung ist, dass Sie sich zwar seitenweise mit dem beschäftigen, was SPD und GRÜNE vorschlagen, und dass auch DIE LINKE vorkommt – Angst erzeugt bei Ihnen wohl irgendwie Energie –, die FDP aber mit keinem Wort erwähnt wird. Das ist auch gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Was denn jetzt?)

Herr Al-Wazir, kommen Sie bitte zum Schluss.

Herr Kollege Beuth, deswegen sage ich Ihnen: Wir geben Ihnen jetzt noch einmal Gelegenheit, zu sagen, was die CDU eigentlich in den nächsten fünf Jahren vorhat.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Sie haben nichts zu sagen!)

Wer nämlich nichts erreicht hat und nichts mehr vorhat, wer so offensichtlich erschöpft und verbraucht ist, wird abgewählt, egal an welchem Wahltag.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Al-Wazir. – Als Nächste hat sich Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE gemeldet.

Vielleicht wird jetzt einmal klar, was die Aktuelle Stunde soll, wenn es auch nicht ihre Sache ist! Janine Wissler (DIE LINKE):

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Lob für die Landesregierung beginnen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ja, es kommt vor, dass diese Landesregierung etwas richtig macht. Aber, Herr Bellino, auch eine kaputte Uhr hat bekanntlich zweimal am Tag recht.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Wir begrüßen, dass der Termin der Landtagswahl mit dem der Bundestagswahl zusammengelegt wird. Wir haben das als Erste vorgeschlagen, und wir freuen uns, wenn die Landesregierung unseren Anregungen folgt.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Ich denke, das waren die GRÜNEN!)

Meine Damen und Herren, Sie sollten öfter auf DIE LINKE hören.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wenn die CDU auf sich allein gestellt ist, kommen eben Dinge wie die Marburger Erklärung dabei heraus, die Sie am letzten Wochenende verabschiedet haben: nichts als eine Aneinanderreihung von Worthülsen. Neues oder gar Konkretes sucht man darin vergebens.

Darin heißt es, man brauche einen handlungsfähigen Staat und solide Staatsfinanzen. Gleichzeitig aber behaupten Sie, durch Steuererhöhungen würde man Arbeitsplätze vernichten und die Bürger schröpfen. Das Gegenteil ist der Fall. Klamme öffentliche Kassen führen zu Arbeitsplatzabbau und zu Mehrkosten für die Menschen.

Das sieht man gerade beim sogenannten Kommunalen Schutzschirm. Der Finanzminister freut sich über „ungeahnte Einsparmöglichkeiten“ in den Kommunen und meint damit Personalabbau und die Schließung von Bibliotheken und Jugendzentren. Das ist kurzfristig und kurzsichtig gedacht und völlig verantwortungslos.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Auflagen des Schutzschirms bedeuten eine weitere Zerstörung der kommunalen Infrastruktur und den Ausverkauf kommunalen Eigentums. Das ist ein Privatisierungsförderungsprogramm. Ich sage Ihnen: Natürlich werden auch die kommunalen Gebühren steigen, und die Leidtragenden davon sind die Bürgerinnen und Bürger. Deswegen lehnen wir den sogenannten Kommunalen Schutzschirm ab. Wir lehnen ihn auch vor Ort ab: in den Kommunen, in denen SPD und GRÜNE leider oft an der Umsetzung dieser Kürzungspolitik beteiligt sind.

Ein handlungsfähiger Staat braucht höhere Einnahmen. Von allen Seiten an einem zu kurzen Tischtuch zu ziehen hilft niemandem. Wer will, dass die Kommunen, aber auch die Hochschulen und die Schulen in Hessen mehr Geld bekommen, muss bei der Bundestagswahl für die Einführung

einer Vermögensteuer stimmen; denn ohne zusätzliche Einnahmen sind guter Bildungspolitik enge Grenzen gesetzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die CDU spricht zwar davon, dass es keinen Unterrichtsausfall in Hessen gibt; aber nach Schätzungen der GEW fällt jede zehnte Schulstunde aus oder wird von einer fachfremden Lehrkraft übernommen. Einige sprechen deshalb in diesem Zusammenhang schon von „G 7“. Um das zu ändern, müssen endlich mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden.

In der Marburger Erklärung loben Sie sich für eine familien- und kinderfreundliche Politik, die es allerdings einfach nicht gibt. Der Ausbau der Kinderbetreuung stockt trotz des Rechtsanspruchs. Sprechen Sie doch einmal mit Eltern, die, weil es zu wenige Kita-Plätze gibt, verzweifelt nach einem Betreuungsplatz suchen. Meine Damen und Herren, denen hilft Ihr vermurkstes Betreuungsgeld ganz sicher nicht weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Problem kommt mit der Einschulung wieder. In Hessen gibt es unter den Grundschulen gerade einmal 20 Ganztagsschulen. Angesichts von über 1.000 Grundschulen in Hessen ist das doch peinlich.