Protocol of the Session on January 30, 2013

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich berichte Ihnen jetzt noch, dass die Telekom im Dezember des vergangenen Jahres aus dem NGA-Forum ausgetreten ist. Herr Staatssekretär Saebisch ist auch Mitglied in diesem Forum. Er kann es bestätigen. Die Aussage der Telekom war, dass der BSA-Layer 2 – das ist der Fachbegriff – im Moment überhaupt nicht zur Debatte steht. Ich sage: Wenn wir mit öffentlichen Mitteln, egal, ob von der kommunalen Seite, von der Landesseite, durch Bürgschaft oder durch Zuwendung, dafür sorgen, dass auch im ländlichen Raum Breitbandnetze mit hoher Leistungsfähigkeit entstehen, dann brauchen wir Wettbewerb. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Marktführer diesen Wettbewerb konterkariert. Deswegen muss dieser Antrag auf Vectoring abgelehnt werden. Wir müssen politisch dafür sorgen. Ich weise

darauf hin, dass immerhin knapp über 30 % der Telekom im Besitz der Bundesrepublik Deutschland sind und dass darüber durchaus Einwirkungsmöglichkeiten bestehen.

Herr Dr. Arnold, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich sage zum Schluss: Ich plädiere heftig dafür, dass wir allen politischen Einfluss geltend machen, bis hin zum Bundesrat,

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

um dafür zu sorgen, dass der Grundsatz Open Access auf allen Netzen weiterhin uneingeschränkt geltend gemacht werden kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Arnold. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Kollege Mack zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grausamen Wahrheiten zuerst. In Hessen findet Netzpolitik nicht statt.

(Lachen bei der CDU und der FDP – Zurufe von der CDU)

CDU und FDP haben den digitalen Wandel entweder verschlafen oder keine Kraft, ihn zu gestalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das dokumentiert überdeutlich Ihr Antrag, der eine technische Frage behandelt, die Sie politisch lösen wollen. Ich sage Ihnen: Die Frage nach dem Breitbandausbau ist eine politische Frage, die technisch gelöst werden muss. Gerade deshalb reicht es nicht aus, so zu tun, als könnten schon wirklich viele hessische Haushalte und Unternehmen auf breitbandiges Internet zurückgreifen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Wahrheit ist doch ganz anders. Das kann man auch sehen. Nur dann, wenn man die Definition der Hessischen Landesregierung benutzt, haben 99 % der Haushalte und Unternehmen in Hessen Breitbandzugang. Denn die Hessische Landesregierung glaubt immer noch, 1 Mbit/s sei schon so etwas wie eine Breitbandversorgung.

(Karin Wolff (CDU): Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Das ist – das haben Sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drucks. 18/5992 ausgeführt –„die von der Landesregierung kommunizierte Grundversorgung“.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Sie haben wieder nicht zugehört, Herr Kollege!)

Herr Dr. Arnold, 1 Mbit/s ist keine Breitbandverbindung. Das ist ein Scherz, und zwar ein ziemlich schlechter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, mit dieser Geschwindigkeit wäre es nicht möglich, sich den Livestream dieser Debatte im Internet überhaupt flüssig anzuschauen.

(Zurufe der Abg. Michael Siebel (SPD) und Jürgen Lenders (FDP))

Das ist so, als würde man von den vielfältigen Möglichkeiten eines Smartphone diskutieren und schwärmen und den Menschen dann Morseapparate anbieten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, Sie sprechen von maximalen Downloadraten. Das zeigt, dass Sie die wirtschaftliche Bedeutung der Thematik nicht verstanden haben oder dass Sie sie nicht verstehen wollen. Denn für die Wirtschaft zählt der Upstream. Wie hoch ist der denn bei 1 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit? Nicht mehr als 128 kbit. Versuchen Sie einmal, mit dieser Geschwindigkeit ein Urlaubsfoto zu verschicken.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das wird schwierig!)

Über die Kreativwirtschaft und IKT-Unternehmen – Sie haben es angesprochen – müssen wir da gar nicht reden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, was sagt der Digital Hub Frankfurt dazu? Heute in der „FAZ“: „Weniger als 10.000 Gebäude in der Rhein-Main-Region sind an Glasfasernetze angeschlossen, während es in Hongkong jedes Haus ist.“ Und das am größten Internetknoten der Welt.

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, an der Frage des Breitbandausbaus entscheidet sich nicht nur die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit, sondern auch ganz erheblich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ja!)

Während Sie immer glauben, der Markt würde alles regeln, beweist der Ausbau des Breitbandes in Hessen genau das Gegenteil: Ihre Breitbandstrategie ist gescheitert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben die digitale Spaltung zwischen Stadt und Land nicht überwunden, sondern, im Gegenteil, Sie haben sie verschärft. Sie hatten ein Ziel: Bis 2010 wollten Sie eine flächendeckende Versorgung gewährleisten; und das haben Sie nicht erreicht.

Jetzt setzten Sie sich ein neues Ziel: Bis 2014 sollen 75 % der Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s versorgt werden. Wir fragen uns an dieser Stelle ganz konkret: Was ist mit dem restlichen Viertel? – Vergessen Sie diese 25 % der Hessen?

(Dr. Walter Arnold (CDU): Es heißt „mindestens“!)

Warum haben Sie keine Strategie für Breitband im ländlichen Raum?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Siebel (SPD))

Sie werden Ihre Ziele voraussichtlich nicht erreichen, und irgendwann müssen Sie einmal anerkennen, dass Sie ohne die Universaldienstverordnung nicht weiterkommen. Die Verordnung heißt nichts anderes, als dass jeder einen An

spruch auf einen Internetanschluss hat und die Anbieter eben ausbauen müssen. Ohne eine vernünftige Bandbreite ist Homeoffice – und das ist heute eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – genauso wenig möglich wie überhaupt die Direktvermarktung kleinerer Betriebe. Als Abgeordneter des Kreisverbandes Fulda wissen Sie, wovon ich spreche. Davon abgesehen, verlieren auch Grundstücke ohne Breitbandanschluss ihren Wert.

Ich möchte an der Stelle auch gern über aktuelle Zahlen sprechen. Wenn nur 10 % aller Haushalte in ländlich geprägten Gebieten Zugang zum Hochgeschwindigkeitsnetz von über 50 Mbit/s haben, dann gibt es in Hessen eben gewaltige Lücken, was den Netzausbau angeht. Es gibt zahlreiche Ortschaften, in denen es keine oder vor allem keine akzeptable Internetverbindung gibt. Ich frage mich nach Ihrer Rede, ob Sie überhaupt wissen, wie es dort ist.

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Na, schön ist es dort!)

Herr Dr. Müller, wissen Sie, wie es z. B. in Jossgrund oder in Flörsbachtal im östlichen Main-Kinzig-Kreis ist? – Dort gibt es in einigen Ortsteilen keine Verbindungen über 2 Mbit/s. Dort gibt es auch nicht wirklich mobiles Internet. LTE können Sie dort vergessen. Bestenfalls gibt es dort schwaches UMTS, und Videotelefonie ist mit so einer Verbindung für den Gesprächspartner bestenfalls eine Diashow.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Leute haben heute Smartphones, sie nutzen Tablets, und sie wollen auch einmal ein Foto verschicken. Wie soll das dort gehen, wo das Mobilfunknetz nicht ausreicht und es vor Ort kein Breitband gibt? Wie soll das funktionieren? Wo ist hierfür Ihre Strategie? – Es gibt viele Unternehmen, denen eine gute Versorgung mit schnellem Internet deutlich wichtiger ist als eben der vierspurige Ausbau einer Kreisstraße.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer als Grafikdesigner, als Fotograf oder in einem anderen Beruf arbeitet, in dem regelmäßig größere Datenmengen verschickt werden müssen, verzweifelt an solch einer Anwendung.

(Alexander Noll (FDP): Dort muss man auch hinkommen können!)

Ja, Herr Noll, wissen Sie denn, was Architekten machen, die dort wohnen? – Die nehmen ihr Notebook, setzen sich ins Auto, fahren über die hessisch-bayerische Grenze und verschicken ihre Daten dann von dort, weil es dort nämlich LTE gibt. So, wie ich es beschrieben habe, ist es im digitalen Niemandsland, und auf diese Situation im digitalen Niemandsland haben Sie keine Antwort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Orte, wie ich sie im östlichen Main-Kinzig-Kreis beschrieben habe, gibt es überall in Hessen, und ganze Umgebungen scheiden derzeit für einige Branchen aufgrund mangelnder Infrastruktur als Standort aus. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis Ihrer Regierung, sondern es ist vor allem die Bilanz Ihrer Breitbandstrategie. Wer zieht denn dorthin, wo man das neue iPad nicht benutzen und die Bundesliga nicht über das Internet verfolgen kann? Was erzählen Sie denn älteren Damen und Herren, die nicht mit den Enkeln skypen können, weil die