kann sich jeder den Inhalt des Berichts vorstellen, wenn ich einfach ein paar damit verbundene Daten und Ereignisse vortrage.
Am 13. August 2012 erreicht der Berichtsentwurf das Wissenschaftsministerium. Am 21. August 2012 berichtet die Presse erstmals über den Inhalt. Am 10. September 2012, keine drei Wochen später, legt Wirtschaftsminister Rentsch seinen Sitz im Stiftungsvorstand der EBS nieder.
Drei Tage später, am 13. September 2012, berichtet Staatssekretär Saebisch im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr, dass das Automobilinstitut AIM der EBS nicht mehr gefördert wird. Am 22. November 2012 kündigt Wiesbadens Oberbürgermeister Helmut Müller an, dass er ebenfalls seinen Sitz im Stiftungsvorstand der EBS niederlegt.
Am 5. Dezember 2012 erklärt Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann im Ausschuss plötzlich, dass sie – entgegen ihrer jahrelangen Praxis – die Förderung der EBS zunächst aussetzt. Zwei Tage später wird dann der Bericht des Rechnungshofs dem Landtag zugestellt. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das, was ich gerade aufgezählt habe, ist in den nicht einmal vier Monaten zwischen Zustellung des Berichts an die Landesregierung und Zustellung des Berichts an den Landtag passiert.
Frau Ministerin Kühne-Hörmann, die SPD-Fraktion gibt Ihnen heute Abend im Wissenschaftsausschuss die Gelegenheit, zu dem Bericht Stellung zu nehmen.
Ich will mich an dieser Stelle vielmehr mit dem Bild beschäftigen, das sich uns in dieser Angelegenheit von den Umständen des Aufbaus der Law School an der EBS hier in Wiesbaden ergibt. Dieses Bild bestätigt sich leider durch den Bericht des Rechnungshofs. Auf jeder Grönland-Expedition wird der Vorangehende irgendwann ausgewechselt, weil er mangels Orientierung den Gleichgewichtssinn verliert. Frau Kühne-Hörmann, ich glaube, Sie haben die Orientierung in dieser Sache verloren. Das Gleichgewicht haben Sie ohnehin nie gehabt,
was man daran sieht, dass Sie einer privaten Hochschule insgesamt 100 Millionen € Steuermittel zugesichert haben, während gleichzeitig die staatlichen Hochschulen massiv unterfinanziert sind.
Hier wurde ein Netz aus Seilschaften, aus Männerfreunden, aus Verquickungen zwischen nahezu der halben Landesregierung und einer privaten Hochschule gesponnen, die offensichtlich zu schnell zu viel wollte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ein Unsinn! – Gegenruf von der SPD)
So ist es eben: Wenn man ein so enges Netz knüpft, dann verheddert man sich früher oder später darin. Dann heißt es: Rette sich, wer kann.
Herr Koch und Herr Weimar sind nicht mehr im Amt, ihre Nachfolger Bouffier und Dr. Schäfer sind in Sachen EBS sehr, sehr schmallippig geworden, was sonst so gar nicht ihre Art ist. Der ehemalige Regierungssprecher hat die Seiten gewechselt und berät den ehemaligen Präsidenten der EBS jetzt auch ganz offiziell.
Herr Oberbürgermeister Dr. Müller und Herr Rentsch, die am engsten mit all den Machenschaften verquickt waren, sind aus der Stiftung stiften gegangen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)
Nur Herr Hahn ist als letzter Mohikaner noch im Gründungskuratorium der Law School und will es auch bleiben – er ist eben, wie er ist.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten endlich einmal wissen, wer von Schwarz und Gelb welche Rolle spielt und wer die Interessen der EBS vertritt, obwohl er eigentlich die Interessen des Landes vertreten sollte.
Die Reihe der Akteure kann ich nahtlos fortsetzen. Herr Innenminister Rhein hat uns gestern die Antwort auf unseren Berichtsantrag zukommen lassen, wie denn die Stiftungsaufsicht, für die er verantwortlich ist, mit der Stiftung der EBS umgegangen ist. Unser Berichtsantrag war vom 16. Oktober 2012. Sechs Tage später, am 22. Oktober 2012, ist auf einmal die Stiftungsaufsicht tätig geworden und hat die EBS-Stiftung schriftlich aufgefordert, Veränderungen in ihrem Vorstand für die letzten dreieinhalb Jahre anzuzeigen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, offenbar ist Innenminister Rhein mit der Prüfung der EBS genauso lax umgegangen wie der Rest des Kabinetts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind es langsam leid, dass immer nur etwas passiert, wenn wir nachfragen, und immer nur das bestätigt wird, was bereits bekannt ist. Wir sind es wirklich langsam leid, dass wir jetzt sogar mit unseren Berichtsanträgen – wie im Fall der Stiftungsaufsicht
schon dafür sorgen müssen, dass die Landesregierung überhaupt ihren gesetzlichen Pflichten nachkommt.
Weiteres Beispiel. Letzten Freitag berichtete EBS-Präsident Cremer der versammelten Presse, dass es am Abend zuvor ein Gespräch mit der Wissenschaftsministerin über die Zukunft der EBS und deren Gespräche mit den Banken gegeben habe. Auf Nachfrage von Journalisten will Herr Cremer aber nicht sagen, wer für die EBS mit Frau KühneHörmann gesprochen habe. Warum diese Heimlichtuerei?
Die Lösung kommt einen Tag später, als wir in der „FAZ“ lesen, dass das Gespräch, von dem Präsident Cremer berichtet hat, vom stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der EBS geführt wurde. Unser Kollege Dr. Walter Arnold, CDU, verhandelt offenbar mit der Wissenschaftsministerin Frau Kühne-Hörmann, CDU, parteiintern über die EBS, und Herrn Cremer ist das Ganze anscheinend so peinlich, dass er das nicht einmal zugeben will, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Frau Kühne-Hörmann, Sie sehen an meinen Ausführungen: Sie sind wahrlich nicht die Einzige, die hier Verantwortung trägt, auch wenn Sie jetzt offenbar als Erste die Orientierung verloren haben, weil Sie dieser Expedition voranschreiten.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Sie werden noch eine ganze Menge Fragen zu beantworten haben. Wir erwarten z. B. eine Antwort darauf, wie Sie noch am 29. August 2012 im Wissenschaftsausschuss wörtlich sagen konnten, dass der aktuelle Stand des Aufbaus der Law School und der Liquidität keine Anhaltspunkte für einen Abbruch der Förderung ergibt, während der Bericht des Rechnungshofs, der etwas anderes besagt, zu diesem Zeitpunkt schon zwei Wochen in Ihrem Haus war. Diese und viele andere Fragen werden wir zu stellen haben. Sie werden sie zu beantworten haben, heute Abend und vielleicht zu anderer Gelegenheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer Verantwortung in dieser Sache trägt, das wissen wir ganz genau. Wer Schuld trägt, das wird sich noch zeigen müssen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. Herr Kollege Weiß, das Wort „Machenschaften“ hören wir hier oben nicht so gerne.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen doch nur ganz friedlich, was ich nicht gerne höre. Das ist doch interessant für Sie. Ich habe hier überhaupt niemanden gerügt und gar nichts festgestellt. Ich habe nur gesagt, das Wort „Machenschaften“ hören wir hier oben nicht so gerne. Machen Sie daraus, was Sie wollen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entscheidung 2008 für die Förderung des Aufbaus der Universität EBS mit der Law School war richtig und sinnvoll. Das wurde vom Wissenschaftsrat ausdrücklich bestätigt. Das ist heute die Lage.
Sie vonseiten der Opposition waren von Beginn an gegen die Law School und damit auch gegen die EBS und auch gegen die Förderung privater Hochschulen.
In anderen Bundesländern ist die Förderung privater Hochschulen durchaus üblich und wird auch von SPD und GRÜNEN getragen. Wenige Beispiele: die Jacobs-Universität in Bremen, die Anschubfinanzierung in dreistelliger Millionenhöhe sowie Stiftungskapital in dreistelliger Millionenhöhe vom Land Bremen erhalten hat, oder die Universität Witten-Herdecke, die eine laufende Finanzierung aus dem nordrhein-westfälischen Landeshaushalt erhält, und zuletzt das Beispiel der Wirtschaftshochschule WHU in Rheinland-Pfalz, der vorteilhafte Konditionen im Hinblick auf die Gebäudenutzung eingeräumt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie sollten sich einmal bei Ihren Kolleginnen und Kollegen erkundigen, wie vielfältige Hochschulpolitik ohne ideologische Scheuklappen gemacht wird.