Ich finde, wenn man solche Äußerungen macht, dass man dann auch tatsächlich sagen muss, dass das auch für Lebenspartnerschaften gilt, die die gleichen Anforderungen eingehen. Ich weiß gar nicht, worüber Sie sich aufregen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Dass Sie sich auf meine Biografie bezogen haben!)
Lieber Herr Dr. Wagner, es geht einzig und allein um die Frage – darüber können sich die Bürgerinnen und Bürger selbst ein Bild machen –, wie glaubhaft verschiedene Argumentationen sind, die in diesem Zusammenhang auch aus der CDU gemacht werden.
Meine Damen und Herren, es ist an der Zeit, in unserer modernen Gesellschaft dafür zu sorgen, dass die sexuelle Orientierung nicht länger zu Diskriminierungen führt, weder in der Politik noch im Rechtswesen und auch nicht in der Gesellschaft. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz-Asche. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Ravensburg für die CDUFraktion zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass uns die GRÜNEN heute schon wieder nach knapp zwei Monaten die Gelegenheit geben, im Plenum über die Besteuerung von Ehen und Familien zu sprechen. Ich kann Ihnen auch versichern, dass wir die Zeit gut genutzt haben und den in der damaligen Debatte angekündigten Diskurs fortgesetzt haben.
Deswegen brauchen wir heute weder einen Antrag der GRÜNEN, um uns mit diesem Thema zu befassen, noch eine Aufforderung an die Landesregierung, im Bundesrat tätig zu werden.
Sie wissen genau, dass die Definition der Besteuerungsgrundlagen ein hochkomplexer Vorgang ist und dass das Drehen an Stellschrauben immer Auswirkungen in zahlreiche Richtungen hat, die wohl durchdacht werden müssen. Schnellschüsse sind hier das Letzte, was wir brauchen.
Zudem steht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Sie erwähnt haben, Frau Schulz-Asche, noch aus. Wir werden ganz sicher den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen. Aber die zeitliche Übereinstimmung zwischen dem Umstand, dass sich meine Partei beim Bundesparteitag in der vergangenen Woche intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat, und dem Datum Ihres Antrags ist natürlich „rein zufällig“.
Ich kann Ihnen aber berichten, dass wir uns auf unserem Bundesparteitag in einer sehr tiefgründigen und spannenden Debatte – auch mit hessischer Beteiligung – mit dem Thema Besteuerung von Paaren und Familien befasst haben. Das wollten Sie ja hören.
Nichts anderes habe ich in der letzten Debatte hierüber im Landtag erwähnt. Wir warten nämlich nicht tatenlos auf die im kommenden Jahr auf uns zukommende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften und zum Ehegattensplitting. Ich habe bereits mitgeteilt, dass wir in der CDU in aller Gelassenheit darüber beraten, wie die künftige steuerliche Behandlung von Ehe und Familie, von eingetragenen Lebenspartnerschaften und insbesondere auch die steuerliche Förderung von Kindern aussehen sollen. Das geht weit über eine Gleichstellungsdebatte hinaus. Genau das machen wir zurzeit auf der Bundes- und der Länderebene in den Fraktionen, in unserer Partei und in den politischen Vereinigungen unserer Partei, z. B. in der Frauenunion, denn uns liegt die Familienpolitik besonders am Herzen.
Es gilt hier, unterschiedliche Auffassungen zu diskutieren. Da sind die Kollegen aus Fulda, die das Ehegattensplitting nicht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften öffnen wollen. Frau Schulz-Asche, ich weise entschieden zu
rück, dass Sie unsere Kollegen aus Fulda verurteilen und sagen, diese würden einem überholten Familienbild nachgehen. Das weise ich ganz entschieden zurück.
Noch immer wachsen 70 % der Kinder in einer Ehe auf. Das scheinen Sie völlig zu vernachlässigen. Es gibt aber viele Kollegen, auch hier im Hessischen Landtag, die sich für eine Öffnung aussprechen. Auch das finde ich durchaus legitim, denn dafür gibt es gute Gründe.
In der Mehrheit sind aber die Kollegen, die einen Mittelweg gehen wollen. Die Mehrheit auf unserem Bundesparteitag hat sich gegen eine steuerliche Gleichstellung, aber für den besonderen Schutz von Ehe und Familie ausgesprochen.
Meine Damen und Herren, ich finde es gut – da bin ich wirklich stolz auf meine Partei –, dass sich in der CDU so unterschiedliche Meinungen zu Hause fühlen und unterschiedliche Meinungen diskutiert werden können.
Wir nehmen das Thema sehr ernst. Am Ende sollte nämlich ein Kompromiss stehen, der von einer breiten Mehrheit getragen wird. Auf dem Bundesparteitag haben wir einen Beschluss getroffen, der eine wirklich gute Entscheidungsgrundlage, aber noch kein letztendlicher Beschluss für unsere politische Arbeit ist.
Wichtig ist es meinen Kollegen und insbesondere mir, dass wir uns weiterhin für eine bessere gesellschaftliche Anerkennung und eine bessere finanzielle Ausstattung von Eltern mit Kindern einsetzen.
Wir sind durchaus offen für eine Weiterentwicklung des Ehegattensplittings im Sinne einer verbesserten Kinderförderung. Allerdings hat das seine Grenzen, auch im Sinne des Rechts; das können wir nicht verneinen. Darauf hat Finanzminister Dr. Schäfer in der Plenardebatte im September bereits hingewiesen. So einfach, wie es sich einige machen und wie es auch die SPD fordert, ist es eben nicht, die Lösung in einer Abschaffung des Ehegattensplittings zu suchen. Der Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 des Grundgesetzes und das Verfassungsgebot zum Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 Grundgesetz bilden einen Rahmen, der sich auch auf das Steuerrecht auswirkt und der nicht einfach in einem Handstreich außer Acht gelassen werden kann.
Jawohl, Herr Schäfer-Gümbel. – Solange wir aber nicht die Auswirkungen einer Weiterentwicklung des Ehegatten
splittings auf die verschiedenen Bereiche – von der Gesellschaftspolitik bis hin zu den Finanzen – geprüft haben, halten wir es für unverantwortlich, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Wir müssen prüfen, wie sich die damit verbundenen, weitreichenden steuerlichen Änderungen auswirken können. Dabei geht es zunächst um grundlegende Dinge, die auch Sie nicht ignorieren können.
Uns geht es um Steuergerechtigkeit. Uns geht es um die Wirksamkeit eines neuen Konzepts, damit die auch mit einer Änderung verfolgten Ziele erreicht werden können. Es geht uns aber auch um die finanziellen Auswirkungen. Ich hielte es für unverantwortlich – auch gegenüber künftigen Generationen –, wenn die finanziellen Auswirkungen nicht geprüft würden.
Es geht uns außerdem um die Tatsache, der wir Rechnung tragen müssen, dass, wie eben erwähnt, nach wie vor über 70 % der Kinder in der Ehe aufwachsen.
Schließlich geht es uns auch darum, dass nach wie vor viele Mütter auf Gehalt verzichten und zugunsten der Kindererziehung in Teilzeit arbeiten. Sie dürfen bei einer Reform keinesfalls vergessen werden. Das Gleiche, auch das hatte ich in der letzten Debatte erwähnt, gilt für die, die eine Auszeit von ihrem Beruf nehmen und ihre älteren Angehörigen pflegen.
All dies werden wir in Hessen als Rahmenbedingung aufnehmen und uns an der Debatte weiterhin aktiv beteiligen. Das werden wir in aller Ruhe und Gelassenheit tun, mit Verantwortung für die Zielerreichung und die finanziellen Auswirkungen. Das Abwarten der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften gehört unseres Erachtens ebenso dazu.
Eines steht aber über allem: Unser Ziel ist es, Ehe und Familie zu schützen und Eltern mit Kindern besserzustellen. Deshalb werden wir keine Schnellschüsse machen, sondern uns im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung von Lebenspartnerschaften an dem Diskurs zur Reform des Ehegattensplittings weiterhin beteiligen.
Schönen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Schulz-Asche zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Erstens. Sie haben von Steuergerechtigkeit gesprochen. Ich frage Sie, wie es eigentlich sein kann, dass Sie von Steuergerechtigkeit sprechen, wenn wir doch wissen, dass bei eingetragenen Lebenspartnerschaften die Lasten bereits geteilt, die steuerlichen Vorteile aber eben nicht geteilt werden. Von daher gesehen, hat das mit Steuergerechtigkeit überhaupt nichts zu tun.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hans- Jürgen Irmer (CDU))