Protocol of the Session on December 12, 2012

Wer wie die SPD noch dazu die Verdienstgrenzen für den sozialen Wohnungsbau anheben will, aber gleichzeitig eine Fehlbelegungsabgabe erheben will, der zeigt, dass er keine Richtung in seinen Anträgen hat. Wenn die Gehaltsgrenzen weiter steigen, wird es auch keine Einnahmen aus einer Fehlbelegungsabgabe geben. Meine Damen und Herren von der SPD, an der Stelle sollten Sie Ihre Vorstellungen noch einmal deutlich überarbeiten. Auch die Kollegen von den GRÜNEN sind an dieser Stelle komplett anderer Auffassung.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Das ist wahr!)

Herr Kaufmann, das haben Sie gut gesagt. – Hessen gibt bereits jährlich mehr als 60 Millionen € für die soziale Wohnraumförderung aus.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Wir haben bereits die Einkommensgrenzen angehoben, sodass die Berechtigung, eine Sozialwohnung zu beziehen, viel leichter zu erhalten ist. Dazu haben wir in diesem Gesetzentwurf die Einkommensgrenzen dynamisiert, sodass den tatsächlichen Einkommensrealitäten der Menschen Rechnung getragen wird, und eine angebliche Fehlbelegung, die aus der Inflation resultiert, wird damit vermieden.

Meine Damen und Herren, auch die vorgesehene Verkürzung der Bindungswirkung bei vorzeitiger Rückzahlung der Darlehen sorgt dafür, dass das vorhandene Geld wieder effizienter eingesetzt werden kann und dass damit insgesamt mehr Projekte in kürzeren Zeiträumen gefördert werden können. Diese Förderung kommt wieder den Menschen zugute, die auf Sozialwohnungen angewiesen sind. Die im Änderungsantrag vorgesehenen Übergangsfristen sind sinnvoll, damit sich die Kommunen auf die Änderungen einstellen können. Das haben CDU und FDP mit Ihrem Änderungsantrag hier dann auch eingebracht.

Was wir weiterhin einbringen, ist die Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen. Auch das ist für uns ein Punkt zur Eigentumsförderung. Sie dient der Stabilisierung der Wohnungsbaugesellschaften. Es ist eine kleinteilige Förderung, das gebe ich gern zu, sie entfaltet aber eine sehr große Effizienz. Meine Damen und Herren, mit geringen Mitteln möglichst viel zu erreichen, das ist die Politik von CDU und FDP.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Ei, ei, ei!)

Wir fördern neue Wohnformen, von denen Sie scheinbar nichts wissen wollen. Ich glaube, das ist im Jahr 2012, dem Jahr der Genossenschaften, ein sehr gutes Zeichen. Mir ist es viel lieber, dass jemand einen Genossenschaftsanteil erwirbt, als dass er eine Kaution hinterlegt.

Wir müssen uns in der gesamten Debatte immer wieder vor Augen führen, dass, wenn wir heute Wohnraum fördern, um für junge Familien einen Engpass zu mildern, in zehn Jahren die Lage schon ganz anders aussehen kann. An gleicher Stelle brauchen wir dann vielleicht statt der Kinderzimmer altersgerechte Wohnungen oder Wohnungen für demenzkranke Menschen. Rundheraus ist der Gesetzentwurf gelungen und wird die Wohnraumförderung in Hessen zukunftsfähig aufstellen. Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzentwurf der Landesregierung mit dem Änderungsantrag von CDU und FDP zustimmen, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schönen Dank, Herr Kollege Lenders. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Siebel das Wort. Bitte schön, Herr Siebel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will einmal damit beginnen, dass es gut ist, dass es diesen Gesetzentwurf überhaupt gibt.

(Jürgen Lenders (FDP): Danke!)

Der Gesetzentwurf ist zustande gekommen, weil der Hessische Landtag – ich habe das hier schon erwähnt – einstimmig beschlossen hat, die Hessische Landesregierung aufzufordern, ein Gesetz zur Förderung des sozialen Wohnraums vorzulegen. Es war eigentlich das Ziel, dass wir final zu einer Beschlussfassung im Hessischen Landtag kommen, in der bei diesem wichtigen Thema möglicherweise eine breiter getragene Mehrheit zustande kommt, als das jetzt der Fall sein wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen erläutern, woran dies liegt. Das Gesetz atmet davon, dass bei CDU und FDP für das Problem, dass wir in den Metropolen zu wenig und keinen Wohnraum haben, der bezahlbar ist, kein ausreichendes Bewusstsein vorhanden ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass da vielleicht auch zwischen CDU und FDP eine Diskrepanz besteht. Ich will Ihnen einmal einen Fall schildern, wo zumindest innerhalb der CDU Problembewusstsein da ist. Wir hatten letztens im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst eine Diskussion über die Frage: Brauchen wir mehr studentischen Wohnungsraum?

Auf der Basis eines Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben wir im Hessischen Landtag darüber diskutiert. Dieser Antrag hat den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst erreicht. Der Kollege Büger von der FDP hat pflichtgemäß erklärt, dass der Antrag abgelehnt werde und dass das alles ziemlicher Unfug wäre, was die GRÜNEN aufgeschrieben haben.

Dann meldete sich der ehemalige Finanzminister Karlheinz Weimar zu Wort und sagte: Leute, wir müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir ein Problem mit studentischem Wohnraum haben, und deshalb müssen wir auch etwas dagegen tun. – Die Vorschläge von den GRÜNEN sind nicht die, die Karlheinz Weimar begrüßen oder unterstreichen würde, aber er sagt: Wir müssen auf alle Fälle versuchen, auf der Basis von Darlehnsprodukten etwas zu machen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Problembewusstsein.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja, genauso war es!)

Das, was Sie in diesem Gesetzentwurf aufgeschrieben haben, wird dem Problem der Wohnungsnot aber nicht gerecht, ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund hat die SPD sechs Vorschläge gemacht, wo der Gesetzentwurf im Kern unserer Ansicht nach verändert und verbessert werden müsste.

Punkt eins. Wir haben gesagt, in § 2 ist die Priorisierung der Schaffung von privatem Wohnraum gegenüber der Schaffung von Mietwohnungsbau genau umzukehren. Wir sagen: Es muss zuallererst Mietwohnraum geschaffen werden, und die Schaffung privaten Eigentums hat zweite Priorität.

Herr Lenders, Sie haben es im Prinzip argumentativ auch selbst so angelegt, denn Sie haben gesagt: Natürlich ist im ländlichen Raum die Frage von privatem Wohnraum virulent und muss unterstützt werden.

Es sagt auch niemand, dass kein privater Wohnraum unterstützt werden soll. Probleme gibt es aber in den Metropolen. In den Metropolen kommen Sie an das Problem nur heran, wenn Sie das über den Mietwohnungsbau machen, und vor dieser Realität verschließen Sie die Augen.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt. Sie machen in dem Gesetzentwurf überhaupt keine Vorschläge zu dem Thema, was wir eigentlich mit den Einkommensschichten jenseits des Sozialwohnungsbaus machen. Ich hatte an verschiedener Stelle gesagt, dass in Hamburg und Berlin ein zweiter Förderweg aufgelegt wird. Sie wissen alle, dass sich ein Polizist im Rhein-Main-Gebiet, in Frankfurt, aufgrund seines Einkommens keine Wohnung mehr leisten kann und von Aschaffenburg ins Rhein-Main-Gebiet fahren muss. Für diese Einkommensschichten müssen wir ein Förderprodukt entwickeln, damit auch diese Einkommensschichten überhaupt eine Chance haben, an preiswerten Wohnraum heranzukommen.

Herr Milde, ich bin gespannt, was wir zu dem Thema in der WIBank gemeinsam entwickeln können. Wir sind dazu bereit, weil diese Einkommensschichten zumindest denjenigen wichtig sind, die eine soziale Verantwortung für die Metropole haben.

(Beifall bei der SPD)

Dritter Punkt. Über die Einkommensgrenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich lange und heftig streiten. Die Einkommensgrenzen, die bei Ihnen im Gesetzentwurf angelegt sind, sind vor dem Hintergrund, Herr Lenders, dass Sie die Fehlbelegungsabgabe gestrichen haben, nicht ausreichend. Diese Einkommensgrenzen sind nicht ausreichend, und deshalb haben wir diese korrigiert. Aber man kann natürlich in der Tat über die Einkommensgrenzen in Relation zur Veranschlagung einer Fehlbelegungsabgabe reden. Das ist überhaupt kein Thema.

Nur ist es doch Ihre Melodie, dass Sie die Fehlbelegungsabgabe ohne Grund abgeschafft haben. Es stimmt im Übrigen nicht, dass sie nur Frankfurt und Wiesbaden erheben. Herr Lenders, es sind auch eine Reihe, das ist vielleicht nicht so ganz in ihrem Fokus, kleinerer Gemeinden, unter anderem Hofheim, die die Fehlbelegungsabgabe erhoben haben, und es ist die einzige originäre Einnahmemöglichkeit der Kommunen gewesen, um an Geld zu kommen und Sozialwohnungen zu schaffen. Genau das wollen wir wieder ermöglichen, damit die Kommunen diese Chance auch haben.

(Beifall bei der SPD)

Damit habe ich schon einen weiteren Punkt abgehakt. Ich komme zu dem Punkt der Bindungsdauer. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass Sie die Bindungsdauer auf fünf Jahre reduziert haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind mit den zehn Jahren gut gefahren.

Das ist übrigens einer meiner Kritikpunkte an dem Änderungsantrag von den LINKEN: Sie gehen auf zwanzig Jahre; das halte ich für daneben. Aber eine fünfjährige Bindung für Sozialwohnungen ist nicht von dieser Welt. Des

halb sind wir bei der alten Regelung von zehn Jahren geblieben.

Der letzte Punkt, den wir als SPD-Fraktion vorgeschlagen haben, ist in der Tat zentral. Ein Gesetzentwurf, der keine Aussage darüber macht, wie das, das in dem Gesetz steht, finanziert wird, ist eine leere Hülse.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich bleibe dabei: Dieses Gesetz ist eine leere Hülse, weil Sie zumindest eine Aussage darüber machen müssen, woher das Geld eigentlich kommen soll. Diejenigen, die sich ein bisschen mit der Frage auskennen, woher das Geld kommen soll, wissen natürlich, dass im revolvierenden Fonds der WIBank natürlich zu anderen Zeiten andere Prioritäten gesetzt worden sind. Wenn man die Priorität erkannt hätte, dass wir im Bereich des Wohnungsbaus mehr tun müssen, dann hätte man die Förderprodukte im Hinblick auf den Wohnungsbau schon entsprechend verändert. Dazu findet sich im Gesetzentwurf überhaupt kein Wort. Wir haben dazu die entsprechenden Anträge gestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte noch einige Bemerkungen zu den vorliegenden Änderungsanträgen machen. Der Änderungsantrag von der CDU, Drucks. 18/6785, ist in der Tat ein Antrag, der in Nuancen – –

(Jürgen Lenders (FDP): Von CDU und FDP!)

Entschuldigung. Ich habe versäumt zu sagen, dass der Änderungsantrag mit Drucksachennummer 18/6785 von CDU und FDP ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Lenders hat die Sorge, dass die FDP nicht nur abstürzt, sondern gar nicht mehr genannt wird! – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Was ich auch nicht zu sagen versäumen will, ist, dass wir uns bei diesem Antrag enthalten werden und damit auch signalisieren wollen, dass dort eine Verbesserung passiert ist. Es ist so, dass wir die Aufnahme genossenschaftlicher Förderung für richtig halten und dass dort auch im Hinblick auf die Nachwirkungsfrist für Darlehen eine Regelung geschaffen wurde, die nicht abzulehnen ist. Die Kernpunkte, die in dem Gesetz aber fehlen, habe ich genannt.

Der weitere Punkt. Der Änderungsantrag der LINKEN, Drucks. 18/6769, ist relativ spät gekommen. Auch bei dem Antrag werden wir uns enthalten, weil er Elemente enthält, die okay sind, aber auch Elemente aufweist, die zumindest sehr, sehr lange diskutiert werden müssten. Ich hatte schon erwähnt, dass wir die zwanzigjährige Bindungsdauer für zu lang halten. Die Förderinstrumente sind okay. Die Festlegung der Besetzungsrechte, wie Sie sie in dem Gesetzentwurf gemacht haben, halten wir für falsch. Das ist eine Bindung, die so nicht ausreichend flexibel ist, auch im Hinblick auf die Gestaltung von Wohnungsmärkten.

Ich will damit schließen, dass nach unserer Auffassung dieses Gesetz, das zwar Gesetz zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus heißt, seinem Namen nicht gerecht wird.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich will Ihnen am Schluss etwas aus dem Immobilienteil des „Spiegel“ vorlesen, Ausgabe 47 in 2012. Dort wird Folgendes ausgeführt:

Gerda Nillius-Bondkowski, 72, lebt seit fast drei Jahrzehnten hier. Mit ihrer Rente von 1.400 € kam die einstige Lehrerin früher einigermaßen zurecht – bis ihr die Wohnungsbaugesellschaft die Miete zweimal erhöhte: erst 2008, dann drei Jahre später erneut, jeweils um 20 %. Was Bürgerliches Gesetzbuch und Mietspiegel eben hergeben. Nun zahlt sie 995 € warm.

Herr Kollege Siebel, so langsam müssen Sie zum Schluss kommen.