Protocol of the Session on December 12, 2012

Der Berichterstatter ist der Kollege May. – Sei so lieb.

Herr Präsident! Ich erstatte Bericht: Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von GRÜNEN und LINKEN bei Enthaltung der SPD, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege May. – Wir beginnen die Aussprache. Eine Redezeit von fünf Minuten ist festgelegt. Es beginnt der Kollege Schork von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Hessischen Landesplanungsgesetz beraten wir einen Gesetzentwurf, der unspektakulär ist. Er ist aber für die Entwicklung und für die Organisation der Planung im Land von einer gewissen Bedeutung. Sie wissen, im Landesplanungsgesetz wird der rechtliche Rahmen vorgegeben, in dem die Regionalversammlungen die Detailplanungen und die Planungen in den Regionen vornehmen.

In den Ausschussberatungen und in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf fand dieser Gesetzentwurf der Hessischen Landesregierung überwiegend Zustimmung.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stimmt doch gar nicht!)

Herr Kollege Kaufmann, das stimmt. – Insbesondere die von Ihnen kritisierten Vereinfachungsregelungen wurden in der Anhörung ausdrücklich begrüßt. Vor allem die Frage, inwieweit das Verfahren zur Offenlegung der Pläne und der Planungen vereinfacht werden kann, fand die ausdrückliche Zustimmung aller Kommunalen Spitzenverbände – und zwar insbesondere deswegen, weil diese Dinge heute sämtlich im Internet veröffentlicht werden und dadurch die Möglichkeit besteht, sich intensiv damit zu befassen.

Herr Kollege Kaufmann, Sie wissen auch, es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit, dass die Bürgerinnen und Bürger, die sich damit befassen und Einwendungen und Positionen dazu vortragen wollen, zu der Stelle oder in die Rathäuser gehen, in denen diese Unterlagen ausliegen. Sie wissen genau, dass das heute im Internet gemacht wird und die Dinge durch geeignete elektronische Verfahren dort dargestellt werden.

Es gab einen Kritikpunkt, das ist unbestritten: Das war die Frage der Dauer der Anhörung. Darüber haben wir im Ausschuss einen kleinen Streit geführt. Ich habe nicht bestritten, dass das hier einen Dissens gibt. Aber wir haben im Sinne einer Planbeschleunigung an unserer Position festgehalten und lassen die Regelungen so, wie sie im Gesetzentwurf enthalten waren.

In der Kürze der Zeit will ich auch ansprechen: Wir haben noch einen Änderungsantrag eingebracht, der sich mit einem einzigen Punkt beschäftigt, der zwar schon im bisherigen Gesetzentwurf geregelt ist, bei dem wir aber einen gewissen Anpassungsbedarf sehen.

Sie wissen, bei Abweichungsverfahren zu den beschlossenen Regionalplänen liegt die letzte Entscheidung bei der obersten Landesbehörde, sprich dem Ministerium. Dort gibt es eine Prüfung, ob die im Abweichungsverfahren beschlossenen Regelungen den Zielen der Raumplanung, des Landesentwicklungsplans und der einheitlichen Landesplanung entsprechen.

Bisher gab es dafür eine Frist von einem Monat, innerhalb derer das Ministerium entscheiden musste. Bei sehr aufwendigen und komplizierten Abweichungsverfahren ist diese Frist nach unserer Auffassung sehr kurz und führt im

Zweifel zu Friktionen. Wir glauben, dass es sinnvoll ist, um die umfangreichen rechts- und fachaufsichtlich gebotenen Prüfungen ordnungsgemäß durchführen zu können, dort eine Fristverlängerung auf drei Monate vorzunehmen.

Das ist der Inhalt unseres Änderungsantrags. Wir halten diesen Änderungsantrag für genauso sinnvoll wie den gesamten Gesetzentwurf und bitten um Ihre Zustimmung, sowohl zu diesem Änderungsantrag als auch zu dem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Herr Kollege Schork, vielen Dank. – Bevor wir mit der Debatte fortfahren: Eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Streben nach Gerechtigkeit ist kein Gelaber, Drucks. 18/6791. Die Dringlichkeit wird bejaht? – Ja. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 80. Wenn keiner widerspricht, können wir ihn nach Tagesordnungspunkt 71, der Aktuellen Stunde, aufrufen und dann direkt abstimmen. – Das machen wir so, gut.

Dann hat jetzt der Kollege Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute in zweiter Lesung mit dem Entwurf des Planungsgesetzes, also einem Gesetz, das den Rahmen insbesondere für die Planungen der Regionen und auch der Kommunen geben soll.

Der Kollege Schork hat das etwas zu weit herabgestuft: Das ist durchaus ein wesentliches Gesetz, aber es ist auch – Herr Kollege Schork – ein Dokument des Misstrauens, das diese Landesregierung und die Mehrheit, die sie trägt, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land haben. Denn Sie wollen nicht den gewählten Politikerinnen und Politikern der regionalen Ebene – also den nahe an den Bürgern Tätigen – mehr Möglichkeiten einräumen, sondern am liebsten sich selbst.

Meine Damen und Herren, mit diesem Planungsgesetz werden mit Bedacht die Kompetenzen, die die Regionalversammlungen eigentlich haben, weiter beschnitten. Auch in den Fällen, in denen es längst erkannt ist – oder zumindest erkannt sein sollte –, dass eine weitergehende Beteiligung der regionalen Ebene den Planungswünschen eher positiv helfen würde, tun Sie das nicht. Sie wollen nichts lernen, nicht aus Stuttgart 21 – vielleicht ist das zu weit weg –, aber auch nicht aus diversen Straßenbauprojekten in Hessen: Da gibt es die berühmten Nummern A 44 und A 49.

Vielmehr wollen Sie noch mehr über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger, der Betroffenen, hinweg agieren. Das scheint Ihr Leitmotiv zu sein.

Meine Damen und Herren, in der Gesetzesbegründung schreiben Sie, dass die Planungsvorgänge vereinfacht und beschleunigt werden sollen. Herr Kollege Schork hat es wiederholt. Beschleunigt heißt doch nichts anderes, als möglichst ohne die lästige Bürgerbeteiligung möglichst

rasch Entscheidungen treffen zu können. Hier steht also nicht die Qualität der Planung im Vordergrund, sondern die Eile und die Hast, also die organisierte Unüberlegtheit, damit man möglichst unauffällig etwas durchdrücken kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn man sich hinterher wundert, was dabei herausgekommen ist, hätte man sich früher Gedanken darüber machen sollen, dass vielleicht andere Verfahren zielführender sind. Mit dem Gesetz wird Intransparenz mit Bedacht gefördert. Statt frühzeitige Bürgerbeteiligung zu initiieren, soll schlechte Planung möglichst vor Kritik geschützt werden. Damit nimmt der Gesetzentwurf natürlich nicht die Erfahrungen der letzten Jahre auf und setzt z. B. auch nicht auf Mediation, sondern setzt im Zweifel eher auf die Eskalation von Konflikten, die bekanntermaßen bei Planungen durchaus häufiger vorkommen können.

Wir GRÜNEN hatten einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt, der – darauf will ich auch noch einmal hinweisen – inhaltlich voll der Auffassung der größten hessischen Regionalversammlung, die auch die meisten Planungskonflikte zu bewältigen hat, nämlich der Regionalversammlung Südhessen, entspricht. Ihre Antwort darauf: Ablehnung ohne weitere Begründung.

Ich muss bedauerlicherweise anmerken, dass auch bei der SPD für diesen Änderungsantrag keine Zustimmung zu erhalten war. Ich führe das auf eine noch nicht optimierte innerparteiliche Kommunikation zurück, weil wir es in der Regionalversammlung gemeinsam so verabredet hatten.

(Günter Schork (CDU): Mit Ihrem Koalitionspartner müssen Sie noch arbeiten!)

Herr Kollege, das machen wir, keine Sorge. – Die Mehrheit ist nicht den fachlich begründeten Argumenten und den Fachproblemen näherstehenden – auch Ihren eigenen – Kollegen der Regionalversammlung gefolgt, sondern sagt: Nein, wir setzen die Behördenplanung durch. – Sie werden sich gewiss nicht wundern, dass wir dem nicht zustimmen.

Bereits in der ersten Lesung hatte ich die wesentlichen Kritikpunkte vorgetragen. Sie stießen bei Ihnen, das haben wir auch im Ausschuss erlebt, auf taube Ohren. Da ich nicht davon ausgehen kann, dass Sie zwischenzeitlich bereit sind, zusätzliche Einsichten gewinnen zu wollen, werde ich es mir jetzt sparen, sie noch einmal zu wiederholen.

Ich will nur als deutliche Unterstreichung, wie behördenfixiert Sie sind, den auch vom Kollegen Schork vorgetragenen Änderungsantrag noch einmal aufrufen. Wir hatten Ihnen deutlich gemacht, dass die Fristen für die Beteiligung der örtlichen Parlamente der Kommunen und der Regionalversammlungen verlängert werden müssten, damit dort auch die Ehrenamtler zu Wort kommen können. Das wischen Sie alles weg. Aber der Behörde nicht nur einen Monat, sondern drei Monate Zeit zu geben, das ist Ihnen auch in der zweiten Lesung noch einen Änderungsantrag wert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kaufmann, es wird Zeit.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss und stelle fest, dieser Gesetzentwurf strahlt aus: Bürokratie braucht Zeit und bekommt sie auch. Ehrenamtliches kommunalpolitisches Engagement bekommt keine zusätzliche Zeit.

Meine Damen und Herren, Sie brauchen sich gewiss nicht zu wundern, dass eine Planung, die in diesem Geiste geschehen wird, weder erfolgreich sein wird noch unsere Zustimmung finden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Das Wort hat Herr Abg. Gremmels, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schork hat gerade gesagt, dieses Gesetz sei unspektakulär. Das ist so, weil Sie nichts daraus gemacht haben. Man hätte deutlich mehr herausholen können, wenn man es gewollt hätte.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mit der heute vorliegenden Neufassung des Landesplanungsgesetzes haben CDU und FDP die Chance verpasst, eines der wenigen konkreten Ergebnisse des hessischen Energiegipfels rechtsverbindlich umzusetzen, nämlich z. B. die 2 % Windvorrangfläche, auf die wir uns im Energiegipfel geeinigt haben, rechtsverbindlich im Landesplanungsgesetz festzuschreiben.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Selbstverständlich kann man das im Landesplanungsgesetz festschreiben, es ist möglich. Wenn wir uns im Energiegipfel darauf einigen, das Landesrecht konsequent auf die Nutzung erneuerbarer Energien auszurichten, dann muss da mehr als jetzt drinstehen. In § 5 Abs. 4 Nr. 10 steht: „Im Regionalplan sind Flächen für den Ausbau erneuerbarer Energien auszuweisen.“ – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist deutlich zu wenig, das ist unambitioniert.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Anscheinend gibt es bei Schwarz-Gelb Kräfte, die die Ausweisung der 2 % Windvorrangfläche infrage stellen. Sie haben es nicht rechtsverbindlich im Landesplanungsgesetz geregelt.

Sie haben das im Entwurf des Landesentwicklungsplans festgeschrieben, aber auch nur windelweich. Dort haben Sie es als Grundsatz, von dem abgewichen werden kann, festgeschrieben und nicht als rechtsverbindliches Ziel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch typisch, sich bei Energiegipfeln und Folgeveranstaltungen dafür feiern zu lassen, die Energiewende voranzubringen, aber bei der Umsetzung der Energiewende ständig Steine in den Weg zu legen. Das ist doch die Politik, die Sie betreiben.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich merke es doch, gerade bei der Windkraft macht Schwarz-Gelb wieder eine Rolle rückwärts. Das zeigt sich doch auch bei der Diskussion in den Regionalversammlungen. Bei der Ausstellung des Energiekapitels im Regionalplan Nordhessen haben wir es gerade so hinbekommen, 2 % Windvorrangfläche auszuweisen. Vom Wirtschaftsund vom Umweltministerium werden immer mehr Steine in den Weg gelegt, dass wir es selbst in Nordhessen nicht schaffen, 2 % auszuweisen. Das zeigt doch, dass Sie es nicht wollen und die Energiewende, wo es nur geht, gefährden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen hatten wir Sozialdemokraten in unserem Energiekonjunkturgesetz, das ein Artikelgesetz war, eine Passage, in der wir auch das Hessische Landesplanungsgesetz ändern wollten. Wir wollten genau das haben, nämlich 2 % der Landesfläche sollte als Windvorrangfläche definiert werden. Nur wenn das erreicht ist, akzeptieren wir, dass 98 % Ausschlussgebiet werden. Dafür hatten Sie nicht den Mut, dafür fehlte Ihnen die Chuzpe, sich hierhin zu stellen und das umzusetzen. Man darf nicht nur die Backen zuspitzen, man muss auch pfeifen können. Ihnen fehlt der frische Wind.