Protocol of the Session on May 14, 2009

Ebenfalls mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 65:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Finanzmarktaufsicht stärken, Verbraucherinnen, Verbraucher und Wirtschaft effektiv schützen – Drucks. 18/433 –

Ebenfalls noch mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 69:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Bankensektor vergesellschaften – Gemeinwohlorientierung statt Profitmaximierung – Drucks. 18/443 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten. Die erste Rede hält Herr Kollege Reif. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Ich darf vorab um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner und um etwas mehr Ruhe im Saal bitten. Herzlichen Dank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesem Tagesordnungspunkt gibt es eine Fülle von Anträgen, wobei vier Fraktionen das gleiche Ziel haben, nämlich das Ziel, die Finanzmarktaufsicht in Frankfurt zu bündeln und zu stärken. Die Krise am amerikanischen Subprime Market hat sich zu einer weltweiten dramatischen Wirtschafts- und Finanzkrise ausgeweitet. Krisen erfordern Änderungen und erfordern positive Konsequenzen. Weltweit versuchen überall Regierungen, auf der Grundlage von internationalen Absprachen stabilisierend auf den Markt einzuwirken, um so einen Ausweg aus dieser weltweit einmaligen Krise des 21. Jahrhunderts zu finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Krise entstand vor allem aufgrund einer mangelnden Finanzaufsicht in den Vereinigten Staaten und in England, einer mangelnden Transparenz bei Finanzprodukten und somit einer viel zu geringen Wahrnehmung und auch Einpreisung von Risiken. Sie entstand auch durch zu schwache ordnungspolitische Rahmenbedingungen.

Dies waren Mitauslöser für die wirtschaftlichen Verwerfungen, nicht jedoch das Wirtschaftssystem selbst, wie von vieler Seite, insbesondere von der linken, immer wieder behauptet wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir bekennen uns als CDU und FDP heute in diesem Antrag ohne Wenn und Aber zum Erfolgsmodell der sozialen Marktwirtschaft als wirtschaftliche Grundlage unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung in den vergangenen 60 Jahren.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist die Grundlage und der Grundtenor dieses Antrages unserer beiden Fraktionen.Nur eine freie,nur eine soziale und marktwirtschaftliche Gesellschaftsordnung mit sehr effizienten ordnungspolitischen Rahmenbedingungen verschafft uns auch den notwendigen finanziellen Spielraum zur Erfüllung unseres Sozialauftrags. Ohne diese soziale Marktwirtschaft ist der soziale Auftrag in unserem Land für die Zukunft nicht zu erfüllen, und es wäre auch in der Vergangenheit nicht möglich gewesen, eines der freiesten und erfolgreichsten Wirtschaftssysteme der Welt zu kreieren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Fritz-Wilhelm Krüger (FDP))

Wir machen uns daher dafür stark, das in der Vergangenheit entstandene Ungleichgewicht zwischen staatlicher Kontrolle und marktwirtschaftlicher Freiheit zu beseitigen, und treten für eine effiziente, für eine wirksame Aufsicht und für international absolute Transparenzregeln ein. Das ist zweifelsohne eines der wichtigsten Dinge.

Auch die Bankenaufsicht in Deutschland muss neu geregelt werden. Wir brauchen eine effiziente, wir brauchen eine wirksame Bankenaufsicht. Dies haben die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit z.B.bei Hypo Real Estate,bei der IKB als Tochtergesellschaft der KfW, als Beispiel bei den vielen Landesbanken – sei es die SachsenLB,die HSHNordbank, die WestLB seit vielen Jahren, die LBBW, die BayernLB –, die alle durch den staatlichen Einfluss gefördert und geführt wurden, notwendig gemacht.

Nun möchte ich auch darauf verweisen, dass unsere Landesbank in Hessen, die Hessische Landesbank, durch ihre seriöse, aber auch langfristig ordentliche Geschäftspraxis keine negativen Schlagzeilen ausgelöst hat – im Gegenteil.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

Es ist die Bank, die bisher die Krise sehr ordentlich überstanden hat, die ein positives Signal als eine der ganz wenigen staatlich geführten und kontrollierten Banken in Deutschland gewesen ist.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Fritz-Wilhelm Krüger (FDP))

Es ist einzig diese Landesbank, die mit mehr Chancen als Risiken aus der Krise hervorgehen wird.

Ein Nächstes muss gesagt werden.Der Finanzplatz Frankfurt hat sich als einziger Finanzplatz neben Chicago auch in der Krise stabil gehalten und sich im Vergleich zu anderen internationalen Finanzplätzen relativ, aber auch effektiv verbessert. Nach den neuesten Werten des Global Financial Centres Index ist Frankfurt um einen Platz gestiegen.

Auch der notwendigen schärferen Regulierung der Finanzmärkte sehen wir in Bezug auf Frankfurt sehr gelassen entgegen. Die Wettbewerbssituation unseres hessischen Finanzplatzes wird sich dadurch nicht verschlechtern – im Gegenteil. Darüber hinaus bietet Frankfurt mit seinen stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen und Wirtschafts- und Sozialstrukturen einen verlässlichen Rechts

rahmen und eine erstklassige Infrastruktur sowie ein großes Kunden- und Geschäftspotenzial mit ausgezeichneten Entwicklungsmöglichkeiten.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Fritz-Wilhelm Krüger (FDP))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frankfurt gehört zu den wichtigsten Finanzplätzen auf der Welt und hat in Europa eine einzigartige Schlüsselrolle.Wir sind dabei, uns auf Augenhöhe mit London zu entwickeln. Am Ende der Krise hat auch Frankfurt mehr Chancen als am Anfang der Krise. Dies müssen wir als Hessen mit einigermaßen Stolz zur Kenntnis nehmen.

Ein weiterer Meilenstein zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Finanzplatzes ist die Einrichtung des House of Finance in Frankfurt. Endlich hat unser Finanzzentrum die notwendige Forschungsinfrastruktur,die international beispielhaft ist. Daran wurde in diesem Haus seit vielen Jahren gearbeitet.

Mit der Börse haben wir weltweit die drittgrößte Wertpapierbörse und mit Eurex als weltweit führender Terminbörse einen der global wertvollsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Börsenbetreiber. Mit seit Jahren anhaltenden herausragenden wirtschaftlichen Ergebnissen durch das Angebot von Kassamarkt, von Terminmarkt und eine Wertpapierentwicklung aus einer Hand ist die Deutsche Börse im europäischen Wettbewerb ausgezeichnet aufgestellt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Fritz-Wilhelm Krüger (FDP))

Zur weiteren Stärkung des Finanzplatzes und zur Herstellung einer effizienten Finanz- und Bankenaufsicht sprechen wir für eine gebündelte nationale und europäische Bankenaufsicht in Frankfurt. Rund 230 Banken haben ihren Sitz in Frankfurt. Hier verantworten Manager die wichtigen Unternehmensentscheidungen ihrer Institute. Insgesamt brauchen wir diese Vernetzung der Finanzmarktaufsicht neben der Bundesbank, neben der Europäischen Zentralbank, neben dem SoFFin, die alle in Frankfurt konzentriert sind.

Deshalb muss die nationale Banken- und Finanzaufsicht auch mit der europäischen Finanz- und Bankenaufsicht in Frankfurt koordiniert werden, um eine effiziente Arbeit, die erforderlich ist, mit institutionellen Organisationsstrukturen und in räumlicher Nähe zu den beaufsichtigten Instituten zu leisten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU fordert deshalb eine komplette Verlagerung dem SoFFin und der zukünftigen europäischen Finanz- und Bankenaufsicht nach Frankfurt. Ich bin überzeugt, dass wir in der Lage sind, in einer sehr sachlichen und vernünftigen Diskussion die vielen, auch teilweise sehr vernünftigen Vorschläge aus den Reihen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN miteinander zu verbinden.

Herr Kollege Reif, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken, herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Reif. – Nächster Redner ist Herr Kollege Grumbach, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss gestehen, es gibt so ein Mindestmaß an Freude auch über diesen CDU-Antrag, denn – wenn ich zitieren darf: „... dramatisches Beispiel des Versagens international unzureichend kontrollierter, intransparenter Märkte“ –, dass ich das noch einmal von CDU und FDP in diesem Landtag zu hören bekomme, hat mich wirklich gefreut.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Aber die Freude ist durchaus nur klein, weil ich mich frage, wenn ich mir den Antrag in seiner Überschrift anschaue: Wozu? Den „Finanzplatz Frankfurt stärken“ und dann zu fordern, dass zwei Behörden, respektive zwei Behördenteile, zusammengelegt werden, scheint mir ein bisschen zu wenig zu sein.

Wir müssen über drei Dinge reden. Wir müssen darüber reden, wie der Finanzplatz Frankfurt in der Krise wirklich die Chance nutzen kann. Wir müssen darüber reden, wie die Kontrolle konkret gemacht werden soll. Und wir müssen darüber reden, wie die stabilste Säule des deutschen Finanzsystems – nämlich die öffentlich-rechtlichen Banken – davor geschützt werden kann, jetzt durch Nebenwirkungen der Finanzkrise, mit der sie gar nichts zu tun hat, plötzlich geschwächt zu werden.

Fangen wir mit dem Thema „Die Krise als Chance“ an. Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass die große Konkurrenz der Finanzplätze durch die Krise plötzlich veränderte Gewichte bekommt. Der Konkurrent London ist erheblich unter Druck, und zwar – man höre und staune – wegen seines deutlich höheren Spekulationsanteils. Verbriefte Produkte in London: 35 %, verbriefte Produkte in Frankfurt: 5 %. Das heißt, die deutschen Universalbanken mit ihrer anderen Struktur sind stabiler als Investmentbanken.

In diesem Landtag darf ich mir durchaus das Vergnügen leisten, daran zu erinnern, dass es hier einmal einen Ministerpräsidenten gab, der der Meinung war, es bräuchte Steuererleichterungen, um das System der Investmentbanken und die Investmentbanker in Deutschland stärker zu stabilisieren. Wenn wir nach Ausbruch der Krise auf diese Forderung schauen, so müssen wir feststellen: Es ist für den Bankenplatz Frankfurt gut, dass Herr Koch mit dieser Forderung gescheitert ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, für eine Partei, die sozusagen für sich in Anspruch nimmt, wirtschaftsnah zu sein, ist es schon einigermaßen erstaunlich, was Herr Reif formuliert. Herr Reif hat formuliert, er sieht das mit dem Finanzplatz Frankfurt „gelassen“.

(Clemens Reif (CDU): Das habe ich gar nicht gesagt!)

Gelassen ist die Haltung dessen,der hinschaut,wie sich etwas entwickelt. – Ich denke, wir müssen sehen, dass wir jetzt in der Situation sind, um die Startchancen für die Zeit nach der Krise zu entwickeln.

(Clemens Reif (CDU): Eben!)

Wer dort nur zuschaut und nur darüber redet, wie gelassen er das hinnimmt, der ist auf dem falschen Weg. Es müssen vielmehr konkrete Dinge unternommen werden, diesen Finanzplatz zu stärken.

Wir haben die Variante:Der realwirtschaftliche Bezug der Finanzmärkte wächst. Mit dem realwirtschaftlichen Bezug ist Frankfurt stärker, denn Frankfurt ist anders als die anderen Finanzplätze in die Realwirtschaft eingebettet, auch unter dem Aspekt der Unternehmenskonstruktion.

Zu den Kosten der Krisenbewältigung. Die englischen Finanzplätze werden das Problem haben, dass die Kosten für ihre Krise wegen des höheren Spekulationsanteils dort deutlich höher sind. Das heißt, wenn wir jetzt die Chance nutzen, dann müssen wir die Frage beantworten: Was tun wir für Frankfurt?